Martin Heidegger

Ach je, der. Es war übrigens kein "verbrämter" Antisemitismus.

"Wenn das Denken, die Wahrheit des Seins bedenkend, das Wesen der Humanität als Ek-sistenz aus deren Zugehörigkeit zum Sein bestimmt, bleibt dann dieses Denken nur ein theoretisches Vorstellen vom Sein und vom Menschen, oder lassen sich aus solcher Erkenntnis (sic!) zugleich Anweisungen für das tätige Leben entnehmen und diesem an die Hand gehen?

Die Antwort lautet: Das Denken ist weder theoretisch noch praktisch. Es ereignet sich vor dieser Unterscheidung. Dieses Denken ist, insofern es ist, das Andenken an das Sein und nichts außerdem."etcetc (Brief über den 'Humanismus': Heidegger, Martin, Platons Lehre von der Wahrheit / Mit einem Brief über den 'Humanismus', Bern 1947, 2te 1954, p. 111)

Heidegger ist zumindest in einem Hegelianer: Richtig ist nicht wahr. Dass der Mensch eine biologisch zu bestimmende, körperliche Grundlage hat, ist - da sind sich Hegel und Heidegger in der Tat einig - richtig, aber nicht wahr. Das gleichsam Wahre am Menschen/vom Menschen/über den Menschen: Dass er in der Lichtung des Seins stehe, Der Mensch hat Welt, weil er Mensch ist (kein Tier hat Kontakt zur Welt jenseits des Funktionalen "ah, da ist meine Beute"...aber ein Tier kann letztlich nicht einmal "meine Beute" sagen!). Das Sein, mit welchem der Mensch interagiert, sei Wesentlich - aber eben nicht als abstrakt auszuformulierendes Sein, etwa so: das Wesen des Menschen i s t - und dieses Identitäts-ist sei dann auszuformulieren. Sondern: Der Mensch lebe in einer je sich ereignenden, konkreten Welt. Zugleich, eben weil er Mensch ist, denkt er sich diese Welt ("baut am Haus des Seins"), ohne dass das Denken dieses Haus je schaffen könne. Etcetc...kurzum: In meinen Augen hat er SuZ nie preisgegeben. Primär geschichtlich sei das Dasein, so Heiddeger in SuZ 381. Das Dasein ist nun bekanntlich ein Sein, welches sich als Sein zu seinem Sein und zu anderem Seienden verhält. genau damit aber konterkariet Heidegger sich selbst. Seine tiefe Sehnsucht, in meinen Augen: Der ungeschichtliche Mensch, der freie Mensch ohne Überwucherung. "Wir nennen das nichtdaseinsmäßige Seiende (grauenhaftes deutsch, anbei bemerkt, sorry Hannah Arendt!) das auf Grund seiner Weltzugehörigkeit geschichtlich ist, das Weltgeschichtliche. Es läßt sich zeigen (leider tut er es nicht, juli-kri), daß der vulgäre (sic!) Begriff der "Weltgeschichte" gerade aus der Orientierung aus diesem sekundär Geschichtlichen entspringt." (SuZ 381)

Darf ich polemisch werden? Schmieriger kann man Marginalisierte nicht verhöhnen...
 
juli-kri, ich möchte mich empören, aber zunächst fragen: Warum ziehst Du Hegel & Hannah Arendt damit hinein? Es erscheint mir unangemessen im Zusammenhang des begründeten Antisemitismusvorwurfs gegen Heidegger.
 
Hallo, weil ja verstanden werden muss, was die damalige aklademische Jugend so anziehend an ihm fand. Es hat ja keinen Sinn, sich einfach nur zu empören, ich muss ja verstehen. Und über Arendts Bezüge zu Heidegger müssen wir ja nicht reden. Seibne Rektoratsrede war der Schock ihres Lebens.
 
Nun, was die damalige akademische Jugend so angezogen hat, dürfte die Klarheit der Sprache in ihrer Beliebigkeit gewesen sein.
Worthülse an Worthülse, in die jeder reinpacken kann was er möchte...

Das zeigt das Beipiel des Gegensatzes von Mensch und Tier, in dem dem Tier ein "Weltbild" abgesprochen wird. Wer nicht glaubt, das Tiere einen Eigentumsbegriff kennen, der nehme mal als fremder einem Schäferhund das Futter weg ;-)

Sicherlich hab ich banausenhafter Rechenknecht jetzt die Philosophen in ihrer Gänze nicht verstanden, da mir immer noch das richtige "Bewußtsein" fehlt.

