Wappenkunde: Taube - Tourterelle

El Quijote

Moderator
Teammitglied
Eine Frage an die Wappenkundigen unter Euch:
Kennt jemand die Taube als Wappen des 12. oder 13. Jahrhunderts? Wer könnte sie geführt haben?
Den Hintergrund meiner Frage lasse ich offen, damit die Antworten möglichst ergebnisoffen einfliegen.
 
Auf Anhieb ist mir das Motiv aus dieser Zeit nicht bekannt, aber ich würde mal spontan im Bereich der Klerikalheraldik suchen
Es gibt wohl einige Klosterwappen mit dem Taubenmotiv, wobei ich allerdings deren Alter nicht genau kenne.
Hattest Du ein bestimmtes Wappen vor Augen bei Deiner Frage ?
 
Hattest Du ein bestimmtes Wappen vor Augen bei Deiner Frage?

Jein! Lasst mich bitte noch ein paar Tage Antworten sammeln, bevor ich mich bezüglich des gemeinten Wappens äußere.

Wenn das hier so wirkt, wie eines der Rätselratenspiele, die manche Trolle von sich lassen, dann entschuldigt bitte, es geht bei meiner Geheimniskrämerei wirklich nicht darum, Euch auf den Arm zu nehmen.
 
Wenn das hier so wirkt, wie eines der Rätselratenspiele
In der Tat, dieses Eindruckes vermochte ich mich nicht erwehren zu können.

es geht bei meiner Geheimniskrämerei wirklich nicht darum, Euch auf den Arm zu nehmen.
Das dürfte jedem klar sein. ;)

Noch habe ich keine Reaktion aus der Heraldikszene. Weiß auch nicht, wie schnell das geht. Eilt die Sache? Ein solches Motiv erinnere ich so spontan leider auch nicht. :(
 
Jo,Tekker,hab Deine Anfrage in "HiN." schon gesehen :D

Wäre zumindest interessant,zu erfahren, ob es sich mehr um ein Personalwappen oder ein Institutionswappen(z.B.Kloster) handelt
 
Die Taube galt als Symbol des heiligen Geistes. Also denke ich auch klerikal.
Auf Münzen teilweise gebraucht um das "teuflische" Geld zu entdämonisieren.
 
Also ich habe mir die Ohren abgesucht und eine Wappenrolle nach der anderen durchstöbert, aber nix mit ner Taube gefunden.:confused:
Ohne nähere Infos geht das nicht.
 
Da nun schon zwei Wochen her sind und ich keine weiteren Antworten mehr erwarten darf, muss ich wohl offenbaren, wie ich auf die Taube als Wappen kam:
dâ gâhte gein in harte
manc wol geriten templeis,
gewâpent. die wârn sô kurteis,
ame geleite si wol sâhen
daz in freude solte nâhen.

Da eilten gegen ihn (Parzival) streng manch berittene und gut bewaffnete Templer heran. Die waren so höfisch, an seinem Geleit (Cundrie) sahen sie aber, dass sie freundlich nahen konnten.

der selben rotte meister sprach,
dô er vil turteltûben sach
glesten ab Cundrîen wât,
«unser sorge ein ende hât:
mit des grâls insigel hie
kumt uns des wir gerten ie,


Der Anführer der Schar sprach, als er die vielen Turteltauben sah, die an Cundriens Kleidung glänzten:
"Unserer Sorge hat ein Ende: Mit dem Wappen des Grals kommt zu uns, was wir lang begehrten...

Sît uns der jâmerstric beslôz.
habt stille: uns næhet freude grôz.»
[...]

Seit unser Trauerband beschlossen wurde.
Seid still: es nahet großte Freude.

[...]

In der Zwischenzeit hat Parzival seine zuerst versäumte Frage gestellt:
"œheim, waz wirret dier?", sich also mit der Gralsgesellschaft endgültig versöhnt, nun ist er mit Erlaubnis seines Onkels Anfortas auf der Suche nach seiner Frau, "er nam ein teil des grâles schar" und reitet mir ihr in einen Wald bei dem Fluss Plimizœle. Der katalanische Herzog Kîôt/Kyôt sieht die Templeisen um Parzival als erstes:

Kyôt iedoch erkant aldâ
des grâles wâpen an der schar:
si fuorten turteltûben gar.

Da erkannte Kyôt an der Schar das Gralswappen: sie führten Turteltauben.

Also: Die Beschützer des Grals nach Wolframs Parzival sind die Templer (templeisen), welche als Wappen die Turteltaube tragen. Da eine Verbindung zum Spirituellen durch den Gral gegeben ist, ist die Annahme, dass es sich um ein Wappen einer klerikalen Institution gehandelt haben könnte also nicht abwegig. Mein Interesse ging allerdings in die Richtung zu erfahren, ob es einen realen Ritterorden gab, den Wolfram bei seiner Dichtung vor Augen hatte oder ob er hier nur zwei Motive verband, den Ritterorden und ein der Geistlichkeit zugeordnetes Wappentier.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein Interesse ging allerdings in die Richtung zu erfahren, ob es einen realen Ritterorden gab, den Wolfram bei seiner Dichtung vor Augen hatte oder ob er hier nur zwei Motive verband, den Ritterorden und ein der Geistlichkeit zugeordnetes Wappentier.

