Ortschaft Lindeke, Lindich, Lindach im Jahre 1284 gesucht

pietFFM

Mitglied
Hi

Ich hoffe Ihr könnt mir bei der Suche nach dem og. Ort oder Gemarkung helfen. Ich habe hier 4 Regesten aus dem hessischen Staatsarchiv von einem Zinsverkauf an die Klöster Thorn und Marienborn im Jahre 1268, wobei ich den og. Ort nicht lokalisieren kann.

Der Templerorden verkauft seine Zinsen an dem Besitz in Erlenbach, einem Haus in Frankfurt (Hier nicht wichtig) und Lindeke, Lindich, Lindach an die beide Klöster. Beide Klöster, das Haus Isenburg und Erlenbach liegen im heutigen Wetterau-, Hoch- und Vodertaunuskreis. Frankfurt hatte die Gerichtsbarkeit zu dieser Zeit über die Gegend, was auch aus den Urkunden ersichtlich ist (Frankfurter Schultheiß, Frankfurter Schöffen und Frankfurter Zeugen). Daher denke ich mir das der gesuchte Ort auch in dem Bereich liegen könnte. Auch belegt eine Urkunde aus dem Jahr 1268 das Zinsrecht des Ordens an dem Besitz in Erlenbach. Dort werden auf Seiten des Ordens und auf Seiten der Erben das Geschlecht der von Holzhausen genannt, die aus dem og. Raum stammt und erst um 1245 nach Frankfurt gezogen ist.

Leider gibt es 3 unterschiedliche Schreibweise in 4 Urkunden. Kloster Thorn schreibt Lindeke, die Isenburger einmal Lindich und einmal Lindach. Lindich bzw. Lindach in den Isenburger Urkunden dürfte ein Schreibfehler damals oder Lesefehler heute sein.

Urkunde der Grafschaft Isenburg vom 22.2.1284: "in dem Lindich"
Kloster Thorn vom 22.2.1284: "Lindeke"
Urkunde der Grafschaft Isenburg vom 26.2.1284: "in dem Lindach"
Kloster Thorn vom 26.2.1284: "Lindeke"

Also könnt ihr mir weiterhelfen oder mir einen Rat geben wie und wo ich weiter nach dem Ort suchen kann?
 
Hallo PietFFM,

die Bezeichnung "Lindeke/Lindach" etc. wird heute offenbar nicht als einstiger Ort betrachtet, sondern einfach als ein Flurname. Das Kloster bei Wehrheim heißt übrigens Thron, nicht "Thorn". Im Überblickswerk von Ulrich Simon "Das Zisterzienserinnenkloster Thron bei Wehrheim im Taunus" ist der Besitz aufgelistet und die Urkunde wurde berücksichtigt. Doch wird nur Ober-Erlenbach als Ort mit Besitzungen gelistet und "in der Lindich" offenbar nicht als eigener Ort gedeutet.

Ein noch eindeutiger Hinweise darauf, was "Lindach" war, findet sich in E.G.C. Andrae, Geschichte der Jagd im Taunus (1894), S. 58, an einer Stelle, wo er die Wälder um Frankfurt beschreibt: "Die Lindau (Lindach) war bis 1240 Wald, wurde dann abgetrieben und in Ackerland verwandelt; hieran schloß sich der Niederwald, welcher bis zur Mündung der Nied reichte, diese Mündung war aber damals nicht die heutige; auch dieser Wald wurde im gleichen Jahre abgetrieben!"

Leider bezieht sich Andrae, was die Quelle betrift, nur auf "alte Chroniken" aus Frankfurt; von der beschriebenen Lage würde es aber prima in die Nähe von Ober-Erlenbach passen.
 
Hi Ashigaru

Danke! Das hat mir schonmal sehr geholfen!!

Also in Sachen Erlenbach und Lindeke/Lindach sind die Urkunden eindeutig. Verkaufpreis war 42 Mark Kölner Pfennige für die Zinsen, Kornrenten der beiden Fruchtgülten.

Einziger wichtiger Unterschied im Gegenstand des Geschäftes ist, das in der Urkunde aus Thron vom 22.2.1284 "Zinsen aus Erlenbach und Lindeke und einem Haus zu Frankfurt" steht. In der Isenburger Urkunde und der Marienborner Kopiar wird Frankfurt nicht genannt.

