Artorius
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Ich möchte mal ein neues Thema aufmachen und zwar über Karl Stülpner.
Vielen Leuten wird der Name Karl Stülpner nichts sagen. Man könnte sagen, er war ein Wilderer, aber ich denke man muss hier mehr differenzieren. Gelebt hat er im Erzgebirge und um seine Person ist eine regelrechte Legende entstanden: Bezeichnungen gehen vom „Sohn unserer Wälder“ bis hin zum „ sächsischen Robin Hood“.
Zunächst will ich erst mal was zur historischen Person schreiben, also zur Biografie und den Lebensumständen, mit denen er zurecht kommen musste. Wobei ich allerdings nur auf die, wie ich finde, wichtigsten und interessantesten Sachen eingehen will. Später komme ich dann zu seinem Abenteuern und Taten, die ihn so legendär und bis heute berühmt machten.
Geboren wurde Carl Heinrich Stilpner (Schreibweise ändert sich später) am 30. September 1762 in Scharfenstein bei Chemnitz. Die Stülpners gehörten zu den Ärmsten der Armen. Sein Vater stand 1769 vor Gericht, weil er Leinöl geklaut hatte. Leinöl verwendeten damals nur die armen Leute. Dass er es klauen musste, zeugt von den ärmlichen Verhältnissen der Familie. In den Jahren 1771/72 herrschte im Erzgebirge eine fürchterliche Hungersnot. In dieser Zeit stirbt der Vater und Stülpner gerät das erste Mal mit dem Gesetz in Konflikt, als er, 10-jährig, mit seiner Mutter und seinem Schwager Getreide klaut.
Schon von Kindheit an hat er sich für die Jagd begeistert. Er verbrachte 2 Jahre bei einem Forstaufseher, der ihm die waidmännischen Grundlagen beibrachte. Der Hunger zwingt ihn schließlich selbst auf die Jagd zu gehen, was streng verboten war und hart bestraft wurde. Von der Wilderei ist er dann nie wieder losgekommen; er wurde auch nie erwischt.
1778/79 nimmt er als Trossknecht beim Regiment „Prinz Maximilian“ aus Chemnitz am Bayr. Erbfolgekrieg teil. Bei den Soldaten ist er hoch angesehen, schießt er ihnen doch so manchen fetten Braten. 1779 lässt er sich dann vom Regiment anwerben. Stülpner steht bei den einfachen Soldaten, wie auch bei den Offizieren immer noch hoch im Kurs und so bekommt er das Privileg, in den Pachtwäldern des Regiments auf die Jagd zu gehen und das Regiment zu versorgen. Wegen Beschwerden über Wildschützentätigkeiten in anderen Revieren, als dem ihm zugewiesenen, wird er aber nach Zschopau versetzt (1784). Dort gerät er mit einem Forstbediensteten aneinander, der ihn abermals beim Wildern erwischt und verprügelt diesen heftig. Das beschert im Regimentshaft in Chemnitz, von der er allerdings bei der Rückkehr von einem Manöver (bei dem er mitgeführt wird) flieht (1785). Es ist möglich, dass ihm seine ehemaligen Kameraden hier beigestanden haben.
In den Jahren 1785 bis 94 taucht Stülpner unter, geht auf große Wanderschaft. Über Böhmen, Ungarn, Österreich, Schweiz, Baden und Hessen gelangt er nach Hannover, wo er Dragoner wird, jedoch erneut desertiert. Pferd und Ausrüstung verkauft er unterwegs. Er kehrt ins Erzgebirge zurück, wo er seine Wildschützentätigkeit wieder aufnimmt, erneut verfolgt wird und abermals fliehen muss. Diesmal nach Bayern, wo er von preußischen Werbern aufgegriffen wird und ins Regiment „Prinz Heinrich“ aus Spandau gesteckt wird. Auf Seiten Preußens nimmt er dann am Ersten Koalitionskrieg teil, wo er verwundet wird. Er desertiert und geht zurück ins Erzgebirge.
Die Jahre 1794 bis 1800 sind als sein „großes Treiben“ als Wildschütz im sächsischen und böhmischen Erzgebirge bekannt. In diese Zeit fallen seine Taten, die ihn später so berühmt und im Volk so beliebt gemacht haben.
