Die Awaren

askan

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Hier möchte ich mal die Möglichkeit bieten, über die Awaren zu sprechen.
Je mehr ich über die lese, je interessanter werden sie, aber es gibt halt nicht viel Literatur über sie.
Mal ein paar Kurze Fakten aus dem Gedächnis:

Sie bedrängten, das Frankenreich und überrannten die Ungarn.

Sie sollen aus den Gebiet zwischen Altai und Mandschurei stammen und sind zu ersten Mal in chin. Aufzeichnungen als Yuan Yuan erwähnt.

In Dagestan ist Awarisch heute noch eine Amtssprache.

Angeblich sollen sie in Europa deswegen soviel Erfolg gehabt haben, weil sie mit modernster Technologie kriegführten. So sollen sie Festungen mit chineschen Gegengewichtskatapulten regelrecht sturmreif geschossen haben.

Sie haben in kürzester Zeit ein Riesenreich erobert haben und sind auch schnell wieder von der Weltbühne abgetreten. So das es im Russischen heute noch ein Sprichwort gibt: "Verschwunden wie die Awaren."

Das wars erstmal, hat jemand von euch etwas interessantes darüber?
 
Das gehaltvollste Buch ist meines Wissens:

Walter Pohl, Die Awaren - ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567 - 822 n. Chr. (2. Auflage)München 2002, ISBN 3-406-48969-9

Die dagestanischen Awaren dürften mit den "europäischen" Awaren wohl kaum mehr als den Namen gemeinsam haben.
 
Der Pohl wäre auch meine Empfehlung (solange er nicht in der Vorlesung vom Hundertsten ins Tausendste kommt ;) ), mit Sicherheit hat auch die Ur- und Frühgeschichte (Prof. Falko Daim) der Uni Wien einige Publikationen zu dem Thema veröffentlicht, schließlich buddeln die seit Jahren in awarischen Gräberfeldern.

Ganz interessant ist diese Homepage der burgenländischen Landesausstellung 1996 zu Hunnen und Awaren (sehr alt, Ton abdrehen!!!): http://www.nhm-wien.ac.at/NHM/prehist/Stadler/Halbturn96/Index.html
 
Den Ausstellungskatalog dazu habe ich auch einmal durchgeblättert:

Hunnen + Awaren - Reitervölker aus dem Osten (Hrsg. Burgenländische Landesregierung, Redaktion Falko Daim), Eisenstadt 1996
 
Aber in Österreich war ja nur die Endstation für die Awaren. Gibt es keine Funde in anderen Teilen ihres Reiches oder Aufzeichnungen?
 
askan schrieb:
Aber in Österreich war ja nur die Endstation für die Awaren. Gibt es keine Funde in anderen Teilen ihres Reiches oder Aufzeichnungen?
Soweit mir bekannt, fand und findet die europäische Awarenforschung hauptsächlich in Österreich und Ungarn statt. Kann sein, dass das mit den alten Grenzen der Monarchie zusammenhängt...

Ich will dir nicht die gesamte Literaturrecherche abnehmen, jedoch findest du in den o.g. Werken sicher umfangreiche Literaturhinweise (der Ausstellungskatalog hat lt. Verbundkarteikarte 19 Seiten Literaturverzeichnis!), ansonsten kann ich dir Denis Sinor [Hrsg.]: The Cambridge history of early Inner Asia, Cambridge 1990 als internationalen Ausgangspunkt ans Herz legen.

Hier ist noch ein schöner Überblick: http://www.sbg.ac.at/ger/samson/rvws2003-04/dopsch2003.doc

Sonst solltest du nach "Avars", "Caucasian Avars" oder "Eurasian Avars" googeln, da findest du ebenfalls Hinweise...
 
askan schrieb:
Angeblich sollen sie in Europa deswegen soviel Erfolg gehabt haben, weil sie mit modernster Technologie kriegführten. So sollen sie Festungen mit chineschen Gegengewichtskatapulten regelrecht sturmreif geschossen haben.
Wirklich? Ich dachte immer die Awaren seien ein reitervolk wie die Hunnen gewesen.
 