Aber wie gesagt mit Lindeke/Lindach hast Du mir sehr geholfen.
 
Hi Ashigaru

Danke! Das hat mir schonmal sehr geholfen!!

Also in Sachen Erlenbach und Lindeke/Lindach sind die Urkunden eindeutig. Verkaufpreis war 42 Mark Kölner Pfennige für die Zinsen, Kornrenten der beiden Fruchtgülten.

Ich habe nur das Kurzregest der Urkunde gelesen. Daraus geht meines Erachtens nicht eindeutig hervor, dass "in der Lindich" auch eine Siedlungsstätte bestand. Wenn es wirklich so war, wie Andreae schreibt, kann das durch Rodung gewonnene Land ja auch einem der existierenden Orte zugeteilt worden sein. Zumal es im 13. Jahrhundert schon reichlich Dörfer im Rhein-Main-Gebiet gab. Hier kommt man vielleicht über die Flurnamenforschung weiter - vielleicht ist ja irgendwo zwischen Ober-Erlenbach und Nied ja noch ein Flurname Lindach etc. bezeugt.
 
Ich vermute das es sich um Ackerland handelt wie Andreae schreibt. Es muss ja kein Dorf oder Gut sein das es bewirtschaftet. Andreae gibt uns die Hinweise Niederwald und Mündung der Nied ( Bach wie der Erlenbach?). Leider gibt eine Schnellsuche zum Stadtteil Nied keinen Hinweis auf einen Bach Nied oder Niederwald. Nied und Ober-Erlenbach liegen auch ca. 20km auseinander.

Werde mir wohl oder übel die 4 Urkunden ansehen müssen oder zumindest den vollen Text besorgen müssen. Die eine Urkunde enthält ja auch den 2. Hinweis auf Templerbesitz in Frankfurt.

Aber hast du eine Idee wie man das Nied von Andreae weiter einkreisen kann?
 
P.S.: habe sogar noch zwei Lokalisierungsaussagen gefunden, die das Gebiet "Lindau" näher eingrenzen.

Die eine davon stammt aus "Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst", Bd. IV (1869):

Man hatte dabei zwei Wasserläufe oder sumpfige Mulden zu über- schreiten, die der Grund waren, weshalb man diesen Weg nicht schon früher gewählt hatte. Das erste Wasser war der Leerbach, der alle Grewässer zwischen der Eckenheimer Strasse (Kirchhofsweg) und dem Ginnheimer Weg au&ahm — also die Gewässer der Holzhauser und Stallburger Oede, der Bomwiese, des Sauboms, der Buttersuppe, der Lindau mit dem Dautenbrünnchen und den Gerinnen des Kirschgar- tens und des Affensteins vereinigte und unter dem Namen Leerbach in die Nähe des Bockenheimer Thores brachte, und sie dort am Be- ginn der Bockenheimer Chausse durch eine Wede und eine Brücke dem Gebiet des Rustersees zuführte.

Der Leerbach führte anscheinend aus Richtung Ginnheim zum Stadtgraben:
https://maps.google.de/maps/ms?ie=U...656516587950.0004b0eea7f283a7c29f2&dg=feature


Die andere ist weniger präzise und stammt aus der Schilderung einer Belagerung Frankfurtst
1552:

grave bei Rheiu, margrave Albrecht zu Brandeburg sampt andern farsten und herrn, auch vielen von adel mit htferes- craft zu ro6 und fufi durch und fcei der Fried be rger warth in difier stadt landgewehr gezogen, in meinung diBe stadt zu belegern und zu bekommen, zu erobern, haben sie anfenglichs ihreh heerlager ins Lindau geschlagen, dartff die Galgenwarth abgebrant, volgents den 19 Jul. (uf welchen tag der mar- grave zu Brandeburg sein lager uf den Muhlnberg geschlagen) haben sie meine burg und geKebte vatterliche wohmrag, Born burg genant, welche ioh meinem stamm zu eheren mit bauen hobhhch gepessert, neben herrn Justmiani von Holzhausen und der Staiburger oden, ganz in grund und boden abgebrent,
Ich bitte, die fehlerhafte Darstellung zu entschuldigen, es kommt von archive.org, wo noch viele Probleme mit der Darstellung und Anzeige bestehen.
Auch hier lässt sich aber der Schluss ziehen, dass die Lindau stadtnah und im Westen/Nordwesten gelegen war.
Das oben benannte Heerlager ist auch auf dem berühmten Belagerungsplan zu sehen:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/99/Frankfurt_Belagerungsplan_1552.jpg

Aber genug der langen Deduktion, zwischenzeitlich habe ich ein Digitalisat mit Karte + Flurnamen gefunden!