Was man aber Heidegger zu gute halten muß:
einigen der weltweitverbreiteten jüdischen Glaubensrichtunge/"Sekten" fehlt definitiv ein Bezug zu irgendeinem Staat /Land und es werden Ehen mit Leuten der selben Glaubensrichtung gefördert/lieber gesehen alls andere. Dabei spielt bei etlichen die geographische Herkunft keine Rolle.
Dies festzustellen ist per se noch nicht irgendwie anti...
Von da an greifen jetzt dann die vom Leser selbst zu füllenden Worthülsen.
 
1. Mir gefällt nicht, daß Antisemitismus Heideggers andeutungsweise verharmlost wird, wenn gesagt wird, ihm müsse in einem solchen Bezug etwas zugute gehalten werden.

2. Ich verstehe immer noch nicht die Erwähnung Arendts in Textzusammenhang.
 
1. Mir gefällt nicht, daß Antisemitismus Heideggers andeutungsweise verharmlost wird, wenn gesagt wird, ihm müsse in einem solchen Bezug etwas zugute gehalten werden.

2. Ich verstehe immer noch nicht die Erwähnung Arendts in Textzusammenhang.

1. Arendt hat in den 20ern bei Heidegger studiert

2. Heidegger und Arendt waren in den 20ern Geliebte

3. selbst nach dem Krieg - Heideggers Rektoraktsrede war gleichsam Arendts Schock fürs Leben - hat sie ihre große Liebe nicht aufgegeben. Es gäbe Dinge, die seien stärker als der Mensch. Eine unfassbar starke Definition von Liebe. Heidegger hats nicht begriffen...
 
... oder er hat einfach als Fast-Jesuit mehr Sinn für eine tagtägliche Wandelbarkeit von "Erscheinungsformen der Liebe" zugunsten seiner persönlich doch starken Libido.

Zudem gibt es im Becken der Jesuiten und Fast-Jesuiten unterschiedliche Auffassungen zum "Gehorsam", die von Ignatius von Loyola als Haupttugend seiner Leute proklamiert wurde und im Orden bis in die 30er Jahre durchaus als Kadavergehorsam verstanden wurde. Die Quellenforschung seitdem zeigt aber, dass der ignatianische "Verstandesgehorsam" durchaus klug, frech und "widerstandslustig" ist ( z.B. PTH St. G. Ignatius ).

Heidegger nahm die vorige Schule auf, wo Obrigkeitsgehorsam - erst Recht als Säkularprofessor - eine feste Konstante war - welche Themen das auch immer betraf - also leidenschaftslos, indifferent.
Ferner zu berücksichtigen, dass die Jesuitenschule wortreiches Geschreibe hinter die tatsächlichen Taten setzt, etwa nach dem Motto: Rede was nötig ist, tu' aber was richtig ist.
Das erklärt m.E. seine Leichtigkeit im Wechsel seiner stringenten political Correctness. Aber - um H. hier etwas zu retten - ganz sicher eine eher disponible Sache f ihn (vgl. Link oben).

Nebenbei ist seine Existenzphilosophie m.E. i.W. eine vom Kirchenjargon befreite, zeitgenössisch-progressivere jesuitische Fundamentaltheologie.
Lg
 
Zuletzt bearbeitet:
... oder er hat einfach als Fast-Jesuit mehr Sinn für eine tagtägliche Wandelbarkeit von "Erscheinungsformen der Liebe" zugunsten seiner persönlich doch starken Libido.

Zudem gibt es im Becken der Jesuiten und Fast-Jesuiten unterschiedliche Auffassungen zum "Gehorsam", die von Ignatius von Loyola als Haupttugend seiner Leute proklamiert wurde und im Orden bis in die 30er Jahre durchaus als Kadavergehorsam verstanden wurde. Die Quellenforschung seitdem zeigt aber, dass der ignatianische "Verstandesgehorsam" durchaus klug, frech und "widerstandslustig" ist ( z.B. PTH St. G. Ignatius ).

Heidegger nahm die vorige Schule auf, wo Obrigkeitsgehorsam - erst Recht als Säkularprofessor - eine feste Konstante war - welche Themen das auch immer betraf - also leidenschaftslos, indifferent.
Ferner zu berücksichtigen, dass die Jesuitenschule wortreiches Geschreibe hinter die tatsächlichen Taten setzt, etwa nach dem Motto: Rede was nötig ist, tu' aber was richtig ist.
Das erklärt m.E. seine Leichtigkeit im Wechsel seiner stringenten political Correctness. Aber - um H. hier etwas zu retten - ganz sicher eine eher disponible Sache f ihn (vgl. Link oben).

Nebenbei ist seine Existenzphilosophie m.E. i.W. eine vom Kirchenjargon befreite, zeitgenössisch-progressivere jesuitische Fundamentaltheologie.
Lg

Darüber kann man streiten. Da mir das gedankengebäude "der" Jesuiten nicht bekannt ist, kann ich zu dieser rezeption nur wenig sagen. Magst Du das ausführen?
 
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