Träume im Mittelalter

Fina

Neues Mitglied
[Über die Suche habe ich keinen entsprechenden Thread gefunden., falls es doch einen gibt, tut mir das leid.]

Hallo Leute,
ich habe ein Anliegen und brauche dafür eure Hilfe.
Es geht um diesen Artikel: http://www.traumring.info/hornundelfenbein.pdf, konkret um den Unterpunkt über das Mittelalter.

Dabei stießen mir die Sätze: „Wehe dem, der sich damit beschäftigte, er war ein Hexer und konnte auf dem Scheiterhaufen enden.“ und „Das dunkle Mittelalter hatte begonnen.“ besonders auf. Darüber habe ich mit dem Verfasser des Artikels schon geredet.

Worum es mir jetzt aber geht, ist folgendes: Das Verhältnis der katholischen Kirche im Mittelalter zu den Träumen und der totalen Verteufelung, wie es auch in dem Absatz steht.
Mir kamen da nämlich etwas Zweifel, da ich mich an Traumberichte in diesem Buch erinnerte: https://books.google.de/books?id=fSM9AAAAcAAJ&pg=PA435&dq=Dominikaner+Lebensbeschreibungen+Unterlinden&hl=de&sa=X&ei=9v3sVMnJCcGsygO_vIFw&ved=0CCIQ6AEwAA#v=onepage&q=Dominikaner%20Lebensbeschreibungen%20Unterlinden&f=false

Eine kurze Zusammenfassung der Berichte:
In Kapitel 11 wird von ‚Agnes von Ochsenheim‘ berichtet. Nach ihrem Tod hatte eine Schwester einen Traum, wo sie vor dem geöffneten Grab der Verstorbenen stand, worin ein Kristall lag, der die Größe ebenjener Nonne hatte, umgeben von goldenen und silbernen Gürteln, die heller als die Sonne strahlten. Wurde so gedeutet, dass die Verdienste der verstorbenen Nonne im Traum durch Gott gezeigt wurden.

Im nächsten Kapitel über ‚Gertrud von Colmar‘, wird von einer jungen Nonne berichtet, die wegen eines Vergehen bestraft wurde. Sie hatte danach einen Traum, wo ihr Gertrud erschien (sie war zuvor gestorben) und hatte einen Faden und eine Kerze dabei. Dieser wurde von der Flamme entzündet und solange in der Hand behalten, bis er vollständig verbrannt war.
Das Feuer sollte für die Zurechtweisung stehen, wodurch alle Schuld der Überschreitung vernichtet wird, wie eben der Faden von der Flamme, wohlbemerkt in den Augen Gottes.

Weiter geht es mit Kapitel 18 und ‚Hedwig von Gundelsheim‘. Der Zehnt musste entrichtet werden. Die Nonnen baten aber in einem Schreiben darum, dass ihnen dieser erlassen werden sollte.

Eine Schwester betete in dieser Angelegenheit den Schutzpatron des Klosters an ‚Johannes den Täufer‘. In der Festnacht zu seinen Ehren hatte sie einen Traum. Ihr erschien besagter Johannes und erklärte, dass sie die Steuer nicht zahlen müssten.
Laut den Angaben erreichte sie kurz danach die Nachricht, dass sie wirklich nichts zahlen mussten.

Drei Kapitel später bei ‚Agnes von Herkenheim‘, haben wir wieder einen Traumbericht nachdem besagte Nonne verstorben war. Eine der Schwestern soll im Traum einen viereckigen Kasten aus Holz gesehen haben, der neben dem sogenannten ‚Capitelhause‘ stand. Worin ein Magnet war, der wie Gold glänzte und hell leuchtete. An der Stelle, wo er beigesetzt wurde, wurde später auch Agnes begraben.

Tatsächlich steht am Anfang des Buches (S. 37 und die folgenden), dass den ersten Nonnen des Klosters nach einen Ortswechsel, ebenjener Johannes im Traum und wollte sozusagen „mitgenommen“ werden, weswegen sie ihn überhaupt zum Schutzpatron erklärten.

Dies habe ich auch dem Verfasser des Artikels zukommen lassen (außer die Sache mit dem Schutzpatron an sich).

Die Antwort war, dass diese Nonne nicht die Allgemeinheit repräsentiert. Außerdem wurde seiner Meinung nach, ketzerisches Wissen hinter Klostermauern auch aufbewahrt und gelebt.

Ich gebe zu, aufgrund der schon oben zitierten Sätze, bin ich etwas skeptisch bei dieser Aussage. Außerdem passen diese Traumberichte einfach überhaupt nicht zu der Aussage, dass die Träume komplett verteufelt wurden, wobei ich auch weiß, dass es nur fünf Berichte sind und man sie deswegen natürlich nicht ohne weiteres auf das komplette Mittelalter übertragen kann.
Versteht mich nicht falsch, ich muss jetzt nicht unbedingt recht behalten, aber hätte einfach gerne eine weitere Meinung zu dem Thema.


Als ich nämlich vor zwei Jahren für eine längere Schulaufgabe in Geschichte, den Schlaf und die Träume im Wandel der Zeit betrachtet habe, stieß ich beim Thema Mittelalter auf nichts in dieser Richtung. Gut, vielleicht habe ich einfach die falschen Quellen gelesen oder falsch gewertet, aber diesbezüglich bin ich gerade etwa verunsichert.


Wenn ihr auch allgemein Quellen(angaben) zu dem Thema habt, würde es
mich sehr freuen, da mich das Ganze auch allgemein sehr fasziniert.

Fina
 
Fina, Du hast schon die richten Quellen gefunden.
Einmal geht das MA von ~ 500n.Chr bis 1500 n.Chr, was ja nun eine ganz schön lange Zeit ist, zum anderen sind Hexerei und anderes Erscheinungen der frühen Neuzeit.
Im Mittelalter war man da sehr viel pragmatischer, wo sollten sonst die vielen Wallfahrtsorte auf Grund von Erscheinungen herkommen ;-)?

Die berühmteste "Träumerin" ist ja Hildegard von Bingen. Ansonsten sind Träume Träume, sonst nichts.
 
Zunächst einmal gab es Traumdeutung schon in der Bibel, man denke an die Geschichte von Josef und seinen Brüdern, wo die Gabe der Traumdeutung Josef von Gott mitgegeben ist. Heutzutage weniger bekannt ist die Geschichte von Daniel, die gewissermaßen als ein Doublette zur Josefgeschichte gelesen werden kann: Josef traumdeutet für den Pharao, Daniel für den babylonischen König, beide im unfreiwilligen Exil. Träume und Traumdeutung war also per se durch die Bibel gedeckt. Ja, die Traumdeutung des Daniel wurde sogar für die mittelalterliche Chronistik wichtig. Aus der Traumdeutung entstand das mittelalterliche Geschichtsbild der vier aufeinanderfolgenden Weltreiche oder sechs Weltzeitalter, die mittelalterliche Geschichtsschreibung wähnte sich am Ende der Zeit.
 
Zurück
Oben