In diese Zeit, nämlich auf den 12./13. Oktober 1795 fällt auch die Hausdurchsuchung bei seiner Mutter, um Stülpner habhaft zu werden. Die Mutter (inzwischen 77) wird dabei misshandelt. Stülpner belagert darauf hin alleine die Burg Scharfenstein und hält die Soldaten, Forstbeamten und Gerichtsdiener, die zusammengezogen wurden, um ihn zu ergreifen, fest. Doch dazu später mehr.
Am 16. Dezember desselben Jahres wird Stülpner als vogelfrei erklärt und ein Kopfgeld von 50 Talern auf ihn ausgesetzt. Genützt hat es allerdings nichts. Verraten hat ihn niemand. Stülpner genoss hohes Ansehen bei der einfachen Bevölkerung. Er versorgte sie mit Wild oder half den Bauern, dass Wild von deren Feldern zu vertreiben. Denn es zerstörte ihnen Feld und Ernte und es zu bejagen war verboten. Stülpner kümmerte das wenig und die Bauern dankten es ihm- mit Kost und Logis, oder einem Versteck vor den Suchtrupps, die man jedes Mal losschickte, wenn Stülpner gesichtet wurde. Man ist ihm zwar ein paar mal auf die Schliche gekommen oder hat ihn auf frischer Tat ertappt, aber Stülpner konnte sich einer Verhaftung stets entziehen.
Irgendwann in seinen wilden Jahren lernt er Johanne Christian Wolf, die Tochter des Scharfensteiner Ortsrichters (!) kennen. Das diese Verbindung unter keinem guten Stern stand, muss ich sicher nicht großartig erklären. Sie ist 15 Jahre jünger als er und als sie sich nach 3 unehelichen Kindern (von denen 2 vor bzw. kurz nach der Geburt sterben) endgültig zu ihm bekennt, schließt sie die Mutter kurz vor ihrem Tod aus dem Testament aus. Man kann vielleicht noch erwähnen, dass sich ihr Vater kurz nach dem Tod der Mutter selber das Leben nimmt und man sich deshalb weigerte, ihn zu beerdigen.
Stülpner – mittlerweile 38 Jahre alt – sieht ein, dass er endlich Geld verdienen und sich um seine Familie kümmern muss. Aus diesem Grund bittet er um Begnadigung und kehrt, als ihm diese gewährt wird, im Jahre 1800 zu seinem Regiment nach Chemnitz zurück. 1806 nimmt Stülpner an der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt als Scharfschütze teil. Auf dem Heimweg wird er gefangen genommen. Aber zusammen mit einer Handvoll Kameraden gelingt ihm die Flucht zurück in die Heimat, bevor er 1807 zusammen mit Johanne Christiane nach Böhmen flieht. Dort betreibt er ein kleines Gasthaus. Hin und wieder wird er auch seine Wildschützentätigkeit weiterbetrieben haben. 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, gab es in Sachsen Generalpardon, sodass Stülpner nicht mehr als Deserteur angesehen wurde. So konnte er mit seiner Familie nach Scharfenstein zurückkehren, wo er marodierenden, plündernden Soldaten, die das Erzgebirge noch unsicher machten, Einhalt gebietet – eine weitere Glanztat von ihm, auf die später auch noch eingegangen wird.
Um 1819/20 kehrt Stülpner mit Johanne Christiane, nach Böhmen zurück, wo sie noch 1820 stirbt. Schon 3 Jahre später heiratet er erneut. Er ist mittlerweile 61, die neue Frau 31 Jahre alt.
Schon 1828 verlässt er sie wieder und kehrt, am grauen Star erkrankt, in seine Heimat zurück. Er zieht völlig verarmt, fast blind und halb lahm durchs Erzgebirge und gibt seine Streiche und Abenteuer zum Besten. Dafür bekommt er hier und da eine Mahlzeit, ein paar Almosen oder ein Nachtlager spendiert. Warum so verarmt? Er hat sein ganzes Leben nur von der Hand in den Mund gelebt. Einen Beruf hat er nie erlernt und einer geregelten Arbeit ist er auch so gut wie nie nachgegangen. Man kann sogar davon ausgehen, das er zeit seines Lebens Analphabet war, denn es existieren noch Urkunden, in denen er mit drei Kreuzen unterschrieben hat.
