Erich Honecker-Zum 12.Todestag

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Wieger

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Wie eine unscheinbare Perle sah ich heute in der Tageszeitung unter den Anzeigen folgenden Text:
Erinnerungen an die DDR
Immer mehr Ossis erkennen, daß ihre Lebensbedingungen in der DDR sie weniger deformiert haben, als die Wessis durch die soziale Marktwirtschaftdeformiert worden sind, und daß die Kinder in der DDR in Krippen, in Kindergärten und Schulen argloser, glücklicher, gebildeter und freier aufwuchsen als die Kinder in den von Gewalttaten beherrschten Schulen, Straßen und Plätzen der BRD. Kranke werden erkennen, daß sie in dem Gesundheitswesen der DDR trotz technischer Rückstände Patienten und nicht kommerzielle Objekte für das Marketing von Ärzten waren (...) Die Bilanz der 40jährigen Geschichte der DDR sieht anders aus, als sie von den Politikern und Medien der BRD dargestellt wird. Der wachsende zeitliche Abstand wird das immer deutlicher machen


Aus der Rede Erich Honeckers vor dem Berliner Landgericht an 3.12.92

Schrecklich wahrhaftig, aber auch von seinem Alter geprägt der alte Mann.
 
Wie die Bilanz der DDR aussah, konnte jeder sehen, der gleich nach Grenzöffnung in den Osten fuhr.

Ich habe in dieser Zeit nahezu das gesamte Gebiet der DDR bereist und musste auf meinen Fahrten erschreckende Bilder sehen: zerfallende Städte, marode und veraltete Produktionsbetriebe, verpestete Luft, eingeschränktes Warenangebot mit Schlangen vor manchen Läden, ein verrottetes Verkehrssystem ... und eine Bevölkerung, die froh war, der sozialistischen Herrschaft entronnen zu sein – einmal abgesehen von den Kadern, Bonzen und Stasi-Leuten, die natürlich mit Bangen in die Zukunft blickten.

Es mag natürlich sein, dass die Bevölkerung inmitten dieser sozialistischen Verheißung glücklicher als die Westbevölkerung lebte ... aber glauben tu ich das nicht!
 
Erstaunlich, wieviele von einem sichtbarem Bild auf innere Verhältnisse schließen.

Da hier in dieser Zeit nun viele Häuser saniert sind, schnellte die Zufriedenheitsrate der Bevölkerung mit ihrem Land schlagartig nach oben. Na hoffentlich werden nun auch die letzten Schmutzflecken beseitigt, damit wir die 100% Zufriedenheit mit Garantie auch noch schaffen.:winke:
 
Viel erstaunlicher finde ich, wie materielle Dinge immer im Vordergrund des Denkens von Zufriedenheit stehen
 
Wieger schrieb:
Viel erstaunlicher finde ich, wie materielle Dinge immer im Vordergrund des Denkens von Zufriedenheit stehen

Naja, wenn man Staatschef war und alle Annehmlichkeiten hatte und dann kurz vor der Rente unrühmlich in die Verbannung "gegangen worden" ist, ist es nur logisch dass man der guten, alten Zeit nachweint.

Aber finde ich schon krass, dass Du in Honecker einen Materialisten entdeckt hast.
 
Wieger schrieb:
Viel erstaunlicher finde ich, wie materielle Dinge immer im Vordergrund des Denkens von Zufriedenheit stehen

Tja, wir sind halt alle imperialistisch, kapitalistisch, faschistisch und materialistisch verzogen und sehen gar nicht, dass die DDR und der restliche Ostblock eigentlich das reine Arbeiterparadies war...

Das kann ja alles durchaus sein, dass über Jahrzehnte eine geheime Propagandamaschinerie unser aller Leben so bestimmt hat, aber ich kenne sehr viele ehemalige Bewohner des Arbeiterparadieses, die unglaublich froh sind aus dem Paradies raus zu sein und, dass das alles westliche Agenten waren glaub ich eher nicht.....

Dieser Text ist, wie du schon sagtest von einem vom Alter geprägtem alten Mann, der, wie ich noch hinzufügen möchte, seiner eigenen Propaganda erlegen ist...
 
