Der Dialekt im Berliner Stadtbuch

Einarr

Neues Mitglied
p { margin-bottom: 0.21cm; } Hallo miteinander,


ich versuche gerade das Berliner Stadtbuch (14. Jahrhundert) zu lesen und mir teile davon zu übersetzen. Nachdem ich mich da ein Bisschen rein gelesen habe und mir mit Hilfe anderer Teilübersetzungen ein kleine Vokabelheft gemacht habe, verstehe ich das meiste auch recht gut. Aber streckenweise verstehe ich leider viel zu wenig.
Da ich gesehen habe das ihr anderen schon sehr kompetent bei Übersetzungen geholfen habt, hoffe ich das ihr mir helfen könnt.


Bei diesem Stück Text verstehe ich leider fast gar nichts.


Item. Swe kemplike gruten wil eynen synen genot, di
mut bidden des landes here oder synen hovctman, dat he sich
underwinden mut eynes synes vredebrekes oder vorreders oder
wes he synes is tu rechte, den he dar sye. Wen em dat met
ordelen gewiset wert, dat he dat dun mute


Im folgenden sind es einzelne Wörter die ich nicht verstehe und auch leider keine Übersetzung gefunden habe. Zum besseren Verständnis poste ich den ganzen Satz, das begehrte Wort markiere ich fett.


So vindet man tu rechte, togentlike by deme hovetgate.


dat id nicht undurer sy, id en sy wol kampwerdich. Desse dri unge-
richte sal he tu em klagen tu male oder ander ungerichte wes
des sy.


wat my di schepen oder myns heren man, under
welk gerichte id sy, irdeylen vor recht.


Wenne di gewere is gedan, so bidet jene syn unschult,
dat is eyn ed und eyn echte kamp, ofte he en tu rechte
gegrud het,


Twe boden sal di here darby hebben, di dat syn, dat man
si gelike und na rechter wonheit gerwe. Eynen kreismeister
sal man em setten, di em vrede sal werken in den warft,


Werven twe suchte lüde eynen kamp up umme sake


LG, Clemens
 
Hallo Clemens, bevor ich Deine Fragen beantworten und die Lösungen eingrenzen kann, hätte ich ein paar Fragen: 1. Name und Datierung des Stadtbuchs (Laufzeit), Datierung des konkreten Stadtbucheintrags? 2. Bist Du Dir bei der Transkription der Buchstaben wirklich sicher? 3. Am besten wäre natürlich ein Digitalfoto per Mail, um die Fragen möglichst gut beantworten zu können? 4. Wo beginnt bzw. endet der Stadtbucheitrag wirklich (Kontext), das macht die "Übersetzung" leichter, denn offensichtlich handelt es sich um einen Akt der Gerichtsbarkeit. Daher unter Vorbehalt folgende Deutungen: togentlike = tugendlich = tugendhaft? ungerichte = Gericht irdeylen = urteilen Twe boden = zwei Boten? Ohne den vollständigen Text kann ich leider nicht mehr deuten, irgendwie geht es ja hier um Urteilsfindung bzw. Rechtsprechung. Schon mal die Wörte im Grimm nachgeschlagen oder Lexer? MfG Dr. C.
 
p { margin-bottom: 0.21cm; } Hallo Dr. Cassiodor,


vielen Dank für die Antwort. Ich werde Freitag oder Samstag ausführlich auf die Fragen antworten, vorher schaffe ich das leider zeitlich nicht.


Vielen Dank für die Hilfe, Clemens
 
Bei diesem Stück Text verstehe ich leider fast gar nichts.


Item. Swe kemplike gruten wil eynen synen genot, di
mut bidden des landes here oder synen hovctman, dat he sich
underwinden mut eynes synes vredebrekes oder vorreders oder
wes he synes is tu rechte, den he dar sye. Wen em dat met
ordelen gewiset wert, dat he dat dun mute

Ebenso: Wer einen seiner Genossen(?) kämpflich(?) grüßen(?) will, der/die muss seinen Landesherren oder Hauptmann(? c=Lesefehler?) bitten, dass er sich eines Friedensbruches oder (???) unterstehen muss, oder was seine Absicht (Sinnes) ist zu recht, als er da sei(?). Wenn ihm das so mit Befehlen gewiesen wird, dass er das tun müsse.

Naja, mehr Fragezeichen als sinnvolle Übertragung...



So vindet man tu rechte, togentlike by deme hovetgate.
So findet ma zu Recht die Tugendlichen bei dem Hoftor?

Nicht ganz einfach auf jeden Fall.
 
Zitat:
Item. Swe kemplike gruten wil eynen synen genot, di
mut bidden des landes here oder synen hovctman, dat he sich
underwinden mut eynes synes vredebrekes oder vorreders oder
wes he synes is tu rechte, den he dar sye. Wen em dat met
ordelen gewiset wert, dat he dat dun mute"

auch/Genauso:
Wer? seinen Genossen anklagen will, der muß den Grundherrn oder seinen Vertreter bitten, das er anerkennen muß , das ein Friedensbruch, Verrat oder was er darin als Rechtsbruch sieht.