1831 nimmt sich jemand seiner an und erstattet ihm das Geld für eine Augenoperation. (!, Interessant, dass es das damals schon gab). Diese wird in Mittweida durchgeführt. Fakt ist, dass die Sehkraft nur auf einem Auge wiederhergestellt werden konnte. An dieser Stelle kann man spekulieren: Es wird erzählt, dass das Geld nur für ein Auge gereicht habe, weil er die andere Hälfte unterwegs in den Gasthäusern gelassen und/oder für Schnaps ausgegeben hat. Karl Stülpner war dem Schnaps nie abgeneigt. Ist er in seinen letzten Jahren sogar alkoholkrank gewesen? Eine interessante und berechtigte Frage, die Karl Sewart in seinem Buch „Karl Stülpner – Die Geschichte des erzgebirgischen Wildschützen“ stellt: Hat er sich seine Augen mit zu viel schwarzgebranntem, billigen Fusel, kaputt gemacht?
Irgendwann trifft Stülpner dann auf Carl Heinrich Wilhelm Schönberg, dem er aus seinem Leben erzählte und der eine Biografie über Stülpner verfasst. Es ist zwar nicht die erste, aber die einzige an der Stülpner selbst mitarbeitet und an deren Einnahmen er beteiligt wird. Diese erscheint im Jahre 1835 und Stülpner begibt sich, inzwischen 72-jährig, mit einem Sack voll Bücher nach Leipzig, um sie dort, hausierend, zu verkaufen. Stülpner hätte sich somit noch einen schönen Zuverdienst sichern können. Allerdings kam es anders: Seine Bücher wurden als aufrührerisch und staatsgefährdend eingestuft, konfisziert und verboten. Stülpner wird verhaftet und nach Scharfenstein abgeschoben, wo er seine Zeit wieder damit verbringt von Ortschaft zu Ortschaft zu ziehen, seine Geschichten zu erzählen und vom Mitleid der Leute zu leben.
Im Jahre 1839 wird Stülpner völlig entkräftet auf einer Landstraße aufgefunden und zurück ins heimatliche Scharfenstein gebracht. Dort beschäftigt sich der gerade neu eingesetzte Gemeinderat in seiner ersten Sitzung am 7. Oktober 1839 einzig und allein mit der Versorgung und Unterbringung Stülpners. Man beschließt, ihn im Haus einer Witwe unterzubringen, die dafür wöchentlich 8 Groschen bekommt. Stülpner erhält wöchentlich 6 Groschen aus der Armenkasse. Doch schon am 20. Oktober tagt der Rat erneut. Die Witwe weigerte sich, den Stülpner weiter bei sich zu behalten und so wurde beschlossen, dass er alle acht Tage von Haus zu Haus geschickt wird und ihn die Leute für acht Tage bei sich aufnehmen müssen. Nach einem halben Jahr rappelt sich Stülpner aber noch mal auf. Er zieht wiederum fast ein Jahr lang im Erzgebirge umher und gibt seine Abenteuer zum Besten, bevor er abermals krank nach Scharfenstein gebracht wird. Hier stirbt er am 24. September 1841, eine Woche vor seinem 79. Geburtstag, an Entkräftung. An der Stelle will ich eine Scharfensteiner Chronik von 1900 zitieren: Stülpners Leiche soll „ nach seinem Tode noch derartig mit Ungeziefer behaftet gewesen sein, dass es die Leichenträger für ratsam hielten, ihn ... erst für einige Stunden auf Reisig und zwar auf einem Düngerhaufen zu betten...“ ( Friedrich Küchler). Karl Stülpners Grab in Großolbersdorf ist immer noch zu besichtigen und es liegen stehts frische Blumen vor Ort.
Soviel erst mal zu seinem Leben. Ich würde mich freuen, wenn vielleicht noch jemand das ein oder andere ergänzen will/kann. Vielen Leuten wird der Name Karl Stülpner nichts sagen. Man könnte sagen, er war ein Wilderer, aber ich denke man muss hier mehr differenzieren. Gelebt hat er im Erzgebirge und um seine Person ist eine regelrechte Legende entstanden: Bezeichnungen gehen vom „Sohn unserer Wälder“ bis hin zum „ sächsischen Robin Hood“.
