Donatien, Alphonse Marquis de Sade, politischer Gefangener, Schriftsteller, Sexualpat

Scorpio

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Donatien Alphonse Francois Marquis de Sade war Autor pornographischer und philosphischer Bücher. Er war Befürworter der Französischen Revolution, politischer Gefangener und brachte es fertig vom Ancien Regime, der Revolution und Napoleon eingekerkert zu werden. Einen Großteil seines Lebens verbrachte er in verschiedenen Gefängnissen.
Geboren wurde er am 2. Juni 1740 in Paris. Er war der Sohn eines alten, aber unvermögenden provenzalischen Adelsgeschlechts. Er wuchs teils in der Provence, teils in Paris auf, wo er am Jesuitenkolleg Louis le Grand erzogen wurde. Mit 16 Jahren wurde er Soldat im Siebenjährigen Krieg und wurde mehrfach ausgezeichnet.

Er heiratete 1763 Renee´ de Pelagie de Montreuil. die aus weniger angesehenen, aber vermögenden Familie stammte. Eigentlich hatte er mehr Gefallen an deren Schwester Anne, aus finanziellen Erwägungen heiratete er aber Reneé. Er war nicht gerade ein Mustergatte, machte die Bordelle unsicher und setzte sich über Tabus hinweg. Im Grunde war sein Lebensstil nicht sonderlich verschieden, von dem anderer Libertins dieser Zeit.

Eine Prostituierte beschuldigte de Sade, sie ausgepeitscht und zum Analverkehr gezwungen zu haben, zog allerdings die Anzeige zurück. 1772 stolperte de Sade über eine Eulenspiegelei. Er hatte zwei Prostituierten Anisbonbons gegeben, die in Wirklichkeit pilles galantes waren, das Viagra des 18. Jahrhunderts. Diese Pillen enthielten Kantharidin, ein Wirkstoff, den man aus einem Forstschädling, der spanischen Fliege extrahierte. Die Nutten behaupteten, de Sade habe sie unter Drogen gesetzt und zum Gruppensex gezwungen. De Sade wurde angeklagt und wegen Nichterscheinens zum Tode verurteilt. In Wirklichkeit aber hatten ihn seine Schwiegereltern fallenlassen, weil er sich mit seiner Schwägerin nach Italien abgesetzt hatte. Dort verfaßte er 1769 sein erstes Buch, eine Reisebeschreibung. Als sich die Wogen etwas geglättet hatten tauchte er wieder in Paris auf. Seine schwiegermutter erwirkte eine Lettre de Cachet und de Sade wurde 1777 verhaftet und in der Festung Vincennes eingesperrt. Das Todesurteil wurde 1778 aufgehoben. 1784 gelang ihm die Flucht, doch wurde er erneut verhaftet und in der Bastille inhaftiert. Dort begann er wieder zu schreiben. Genüßlich schilderte er in seinen Romanen die bizarrsten Perversionen. Kurz vor der Bastillesturm versuchte er das Volk von Paris aufzuwiegeln und schrie "Sie ermorden die Gefangenen". De Sade wurde daher in die Irrenanstalt Charenton verlegt. 1790 brachte ihm die Revolution die Freiheit. Er schloß sich den Jakobinern an und vertrat einen utopischen Sozialismus. Er war zeitweilig Richter. De Sade war ein Gegner Robespierres und wurde daher 1794 angeklagt, sich für die königliche Garde beworben zu haben. Wieder verbrachte er ein Jahr im Gefängnis und wurde zum Tode verurteilt. Er entging nur knapp der Guilliotine durch Robespierres Tod. Das Direktoriumsregime ließ ihn nach drei Monaten 1794 frei. Unter Napoleon wurde er 1801 wieder verhaftet, diesmal wegen seiner Bücher "Justine" und "Juliette". 1803 erklärte man ihn für verrückt und kerkerte ihn wieder in Charenton ein. Er verfaßte dort mehrere Theaterstücke, die er mit den Insassen aufführte. 1814 starb er dort mit 74 Jahren.

de Sade war einer der großen Verneiner, ein Vorläufer Zolas und Nietzsches. Er war Atheist, Individualist, Immoralist und Hedonist. Er glaubte nicht an Recht und Moral, sondern an das Recht des Stärkeren. Marquis de Sade huldigte einem grenzenlosen Individualismus und forderte die Straffreiheit von Ehebruch, Homosexualität und Inzest. Er war Gegner der Todesstrafe und rettete als Richter seine Schwiegereltern, die ihn in den Kerker gebracht hatten, vor der Guilliotine.

