Betrugsfälle und Schildbürgereien, über die die Welt lachte

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Nein, ich meine jetzt nicht die zahlreichen falschen Monarchen und Thronerben, die im Verlauf der Geschichte auftauchten und deren meist kurze Karriere in der Regel auf dem Schafott endete.

Es gab aber in der neuen Geschichte einige Parallelfälle, wo "Betrüger" Aufmerksamkeit erregten und die Öffentlichkeit Tränen lachte, weil sie der Gesellschaft einen Spiegel vorhielten.
Ein bekanntes Beispiel ist Wilhelm Voigt alias der Hauptmann von Köpenick
Wilhelm Voigt, der 'Hauptmann von Kpenick'
weniger bekannt Harry Domela:
Der Mann, der sich verschwinden ließ : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv
Eigentlich passt auch die Show, die Harpe Kerkeling Anfang der 1990er als Königin Beatrix vor laufenden Kameras abzog, hier mit hinein. ;)

Ein anderes damals vielbeachtetes Beispiel:
1910 erschien plötzlich eine Gruppe junger Briten, darunter die Schriftstellerin Virginia Woolf, an Bord der HMS Dreadnought, Namensgeber der damals modernsten Schlachtschiffklasse. Verkleidet und mit geschwärzten Gesichtern als "abessinische Delegation", ließen sie sich herumführen und kommentierten alles mit begeisterten "Bunga-Bunga"-Rufen. Wie wir also sehen, plagiatiert auch ein Ministerpräsident jenseits der Alpen. :D ;)
Virginia Woolf ? Wikipedia
The Dreadnought Hoax

Vielleicht fallen euch hier auch noch andere, heute weitgehend vergessene ähnliche Fälle ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der österreichische Schauspieler und Kabarettist Helmut Qualtinger gab sich einmal als Inuit-Schriftsteller Kobuk aus. Er kündigte groß seine Ankunft in Wien an, um dort sein neuestes Werk vorzustellen, und wurde am Westbahnhof von zahlreichen Journalisten erwartet. Kobuk ? Wikipedia

Eine ähnliche Show zog auch Joachim Ringelnatz ab, der eine deutsche Kleinstadt als "Kalif von Bagdad" besuchte und von den dortigen Honoratioren standesgemäß empfangen wurde.
 
Hallo,

da faellt mir sofort Viktor Lustig ein, der 1925 den EIffelturm an den Schrotthaendler Andre Poisson verkaufte... Das Perfide daran war, dass Lustig sich vorher noch von Poisson bestechen liess (damit dieser den Zuschlag fuer das Geschaeft bekam), damit die Sache realistischer aussah.

Poisson war das Ganze dann so peinlich, dass er sich nicht zur Polizei traute, und Lustig flog erst dann auf, als er den Handel nochmal mit einem anderen Schrotthaendler durchziehen wollte (der ging dann zur Polizei).


Viele Gruesse,
Gnlwth
 
Der österreichische Schauspieler und Kabarettist Helmut Qualtinger gab sich einmal als Inuit-Schriftsteller Kobuk aus. Er kündigte groß seine Ankunft in Wien an, um dort sein neuestes Werk vorzustellen, und wurde am Westbahnhof von zahlreichen Journalisten erwartet. Kobuk ? Wikipedia

Qualtinger war ein Meister in solchen Dingen. Einmal bekam der damals prominenteste Wiener Psychiater einen Anruf von Helene von Damm, mehrere Jahre amerikanische Botschafterin in Österreich und enge mitarbeiterin Ronald Reagans. Sie teilte ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, der Präsident sei plötzlich verrückt geworden. Amerikanischen Ärzten könne man die Sache nicht anvertrauen, ob er nicht so schnell wie möglich nach Washington kommen könne. Der Psychiater stieg ins nächste Flugzeug, meldete sich bei Frau von Damm, die ihn ganz erstaunt empfing - sie hatte nie mit ihm telefoniert... Nach seiner Rückkehr gab sich Quasi als der Übeltäter zu erkennen.
 
Eine diesbezüglich beliebte Sparte sind Anrufe von Radiomoderatoren. Ein frankokanadischer Lokalsender vera... beim letzten US-Wahlkampf Sarah Palin, indem er sie in dem Glauben hielt, le president Sarkozy würde am mit ihr reden.
 
In der Mitte des 19. Jahrhunderts produzierte ein Fälscher am laufenden Bank Briefe, und bisher unbekannte handschriftliche Merkzettel für (noch, mal sehen wenn er dazukam...:)) nicht ausgeführte Werke Schillers.

Er linkte (rotwelsch für bescheissen) alle möglichen namhaften Bibliotheken, sein Meisterstück war aber, dass er ausgerechnet Emilie von Gleichen-Rußwurm, der Tochter Schillers, für erhebliche Beträge etliches verkaufte.
Lustigerweise hatte Gleichen-Rußwurm über den Briefwechsel ihrer Eltern publiziert.
 