Zunächst will ich erst mal was zur historischen Person schreiben, also zur Biografie und den Lebensumständen, mit denen er zurecht kommen musste. Wobei ich allerdings nur auf die, wie ich finde, wichtigsten und interessantesten Sachen eingehen will. Später komme ich dann zu seinem Abenteuern und Taten, die ihn so legendär und bis heute berühmt machten.
Geboren wurde Carl Heinrich Stilpner (Schreibweise ändert sich später) am 30. September 1762 in Scharfenstein bei Chemnitz. Die Stülpners gehörten zu den Ärmsten der Armen. Sein Vater stand 1769 vor Gericht, weil er Leinöl geklaut hatte. Leinöl verwendeten damals nur die armen Leute. Dass er es klauen musste, zeugt von den ärmlichen Verhältnissen der Familie. In den Jahren 1771/72 herrschte im Erzgebirge eine fürchterliche Hungersnot. In dieser Zeit stirbt der Vater und Stülpner gerät das erste Mal mit dem Gesetz in Konflikt, als er, 10-jährig, mit seiner Mutter und seinem Schwager Getreide klaut.
Schon von Kindheit an hat er sich für die Jagd begeistert. Er verbrachte 2 Jahre bei einem Forstaufseher, der ihm die waidmännischen Grundlagen beibrachte. Der Hunger zwingt ihn schließlich selbst auf die Jagd zu gehen, was streng verboten war und hart bestraft wurde. Von der Wilderei ist er dann nie wieder losgekommen; er wurde auch nie erwischt.
1778/79 nimmt er als Trossknecht beim Regiment „Prinz Maximilian“ aus Chemnitz am Bayr. Erbfolgekrieg teil. Bei den Soldaten ist er hoch angesehen, schießt er ihnen doch so manchen fetten Braten. 1779 lässt er sich dann vom Regiment anwerben. Stülpner steht bei den einfachen Soldaten, wie auch bei den Offizieren immer noch hoch im Kurs und so bekommt er das Privileg, in den Pachtwäldern des Regiments auf die Jagd zu gehen und das Regiment zu versorgen. Wegen Beschwerden über Wildschützentätigkeiten in anderen Revieren, als dem ihm zugewiesenen, wird er aber nach Zschopau versetzt (1784). Dort gerät er mit einem Forstbediensteten aneinander, der ihn abermals beim Wildern erwischt und verprügelt diesen heftig. Das beschert im Regimentshaft in Chemnitz, von der er allerdings bei der Rückkehr von einem Manöver (bei dem er mitgeführt wird) flieht (1785). Es ist möglich, dass ihm seine ehemaligen Kameraden hier beigestanden haben.
In den Jahren 1785 bis 94 taucht Stülpner unter, geht auf große Wanderschaft. Über Böhmen, Ungarn, Österreich, Schweiz, Baden und Hessen gelangt er nach Hannover, wo er Dragoner wird, jedoch erneut desertiert. Pferd und Ausrüstung verkauft er unterwegs. Er kehrt ins Erzgebirge zurück, wo er seine Wildschützentätigkeit wieder aufnimmt, erneut verfolgt wird und abermals fliehen muss. Diesmal nach Bayern, wo er von preußischen Werbern aufgegriffen wird und ins Regiment „Prinz Heinrich“ aus Spandau gesteckt wird. Auf Seiten Preußens nimmt er dann am Ersten Koalitionskrieg teil, wo er verwundet wird. Er desertiert und geht zurück ins Erzgebirge.
Die Jahre 1794 bis 1800 sind als sein „großes Treiben“ als Wildschütz im sächsischen und böhmischen Erzgebirge bekannt. In diese Zeit fallen seine Taten, die ihn später so berühmt und im Volk so beliebt gemacht haben.
In diese Zeit, nämlich auf den 12./13. Oktober 1795 fällt auch die Hausdurchsuchung bei seiner Mutter, um Stülpner habhaft zu werden. Die Mutter (inzwischen 77) wird dabei misshandelt. Stülpner belagert darauf hin alleine die Burg Scharfenstein und hält die Soldaten, Forstbeamten und Gerichtsdiener, die zusammengezogen wurden, um ihn zu ergreifen, fest. Doch dazu später mehr.
