Goethes Italienische Reise - Ausdruck einer Midlife Crisis?

El Quijote

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Ohne sich von seinem Fürsten Herzog Carl August Urlaub zu erbitten (das Wort Urlaub ist verwandt mit dem Wort erlauben, es meint ursprünglich im militärischen Kontext die Erlaubnis sich von der Truppe zu entfernen), fuhr Goethe im September 1786 nach Italien: "Den 3. September früh drei Uhr stahl ich mich aus dem Karlsbad weg, man hätte mich sonst nicht fortgelassen."

Aus Italien selbst allerdings hielt er Kontakt mit der Heimat, und schickte sich selbst immer wieder Pakete, insbesondere seine berühmte geologische Sammlung. Als Herzog Carl August ihm nach anderthalb Jahren eine Nachricht zusandte, er möge doch jetzt bitte wieder nach Hause kommen, soll Goethe sich dann auch tatsächlich mit einer kurzen Nachricht zurückgemeldet und die Heimreise angetreten haben.

Es wird berichtet, Goethe, bei Antritt der Reise mittlerweile 37 Jahre alt, habe in Rom wie ein 20jähriger gewirkt und sich auch so gekleidet.
Und so frage ich mich, ob Goethes regelrechte Flucht nach Italien - Flucht, ohne dass er verfolgt oder in Gefahr war - nicht der Ausdruck einer Midlife Crisis war?

Allerdings gibt es auch Behauptungen, dass Goethe deshalb nach Italien floh, weil er drei Jahre zuvor das Todesurteil gegen die Kindsmörderin Johanna Catharina Höhn (im Übrigen gegen den Willen des Herzogs, der als aufgeklärter Monarch die Todesstrafe abschaffen wollte) bestätigt habe.
Ich halte letztere Behauptung - allerdings auch mangels mir bekannter Quellen, die sie bestätigen würden - für unwahrscheinlich.

Was meint ihr?
 
Eigentlich sagt er den Grund der heimlichen Abreise doch selbst: "...man hätte mich sonst nicht fortgelassen." Wenn er Italien gründlich bereisen wollte brauchte er eine möglichst lange freie Zeit, die ihm der Herzog vielleicht nicht gestattet hätte. Dass er sich in Italien wieder jung fühlte kann an dem warmen Klima , der lockeren Lebensweise der Italiener und der schönen Frauen gelegen haben.
Das schlechte Gewissen, wegen einer 3 Jahre zurückliegenden Unterschrift halte ich als Begründung für die fluchtartige Abreise für ziemlich weit hergeholt.
 
Wieder mal ins allgemeine Bewusstsein hat ja 1991 Stumpi (Wolfgang Stumpf) diese Reise mit dem Film „Go Trabi Gogebracht.

Sein Reiseführer war ja Goethes „Italienische Reise“.

Und Stumpis Motto:

„Das ist das angenehme auf Reisen,
dass auch das Gewöhnliche durch Neuheit und Überraschung
das Ansehen eines Abenteuers gewinnt.“

(Goethe, I.R., Neapel, Freitag, den 09.März 1787).
 
Zuletzt bearbeitet:
Und so frage ich mich, ob Goethes regelrechte Flucht nach Italien - Flucht, ohne dass er verfolgt oder in Gefahr war - nicht der Ausdruck einer Midlife Crisis war?
ich frage mich, ob dem Goethe und seinen Zeitgenossen midlife crisis überhaupt ein Begriff war, und wenn ja, dann hätte er später wegen seines Holzgebisses (Jean Paul berichtete darüber) mehr Ursache für eine solche gehabt. Insofern schließe ich mich @Galeottos Einschätzung an.
 