De Sade wurde indiziert und verschwand für Jahrzehnte in de Giftschränken der Bibliotheken. Erst Charles Baudelaire wagte es, ihn wieder öffentlich zu nennen. Im 19. Jahrhundert gab es dann wieder die ersten Neueditionen seiner Werke. De Sade wurde vor allem als Autor sexualwissenschaftlicher Werke bearbeitet. Seine philosophischen Werke wurden erst in den 1930er Jahren wahrgenommen. Horkheimer, Adorno und die französischen Existentialisten machten de Sade wieder hoffähig. Er gilt heute als nihilistische Schlüsselfigur für das Verständnis des 19. Jahrhunderts. Seine erotischen Werke sind auch für hartgesottene BDSMler hard stuff. Ein Markenzeichen ist eine Freude an ungemein phantasievoll beschriebenen, mit Gewalt und Schmerzzufügung verbundenen Praktiken und bizarre, oft kaum vorstellbare Sexorgien.
Werke:
Les vinxt cents jours de Sodom. Die 120 Tage von Sodom
Aline et Valcour ou Le roman de philosophie (1793) Aline und Valcour oder der philosophische Roman
La philosophie en boudoir et le instituteur immoraux (1795) Philosophie im Boudoir und die unmoralischen Lehrmeister.
 
Mir scheint, es handelt sich hier zumindest auf längere Strecken um einen (z. T. sinnentstellend) umformulierten Text, der hier im Original nachzulesen ist:

http://www.dieterwunderlich.de/De_Sade.htm

Auch das eine oder andere Wikipedia-Zitat scheint drinzustecken.

Ich möchte darum bitten, bei ausführlicheren Texten immer die Quelle(n) mit anzugeben. Vielen Dank!
 
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Erwischt, die Seite habe ich wirklich benutzt, aber eigentlich bin ich durch den Klassiker von Otto Flake drauf gekommen mal etwas über den Marquis zu schreiben. aber ich freue mich schon darauf, das in aller Breite und Tiefe zu diskutieren. Aber erst mal warten, was sonst noch an Feedback kommt.
 
In Frankreich entdeckt man den Marquis ja neu. Man weiß, daß sich Altmeister Goethe einmal die "Justine" ausgeliehen hat. Ein französischer Autor hat vor einigen Jahren mal an das Goetheinstitut geschrieben und angefragt, ob es nicht zumindest vorstellbar sei, daß Goethe einige Motive für sein Gretchen verwendet habe. Das Goetheinstitut hat recht indigniert und ungnädig geantwortet, daß das definitiv nicht möglich sei und das Gretchen ausschließlich auf der historischen Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt basiere.
In Deutschland hat de Sade eben immer noch einen schlechten Ruf.
 
In Deutschland hat de Sade eben immer noch einen schlechten Ruf.

Sein Standpunkt ist aus philosophischer Sicht sicherlich interessant, aber sein schlechter Ruf kommt ja nicht von ungefähr. Ich bin nicht jemand, der Vorurteile nachplappert, ohne sich eine eigene Meinung gebildet zu haben. Ich hab die ganzen Bände von Justine und Juliette gelesen, bei den 120 Tagen von Sodom habe ich nach etwa dreißig Tagen abgebrochen, weil es zu menschenverachtend und pervers geworden ist. Pornographie an sich ist ja nichts schlimmes, aber das massenhafte Quälen und Abschlachten von Kindern, Schwangeren und anderen unschuldigen Menschen ist für gewöhnliche Nerven dann doch zuviel.