Wieso nicht? Die Mongolen waren auch ein Reitervolk und kamen mit regelrechten High-Tech- Waffen an?
 
Um willen der mobilität? (Wenn sie überhaupt welche hatten.) Belagerungs machinen sind schliesslich keine waffen die man sich mal eben schnell unter den arm klemmt um ne stadt, die viele hundert oder auch tausend meilen entfernt liegt, anzugreifen.
 
Im Grunde kann man sie zerlegen und an Ort und Stelle wieder zusammenmontieren. Oder man baut sie jedesmal neu, sie betanden ja größenteils aus Holz, Leder, Seilen und ein wenig Metall.
 
askan schrieb:
Im Grunde kann man sie zerlegen und an Ort und Stelle wieder zusammenmontieren. Oder man baut sie jedesmal neu, sie betanden ja größenteils aus Holz, Leder, Seilen und ein wenig Metall.
Mag sein. Aber hat ein nomadisches steppenvolk solche kentnisse? Festungen sind soweit ich weiss in den steppen nicht sehr häufig. Und ich weiss zwar nicht soviel über den bau von katapulten+co. Aber zu ihrem bau gehört glaub ich doch etwas mehr als nur die rohstoffe zu haben.
 
Soweit ich weiß, benutzten sie Gegengewichtskatapulte chinesischer Bauart. Schließlich lebten die Awaren als Jiang-Jiang in der Mandschurei direkt in chenischer Nachbarschaft.
 
Gibt's etwas neues zu den Awaren?

Wiki sagt, dass man nichteinmal weiss, welche Sprache sie sprachen...
 
Vielleicht sollte man an dieser Stelle eine kurze Basisinformation zu den Awaren geben, denn der ständige Verweis auf "Wikipedia" ist dem Selbstverständnis dieses Forums nicht angemessen.

Zunächst ist festzuhalten, dass zahlreiche Fragen in Verbindung mit den Awaren noch offen sind. So weiß man z.B. nicht, ob ähnliche Namen in antiken Quellen (z.B. Abaris bei Herodot, Aparnoi bei Strabon, Abarinon bei Plinius d.Ä. usw.) mit dem Awarentum zusammenhängen. Ferner weiß man nicht, ob der Name "Avar" ureigener Namensbestandteil der europäischen Awaren war, oder ob er ihnen erst während ihrer Westwanderung zugeschoben wurde. Hießen sie vielleicht ursprünglich War-Chunni? Ferner wird überlegt, ob die Vorfahren der pannonischen Awaren in den chinesischen Quellen mit den Jou-Jan der Mongolei oder mit dem Hua-Volk des Reichs der Hephtaliten verbunden werden können.

All diese Fragen zeigen, dass die Herkunft der Awaren im Dunkeln liegt und bis heute Gegenstand zahlreicher Hypothesen ist.

Nach Ansicht der meisten Sprachwissenschaftler war die Sprache der Donau-Awaren altaisch. Die meisten zählen sie dem türkischen, andere jedoch dem mongolischen Sprachzweig zu. Die Nomadenstämme, die sich im Karpatenbecken später den Awaren anschlossen (Kutriguren, Tarniach, Onoguren usw.) sprachen ein bulgarisch-türkisches Idiom.

Die Westwanderung der Awaren erfolgte wohl im Zusammenhang mit der Gründung des ersten türkischen Großreichs 552, nachdem die Türken die Oberherrschaft der Jou-Jan abgeschüttelt hatten. Ein Teil der Awaren blieb unter türkischer Herrschaft im Osten zurück, ein anderer wanderte nach Westen. Die Quellen sprechen davon, dass 20 000 Krieger samt ihren Sippen nach Westen flohen. Zunächst fanden sie bei den Alanen Zuflucht und schickten von dort im Jahr 558 ihre erste Gesandtschaft nach Konstantinopel. Justinian machte den Awaren Geschenke, um sie im Kampf gegen andere Steppenvölker auf seiner Seite zu haben. Es handelte sich dabei vor allem um Onoguren, Utriguren und Kutriguren, die jedoch den durchziehenden Awaren huldigten.

