Brandstiftung anno 1720

kskreativ

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Hallo ihr Lieben,

wie würde sich eine Brandstiftung um 1720 gestalten? Sowas wie Brandbeschleuniger gab es ja noch nicht. Szenario:
Das Liebesnest eines französischen Grafen wird abgefackelt, mit dem Ziel die darin befindlichen Personen zu töten. Stellt sich natürlich erst mal die Frage nach den Baumaterialien des Hauses. 1720 zählt man kunsthistorisch zum Spätbarock/ Rokoko. Leider kriege ich bei meiner Suche nur Schlösser und Châteaus zu Gesicht. Doch woraus war ein einfaches Haus, wenn auch nicht gerade eine Bauernkate, erbaut? Wie konnte man es so anzünden das eine Flucht unmöglich war? Hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen.
 
Also, es gab Brantwein, auch in größeren Mengen, Teer und Pech. Ansonsten Stroh und Heu in größeren Mengen. Die Dächer hatten selten Ziegel, das meiste war wohl Schindel und Stroh/Reet. Im Haus eben reichlich trockenes Mobiliar, das ganze wohl aus Fachwerk, kommt auf die Region an. Das brennt schon mit Stroh/Reisig vor der Haustür
 
Das Liebesnest eines französischen Grafen wird abgefackelt, mit dem Ziel die darin befindlichen Personen zu töten. (...)
Leider kriege ich bei meiner Suche nur Schlösser und Châteaus zu Gesicht. Doch woraus war ein einfaches Haus, wenn auch nicht gerade eine Bauernkate, erbaut?

Das widerspricht sich. Bist Du sicher, dass Du einen Grafen im Schuppen um die Ecke auftreten lassen willst?
 
Gute Frage,
ich sagte, ja keine Bauernhütte, aber eben auch kein Lustschlösschen. Fachwerk? War das in Frankreich um diese Zeit üblich? Bauernkaten bestanden ja meist aus Holz mit Stroh gedeckt. Wie gesagt, die Suche nach Architektur in dieser Art gestaltet sich schwierig. Als Beispiele werden halt die typischen Châteaus und Schlösser angeführt. Aber der Hinweis auf das Pech hilft schon mal.
 
Ich bin nun keine Expertin für Brandschutz, aber ich glaube in diesen Zeiten brauchte es keinen Brandbeschleuniger... es gab so viele Feuersbrünste die nur durch Unachtsamkeit ausgelöst wurden und das obwohl die Brandschutzvorschriften wohl recht rigide waren (ob sich jeder daran gehalten hat steht natürlich auf einem anderen Blatt) in Schwäbisch Hall z.B. war es den Bürgern sogar ausdrücklich "verbotten" im Bett zu rauchen (wie das allerdings kontrolliert wurde weiß ich nicht ;) und auf der Straße waren nur Pfeifen mit Deckel erlaubt, damit keine Glut herausfallen konnte.
Man hatte also panische Angst vor Feuer, denn offensichtlich brannte eine Stadt damals einfach wie Zunder.
 
Und leicht OT aber es passt zum Thema Brandstiftung:

Unlängst las ich in einer Zeitung von 1811 einen Artikel der von einem Richter geschrieben wurde, er wollte seine Zeitgenossen über die verschiedenen Arten von Verbrechertypen aufklären.
Laut ihm waren der niederste Auswurf der Banden die sog. "Mordbrenner". Zuerst schickten sie Frauen oder Kinder in Ortschaften, die dort unter dem Vorwand Seifen etc. zu verkaufen die Häuser ausspionierten. Nachts legte die Bande dann an einem oder zwei Orten Feuer und während die Einwohner aus den Häusern rennen und panisch versuchten die Brände zu löschen räumt die Bande, geschützt durch die allgemeine Verwirrung "gemütlich" die zuvor gesichteten Wertsachen weg, der Tod von Menschen wurde von ihnen natürlich billigend in Kauf genommen.
 
Manche Regionen sind bekannt für Fachwerkbauten, z.B. die Normandie. Hier mal einige Beispiele: http://fr.wikipedia.org/wiki/Maison_à_colombage
Eben, manche Regionen...