Wenn der das offiziell erfährt , dann muß er das (was auch immer) tun
 
p { margin-bottom: 0.21cm; }a:link { }

1.) Das Stadtbuch wurde Ende des 14. Jahrhunderts fertig gestellt. Der Inhalt ist aber älter. Es wurde wohl damals von der Stadt Berlin ein Schreiber verpflichtet um die losen Dokumente welche das Stadtrecht beinhalten in einem Buch zusammen zu tragen, welches wie gesagt Ende des 14. Jahrhunderts fertig gestellt wurde. Die Urkunden welche im Stadtbuch in dem Teil, welcher als Buch der Privilegien bezeichnet wird, mit ein- oder angeheftet sind, tragen teils ältere Datierungen.
Die älteste ist auf 1272 datiert. Von wann der Teil, welchen ich übersetzen möchte, bzw. inzwischen übersetzt habe genau stammt, kann ich leider nicht feststellen. Würde aber auf das 13. Jahrhundert tippen. Dabei handelt es sich um den Teil der Berlinischen Stadtbuchs der den Gerichtskampf regelt.


2.) Die Qualität der Transkription kann ich leider nicht beurteilen da ich das Original des Berlinischen Stadtbuches nie gesehen habe. Meine Quelle ist eine Transkription welche als Druck von dem Verein für die Geschichte der Stadt Berlin im Jahre 1883 heraus gebracht wurde und heute über google eingescannt wurde. In den Anmerkungen welche der Verein für die Geschichte der Stadt Berlin in dem Druck getätigt hat, bemerkt der Verfasser schon ein paar Abschreibefehler welche dem Schreiber im 14. Jahrhundert unterlaufen sind. So das man davon ausgehen kann das sich ein paar Fehler schon damals eingeschlichen haben.
Berlinisches stadtbuch : Berlin (Germany) : Free Download & Streaming : Internet Archive (§ 29 Seite 218 bis 221)


3.) Wegen 2. kann ich mit einem Digitalfoto leider nicht dienen.


4.) Hier verstehe ich leider die Frage nicht ganz. Ich soll den gesamten betreffenden Text posten?


Ich habe sowohl den Lexer als auch Grimms Wörterbuch bemüht. Habe da jedoch kaum einen Treffer gehabt. Schiller Lübben hat mir jedoch ein gutes Stück geholfen.
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd2/drw/s/Sa-schm.htm#Schiller-Lubben


togentlike = tugendlich = tugendhaft?
ungerichte = Gericht
irdeylen = urteilen
Twe boden = zwei Boten


bei togentlike und twe boten hatte ich die selbe Vermutung. Für irdeylen bedanke ich mich, das könnte passen.
Bei twe boden ist die Sache wie ich finde schon komplizierter. Das Wort boden wir in dem Text ein paar mal verwendet und ich denke in den meisten fällen wäre Boten eine gute Übersetzung.
Aber an einer Stelle kann es meiner Meinung nach nicht passen.


Führen zwei schlichte Leute einen Kampf um eine Sache, welcherlei das auch sei, in einem warft oder in eyne boden zu fechten ...


An der Stelle irritiert mich das boden sehr. Warft scheint eine Sandaufschüttung zu sein. Das deckt sich auch mit anderen Texten die den Gerichtskampf behandeln und in denen es heißt man solle Sand aufschütten (ich vermute das der Boden gepflastert ist) und die Kontrahenten darauf kämpfen lassen.


Wie oben schon gesagt habe ich den Text inzwischen fertig übersetzt. Da es aber ein paar Stellen gibt an denen ich mir nicht sicher bin und andere an denen ich ansatzlos bin würde ich mich über Rat sehr freuen. Hier ist meine Übersetzung. Der Gerichtskampf


Liebe Grüße und Danke an alle, Clemens
 
Danke für den Hinweis, aber bist du dir sicher oder ist das eine Vermutung? Denn das würde mich sehr überraschen. Ich habe noch nie von mittelalterlichen Fechtboden/Paukboden gehört (gab es welche?). Du meinst doch die Örtlichkeit wo man mit Degen und ähnlichem Waffen ficht, oder ?
Andererseits hat Talhoffer einmal in einem Rathaus in seiner Eigenschaft als Fechtlehrer in einem Kampf als eine Art Schiedsrichter fungiert.
Ich habe auch noch nirgends einen Hinweis darauf gefunden das ein Gerichtskampf in geschlossenen räumen veranstaltet worden wäre.
 
Ich habe nur "übersetzt" da Bote nicht passt, Boden aber auch "eingegrenzte freie , ebene Fläche" bedeuten kann, wäre hier "Fechtplatz" die Übersetzung. Kann auch unter freiem Himmel sein. Beispiel: "Tanzboden"
 
OK, Danke. Ob du dir sicher bist war auch keine Kritik. Dann gehe ich mal davon aus das es Fechtplätze gab. Warum auch nicht. Da ja auch die Bürger in der Stadt zumindest teilweise Schwerter trugen, müssen sie ja auch irgendwo den Umgang mit ihnen geübt haben.
Das sieht es so aus als hätte man entweder auf dem Fechtplatz oder dem warft kämpfen können.
Vielleicht je nach dem ob es ein Ehrenhändel ist oder ein richtiger Rechtstreit?
Aber was genau ist ein warft. Als Übersetzung habe ich Erdaufschüttung, Hügel gefunden.
 
eine Warft ist genau das, ein aufgeschütteter Platz
n "Boden"= Balken mit Brettern drauf (Dachboden/Tanzboden/Fechtboden/Heuboden)

Warft/Wurt/Worth Erde auf einem Haufen, feststampfen und oben Eben
 
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