Ich denke, man muss es auch aus Goethes persönlichem und „beruflichen“ Werdegang begreifen. Er war einer der nach damaligen Verhältnissen „ewig“ studiert hat. Die finanziellen Möglichkeiten seiner Familie hätten ihm vielleicht trotz der bürgerlichen Herkunft wie seinem Vater eine Italienreise, vielleicht sogar eine Grand Tour gestattet. Aber als er in dem typischen Alter eines Touristen dieser Zeit war, also zwischen 18 und 22/23 (vergleiche Gemälde von Batoni!), da drückte er immernoch die „Schul“bank bzw. befand sich auf seiner beruflichen Orientierungstour in Wetzlar oder versuchte in Frankfurt sein Glück. In Weimar kam er ja „erst“ als 27-jähriger in Staatsdienste. Dann war zwar seine Karriere rasant - aber sie setzte doch ziemlich spät ein. Viele Juristen traten ihre Posten mit Anfang 20 in der öffentlichen Verwaltung oder als juristische Berater, Adjunkten oder dergleichen an. Die nächsten 10 Jahre, so scheint mir, waren seinem Idealismus gewidmet. Folgt man seinen eigenen Betrachtungen über diese Zeit, so schien er ja wirklich etwas bewegen zu wollen. Dabei wurde er ein wenig zwischen ständischer Opposition, die ihn - vielleicht nicht zu Unrecht - als unverfrorenen Karrieristen oder reinen Günstling des Herzogs betrachteten (Was war er denn schon? Welche Qualifikationen konnte er vorweisen? Was zeichnete ihn aus, das er so schnell so hoch stieg?) aufgerieben und verzweifelte wohl auch an schier unüberwindbaren Hindernissen. Schon die Probleme Anna Amalias in ihrer Regentschaft sind ja wohlbekannt.

Von daher würde ich nicht sagen, dass er nun aus Frustration allein oder weil er endlich einmal von den italienischen Musen geküsst werden wollte, aufbrach. Seine Position war einfach auch, wenn man v.a. die großmütige Reaktion des Herzogs betrachtet, gesichert genug. Man muss sein Handeln aus der Summe der Begleitumstände heraus begreifen. (Gut, vielleicht ist der manchmal, wenn ich es recht in Erinnerung habe, angedeutete Befreiungsschlag gegen die Beziehung zur Frau von Stein auch überbewertet.)
 
Von daher würde ich nicht sagen, dass er nun aus Frustration allein oder weil er endlich einmal von den italienischen Musen geküsst werden wollte, aufbrach. Seine Position war einfach auch, wenn man v.a. die großmütige Reaktion des Herzogs betrachtet, gesichert genug.
und nicht nur das - auf Karl Phillip Moritz wirkte Goethe in Italien ganz und gar nicht wie jemand, der sich in einer Sinn- oder Lebenskrise befindet.
 
Goethe selbst sagte ja, in den Jahren der heilsamen Einsamkeit in Italien habe er sich als Künstler und Mensch wiedergefunden. Das betrachtete er als den hauptsächlichen Gewinn der Reise. '"Die Hauptabsicht meiner Reise war, mich von den physisch-moralischen Übeln zu heilen, die mich in Deutschland quälten, und den heißen Durst nach wahrer Kunst zu stillen." Diesen Satz schrieb Goethe am 25. Januar 1788 an den Herzog.

Man kann mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten, dass Goethe über sich und seinen künftigen Lebensweg zu größerer Klarheit gelangen wollte. Dazu musste er sich von den Fesseln des alltäglichen Lebens und der Enge, die ihn in Weimar umgab, frei machen. Und man kann tatsächlich sagen, dass die Italienreise einen Klärungsprozess bewirkte und ihm eindeutig bewusst wurde, dass seine Berufung Dichtung und Wissenschaft sei.

Insofern war die Italienreise ein Prozess der Selbstfindung, wie er heutzutage durchaus von Psychotherapeuten empfohlen wird.
 
Eigentlich sagt er den Grund der heimlichen Abreise doch selbst: "...man hätte mich sonst nicht fortgelassen."

Deshalb habe ich das zitiert.

Das schlechte Gewissen, wegen einer 3 Jahre zurückliegenden Unterschrift halte ich als Begründung für die fluchtartige Abreise für ziemlich weit hergeholt.

Eben.

ich frage mich, ob dem Goethe und seinen Zeitgenossen midlife crisis überhaupt ein Begriff war,...

Muss man etwas (einen psychologischen Zustand) erkannt haben, damit es (er) existiert?