Ist zwar erst ein paar Jahre her, aber da gab es hierzulande einen gelernten Postboten (Gert Postel ? Wikipedia) der sich als Arzt ausgab. Er muss diese Tätigkeit sogar sehr gut und erfolgreich ausgeübt haben, denn er stand kurz vor seiner Berufung zum Klinikleiter und Professor. Er bekam dafür 4 Jahre aufgebrummt.

Achso, nein nein - Vergleiche mit Ereignissen der Tagespolitik will ich damit nicht ziehen. ;)
 
Vielleicht fallen euch hier auch noch andere, heute weitgehend vergessene ähnliche Fälle ein.
Ein Scherzkeks in den 50er Jahren brachte Fälschungen von Chopinbriefen auf den Markt, in welchen ein doch erstaunlich frivol-ordinäres vermeintliches Chopinselbstprotrait entstand - immerhin geschickt genug, dass selbst Artur Rubinstein darauf hereinfiel und sie für echt hielt. Dummerweise stellte man bei genauerer Lektüre fest, dass der vermeintliche Chopin ein paar Details wusste, die sich erst nach dem Tod des realen Chopin ereignet hatten... das Gelächter war nicht gering...
 
Dr. Jürgen Schneider tat gutes, indem er aufwendig städtebaulich bedeutsame Immobilien (z.B. Mädler-Passagen in Leipzig) sanierte, düpierte die Deutsche Bank, deren Abschreibungsbuchungen (Kreditausfall) dann ebenfalls bedeutsam waren.

M.
 
Eine diesbezüglich beliebte Sparte sind Anrufe von Radiomoderatoren. Ein frankokanadischer Lokalsender vera... beim letzten US-Wahlkampf Sarah Palin, indem er sie in dem Glauben hielt, le president Sarkozy würde am mit ihr reden.


Das hat ein Radioreporter in Hessen auch gebracht und als Franz Müntefering bei Andrea Ypsilanti anrief, die sich schon fest als hessische Ministerpräsidentin fühlte.

Ypsilanti ging voll auf den Leim und heckte mit dem angeblichen "Münte" machiavellistische Zukunftspläne aus, dass sie die Linke nageln will.


Hier ist der Gag von FFH:
http://www.youtube.com/watch?V=6Y80cKai-uk&feature=related
 
Zuletzt bearbeitet:
Dr. Jürgen Schneider tat gutes, indem er aufwendig städtebaulich bedeutsame Immobilien (z.B. Mädler-Passagen in Leipzig) sanierte, düpierte die Deutsche Bank, deren Abschreibungsbuchungen (Kreditausfall) dann ebenfalls bedeutsam waren.

M.

kleine Ergänzung:

Die Deutsche Bank hatte bedeutsame Kreditausfälle, die aber insgesamt für die Deutsche Bank nicht existenzbedrohend waren. Geringere Verluste mußten die Handwerker einstecken, die jedoch bei diesen schon existenzbedrohend waren. Von Seiten des Vorstands wurden beschwichtigend diese Verluste als "Peanuts" bezeichnet. Für die betroffenen, kleinen Handwerker allerdings war das natürlich ein Hohn.

Soweit ich mich erinnere, kam damals ein Slogan "Peanuts für alle" auf.:yes:

Wiki weiß es natürlich noch:
Schneiders Bankschulden beliefen sich auf ca. 5,4 Milliarden DM (in heutiger Kaufkraft 4 Milliarden €)[1] [2] [3], knapp ein Viertel davon stammte von der Deutschen Bank. Deren damaliger Vorstandssprecher Hilmar Kopper bezeichnete auf einer Pressekonferenz die den von Schneider engagierten Handwerkern entstandene Schadenssumme in Höhe von ca. 50 Millionen DM als „Peanuts“. Diese Äußerung hat das Ansehen der Deutschen Bank, der ein Mitverschulden an der Milliardenpleite vorgeworfen wurde, stark beschädigt. „Peanuts“ wurde in der Folge das Unwort des Jahres 1994. Als Ausgleich erklärte sich die Deutsche Bank in der Folgezeit bereit, sämtliche von Schneider nicht bezahlten Handwerkerrechnungen zu zahlen, um so einen noch größeren Imageschaden abzuwenden.