Am 16. Dezember desselben Jahres wird Stülpner als vogelfrei erklärt und ein Kopfgeld von 50 Talern auf ihn ausgesetzt. Genützt hat es allerdings nichts. Verraten hat ihn niemand. Stülpner genoss hohes Ansehen bei der einfachen Bevölkerung. Er versorgte sie mit Wild oder half den Bauern, dass Wild von deren Feldern zu vertreiben. Denn es zerstörte ihnen Feld und Ernte und es zu bejagen war verboten. Stülpner kümmerte das wenig und die Bauern dankten es ihm- mit Kost und Logis, oder einem Versteck vor den Suchtrupps, die man jedes Mal losschickte, wenn Stülpner gesichtet wurde. Man ist ihm zwar ein paar mal auf die Schliche gekommen oder hat ihn auf frischer Tat ertappt, aber Stülpner konnte sich einer Verhaftung stets entziehen.
Irgendwann in seinen wilden Jahren lernt er Johanne Christian Wolf, die Tochter des Scharfensteiner Ortsrichters (!) kennen. Das diese Verbindung unter keinem guten Stern stand, muss ich sicher nicht großartig erklären. Sie ist 15 Jahre jünger als er und als sie sich nach 3 unehelichen Kindern (von denen 2 vor bzw. kurz nach der Geburt sterben) endgültig zu ihm bekennt, schließt sie die Mutter kurz vor ihrem Tod aus dem Testament aus. Man kann vielleicht noch erwähnen, dass sich ihr Vater kurz nach dem Tod der Mutter selber das Leben nimmt und man sich deshalb weigerte, ihn zu beerdigen.
Stülpner – mittlerweile 38 Jahre alt – sieht ein, dass er endlich Geld verdienen und sich um seine Familie kümmern muss. Aus diesem Grund bittet er um Begnadigung und kehrt, als ihm diese gewährt wird, im Jahre 1800 zu seinem Regiment nach Chemnitz zurück. 1806 nimmt Stülpner an der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt als Scharfschütze teil. Auf dem Heimweg wird er gefangen genommen. Aber zusammen mit einer Handvoll Kameraden gelingt ihm die Flucht zurück in die Heimat, bevor er 1807 zusammen mit Johanne Christiane nach Böhmen flieht. Dort betreibt er ein kleines Gasthaus. Hin und wieder wird er auch seine Wildschützentätigkeit weiterbetrieben haben. 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, gab es in Sachsen Generalpardon, sodass Stülpner nicht mehr als Deserteur angesehen wurde. So konnte er mit seiner Familie nach Scharfenstein zurückkehren, wo er marodierenden, plündernden Soldaten, die das Erzgebirge noch unsicher machten, Einhalt gebietet – eine weitere Glanztat von ihm, auf die später auch noch eingegangen wird.
Um 1819/20 kehrt Stülpner mit Johanne Christiane, nach Böhmen zurück, wo sie noch 1820 stirbt. Schon 3 Jahre später heiratet er erneut. Er ist mittlerweile 61, die neue Frau 31 Jahre alt.
Schon 1828 verlässt er sie wieder und kehrt, am grauen Star erkrankt, in seine Heimat zurück. Er zieht völlig verarmt, fast blind und halb lahm durchs Erzgebirge und gibt seine Streiche und Abenteuer zum Besten. Dafür bekommt er hier und da eine Mahlzeit, ein paar Almosen oder ein Nachtlager spendiert. Warum so verarmt? Er hat sein ganzes Leben nur von der Hand in den Mund gelebt. Einen Beruf hat er nie erlernt und einer geregelten Arbeit ist er auch so gut wie nie nachgegangen. Man kann sogar davon ausgehen, das er zeit seines Lebens Analphabet war, denn es existieren noch Urkunden, in denen er mit drei Kreuzen unterschrieben hat.