Für de Sade wird immer ins Feld geführt, dass ja nicht die sexuellen Handlungen und die Qälereien im Vordergrund stehen, sondern seine Philosophie. Schön und gut, trotzdem führt das intensive Lesen seiner Werke in meinen Augen zu einer Art Verrohung, zumindest mir ging es so, dass ich am Anfang noch immer ganz fertig war, wenn jungen Mädchen die Brüste abgeschnitten werden und kleine Jungen während des Analsexs geköpft werden. Mit der Zeit liest man aber einfach darüber hinweg, was ich unheimlich schlimm finde.
 
Justine und Juliette sind wirklich ganz schön heftig, in der Tat. Aber im Grunde genommen erzählt de Sade doch Märchen: Es waren einmal zwei Mädchen, die eine war böse, die andere war gut. Die böse bringt es zu Ansehen, Macht, Reichtum, die gute hat davon nur Elend und Entwürdigung.
Immerhin hat er für diese beiden Bücher unschuldig im Gefängnis und in der Irrenanstalt gesessen. Manches ist ja auch ganz witzig: Da gerät Juliette in die Hände des moskowitischen Aristokraten Minski, der u.a. eine mechanische Guilliotine besitzt. Er serviert ihr eine leckere Pastete und sie fragt, was das ist. "Ihre Kammerzofe, Mademoiselle entgegnet Minski. Also, wirklich, ich will das ja nicht verherrlichen, aber das muß man sich erst mal trauen, so etwas niederzuschreiben. Wenn man Nietzsche den "Willen zur Macht" verzeiht und Luther seine Pamphlethe "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" und "Von den Juden und ihren Lügen", sollte man auch de Sade gegenüber nachsichtig sei. Aber eigentlich stimme ich dir zu, was an Nekrophilie, Koprophagie und Päderastie erotisch sein soll, ist mir auch unverständlich.
 
Justine und Juliette sind wirklich ganz schön heftig, in der Tat. Aber im Grunde genommen erzählt de Sade doch Märchen: Es waren einmal zwei Mädchen, die eine war böse, die andere war gut. Die böse bringt es zu Ansehen, Macht, Reichtum, die gute hat davon nur Elend und Entwürdigung.

Also, wirklich, ich will das ja nicht verherrlichen, aber das muß man sich erst mal trauen, so etwas niederzuschreiben.

Im ersten Absatz verherrlichst du die Bücher zwar nicht, aber entschärfst sie. Du hast nämlich das seitenweise Morden und Quälen vergessen, dass in dem "Märchen" vorkommt. Für mich es nicht bewundernswert, dass man sich "traut", so etwas niederzuschreiben, es ist für mich eher beunruhigend, wie ein Mensch sich so etwas ausdenken kann.

Wenn man Nietzsche den "Willen zur Macht" verzeiht und Luther seine Pamphlethe "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" und "Von den Juden und ihren Lügen", sollte man auch de Sade gegenüber nachsichtig sei.

Ich bin nachsichtig gegenüber de Sade, ich habe nie behauptet, dass seine Erinnerung eingedämmt werden muss oder dass seine Bücher auf den Index gehören. Ganz einfach deshalb, weil sein Werk eben zur europäischen Kulur- und Philosohpiegeschichte gehört. [MORALAPOSTEL AN]Trotzdem muss man hin und wieder deutlich machen, dass auch Werke, die ein paar hundert Jahre auf dem Buckel haben noch lange nicht ungefährlich sind. Die Gefahr der Verrohung, wie oben bereits geschrieben, besteht, wenn man sich solch einer menschenverachtenden Lektüre widmet.[MORALAPOSTEL AUS]

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in Gesprächen, die ich in den letzten Jahren über de Sade führte, immer bei Kritik der Satz gebracht wurde "Dann verstehst du das zwischen den Zeilen eben nicht". Ich bin schon der Meinung, dass ich die Weltanschauung und Philosophie verstehe, die de Sade uns verkaufen will, doch bestpritzt mit literweise Blut und Gedärmen drängt sich mir eher der Verdacht auf, dass es sich in erster Linie um primitive Pornographie, dekoriert mit ein wenig Religionskritik und Hedonismus handelt.