Peanuts (engl. für Erdnüsse) ist in der englischen (und seit einigen Jahren auch deutschen) Umgangssprache ein Ausdruck für Kleinigkeiten oder unbedeutende Geldsummen.
Es wurde 1994 zum Unwort des Jahres erklärt. Hilmar Kopper, damaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG, benutzte den Ausdruck „Peanuts“ im Zuge der Insolvenz des Immobilienunternehmers Jürgen Schneider für offene Handwerkerrechnungen im Wert von 50 Millionen DM (ca. 25,5 Mio. €). Diese Zahl setzte Kopper in Relation zu den gesamten Forderungen in Höhe von 5 Mrd. DM (ca. 2,55 Mrd. €), die Handwerkerrechnungen entsprachen also nur einem Prozent der Gesamtsumme. Die Deutsche Bank bezahlte die Handwerkerrechnungen jedoch.
Die Tarifverhandlungen im Jahr 1996 für die Beschäftigten im Bank- und Versicherungsgewerbe stellte die damalige Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in Anspielung auf Koppers Äußerungen unter das Motto „Peanuts für alle, bar auf die Kralle“.
Dominik Graf inszenierte 1996 unter dem Titel Peanuts – die Bank zahlt alles den Skandal um Jürgen Schneider als Filmsatire mit Ulrich Mühe in der Hauptrolle.
Für die Werbekampagne „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“ der Frankfurter Allgemeine Zeitung ließ sich Hilmar Kopper auf einem Berg Erdnüsse ablichten.[1][2]
 
Der britische Entdeckungsfahrer und Weltumsegler Sir Francis Drake landete 1579 an der amerikanischen Westküste (Kalifornien vermutlich) und hinterließ dort eine an einenen Pfahl genagelte Plakette, auf der er kundtat, hier im Namen Ihrer Majestät Elisabeth I gelandet zu sein. So weit der historische Bericht seines an Bord befindlichen Chronisten, Francis Pretty.

In den 30er Jahren wollten einige Angehöriger einer Lokalforschervereinigung einem dieser Vereinigung angehörenden Historiker einen Streich spielen und platzierten eine gefälschte Plakette in der Nähe von San Francisco. Dieser Historiker war Professor an der University of California und hatte schon einige Generationen von Studenten auf die literarisch belegte Plakette aufmerksam gemacht und angehalten, danach Ausschau zu halten. Und da wollte man ihm den Gefallen tun und ihn die Plakette finden lassen. Man wollte ihn dann später über die Fälschung aufklären.


Leider funktioniert der Plan anders: Statt des Historikers fand dann jemand anders die Plakette und so entwickelte die Angelegenheit eine Eigendynamik: sie wurde gefunden und zunächst als echt betrachtet, die Plakette landete in einer Ausstellung als Kaliforniens wichtigstes historisches Exponat und es wurde später sogar eine Replik der nicht erkannten Fälschung an Königin Elisabeth II überreicht.

Aufgrund der großen Publizität trauten sich die am Scherz beteiligten nicht, die Geschichte aufzuklären. In den 50er Jahren beschrieb der letzte Überlebende von ihnen den Scherz. Aber erst ab den 70er Jahren fanden Untersuchungen statt, die die Plakette letztendlich als Fälschung entlarvten. :rofl:

Und noch bis 2005 befand sie sich ausgestellt in der University of California.

Francis Drakes Messingplakette ? Wikipedia
Drake's Plate of Brass - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Als das Elsaß und Lothringen im 2. Weltkrieg durch das Deutsche Reich de-facto annektiert wurde, wurden eine Reihe von Ortsnamen, aber auch Straßennamen neu benannt.

In Mülhausen (bzw. Mulhouse) wurde Hauptstraße des Ortes Wildemannstraße (dt.) bzw. Wildemannsgass (elsässisch) bzw. rue du sauvage (frz.) in Adolf-Hitler-Straße umbenannt.=)

http://fr.wikipedia.org/wiki/Rue_du_Sauvage_(Mulhouse)
 
Wie wäre es denn mit dem Taxilschwindel zwischen 1885 und 1896? Taxil erfand damals eine freimaureisch-satanische Organisation, die sich orgiastischen Vergnügen hingab. Die römisch-katholische Kirche fiel drauf rein.
 
wollte ich gerade schreiben:

In den 60ern hat einer "Berliner Luft" in Flaschen verkauft.

Habe ich gegoogelt.
Es gibt sie heute noch, die "Berliner Luft" in Flaschen und Dosen, das Fläschchen zu preisgünstigen Euro 3,85 :rofl:
 
Ja, die Berliner Luft ist ein echter Longseller, im wahrsten Sinne des Wortes.

Man vergesse auch nicht, dass Berlin ca. 10 Jahre lang erfolgreich Betonschutt zu weit überhohten Preisen und in winzigen Einzelmengen an die ganze Welt verkauft hat. Zusammengenommen müsste die Berliner Mauer die chinesiche weit in den Schatten stellen, wenn auch nur die Hälfte davon echt war.

Auch das muss man erst mal nachmachen. :pfeif: :D
 
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