Man müsste erstmal wissen, in welcher Region es spielen soll.
In der Champagne kenne ich auch Fachwerkbau. Es gibt aber auch Regionen mit Bruchsteinmauerwerk.
Auch wenn nicht mit Angabe wie alt, aber so als Beispiel aus Burgund: Datei:Château-Chalon - vieilles maisons.JPG ? Wikipedia

Hier ein Gemälde von Oudry :)anbetung:) von einem Bauerngut: File:Jean-Baptiste Oudry - Farmhouse - WGA16779.jpg ? Wikimedia Commons
Das ist zwar von 1750, aber wenn man die Bauweise mit heute erhaltenen Bauernhöfen in Frankreich vergleicht, scheint die Abbildung des Gebäudes nicht unglaubwürdig.
 
Und leicht OT aber es passt zum Thema Brandstiftung:

Unlängst las ich in einer Zeitung von 1811 einen Artikel der von einem Richter geschrieben wurde, er wollte seine Zeitgenossen über die verschiedenen Arten von Verbrechertypen aufklären.
Laut ihm waren der niederste Auswurf der Banden die sog. "Mordbrenner". Zuerst schickten sie Frauen oder Kinder in Ortschaften, die dort unter dem Vorwand Seifen etc. zu verkaufen die Häuser ausspionierten. Nachts legte die Bande dann an einem oder zwei Orten Feuer und während die Einwohner aus den Häusern rennen und panisch versuchten die Brände zu löschen räumt die Bande, geschützt durch die allgemeine Verwirrung "gemütlich" die zuvor gesichteten Wertsachen weg, der Tod von Menschen wurde von ihnen natürlich billigend in Kauf genommen.


Es gab seit dem 30 Jährigen Krieg immer wieder Banden, die Feuer legten, für den Zeitraum ´zwischen 1770 und 1815 aber nur eine Räuberbande, die sich auf dieses Vorgehen spezialisierte. Die Bande des "Schönen Karl", der später in Magdeburg gehängt wurde.

Im Gegensatz zum generalstabsähnlichem Überfall auf Gutshöfe weiler oder seltener auch mal ein Schloss, setzte die "Flaggerfahrt" kein großes organisatorisches Geschick oder große Kühnheit voraus. dafür war der Sachschaden um so beträchtlicher, wobei in der Regel nur geringe Beute gemacht wurde. 1813 wurden in Berlin zwei Mitglieder der Brandstifterbande auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Es handelte sich um die zum Tatzeitpunkt nur 17-18 jährige Friederike Christiane Delitz und ihren Freund Johann Peter Horst. Delitz war die uneheliche Tochter eines Maurers, die bei ihren selbst kriminellen Großeltern aufwuchs und sich später einer Kinderbande anschloss, ehe sie zur Bande des Schönen Karls stieß, wo sie für ihren Mut mit einer Medaille ausgezeichnet wurde. Bei den mehr als ein Dutzend verschiedenen Fällen von Brandstiftung wurden Wertgegenstände von insgesamt weniger als 100 Fl erbeutet, dafür entstand beträchtlicher Sachschaden, mehrere Gehöfte, weiler und selbst Dörfer brannten fast vollständig ab, wobei 10 Menschen den Tod fanden. Die Angeklagte Delitz war gegenüber Opfern durchaus nicht brutal. Bei einem Überfall auf einen französischen Soldaten, den die Bande gefesselt zurückließ, schlich sie sich heimlich zurück und löste ihm die Fesseln, da sie fürchtete, er könne erfrieren.
Die Verteidiger plädierten auf die Jugend und schlechte Erziehung der Delinquentin, doch wurde ein Gnadengesuch um eine weniger harte Strafe abgelehnt.



Das Operationsgebiet der Brandstifterbande lag in Preußen, vor allem in Brandenburg und in Schlesien.
 
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Hallo ihr Lieben,

wie würde sich eine Brandstiftung um 1720 gestalten? Sowas wie Brandbeschleuniger gab es ja noch nicht. Szenario:
Das Liebesnest eines französischen Grafen wird abgefackelt, mit dem Ziel die darin befindlichen Personen zu töten. Stellt sich natürlich erst mal die Frage nach den Baumaterialien des Hauses. 1720 zählt man kunsthistorisch zum Spätbarock/ Rokoko. Leider kriege ich bei meiner Suche nur Schlösser und Châteaus zu Gesicht. Doch woraus war ein einfaches Haus, wenn auch nicht gerade eine Bauernkate, erbaut? Wie konnte man es so anzünden das eine Flucht unmöglich war? Hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen.


