Aber gerade bei Kaffee und Tee bin ich skeptisch. Für Bauern scheinen mir das doch sehr luxuriöse Getränke gewesen zu sein.
Kaffee gehörte meinem Kenntnisstand nach im Amerikanischen Bürgerkrieg (wäre ja genau die Zeit) durchaus zu den üblichen/typischen Rationen der Soldaten (jedenfalls würde er mindestens bei den Nordstaatlern reichlich konsumiert, bei den Konföderierten wäre ich überfragt), was darauf schließen lässt, dass der zu diesem Zeitpunkt wohl schon in größeren Mengen zu durchaus günstigen Preisen verfügbar war, jedenfalls kann man davon ausgehen, dass Güter, die zu den Armee-Rationen gehörten oder jedenfalls für einfache Soldaten mit vergleichsweise kargem Sold durchaus erschwinglich waren, keine Luxusgüter mehr darstellten.
Insofern in den 1860er Jahren die aufkommende Eisenbahn und Dampfschiffahrt für drastische Erhöhungen der Transporttonnage und massive Senkung der Transportkosten sorgten, halte ich es durchaus für denkbar, dass sich auch Bauern (wenigstens Wohlhabendere) in einiger Regelmäßigkeit Kaffee leisten konnten.
In den Städten und beim städtischen Bürgertum (und nicht nur beim Großbürgertum) war die Kaffeehaus-Kultur jedenfalls längst angekommen.
Was den Tee angeht. In Ostfriesland war der Teekonsum der Bevölkerung und der Handel damit, bereit so sehr verbreitet, dass seinerzeit schon der alte Fritz versuchte den Teekonsum der Bevölkerung gesetzlich einzuschränken, wohl weil ihn ärgerte dass das Ausland auf dieses Getränk ein Monopol hatte und stetiger Import von Tee zu stetigem Abfluss von Geldmitteln führte, was den König wohl um die Steuertüchtigkeit seiner Bevölkerung und die Bierwirtschaft in Ostfriesland fürchten ließ.
Infogle entsprechender gesetzlicher Maßnahmen zur Einschränkung und Unterbindung des Tee-Konsums entwickelte sich daraufhin ein recht ausgedehnter Schmuggel. Teeschmuggeln wurde bei ostfrisischen Fischern und Händlern dadurch zeitweise zu einer Art Volkssport.
Das war in den 1770er und 1780er Jahren und es wäre in diesem Zusammenahng darauf hinzuweisen, dass es in Ostfriesland keine besonders großen Städte mit einem zahlreichen Großbürgertum gab, Emden und Aurich waren eher beschauliche Städtchen und der Rest im Prinzip plattes Land, so dass naheliegt, dass mindestens an Teilen der norddeutsche Küste Teile der bäuerlichen Bevölkerung bereits im 18. Jahrhundert dem Tee in einiger Regelmäßigkeit zusprachen, was wiederrum Rückschlüsse darauf zulässt, dass Tee bereits zu diesem Zeitpunkt für breitere Bevölkerungsschichten durchaus erschwinglich war.
Nun liegt Hessen sicherlich ein guts Stück landeinwärts, was im 18. Jahrhudert noch zu vergleichsweise großen Preisunterschieden gegenüber der norddeutschen Küste, wegen des Transportes im Binnenland, der verschiedenen Währungen/Maßeinheiten und diverser Zollgrenzen geführt haben dürfte, aber das wiederrum dürfte sich durch die Veränderungen der napoleonischen Zeit, den deutschen Zollverein (Hansestädte blieben noch lange außen vor, aber das Kgr. Hannover mit seinen kleineren Nordseehäfen trat 1854 bei und durch den Eisenbahnbau, der ab den 1850er-1860er Jahren schon einen beachtlichen Raum im Nordwesten erschloss, waren jedenfalls lokale Metropolen, wie Hannover und Kassel transporttechnisch an die Nordsee angebunden, Rheinhessen mit Frankfurt und Darmstadt profitierte ja ohnehin von den Wasserwegen des Rhein-Main-Gebiets, während fortschreitnde Maßnahmen zur Verbesserung der Schiffbarkeit des Rheins und die Dampfschiffahrt, die den Handel Flussaufwärts erheblich erleichterte zu verbesserten Handelsmöglichkeiten mit den Niederlanden führten.
Wenn das ganze in der Wetterau, also der näheren Umgebung von Frankfurt spielen soll, so dass durchaus dennkbar ist, dass die Bauern dieses Handelsdrehkreuz in einiger Regelmäßigkeit aufsuchten, halte ich einigermaßen rgelmäßigen Konsum von Kaffee und Tee (sofern wir wirklich von wirtschaftlich einigermaßen gut situierten Bauern, nicht von Kärtnern oder abhängigen Landarbeitern reden) in einiger Regelmäßigkeit für durchaus nicht unplausibel.
Sicherlich nicht unbedingt täglich, aber unerschwinglich ware Kaffee und Tee sicherlich zu dieser Zeit für weite Teile der nicht unmittelbar zur Oberschicht gehördenden Bevölkerung nicht mehr.
Auf eins würde ich dich in diesem Zusammenhanng noch hinwesien wollen, weil ich nicht weiß in welchem Zeitraum deine Geschichte insgesamt spielt:
Oben sprichst du vom Jahr 1865, solltest du dich nicht auf dieses Jahr beschränken, sondern die Geschichte bis in die 1870er Jahre hinein fortsetzen, wäre in Sachen Handel/Ernährung/Preise zu bemerken, dass im Jahr 1869 der Suez-kanal fertiggestellt wurde, was die Transportwege aus Ostafrika, Süd- und Ostasien nach Europa drastisch verkürzte und über die sinkenden Transportkosten zu einer deutlichen Verbilligung der entsprechenden typischen Importgüter führte.
Insofern damit die Preise für Tee (Ost- und Südasien) und Kaffee (Ostafrika) in der Folge drastisch gesunken sein dürften, wäre entsprechend der Verbilligung mit erhöhtem Konsum zu rechnen.