Wieger schrieb:
Wie eine unscheinbare Perle sah ich heute in der Tageszeitung unter den Anzeigen folgenden Text:
Erinnerungen an die DDR
Immer mehr Ossis erkennen, daß ihre Lebensbedingungen in der DDR sie weniger deformiert haben, als die Wessis durch die soziale Marktwirtschaftdeformiert worden sind, und daß die Kinder in der DDR in Krippen, in Kindergärten und Schulen argloser, glücklicher, gebildeter und freier aufwuchsen als die Kinder in den von Gewalttaten beherrschten Schulen, Straßen und Plätzen der BRD. Kranke werden erkennen, daß sie in dem Gesundheitswesen der DDR trotz technischer Rückstände Patienten und nicht kommerzielle Objekte für das Marketing von Ärzten waren (...) Die Bilanz der 40jährigen Geschichte der DDR sieht anders aus, als sie von den Politikern und Medien der BRD dargestellt wird. Der wachsende zeitliche Abstand wird das immer deutlicher machen


Aus der Rede Erich Honeckers vor dem Berliner Landgericht an 3.12.92

Schrecklich wahrhaftig, aber auch von seinem Alter geprägt der alte Mann.

Ja, wenn ein Kind arglos aufwächst mag es durchaus auch glücklich sein ... wer keine Ahnung vom Unglück in der Welt hat, kann sich leichter zufrieden zurück lehnen.

Dass die Kinder in der DDR freier oder auch gebildeter aufwuchsen wage ich zu bestreiten.

Bisher hielt ich nämlich so unerfreuliche Erscheinungen wie Gewalt an den Schulen etc u.a. für einen bedauerlichen Effekt von (zu viel) Freiheit.

Die Strassen waren auch in Nazi-Deutschland sicher - von daher kann ich nicht erkennen, wieso die Sicherheit auf der Strasse zeigen soll, dass ein System oder dessen Menschen weniger "deformiert" sein sollte als ein anderes.

Ja, ich zweifle nicht daran, dass der wachsende zeitliche Abstand es den "Revisionisten der DDR-Geschichte" leichter macht, denn immer weniger Menschen erinnern sich daran, wie es wirklich in der DDR war. Das Beschönigen wird mit zeitlichem Abstand immer leichter.
 
Wieger schrieb:
Viel erstaunlicher finde ich, wie materielle Dinge immer im Vordergrund des Denkens von Zufriedenheit stehen

Das hat damit zu tun, wie man Zufriedenheit definiert, welche Zusammenhänge man mit ausgewählten Indikatoren annimmt.

Materielle Besserstellung lässt sich leicht ermitteln. Man könnte des Realeinkommen als Grösse nehmen, des reale Pro-Kopf-Einkommen. Diese Zahlen lassen sich schnell den Statistiken entnehmen.

Andere denkbare Indikatoren könnten die Selbstmordrate, die Lebenserwartung, Anzahl der Ärzte pro Einwohner, Anzahl der Badezimmer oder ähnliche Grössen sein.

Dann könnte man noch die Zufriedenheit mit Umfragen zu ermitteln versuchen. Das ist dann von der Erhebung der Daten am schwierigsten.

Aus Deinem Zitat erkenne ich nicht, auf welche Daten sich dieses Zitat bezieht. So wie es aussieht, gibt Herr Honecker lediglich seinen persönlichen Eindruck wider. Und damit hat er ja nicht immer richtig gelegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
admiral nelson schrieb:
Tja, wir sind halt alle imperialistisch, kapitalistisch, faschistisch und materialistisch verzogen und sehen gar nicht, dass die DDR und der restliche Ostblock eigentlich das reine Arbeiterparadies war...

wer erzählt denn so einen schmarrn?:rofl:
 
Papa_Leo schrieb:
Ja, wenn ein Kind arglos aufwächst mag es durchaus auch glücklich sein ... wer keine Ahnung vom Unglück in der Welt hat, kann sich leichter zufrieden zurück lehnen.

Dass die Kinder in der DDR freier oder auch gebildeter aufwuchsen wage ich zu bestreiten.