1831 nimmt sich jemand seiner an und erstattet ihm das Geld für eine Augenoperation. (!, Interessant, dass es das damals schon gab). Diese wird in Mittweida durchgeführt. Fakt ist, dass die Sehkraft nur auf einem Auge wiederhergestellt werden konnte. An dieser Stelle kann man spekulieren: Es wird erzählt, dass das Geld nur für ein Auge gereicht habe, weil er die andere Hälfte unterwegs in den Gasthäusern gelassen und/oder für Schnaps ausgegeben hat. Karl Stülpner war dem Schnaps nie abgeneigt. Ist er in seinen letzten Jahren sogar alkoholkrank gewesen? Eine interessante und berechtigte Frage, die Karl Sewart in seinem Buch „Karl Stülpner – Die Geschichte des erzgebirgischen Wildschützen“ stellt: Hat er sich seine Augen mit zu viel schwarzgebranntem, billigen Fusel, kaputt gemacht?
Irgendwann trifft Stülpner dann auf Carl Heinrich Wilhelm Schönberg, dem er aus seinem Leben erzählte und der eine Biografie über Stülpner verfasst. Es ist zwar nicht die erste, aber die einzige an der Stülpner selbst mitarbeitet und an deren Einnahmen er beteiligt wird. Diese erscheint im Jahre 1835 und Stülpner begibt sich, inzwischen 72-jährig, mit einem Sack voll Bücher nach Leipzig, um sie dort, hausierend, zu verkaufen. Stülpner hätte sich somit noch einen schönen Zuverdienst sichern können. Allerdings kam es anders: Seine Bücher wurden als aufrührerisch und staatsgefährdend eingestuft, konfisziert und verboten. Stülpner wird verhaftet und nach Scharfenstein abgeschoben, wo er seine Zeit wieder damit verbringt von Ortschaft zu Ortschaft zu ziehen, seine Geschichten zu erzählen und vom Mitleid der Leute zu leben.
Im Jahre 1839 wird Stülpner völlig entkräftet auf einer Landstraße aufgefunden und zurück ins heimatliche Scharfenstein gebracht. Dort beschäftigt sich der gerade neu eingesetzte Gemeinderat in seiner ersten Sitzung am 7. Oktober 1839 einzig und allein mit der Versorgung und Unterbringung Stülpners. Man beschließt, ihn im Haus einer Witwe unterzubringen, die dafür wöchentlich 8 Groschen bekommt. Stülpner erhält wöchentlich 6 Groschen aus der Armenkasse. Doch schon am 20. Oktober tagt der Rat erneut. Die Witwe weigerte sich, den Stülpner weiter bei sich zu behalten und so wurde beschlossen, dass er alle acht Tage von Haus zu Haus geschickt wird und ihn die Leute für acht Tage bei sich aufnehmen müssen. Nach einem halben Jahr rappelt sich Stülpner aber noch mal auf. Er zieht wiederum fast ein Jahr lang im Erzgebirge umher und gibt seine Abenteuer zum Besten, bevor er abermals krank nach Scharfenstein gebracht wird. Hier stirbt er am 24. September 1841, eine Woche vor seinem 79. Geburtstag, an Entkräftung. An der Stelle will ich eine Scharfensteiner Chronik von 1900 zitieren: Stülpners Leiche soll „ nach seinem Tode noch derartig mit Ungeziefer behaftet gewesen sein, dass es die Leichenträger für ratsam hielten, ihn ... erst für einige Stunden auf Reisig und zwar auf einem Düngerhaufen zu betten...“ ( Friedrich Küchler). Karl Stülpners Grab in Großolbersdorf ist immer noch zu besichtigen und es liegen stehts frische Blumen vor Ort.
Später folgt noch ein Beitrag zu seinen Abenteuern.
Am Schluss noch folgende, weiterführende Literaturtipps:
Karl Sewart: „Karl Stülpner - Die Geschichte des erzgebirgischen Wildschützen“
Johannes Pietzonka: „Karl Stülpner – Legende und Wirklichkeit“
Carl Heinrich Wilhelm Schönberg: „Carl Stülpners merkwürdiges Leben und
Abenteuer als Wildschütz im sächsischen Hochgebirge sowie dessen erlittene Schicksale während seines unter verschiedenen Kriegsperioden und Nationen gethanen 25jährigen Militairdienstes. Von ihm selbst der Wahrheit treu mitgeteilt.“
Original von 1835; ist als Reprint von 1973 antiquarisch erhältlich
Im Anhang noch ein Bild von Stülpner aus der Schönberg´schen Biografie, dass ihn in seinem 74. Lebensjahr zeigt.