Schau mal da, eine ausgedehnte Flur direkt nordwestlich der Stadt:

http://upload.wikimedia.org/wikiped...t_Am_Main-Stalburger_Oede-Karte-Pelissier.jpg
 
Ich vermute das es sich um Ackerland handelt wie Andreae schreibt. Es muss ja kein Dorf oder Gut sein das es bewirtschaftet. Andreae gibt uns die Hinweise Niederwald und Mündung der Nied ( Bach wie der Erlenbach?). Leider gibt eine Schnellsuche zum Stadtteil Nied keinen Hinweis auf einen Bach Nied oder Niederwald. Nied und Ober-Erlenbach liegen auch ca. 20km auseinander.

Werde mir wohl oder übel die 4 Urkunden ansehen müssen oder zumindest den vollen Text besorgen müssen. Die eine Urkunde enthält ja auch den 2. Hinweis auf Templerbesitz in Frankfurt.

Aber hast du eine Idee wie man das Nied von Andreae weiter einkreisen kann?

Ich bin kein Frankfurter. Deshalb will ich keine Behauptungen aufstellen, sondern nur einen Brainstorming-Beitrag leisten.
Ich vermute, es geht um die Nidda. In ihrer Nähe gibt es heute den Lindenring und einen Weg namens Lindenau. Zwar gibt es in der Ecke auch noch andere "Baum"-Straßen. Aber nicht so gehäuft, dass die Linde zwingend willkürlich sein muss und nicht historisch bedingt sein kann.
 
Ich glaube ich habe es gefunden.

1240 wird das Gelände laut E.G.C. Andrae gerodet und gibt uns den Hinweis Nied und Niederwald.

1251 Mai Konrad IV gibt Wolfram (Schultheiß Frankfurt) den neurottzehnten des abgetriebenen Reichswald Lindau bei Frankfurt zu lehen.
Quelle:Codex diplomaticus moenofrancofurtanus

1284 wird der Zins vom Templerorden an die Klöster Thron und Marienborn verkauft.

1294 März Volz, ein Schmidt, resignirt dem Kloster Schönau mit einwilligung des Klosters Thron zwei Mansen und zwei juchert ackerland in den Lindau, welch er bisher von diesen beiden klöstern in erblichen besitz hatte.
Quelle: Codex diplomaticus moenofrancofurtanus

Aber in dieser Urkunde steht noch:
"terre arabilis, in deme Lindehe iuxta viam ubi itur versus villam Prumheim et Buckenheim fitos"

Also zwischen den Dörfern Praunheim und Bockenheim. Zwischen den beiden heutigen Stadtteile ist immernoch eine Grünfläche die im Westen direkt an die Nidda angrenzt.

Gehe ich davon aus das Lindeke und Lindach gleich ist mit Lindau und Lindehe ist und Nied mit Nidda. Ist es es gefunden.

Das Lindau auf der Karte und die heutigen Strassennamen Oberlindau und Unterlindau im Stadtteil Westend liegen östlich von Bockenheim und grenzen nicht an einen Fluss oder Bach der die Nied von E.G.C. Andrae sein könnte. http://upload.wikimedia.org/wikiped...t_Am_Main-Stalburger_Oede-Karte-Pelissier.jpg

Eure Meinung?
 
Ich glaube ich habe es gefunden.

1240 wird das Gelände laut E.G.C. Andrae gerodet und gibt uns den Hinweis Nied und Niederwald.

1251 Mai Konrad IV gibt Wolfram (Schultheiß Frankfurt) den neurottzehnten des abgetriebenen Reichswald Lindau bei Frankfurt zu lehen.
Quelle:Codex diplomaticus moenofrancofurtanus

1284 wird der Zins vom Templerorden an die Klöster Thron und Marienborn verkauft.