Dazu ist zu sagen, arglos wuchsen die Kinder nicht auf. Die Politisierung begann in der Schule - das Unglück in der Welt - war den Schülern durchaus bekannt. Spätestens ab der 8. Klasse war auch das Denken der meisten Schüler soweit ausgeprägt - mit entsprechender Hilfe des Elternhauses - dass ihnen auch die Zustände in der DDR kein Geheimnis blieben. Was allerdings nicht ausgeprägt war, das war ein starkes Konkurrenzdenken und eine Ausrichtung auf materialistische Werte. Infolge dessen war auch nur ein geringes Gewaltpotential zu verzeichnen. Auch Statusdenken war den Kindern und Jugendlichen nicht geläufig. Da für Kinder die Politik keine maßgebliche Rolle spielt, darf man schon sagen, dass sie eine glückliche Kindheit hatten.

Die schulische und die berufliche Ausbildung war eigentlich noch nie ein Streitthema, sie waren schon als DDR-Bürger als Fachkräfte überall willkommen und stehen auch heute ihren Mann bzw. ihre Frau.
 
.... Was allerdings nicht ausgeprägt war, das war ein starkes Konkurrenzdenken und eine Ausrichtung auf materialistische Werte. Infolge dessen war auch nur ein geringes Gewaltpotential zu verzeichnen. Auch Statusdenken war den Kindern und Jugendlichen nicht geläufig.

Inwieweit spielt auch die Ganztagsbetreuung dabei eine Rolle?

Mal davon abgesehen gab es auch bei mir an der Schule kein Gewaltpotential.
Auf der anderen Seite ist mein ostdeutscher Nachbar der Schule verwiesen worden, wegen seiner Art, mit den jüngeren Mitschülern umzugehen. Nach seiner Aussage wurden auch die "Reviere" gegen Jugendliche aus anderen Stadtgebieten verteidigt (die Bahnlinie war die Grenze...).
Das scheint mir nicht anders gewesen zu sein, als zu meiner Westjugend.
Anders war vielleicht die Erfassung solcher Vorgänge.
 
Penseo schrieb:
Inwieweit spielt auch die Ganztagsbetreuung dabei eine Rolle?

Mal davon abgesehen gab es auch bei mir an der Schule kein Gewaltpotential.
Auf der anderen Seite ist mein ostdeutscher Nachbar der Schule verwiesen worden, wegen seiner Art, mit den jüngeren Mitschülern umzugehen. Nach seiner Aussage wurden auch die "Reviere" gegen Jugendliche aus anderen Stadtgebieten verteidigt (die Bahnlinie war die Grenze...).
Das scheint mir nicht anders gewesen zu sein, als zu meiner Westjugend.
Anders war vielleicht die Erfassung solcher Vorgänge.

Die Ganztagsbetreuung (Hort) spielt sicher auch eine Rolle, die galt aber nur bis zu einem bestimmten Alter, also ab 13 Jahren blieb da kaum noch ein Schüler.
"Gewalt" gab es natürlich auch - aber bis zu Mitte der 80er Jahre (da verließ meine Tochter die Schule, später hab ich das nicht mehr so verfolgt) war es in etwa so, an einer Schule gab es 1 oder 2 "bekannte Schüler". Das begann meist schon in der 1. Klasse und blieb auch so. Die Gewalt war in keiner Weise mit heutiger Maßstäben zu vergleichen, das galt auch für Zusammenstöße auf Tanzveranstaltungen. Es waren "Kloppereien", die wohl schon zu Zeiten unserer Großväter ab und an vorkamen.
Und im ähnlichen Rahmen verliefen auch die sogenannten "Revierkämpfe". Wenn allerdings jemand von der Schule verwiesen wurde, dann dürfte da einiges mehr gelaufen sein. Denn das war selten und auch nicht einfach mit einem Schulverweis beendet. Es gab Jugendwerkhöfe, wo solche Jugendlichen eingewiesen wurden. Geht man davon aus, dass sicher auch in einigen Fälle politische Gründe zählten, muss man aber sagen die große Anzahl der Jugendlichen in diesen Jugendwerkhöfen wurde nicht grundlos eingewiesen. Da war da schon ein ziemliches Gewaltpotential dahinter. Denen ging man doch lieber aus dem Wege, wenn sie wieder entlassen waren.
 