1. Das Szenario ist reichlich unwahrscheinlich und wird durch korrekte Beschreibung des Baustils nicht realistischer

2. Klar gibt es Brandbeschleuniger und zwar schon seit dem Mittelalter. Die bande des Schönen Karls verwendete Pechkränze. Das waren recht einfache Konstruktionen, die man sich selber basteln konnte. Ein pechkranz war einfach ein Holzkern, um den mehrere mit Pech bestrichene Schnüre gewickelt wurden. der Pechkranz wurde angesteckt und auf ein Dach, in ein Fenster in eine Scheune geworfen.


Die Serfer, die auf "Flaggerfahrt" zogen, galten nicht zuletzt deshalb als die übelsten Typen, weil wirklich so ziemlich jeder Trottel in der Lage gewesen wäre, Feuer zu legen und Verwirrung zu stiften, eben weil der Brandschutz so gering entwickelt war und es leicht war, Feuer zu legen, nicht aber, den Brand kontrollieren zu können. Durch Brandstiftung konnte man sich relativ leicht an jemandem rächen und ihm dabei womöglich so großen materiellen Schaden zufügen, dass es einem Ruin gleichkam. Daher war die Angst vor Feuer so groß, daher war auch die Bereitschaft gering, mit einem Brandstifter, sofern man ihn denn schnappte viel Federlesens zu machen.

Das dürfte letztlich auch der Grund gewesen sein, dass "Serfer" unter Gaunern und Räubern nicht so gern gesehen waren, denn ein Serfer, der eine Scheune in Flammen aufgehen ließ, vermasselte allen Kollegen, die durch den gleichen Landstrich zogen die Tour, vor allem wenn es sich um Zigeuner handelte, denen man als Spionen der Türken so etwas zutraute und die bei Streifen und Razzien auch schon mal einfach gelyncht wurden.

Eine Brandstiftung sorgt für zu viel Wirbel und versprach zuwenig Beute, das war einfach unwirtschaftlich, denn auf einem nieder gebrannten Hof kann keiner mehr Almosen geben. Ein Dorf kann man mehrmals überfallen, aber nur einmal niederbrennen.
 
Der Typ, der den Brand legt, ist auch geistig nicht normal. Hier geht es ja um persönliche Motive, nicht um Brandstiftung als Raubzug.
 
Die Handlung spielt in der Champagne, in der Gegend von Reims. Danke für die Links, ich wurschtel mich mal durch.
Dann empfehle ich einfach mal nach Bildern von Dörfern in der Champagne von heute zu googeln. Zwischen Reims und Château-Thierry findet man noch heute viel originale Bausubstanz in alten Winzerorten mit schönen Schlössern.
Guck Dir einfach auf der Karte ein paar Dorfnamen aus und googel dann nach Fotos von den Dörfern! Ich weiß nicht, ob es in der Gegend sowas wie ein Freilichtmuseum gibt, wo dann auch die Baugeschichte der ländlichen Gebäude dargestellt wird. Ein écomusée habe ich gefunden, was aber eher nur die Zeit ab 1900 darstellt.

Also ich kenne aus der Gegend sowohl Bruchsteinmauerwerk, als auch Fachwerk. Zu den Dächern kann ich nichts sagen, da mir dazu einfach das Fachwissen fehlt.
 
Hallo,
ich hatte jetzt auch mehr das Mauerwerk im Kopf, rein epochenmässig gesehen. Ich schau mal, was mir Google da noch ausspuckt.
Danke euch, für eure Hilfe.
 