Ich denke, man muss es auch aus Goethes persönlichem und „beruflichen“ Werdegang begreifen. Er war einer der nach damaligen Verhältnissen „ewig“ studiert hat. Die finanziellen Möglichkeiten seiner Familie hätten ihm vielleicht trotz der bürgerlichen Herkunft wie seinem Vater eine Italienreise, vielleicht sogar eine Grand Tour gestattet. Aber als er in dem typischen Alter eines Touristen dieser Zeit war, also zwischen 18 und 22/23 (vergleiche Gemälde von Batoni!), da drückte er immernoch die „Schul“bank bzw. befand sich auf seiner beruflichen Orientierungstour in Wetzlar oder versuchte in Frankfurt sein Glück. In Weimar kam er ja „erst“ als 27-jähriger in Staatsdienste. Dann war zwar seine Karriere rasant - aber sie setzte doch ziemlich spät ein. Viele Juristen traten ihre Posten mit Anfang 20 in der öffentlichen Verwaltung oder als juristische Berater, Adjunkten oder dergleichen an. Die nächsten 10 Jahre, so scheint mir, waren seinem Idealismus gewidmet. Folgt man seinen eigenen Betrachtungen über diese Zeit, so schien er ja wirklich etwas bewegen zu wollen. Dabei wurde er ein wenig zwischen ständischer Opposition, die ihn - vielleicht nicht zu Unrecht - als unverfrorenen Karrieristen oder reinen Günstling des Herzogs betrachteten (Was war er denn schon? Welche Qualifikationen konnte er vorweisen? Was zeichnete ihn aus, das er so schnell so hoch stieg?) aufgerieben und verzweifelte wohl auch an schier unüberwindbaren Hindernissen. Schon die Probleme Anna Amalias in ihrer Regentschaft sind ja wohlbekannt.

Ist es nicht genau das, was eine Midlife Crisis ausmacht? Man merkt, man wird älter, die Dinge, die man sich in seiner Jugend für sein Leben vorgenommen hatte, sind nicht (alle) wahr geworden, also schmeißt man hin und macht etwas Verrücktes?
 
Muss man etwas (einen psychologischen Zustand) erkannt haben, damit es (er) existiert?
interessante Frage, denn wer weiß, was so alles derzeit wirkmächtig um uns herum existiert, ohne dass wir es schon bemerkt oder erkannt haben... ;) und angenommen, es existierte derzeit ein Seelenzustand, den wir nicht bemerken: was haben wir davon? :grübel:

wenn vergleichbares zu midlife crisis oder vielleicht im Fall Goethe burning out angenommen werden soll, dann wäre erst mal in zahlreichen Lebensläufen des 18.-19. Jhs. nachzuschauen, ob sich biografische Indizien in diese Richtung häufen.
 
Ist es nicht genau das, was eine Midlife Crisis ausmacht? Man merkt, man wird älter, die Dinge, die man sich in seiner Jugend für sein Leben vorgenommen hatte, sind nicht (alle) wahr geworden, also schmeißt man hin und macht etwas Verrücktes?
Nur ist eine Italienreise für einen wohlhabenden Herrn von Stand nichts Verrücktes - nicht in dieser Zeit.
Unternahm Carl Theodor von der Pfalz diese aus einem Splien raus? Kann ich mir auch nicht vorstellen.

Man könnte vielleicht einige Betrachtungen zu Goethe und die Frauen anstellen. Auf der einen Seite wird er manchmal als Schürzenjäger in seiner Jugendzeit dargestellt. Auf der anderen Seite war er eben nicht einer wie der Hofmeister Läuffer im „Hofmeister“ von Lenz, einem Freunde Goethes.

Ich verbinde eine Midlife-Crisis vielleicht zu sehr mit einer festgefahrenen „echten“ Beziehung.
Und das sehe ich bei Goethe ganz und garnicht, so bestimmend für seine ersten Weimarer Jahre auch die Beziehung zu Frau von Stein gewesen sein soll. Aber er war ja nicht wirklich gebunden, also ihr auch moralisch verpflichtet. Das lief ja eher auf einer sehr subtilen Weise ab. Im Grunde, auch wenn sie vielleicht von ihm enttäuscht war, hatte sie ihm nichts vorzuwerfen.
 
interessante Frage, denn wer weiß, was so alles derzeit wirkmächtig um uns herum existiert, ohne dass wir es schon bemerkt oder erkannt haben... ;) und angenommen, es existierte derzeit ein Seelenzustand, den wir nicht bemerken: was haben wir davon? :grübel:

wenn vergleichbares zu midlife crisis oder vielleicht im Fall Goethe burning out angenommen werden soll, dann wäre erst mal in zahlreichen Lebensläufen des 18.-19. Jhs. nachzuschauen, ob sich biografische Indizien in diese Richtung häufen.

In Richtung burning out denke ich gar nicht. Burning out ist ja - ich hoffe Lili wird mich dafür nicht eines Tages steinigen - eine Art Depression durch Überarbeitung, eine Krankheit. Die Midlife Crisis ist dagegen keine Krankheit.
Und im Gegentei, Goethe ist ja in Italien richtig produktiv oder sagen wir besser beschäftigt gewesen.

