König Asoka - Ein Wegbereiter des Buddhismus

Wilfried Steven

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König Asoka gehört zu den größten Herrschern der indischen Geschichte. Ihm widerfuhr das seltene Schicksal, in der Kulturtradition seines eigenen Landes in Vergessenheit zu geraten.

Und doch schuf er das erste indische Großreich, das den gesamten Subkontinent, mit Ausnahme der drawidischen Südspitze des Tamillandes unter seiner Herrschaft vereinte. Sein Name verschwand bald aus dem Gedächtnis des Volkes und nur in der buddhistischen Tradition anderer asiatischer Länder hat man ihn bewahrt und geehrt. So ist es insbesondere ceylonesischen Chroniken zu verdanken, dass die Geschichtsschreibung König Asoka wieder entdeckte, um nach mehr als zwei Jahrtausenden sein Wirken als König und Mensch rekonstruieren zu können.

In den alten Königschroniken (Puranas) wird er als einer von vielen unter den Königen der Maurya-Dynastie aufgeführt. Außerdem heißt es dort, daß er 37 Jahre regiert habe.

Die Wiederentdeckung Asokas hat ihre eigene Geschichte. Er hatte zwar eine Reihe von Edikten in Form von Fels- und Säuleninschriften erlassen, aber die Schrift der meisten Edikte, die Brahmi, kam aus dem Gebrauch und innerhalb weniger Jahrhunderte konnte sie niemand mehr lesen.

Vom 5. Jahrhundert n. Chr. an benutzten deshalb verschiedene Könige solche Asoka-Säulen für eigene Inschriften oder verschleppten sie zur Verschönerung ihrer Paläste. Erst 1837 gelang es einem jungen Angestellten der Britisch-Indischen Verwaltung, James Prinsep, jene alte Schrift zu entziffern. Damit war nicht nur das Verständnis der Asoka-Edikte erschlossen, sondern auch der Weg zur Entzifferung zahlloser Inschriften aus der indischen Vergangenheit.

Die Asoka-Inschriften konnten nun gelesen werden, aber das Rätsel blieb. Wer war der König, der den Titel Devanampiya (Göttergeliebter) trug und der sich selbst Piyadassi (der freundliche Schauende) nannte? Es gab keinen solchen Namen in den Genealogien der alten Dynastien.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand man beim Studium der alten buddhistischen Chroniken von Ceylon heraus, dass Piyadassi und Asoka identisch und lediglich zwei verschiedene Namen für den dritten König in der Linie der Maurya-Herrscher sind. Der letzte Beweis für die Identifizierung kam 1915, als eine neue Inschrift entdeckt wurde, in der sich der König selbst als Devanampiya Piyadassi Asoka nannte.

Der legendäre Hain, die Geburtsstätte Buddhas, wurde erst 1898 genau lokalisiert: ca. 3 km nördlich der heutigen Stadt Bhagvanpur (Nepal). Man fand sogar die 6,5 m hohe Steinsäule des Königs Asoka wieder, obwohl sie inzwischen umgestürzt im Erdreich verschwunden war. Auf der Säule fand man die Inschrift: „20 Jahre nach seiner Krönung kam König Devanampiya Piyadassi hierher und bezeugte seine Verehrung, weil der Buddha, der Weise aus dem Sakja-Geschlecht, hier geboren worden ist. Er ließ ein Steinrelief und eine Steinsäule errichten, um anzuzeigen, dass hier der Erhabene geboren wurde“. Später wurden hier ein Kloster und die Reste eines Steinreliefs ausgegraben, die wahrscheinlich aus der Zeit von König Asoka stammen.

In Benares (heute Varanasi) soll Buddha ebenfalls Einkehr gehalten haben. König Asoka ließ hier seine legendären 15 m hohen und 50 Tonnen schweren „blauen Säulen“ aufstellen. Sandsteinmonolithe, die so glatt poliert waren, dass man sie wegen ihrer blauen Farbe für Metall halten könnte. Der 5 m hoher Rest einer Säule steht heute noch an seiner ursprünglichen Stelle im Stadtteil Sarnath, einige Kilometer nördlich von Benares.

Die Wiederentdeckung Asokas fiel zeitlich mit den Anfängen des modernen Nationalismus und der Unabhängigkeitsbewegung in Indien zusammen. So ist es nicht erstaunlich, daß nun viele Historiker über Asokas Herrschaft schrieben. Seine Ideen zur Gewaltlosigkeit, die große Beachtung fanden als auch Gandhi sich daran hielt und die Gewaltlosigkeit als Mittel zur Erringung der Unabhängigkeit propagierte, und die Tatsache, daß unter König Asokas Herrschaft zum ersten Mal in der indischen Geschichte fast der gesamte Subkontinent politisch geeint wurde, machten Asoka zu einer Symbolgestalt des wiedererwachenden Indien. Seit der Unabhängigkeit ist das Abbild eines Kapitels aus der Inschrift einer seiner Inschriftensäulen das Amtssiegel der indischen Regierung.