Und leicht OT aber es passt zum Thema Brandstiftung:

Unlängst las ich in einer Zeitung von 1811 einen Artikel der von einem Richter geschrieben wurde, er wollte seine Zeitgenossen über die verschiedenen Arten von Verbrechertypen aufklären.
Laut ihm waren der niederste Auswurf der Banden die sog. "Mordbrenner". Zuerst schickten sie Frauen oder Kinder in Ortschaften, die dort unter dem Vorwand Seifen etc. zu verkaufen die Häuser ausspionierten. Nachts legte die Bande dann an einem oder zwei Orten Feuer und während die Einwohner aus den Häusern rennen und panisch versuchten die Brände zu löschen räumt die Bande, geschützt durch die allgemeine Verwirrung "gemütlich" die zuvor gesichteten Wertsachen weg, der Tod von Menschen wurde von ihnen natürlich billigend in Kauf genommen.

Ja, die Mordbrennerbande, die 1810/11 rund um Berlin ihr Unwesen trieb war es, die Heinrich von Kleist mit seinen Berliner Abendblättern, der ersten täglich erscheinenden Zeitung Deutschlands, über einige Monate ihren Erfolg bescherte. Da Heinrich von Kleist aber immer wieder die Franzosen angriff, bekam er irgendwann die Polizeiberichte nicht mehr und seine Zeitung wurde zu einem rein literarischen Blatt und fand keine Abnehmer mehr - zumindest nicht mehr ausreichend, um die Zeitung weiter zu finanzieren. An die habe ich oben auch gedacht.

Was Frankreich angeht, das hat regional ebenso unterschiedliche Bauformen, wie Deutschland.
 
In der Champagne kenne ich auch Fachwerkbau. Es gibt aber auch Regionen mit Bruchsteinmauerwerk.
Auch wenn nicht mit Angabe wie alt, aber so als Beispiel aus Burgund:
Mal aus eigener Erfahrung: in der Gegend um Cluny sieht es im Prinzip aus wie auf dem Foto, aber selbst dort ist ab und an Fachwerk zu sehen. In der Innenstadt von Cluny, Rue Lamartine, steht z.B. ein Gebäude mit Fachwerk-Elementen:
http://image.loomji.fr/mo/25853/maison-romane.jpg
Die wiki Gallerie zum Thema Fachwerk in Frankreich ist auch interessant:
Category:Timber framing in France - Wikimedia Commons


Guck Dir einfach auf der Karte ein paar Dorfnamen aus und googel dann nach Fotos von den Dörfern!
oder noch einfacher: Google Street View
 
Gute Frage,
ich sagte, ja keine Bauernhütte, aber eben auch kein Lustschlösschen. Fachwerk? War das in Frankreich um diese Zeit üblich? Bauernkaten bestanden ja meist aus Holz mit Stroh gedeckt. Wie gesagt, die Suche nach Architektur in dieser Art gestaltet sich schwierig. Als Beispiele werden halt die typischen Châteaus und Schlösser angeführt. Aber der Hinweis auf das Pech hilft schon mal.

Die Handlung spielt in der Champagne, in der Gegend von Reims. Danke für die Links, ich wurschtel mich mal durch.

Dann empfehle ich einfach mal nach Bildern von Dörfern in der Champagne von heute zu googeln. Zwischen Reims und Château-Thierry findet man noch heute viel originale Bausubstanz in alten Winzerorten mit schönen Schlössern.
Guck Dir einfach auf der Karte ein paar Dorfnamen aus und googel dann nach Fotos von den Dörfern! Ich weiß nicht, ob es in der Gegend sowas wie ein Freilichtmuseum gibt, wo dann auch die Baugeschichte der ländlichen Gebäude dargestellt wird. Ein écomusée habe ich gefunden, was aber eher nur die Zeit ab 1900 darstellt.

Also ich kenne aus der Gegend sowohl Bruchsteinmauerwerk, als auch Fachwerk. Zu den Dächern kann ich nichts sagen, da mir dazu einfach das Fachwissen fehlt.

Ein gut erhaltenes Ensemble von Bauten aus dem 16. bis 18. Jhdt. hat die Stadt Troyes ? Wikipedia in der Champagne zu bieten. Überwiegend Fachwerk, aber auch einige Steinbauten. Auf der vorgenannten Wiki-Seite sind einige Bilder zu sehen. Ich habe auch noch irgendwo einige Fotos aus Troyes.

Ansonsten findet man z. B. in Tours, Auxerre, Rouen, Rennes oder Dijon mehr oder wenige große Ensemble von Fachwerkhäusern. In Südfrankreich habe ich allerdings bisher noch keine gesehen.
 
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