Im Jahr 562 gelangte Khan Bajan an die untere Donau, überfiel mehrfach fränkische Grenzgebiete und verband sich mit dem langobardischen König Alboin zur Vernichtung des Gepidenreichs. 567 nahm er das Land der Gepiden in Besitz (Siebenbürgen, Theißgegend) und nach Abzug der Langobarden 568 auch Pannonien, das etwa dem heutigen Ungarn entsprach.

Nach der Landnahme unternahmen die Awaren mehrere Plünderungszüge, die sie auf den Balkan, nach Italien und sogar bis Thüringen führten. 626 belagerten sie erfolglos Konstantinopel. Wichtig für einen größeren Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Slawen in der Gefolgschaft der Awaren nicht nur den Nordbalkan überfluteten, sondern auch den westlichen Peloponnes. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte slawische Landnahme, während die Awaren nach Zusammenbruch ihres Reichs aus der Geschichte verschwanden.

Als Bajans jüngerer Sohn um 610 Khan wurde, erstreckte sich das Reich der Awaren von der bayerisch-fränkischen Grenze bis zum durch die Türken geräumten Kubangebiet und vom Balkan bis nach Thüringen. Allerdings fielen die Balkanslawen nach der missglückten Eroberung Konstantinopels von den Awaren ab und die neu einwandernden Kroaten und Serben schlossen sich den Byzantinern unter Kaiser Herakleios an. Im Jahr 635 sagte sich auch der großbulgarische Herrscher Kuvrat vom Awarenkhan los.

Nach Absetzung des Bayernherzogs Tassilo III. übernahm Karl d. Gr. den Grenzschutz im Osten und ging ab 791 gegen die Awaren vor. Nach gründlicher Vorbereitung kam es in den Jahren 795/96 zum entscheidenden fränkischen Angriff, den Markgraf Erich von Friaul und König Pippin von Italien leiteten. Das zentrale Lager der Awaren - der so genannten Awarenring - wurde erobert zusammen mit dem legendären "Awarenschatz". Einigen Quellen zufolge erforderte sein Abtransport 15 vierspännige Ochsenwagen.

Seither verschwinden die Awaren aus der Geschichte. Einige Awarenreste wurden christianisiert und lebten als Bauern in der Ostmark, wo sie bis etwa 870 erwähnt werden. Andere Awaren, die östlich der Doanu wohnten, unterwarf der Bulgarenkhan Krum. Als letztes werden awarische Reste um 950 in Dalmatien erwähnt.

Ein Großteil dieser Basisinformation stammt aus dem Lexikon des Mittelalters, Band 1, S. 1283 f.
 
Zuletzt bearbeitet:
Heute gibt es auch ein Volk in Dagestan, das sich "Awaren" heisst- etwa 570 000 Menschen. Sie sind die etnische Haupt-Gruppe in Dagestan (27,9% der Bevolkerung). Die Awaren haben in XIX Jhdt. mit den Tchetchenen zusammen unter Imam Schamil eigenes Staat geschafft und gegen den Russen sehr wirksam gekampft.
Es gibt keine Beweisse fur die Verwandtschaft zwischen diesen Awaren und jenen mittelalterlischen Awaren, aber wahrnscheinlich ist es nur die Ahnlichkeit der Volksnamen.
 
Bay-Awaren

Stimmt es, dass die Bajuwaren aus einer Mischung der Boiern und der Awaren stammen, bzw dass das -waren in Bajuwaren etwas mit den Awaren zu tun hat?
 
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