Ich verbinde eine Midlife-Crisis vielleicht zu sehr mit einer festgefahrenen „echten“ Beziehung.
Und das sehe ich bei Goethe ganz und garnicht, so bestimmend für seine ersten Weimarer Jahre auch die Beziehung zu Frau von Stein gewesen sein soll. Aber er war ja nicht wirklich gebunden, also ihr auch moralisch verpflichtet. Das lief ja eher auf einer sehr subtilen Weise ab. Im Grunde, auch wenn sie vielleicht von ihm enttäuscht war, hatte sie ihm nichts vorzuwerfen.
Goethes Frauenbeziehungen habe ich da gar nicht so im Auge gehabt. Ich mein, okay, wir verbinden Midlife Crisis gerne mit dem erfolgreichen Familienvater mit Häuschen im Grünen, der sich plötzlich ein Motorrad kauft und zu seiner Geliebten in die Vorstadtwohnung zieht, um dann nach Monaten reumütig zurückzukehren, wenn seine Frau ihn denn dann noch zurücknimmt. Aber dieses Bild hatte ich jetzt bei Goethe nicht so unbedingt vor Augen.
 
In Richtung burning out denke ich gar nicht. Burning out ist ja - ich hoffe Lili wird mich dafür nicht eines Tages steinigen - eine Art Depression durch Überarbeitung, eine Krankheit. Die Midlife Crisis ist dagegen keine Krankheit.
Und im Gegentei, Goethe ist ja in Italien richtig produktiv oder sagen wir besser beschäftigt gewesen.
eben!
und aus Goethes eigenen Aufzeichnungen sowie aus den "Zeitzeugenberichten" derjenigen, die ihn in Italien getroffen hatten und teiweise recht viel Zeit gemeinsam dort verbracht hatten (wie Karl Phillipp Moritz), geht nicht hervor, dass sich Goethe Gedanken über verkürzende Zeit, zweite Lebenshälfte und andere "klassische"*) midlife-ciris-Themen gemacht hätte.
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*) klassisch nicht im Weimarer Sinn, sondern a la 1974, als der Begriff midlife crisis überhaupt aufkam :)
 
eben!
und aus Goethes eigenen Aufzeichnungen sowie aus den "Zeitzeugenberichten" derjenigen, die ihn in Italien getroffen hatten und teiweise recht viel Zeit gemeinsam dort verbracht hatten (wie Karl Phillipp Moritz), geht nicht hervor, dass sich Goethe Gedanken über verkürzende Zeit, zweite Lebenshälfte und andere "klassische"*) midlife-ciris-Themen gemacht hätte.

Wie interpretierst du es dann, dass er sich mit seinen 37 Jahren von der Last der Weimarer Ämter durch ein regelrechtes Hinschmeißen (eine klassische Verhaltensweise von Männern in der Midlife Crisis) befreit, sich in Rom wie ein 20jähriger gab?
Wie, dass er nach anderthalb Jahren des Austobens* (noch eine klassische Verhaltensweise von Männern in der Midlife Crisis) wie ein reumütiger Ehemann ;) nach Weimar zurück kam?

*ich antizipiere deinen Konter, nämlich dass Goethe sich ja sowieso mit Damen anderen Standes, die er dann zur Empörung der Leute auch noch heiratete, oder den Ehefrauen seiner Freunde austobte. Gerade deshalb, so behaupte ich, floh Goethe nach Italien und nicht in erster Linie in die Arme einer neuen Geliebten.
 
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Wie interpretierst du es dann, dass er sich mit seinen 37 Jahren von der Last der Weimarer Ämter durch ein regelrechtes Hinschmeißen (eine klassische Verhaltensweise von Männern in der Midlife Crisis) befreit, sich in Rom wie ein 20jähriger gab?
sagen wir so: er konnte sich diese nebenbei auch kulturelle Eskapade leisten, erlauben und das dank seiner gesellschaftlichen und finanziellen Stellung (so trug er ja Sorge, dass er seine Bezüge trotz der mediterranen Auszeit erhielt) -- sein Kollege Karl Phillip Moritz hätte sich eine solche "Krise" nicht gönnen können.
einigen wir uns so: seine Italienfahrt trug auch - nicht nur und allein (!) - Züge, die wir heute als midlife crisis auffassen können und uns dann so erklären/beschreiben; aber freilich fehlt bei Goethe die ansonsten typische Zeit- und Lebens"mitte"problematik.

zu bedenken ist dabei noch ein weiterer Aspekt, der die Einordnung in gleichsam typische und allgemeine Muster erschwert: Künstlerbiografien sind oft recht verschieden von bürgerlichen Lebensläufen.
 