Aus dem Stegreif würde ich vermuten, daß Letztgenanntes zutrifft.
Zum einen kenne ich als realen Orden mit jener Symbolik - dort übrigens eine Taube auf dem Mittelschild des Ordenskreuzes - nur den Orden vom Heiligen Geist/Ordre du Saint-Esprit, der jedoch nicht mehr ins Mittelalter gehört, sondern ein Hausorden des französischen Königs war (gestiftet um 1578 von Henri III.).
Zum anderen würde dies auch besser zur Art passen, welche dem Schaffen des Wolfram von Eschenbach wohl zu eigen war - und wofür ihn Gottfried von Straßburg gescholten hat:
Wolfram von Eschenbach wurde um 1170/75 im fränkischen Eschenbach in der Nähe von Ansbach geboren. Er entstammte wohl einem verarmten Ministerialengeschlecht und verdiente seinen Unterhalt als fahrender Sänger; als einen «vindære wilder mære» (= "Lieferant wilder Geschichten" - Anm. von mir) attackiert ihn Gottfried von Straßburg. Ob dieser unorthodoxe Umgang mit den Normen der Schulrhetorik, mit der Sprache, mit seinen Vorlagen und Quellen auf mangelnder Schulbildung beruht, ist in der Forschung umstritten...
Von bibliotheca Augustana
 
Mein Interesse ging allerdings in die Richtung zu erfahren, ob es einen realen Ritterorden gab, den Wolfram bei seiner Dichtung vor Augen hatte oder ob er hier nur zwei Motive verband, den Ritterorden und ein der Geistlichkeit zugeordnetes Wappentier.

Also offensichtlich ist die Taube generell ein äußerst (!) seltenes Wappentier, so sie überhaupt als solches auftaucht. - Mist, vorhin hatte ich noch das Lexikon der Heraldik in der Hand, aber nicht daran gedacht, dort mal nachzusehen... :hmpf: Sry, vllt. denk ich nächstes Mal dran, wäre Anfang nächster Woche spätestens. - Ich werde nochmal Friedhard Pfeiffer persönlich bitten, seine Datenbank mit dem Suchbegriff zu füttern, um wenigstens eine Anzahl als Anhaltspunkt zu haben. Die Sache interessiert mich nun noch etwas mehr, denn ich konnte die Taube nicht einmal unter den Wappentieren finden, da gab es lediglich die Drachentaube, also ein Fabelwesen.

Letztlich denke ich aber auch, daß es sich um eine Phantasie Eschenbachs handelte, denn das "Wappengetier" sollte schließlich furchteinflößend sein, um den Feind zu verschrecken. Eine (Friedens-)"Turteltaube" will diesem Bild imho irgendwie überhaupt nicht entsprechen... :D :grübel:


So, jetzt hab ich für dieses verfi... Posting ne ganze Stunde gebraucht, nachdem ich schon den Tag über nich mal ansatzweise dazu gekommen bin... :motz:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Taube als Gralsritterwappen erklärt sich wohl durch die Rolle der Taube im Verhältnis zum Gral:

ez ist hiute der karvrîtac,
daz man vür wâr dâ warten mac,
ein tûbe von himele swinget,
ûf den stein diu bringet
eine wîze oblât.
diu tûbe ist durchliuhtec blanc
ze himele tuot si widerwanc.
immer alle karvrîtage
bringt si ûf den stein, als ich iu sage,

Heute ist Karfreitag [...] eine Taube schwingt sich vom Himmel und legt auf den Stein eine weiße Oblate. Die Taube ist strahlend weiß und kehrt gen Himmel zurück. Jeden Karfreitag beringt sie [die Hostie] auf den Stein, wie ich Euch sage.
 
So mein lieber, ich hab nachgesehen, konnte nur leider den Text nicht abschreiben... :red:

Zur Taube stand in Oswalds "Lexikon der Heraldik", diese würde nicht häufig als gemeine Figur vorkommen. Das einzig angeführte Beispiel war das des Ordens vom heiligen Geist:
Wikipedia schrieb:
Das Ordenszeichen war ein goldenes, weiß emailliertes Kreuz mit acht Knöpfen und Lilien in den vier Winkeln. Auf dem Avers des grün emaillierten Mittelschildes war eine silberne Taube als Symbol für den Heiligen Geist, auf dem Revers der heilige Michael abgebildet.

Hört sich ja soweit ganz gut an, nur ist das Problem, daß dieser Orden erst 1578 gestiftet wurde und sich Eschenbach kaum daran orientiert haben dürfte. :D

Die o.g. PN harrt noch ihrer Beantwortung, ich hoffe, dir reicht es erstmal so. :)
 
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