Die Hauptquellen über das Leben Asokas sind seine eigenen Edikte und verschiedene buddhistische Texte. Die Edikte enthalten nur wenige biographische Angaben, sind aber von unschätzbarem Wert für das Verständnis der Ideen Asokas. Die buddhistische Texte dagegen erzählen viele Geschichten über sein Leben. Die Verfasser dieser Quellen sahen in Asoka vor allem den großen königlichen Förderer des Buddhismus in Südostasien.

Geht man nach diesen Texten, so hat Asoka die Verbreitung dieser Religion offensichtlich zur königlichen Regierungsaufgabe gemacht. Sein Ziel soll es gewesen sein den Buddhismus zur Staatsreligion Indiens zu machen. Natürlich steht im Vordergrund die Frage warum er den Buddhismus in aller Form förderte und wieso er sich für eine so junge Religion begeisterte. Die Antwort auf diese Fragen ist nicht nur im Leben und Werk Asokas begründet, sondern ebenso in den politischen Umständen seiner Zeit, dem 3. Jahrhundert v. Chr.

Zu den chronologisch gesicherten Ereignissen der altindischen Geschichte gehört der Feldzug Alexander des großen in das Pandschab und im Nordwesten des Subkontinents in den Jahren 327 - 325 v. Chr. Die Auswirkungen des Alexanderzugs waren für Indien nicht bedeutend, wohl aber ist diese Expedition von höchstem Wert für die altindische Geschichte.



Die griechischen und römischen Berichte über den Alexanderzug erwähnen einen indischen Fürsten Sandrokottos, mit dem Alexander möglicherweise zusammentraf. Und dieser Sandrokottos konnte mit Candragupta Maurya, dem Begründer der Maurya-Dynastie, und dem Großvater Asokas, identifiziert werden. Candragupta hatte in jungen Jahren mit Hilfe seines brahmanischen Ratgebers Kautalya, der später sein Minister wurde, den Nanda-König von Magadha (Süd-Bihar) gestürzt und um 321 v. Chr. die Maurya-Herrschaft begründet.

Eroberungszüge und Machtzuwachs bestimmten die 24 Jahre seiner Regierung, in denen er den Subkontinent vom Indus bis nach Bengalen unter seiner Herrschaft brachte. Sein letzter großer Feldzug war gegen Seleukos I Nikator gerichtet und brachte die Gebiete des heutigen Afghanistan, Belutschistan und der Makran-Küste in seine Gewalt. Durch eine Heirat kommt es zu einer friedvollen engen Verbindung mit der Seleukiden-Dynastie, die ebenfalls noch großen Einfluss hatte.

Candraguptas Nachfolger wurde 297 v.Chr. sein Sohn Bindusara, der das Reich weiter im Süden bis nach Maisur ausdehnen konnte. Nach einer anderen Quelle ernannte Bindusara einen anderen Sohn zum Kronprinzen, doch die Minister bevorzugten Asoka an ihrer Seite. Als nach Bindusaras Tod Streitigkeiten in der Erbfolge auftraten, ist Asoka als Sieger hervorgegangen, nachdem er seine sechs Brüder besiegte.

Etwa um 269/268 v. Chr. Bestieg Asoka den Thron. Im ersten Regierungsjahr soll Asoka sehr unbeholfen gewesen sein, konnte dies aber mit seinen administrativen Fähigkeiten wieder ausgleichen. Seine erste Aufgabe als Herrscher war heikel. Er wurde nach Taxila, der damaligen Hauptstadt der Provinz Gandhara (nahe dem heutigen Peshawar), geschickt, wo ein Volksaufstand gegen einige höhere Beamte stattgefunden hatte. Asoka soll Recht und Ordnung bald wieder hergestellt und dadurch sowohl die Bürger von Taxila, als auch die Beamten beschwichtigt haben.

Asoka war von der Stadt Taxila mehr als begeistert. Die Stadt war zu dieser Zeit ein Mittelpunkt des Verkehrs zwischen Nordindien und Westasien, zudem noch ein berühmtes Bildungszentrum. Hier trafen sich Gelehrte aus allen Schichten und Landesteilen. Asoka erhielt dort erstmals Kenntnisse über den Buddhismus.

Über diese Periode seines Lebens wird in den buddhistischen Quellen von Ceylon viel gesagt, wohl deshalb, weil hier die Geschichte Ceylons indirekt betroffen ist. Wir erfahren, daß Asoka in Ujjayini Devi, die Tochter eines Kaufmanns, zu seiner Frau macht. Sie gebar ihm zwei Kinder: den Sohn Mahinda und die Tochter Sanghamitta.