Irene schrieb:
"Gewalt" gab es natürlich auch - aber bis zu Mitte der 80er Jahre (da verließ meine Tochter die Schule, später hab ich das nicht mehr so verfolgt) war es in etwa so, an einer Schule gab es 1 oder 2 "bekannte Schüler". Das begann meist schon in der 1. Klasse und blieb auch so. Die Gewalt war in keiner Weise mit heutiger Maßstäben zu vergleichen, das galt auch für Zusammenstöße auf Tanzveranstaltungen. Es waren "Kloppereien", die wohl schon zu Zeiten unserer Großväter ab und an vorkamen.

Das klingt genau wie zu meiner Zeit im Westen. Ich habe Anfang der 80er die Schule beendet.
Und Herr Honecker beziehst sich auf die DDR-Zeit. Die heutige Zeit kann man eigentlich nicht in die Betrachtung mit einbeziehen.

PS: Wegen meines Nachbarn: Heute ist er nett. Vielleicht hat auch die Tatsache, dass sein Vater Berufsverbot hatte, eine Rolle gespielt.
 
Penseo schrieb:
Das scheint mir nicht anders gewesen zu sein, als zu meiner Westjugend.
.

Eben.
So etwas gab und wird es immer und in jedem System geben.
Daraus gleich Schlussfolgerungen auf die jeweilige Staatsform zu ziehen, ist absurd.

Ich will meine Kindheit und Schulausbildung nicht missen.
Ja, ich war glücklich.
 
Penseo schrieb:
PS: Wegen meines Nachbarn: Heute ist er nett. Vielleicht hat auch die Tatsache, dass sein Vater Berufsverbot hatte, eine Rolle gespielt.

Wenn der Vater Berufsverbot hatte, war er politisch auf der Liste, das wirkt sich natürlich auf die Familie ebenso aus, in der DDR galt Sippenhaft. Da muss der Schüler nicht mal etwas getan haben, da wurde etwas gefunden. Diese Sippenhaft ging bis Geschwister/Schwager des Vaters, die Mutter dürfte auch betroffen gewesen sein. Das war das effektive an dem System, da brauchte man nicht lange zu beobachten, war einer auf der Liste, traf es gleich im Rundumschlag die ganze Sippe.
 
Ursprünge von Gewalt

Irene schrieb:
Was allerdings nicht ausgeprägt war, das war ein starkes Konkurrenzdenken und eine Ausrichtung auf materialistische Werte. Infolge dessen war auch nur ein geringes Gewaltpotential zu verzeichnen.

(Was ist denn los, liegt`s am Tiefdruckgebiet?! Überall kursieren Psychologismen durch die threads, grad wie es den jeweiligen passt ... :motz: :D das ist doch ein GESCHICHTS-Forum... :rotwerd: )

Gewalt hat mehrere Ursachen:
z.B. schwierige frühkindliche Entwicklungen - glaubt man den modernen Neurologen.
z.B. fehlende alternative Handlungskompetenzen - z.B. Kommunikations-/Streitfähigkeiten
z.B. fehlende Lebensperspektiven
z.B. fehlende überzeugende Vorbilder
und und und
...

Allemal - Deine unmittelbare Kopplung mit einer "materialistischen Lebensweise" weise bitte erst einmal nach. Das scheint mir dann doch eine unzulässige Vekürzung zu sein. :pfeif: :motz: Solltest Du eine Ideologiekritik bezüglich der Sozialisation von Kindern auftreiben, würde ich sie mit Handkuss nehmen... aber solange sind das doch nicht haltbare Schlüsse.

Was mich jetzt an Hr. Schreber erinnert. Da haben wir eine direkte Verbindung von Erziehungsprogramm und gesellschaftlichem Einfluss der übelsten Sorte. Dementsprechend wäre es auch einmal interessant, Veröffentlichungen hinterher zu gehen, die Rückschlüsse auf Generationen von deutschen Männern und deren Gewaltbereitschaft ziehen ... falls sie in dieser Kopplung bereits untersucht wurden?! :rotwerd: http://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Gottlob_Moritz_Schreber)

Herzlicher Gruß, Martin
 
Das scheint mein Einfluss zu sein.


Nur nebenbei: Was macht eigentlich Margot? Lebt die noch?
 
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