1294 März Volz, ein Schmidt, resignirt dem Kloster Schönau mit einwilligung des Klosters Thron zwei Mansen und zwei juchert ackerland in den Lindau, welch er bisher von diesen beiden klöstern in erblichen besitz hatte.
Quelle: Codex diplomaticus moenofrancofurtanus

Aber in dieser Urkunde steht noch:
"terre arabilis, in deme Lindehe iuxta viam ubi itur versus villam Prumheim et Buckenheim fitos"

Also zwischen den Dörfern Praunheim und Bockenheim. Zwischen den beiden heutigen Stadtteile ist immernoch eine Grünfläche die im Westen direkt an die Nidda angrenzt.

Gehe ich davon aus das Lindeke und Lindach gleich ist mit Lindau und Lindehe ist und Nied mit Nidda. Ist es es gefunden.

Das Lindau auf der Karte und die heutigen Strassennamen Oberlindau und Unterlindau im Stadtteil Westend liegen östlich von Bockenheim und grenzen nicht an einen Fluss oder Bach der die Nied von E.G.C. Andrae sein könnte. http://upload.wikimedia.org/wikiped...t_Am_Main-Stalburger_Oede-Karte-Pelissier.jpg

Eure Meinung?

Hallo Piet,

nach meiner Meinung passt die Fläche auf der Karte mit der Schilderung der Belagerung von 1552 und dem Textabschnitt zum Leerbach gut zusammen. Es steht auch nicht im Widerspruch zur vageren Lokalisierung bei Andrae, denn der Wald, der bis zur Mündung der "Nied" geht (in der Tat die Nidda, beim heutigen Stadteil Nied), ist ja ihm zufolge der Niederwald und nicht die Lindau.
Was das "versus" betrifft, würde ich es eher mit "gegen, in Richtung von" übersetzen; es kommt vom Verb "vertere". Also die Übersetzung dann "in der Lindehe nahe des Weges, wo er sich wendet nach Bockenheim und Praunheim". Würde die Lage zwischen den Orten markiert, müsste es eher "inter" heißen.
 
Hallo Piet,

nach meiner Meinung passt die Fläche auf der Karte mit der Schilderung der Belagerung von 1552 und dem Textabschnitt zum Leerbach gut zusammen. Es steht auch nicht im Widerspruch zur vageren Lokalisierung bei Andrae, denn der Wald, der bis zur Mündung der "Nied" geht (in der Tat die Nidda, beim heutigen Stadteil Nied), ist ja ihm zufolge der Niederwald und nicht die Lindau.
Was das "versus" betrifft, würde ich es eher mit "gegen, in Richtung von" übersetzen; es kommt vom Verb "vertere". Also die Übersetzung dann "in der Lindehe nahe des Weges, wo er sich wendet nach Bockenheim und Praunheim". Würde die Lage zwischen den Orten markiert, müsste es eher "inter" heißen.

Hi

ja deine Übersetzung passt besser. Nochmals zu Andrae und der Karte. In der Karte ist zwischen Nied (Ort) und Griesheim ein "Alter Nidda Lauf" am "Linden-Bruch" eingezeichnet. Also weit östlicher als die Nidda Mündung in den Main. Gehen wir davon aus das die Lindau die og. Rodung ist, ist es doch ein sehr großes Gebiet welches gerodet wurde. So aus dem Kopf täte ich sagen 3-5x größer als die eigentliche Stadt Frankfurt. Ist das möglich?
 
Also ich habe ja lang gezögert das es das heutige Westend und seine Strassen mit den Lindau im Namen ist. Das war mir zu einfach. Erst Deine Übersetzung hat mich überzeugt.

Nur bei dem Flur "Niedenau" bin ich eine andere Meinung. Die Lindau wird und wurde von der Bockenheimer Str., heute Landstrasse, ziemlich in West-Ost Richtung durchschnitten. Die Niedenau liegt südlich der Bockenheimer und könnte im Sinne von "Nieder" so genannt wurde sein.

Aber ich denke meine Suche nach dem "Lindach" aus den Urkunden ist erfolgreich beendet. Da kein Gebäude gesucht wird braucht man es nicht enger einzukreisen. Und ich denke mir, mit den og. Urkunden, Andreae und Karte ist es auch ziemlich gut belegt, oder?

Also ich bin Dir und letztergisone sehr Dankbar! Ihr habt mir sehr geholfen.
 
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