Später schickte Asoka seinen Sohn nach Ceylon, um die Insel zum Buddhismus zu bekehren. Einige Historiker zweifeln allerdings daran, das Mahinda der Sohn Asokas war und behaupten, dass er der jüngerer Bruder des Königs war. Die buddhistischen Quellen Ceylons vertreten jedoch die Meinung, dass er Asokas Sohn gewesen ist.

Der König selber beschrieb seinen Weg zum Buddhismus in einem seiner Edikte, in dem er berichtete, dass er acht Jahre nach seiner Thronbesteigung einen Feldzug gegen Kalinga unternahm. Dieses Gebiet war damals das wohl einzige im nördlichen Indien, daß sich nicht im Machtbereich der Mauryas befand. Am Ende eines blutigen, erbitterten Kampfes wurde Kalinga (im heutigen Gebiet von Orissa am Golf von Bengalen) erobert, wobei den Bewohnern dieses Landes viel Leid zugefügt wurde. Eine Inschrift berichtet:

...150.000 Menschen wurden deportiert, 100.000 wurden getötet und noch viel mehr gingen zugrunde. Die Zerstörung und das Leid erfüllten den König mit Reue. Er fühlte sich nunmehr zum buddhistischen Glauben hingezogen...“

Außerdem heißt es: „...Danach aber, nach der Eroberung des Landes Kalinga, ergab sich Devanampiya dem Studium des moralischen Gesetzes, der Liebe zum moralischen Gesetz und widmete sich der Belehrung über die Forderungen des moralischen Gesetzes. Darin zeigt sich das Bedauern des Devanampiya über die Eroberung des Kalinga-Landes...“

Die Grausamkeit dieses Feldzuges hatte sein Gewissen belastet. Buddhistische Quellen berichten, dass ein Mönch namens Upagupta von Mathura König Asoka zur Lehre des Buddha bekehrte. Es kam jedoch nicht zu einer plötzlichen und dramatischen Bekehrung, denn er sagt selbst, dass er erst nach zweieinhalb Jahren ein frommer Anhänger des Buddhismus geworden sei.

Tatsächlich führte er nach dem Kalinga-Feldzug keinen Krieg mehr. Auch versuchte er die Gewaltlosigkeit in den meisten Lebensbereichen durchzusetzen. Er verbrachte einige Zeit damit, wichtige Stätten des Buddhismus zu besuchen. Die häufigen Inspektionsreisen, die er nun unternahm, dienten sowohl administrativen als auch religiösen Zwecken.

18 Jahre nach Asokas Regierungsantritt kam es zu einem bedeutsamen Ereignis in der Geschichte des Buddhismus: dem 3. Buddhistischen Konzil in der Maurya-Hauptstadt Pataliputra (heute Patna). Das Konzil sollte Streitpunkte der buddhistischen Theologie bereinigen und stärkte den Einfluss der Theravada-Richtung (die alte Lehre), die in Indien und auf Ceylon dominierend wurde.

Asoka nahm an diesem Konzil teil und unterstützte die Theravada-Richtung bis zu seinem Tod in ihrer Arbeit. Zugleich aber setzte er sich auch für die Tolerierung anderer Meinungen ein. Es war nie seine Absicht, den Buddhismus zu verherrlichen oder den ebenfalls dominierenden Brahmanismus oder irgendeine andere Sekte oder Religion in dem Vielvölkerstaat zu bekämpfen. Dies konnte er auch nicht, da der Brahmanismus zu stark war.

Historisch folgenreicher war die Entscheidung des Konzils, Missionare in verschiedene Gebiete des Subkontinents und in die Nachbarländer zu entsenden, womit der Anfang zu einer extensiven Verbreitung des Buddhismus gemacht wurde. Asoka schickte seinen Sohn Mahinda nach Ceylon, wo er Tissa, den König der Insel, bekehren konnte. Tissa nahm sich Asoka zum Vorbild und legte sich sogar denselben Königstitel „Devanampiya“, zu. Für den Rest seines Lebens wurde Tissa ein Freund und Bewunderer des indischen Königs.

Mahinda war es auch, der Reisen nach Burma und Siam unternahm, um dort ebenfalls erfolgreich den Buddhismus zu verbreiten. In Siam, dem heutigen Thailand, ist so der Theravada-Buddhismus die Landesreligion.

© Wilfried Stevens

Hier einige Hilfsquellen:

http://www.cs.colostate.edu/~malaiya/ashoka.html
http://www.worldpolicy.org/globalri...oka-edicts.html
http://destination-asien.de/indien/vorkolon.htm
 
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