*ich antizipiere deinen Konter, nämlich dass Goethe sich ja sowieso mit Damen anderen Standes, die er dann zur Empörung der Leute auch noch heiratete, oder den Ehefrauen seiner Freunde austobte. Gerade deshalb, so behaupte ich, floh Goethe nach Italien und nicht in erster Linie in die Arme einer neuen Geliebten.
das verstehe ich nicht, da ich Goethens "Liebesleben" gar nicht angesprochen hatte -- aber wie dem auch sei: ob krisenbehaftet oder nicht, der spätere alte Goethe hatte in Marienbad immer noch dieselben virilen Interessen (womit er sich dort intern lächerlich machte...)
 
Vielleicht sollte man die Italienrese einfach unter dem Aspekt verbuchen,den sein Kollege am Reichskammergericht Kestner wie folgt beschrieb:
"Er tut, was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt"
 
Vielleicht sollte man die Italienrese einfach unter dem Aspekt verbuchen,den sein Kollege am Reichskammergericht Kestner wie folgt beschrieb:
"Er tut, was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt"
Aber mit der Einstellung war er doch gerade in der Mode, die er mitprägte.
 
Vielleicht sollte man die Italienrese einfach unter dem Aspekt verbuchen,den sein Kollege am Reichskammergericht Kestner wie folgt beschrieb:
"Er tut, was ihm gefällt, ohne sich darum zu kümmern, ob es anderen gefällt, ob es Mode ist, ob es die Lebensart erlaubt. Aller Zwang ist ihm verhaßt"


Wenn’s um eine etwas weitere Reise geht, und das war Italien ja zweifelsohne, stellt sich mir die Frage, wohin sollte er denn reisen?

Er lebte ja in der falschen Zeit!

Sicher wäre er gern woanders hingefahren, zum Beispiel dahin:

„Das schönste Bild von einem Weibe!
Ist’s möglich, ist das Weib so schön?“


Na ja, man muss es eben nehmen wie es kommt.
Eine Reise in die „Ewige Stadt“ hat ja auch ihre, viele, viele Reize.
Und die „Campanone“ sollte man auch mal gehört haben, auch wenn er durch die „Gloriosa“ verwöhnt ist. :)
 
Nun ja,vor der Reise war er als Minister in die Hofzwänge eingebundeni und hatte sich wohl auch an diversen Reformvorhaben aufgerieben.
Er war immerhin Wegebau-,Bergbau-,Kriegs-und Finanzminister, leitete diverse Immediatkommissionen und war Mitglied im "geheimen Consilium" - und seine literarische Produktivität in diesen 10 Jahren war kaum der Rede wert .
Sein Eintrag ins Tagebuch: „Es weis kein Mensch was ich thue und mit wieviel Feinden ich kämpfe um das wenige hervorzubringen.“[spricht Bände.
Sieht man das vor dem Hintergrund seiner Charakterisierung "Aller Zwang ist ihm verhaßt", so ist die Reise als "Sabatical" fast die zwangsläufige Folge.
 
Sein Aufbruch nach Italien wirkte gewissermaßen wie eine Flucht, er ähnelt seinen Aufbrüchen 1772 in Wetzlar und 1775 in Frankfurt. Selbst dem Herzog und Charlotte von Stein gegenüber ließ er keine Silbe verlauten. Im Jahre 1780 schrieb Goethe den "Tasso", dessen eigentlicher Sinn er später als "die Disproportion des Talents mit dem Leben" bezeichnete. In die Jahre vor der Reise nach Italien sind auch die Anfänge von Goethes umfangreichen Studien zur Naturwissenschaft zu datieren. Als Oberaufseher im Ilmenauer Bergwerk beschäftigte er sich zum ersten Mal mit mineralogischen und geologischen Fragen.

Er interessierte sich also für neue Dinge. Ich glaube nicht, daß man das mit einer "Midlife Crisis" vergleichen kann. Er spürte eben, daß es Zeit für Veränderungen war.
 
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