Eine kleine Ausnahme ist da vielleicht Philosophie im Boudoir, zumindest auf den ersten Seiten, wo alles noch im "normalen" Bereich abläuft.
 
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So etwas wie moralische oder unmoralische Bücher gibt es nicht, es gibt nur gut oder schlechtgeschriebene.
Oscar Wilde
 
Moral? Ich dachte, wir sprachen über Literatur.

Ich möchte nur das Zitat von Oscar Wilde von dir ausgelegt haben und der zentrale Begriff darin ist "Moral".

Du kannst mir doch den Ausspruch nicht anstelle einer Antwort hinknallen und dann nichtmal erklären wollen, was er für dich bedeutet... ;)
 
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Besser als Oscar Wilde kann ich das wirklich nicht interpretieren. Was gibts denn da noch zu sagen? Besser als Oscar Wilde kann ich es dir bestimmt nicht erklären! Da du ausgesprochen intelligent bist, wüßte ich nicht, was ich daran noch interpretieren soll. Wer sollte denn die Instanz sein, die der Literatur die Moral vorschreibt? Und welche? Wenn du de Sade nicht auf den Index setzen willst, dann hast du meinen ungeeingeschränkten Applaus.
Allerdings muß ich dir in meiner offenen Art sagen, daß mein Eindruck der ist, daß du allmählich dem Sadeleser Scorpio unterschwellig unterstellst, daß er vielleicht "menschenverachtend", "zynisch", "frauenfeindlich" "sexistisch" und "unmoralisch",sein könnte, und du lediglich versuchst, mich dazu zu provozieren, etwas zu sagen, was dich darin bestätigt.
 
Wer sollte denn die Instanz sein, die der Literatur die Moral vorschreibt?

Das alles wollte ich garnicht von dir wissen, ich wollte auch nicht, dass du es anders oder besser formulieren sollst. Ich wollte nur wissen, was für dich persönlich der Begriff "Moral" bedeutet.


Allerdings muß ich dir in meiner offenen Art sagen, daß mein Eindruck der ist, daß du allmählich dem Sadeleser Scorpio unterschwellig unterstellst, daß er vielleicht "menschenverachtend", "zynisch", "frauenfeindlich" "sexistisch" und "unmoralisch",sein könnte, und du lediglich versuchst, mich dazu zu provozieren, etwas zu sagen, was dich darin bestätigt.

Ich unterstelle dir garnichts, ganz im Gegenteil. Wenn ich dir etwas untestellen wollte, müsste ich mich selbst auch an der Nase packen, schließlich hab ich auch schon viele Stunden meines Lebens mit der Lektüre seiner Werke verbracht. Den Gedanken schieb also getrost beiseite. :)
 
Top Diskussion!
Ich denke darin liegt der Wert dieses Lebenswerkes, wie völlig abgemildert auch in den Liasons Dangereuses. Man sucht und findet, wenn man denn richtig suchen kann, den Valmont bzw. die Mme de Merteuil in sich.
Das heißt allerdings, dass wenn Literatur, diese Selbstsuche anstellen kann, dann darf sie nicht moralisch sein sondern das Gegenteil dessen suchen.

Was ist für mich Moral? Das was ich im wahren Leben praktiziere, die Unterdrückung der menschlichen abnormalen Triebe, die Schützung der Allgemeinheit vor dem was de Sade zu oberst kehrt.
Ob er damit zuweit geht, mag der Geschmack des einzelnen oder sein Magen entscheiden.
:grübel:
 
So etwas wie moralische oder unmoralische Bücher gibt es nicht, es gibt nur gut oder schlechtgeschriebene.
Oscar Wilde

Wilde sagt lediglich, dass ihm die Ästhetik der Sprache eines Buches wichtiger als dessen Inhalt ist.

Von mir aus. Trotzdem spielt der Inhalt auch eine Rolle, und M. de Sade soll mir nicht erzählen, dass er den Knaben nur deshalb zerstückelt hat, weil es sich gerade so schön reimte.
 
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