Ordinierte Familien? Mönch mit Kindern?

SRuehlow

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Ist es möglich, im Buddhismus als Ordinierter eine Familie zu haben oder zu heiraten?

Diese Frage stellte sich mir Anfang August auf dem Dalai-Lama-Event in Hamburg, auf dem ich Mönche sah, die Roben anhatten, Haare trugen und kleine Kinder mit sich rumschleppten. Neben ihnen her, liefen Frauen mit Kinderwagen, sodass es naheliegt, dass es die Ehefrauen der Mönche gewesen sein müssen...
Warum stelle ich das in die Rubrik Religionsgeschichte ein? Nun innerhalb des tibetischen Buddhismus gibt es anscheinend Übertragungslinien, in denen Ordination und Familien keinerlei Problem darstellen - ganz im Gegensatz zu christlichen Traditionen. Sufistische Mönche, wenn man sie denn Mönche nennen kann, sind ebenfalls verheiratet. Ich will hier keine Diskussion zum Thema Mönch vs. Familie eröffnen, aber mich würde interessieren, ob jemand etwas näheres über diese tibetische Möglichkeit des buddhistischen Praktizierens kennt?
 
Zunächst einmal: ich habe vom Buddhismus nicht mehr Ahnung als der Durchschnittsbürger, deshalb ist das, was ich im Folgenden schreibe sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, eher im Ggt. wird es verbesserungswürdig sein.

Sofern ich richtig informiert bin, ist das Mönchstum im Buddhismus keine Entscheidung für den Rest des Lebens, sondern deckt nur einen Lebensabschnitt im Leben des Buddhisten ab, der zwar mehrere Jahre dauern kann, aber nicht grundsätzlich endgültig ist. Es gehört sogar für Männer zum guten Ton, einmal im Leben eine Zeit lang mönchisch gelebt zu haben.
 
Da geb ich dir vollkommen recht - in der Teravada-Tradition ist es schon sozusagen eine Art Initiation, die zum Erwachsenwerden dazu gehört. In Ländern wie Thailand und Vietnam gehen junge Männer und Frauen für neun Monate ins Kloster. Sie durchlaufen eine kurze Ausbildung und verlassen dann das Kloster wieder.

Was ich aber meinte sind Traditionen, indenen Übertragungslinien, normalerweise von Meister auf Schüler, in Familienformen, von Vater zu Sohn, weitergebeben werden. Dies resulitert vermutlich daraus, dass der Buddhismus, als man in Tibet einführte, für die familienbewßten Menschen völlig fremd und misstrauend erregend war. Deshalb reichte man sein Wissen innerhalb der Familie weiter. Erst in der zweiten Welle der Buddhisierung Tibets kam das monastische System unter Padmasambava aus Indien mit. Verschiedene Übertragungslinien sollen Mönche innehaben, oder besser gesagt praktizieren, die neben ihrem Berufs- und Familienleben mönchische Aufgaben erfüllen...
 
Der Buddhismus hat wie jede Religion verschiedene Strömungen und Einflüsse aus heidnischen Bräuchen.
So gibt es Buddhisten die Statuen vom Buddha anbeten und ihm Opfer darlegen (z.B. liegender Buddha in Sri Lanka), was der Buddhalehre völlig absurd ist. Der Buddhismus hat weder einen noch mehrerer Götter, die man anbeten könnte oder müsste. Im Buddhismus ist jeder für sich selbst verantwortlich!

Gläubige Buddhisten dürfen heiraten und Kinder bekommen. Mönche müssen enthaltsam leben.
Buddhistische Mönche müssen meines Wissens nicht ein ganzes Leben lang Mönche sein. So ist es zum Beispiel im thailändischen Buddhismus (Theravada-Buddhismus). Buddhismus erzieht nicht zum lebenslangen Zwang, da man keinem Gott dient.
 
Das mit dem Gott ist vom System her so gedacht, will heißen, dass die Buddhisten eigentlich keinerlei Gottheiten anbeten - schaut man sich jedoch verschiedene Traditionen an, könnte man den Eindruck gewinnen, das sie verbotene Dinge tun - Götter, Geister und Dämonen anbeten. Selbst der Buddha, ein Mensch, der davor gewarnt hat, dass man ihn als eine Art Gott anbeten soll/muss/kann - er verbot seinen Schülern, ihn als Gott anzusehen - also hat Hurvinek ganz recht. Trotzdem wurde er in fast allen Traditionen und Linien zu eine Art Übermensch stilisiert, was dann später im Mahayana zum Bodhisattva mutierte. Man kann sich jedoch darüber streiten, ob Buddha nicht ein gottähnliches Wesen ist. In den Schriften des Hinduismus ist der Buddha eine der Inkarnationen Vishnus, vom Götterhimmel als Avatara zu den Menschen gesandt. Der Kult, den man um den Buddha herum aufgebaut hat, ist sehr ähnlich zu einem Kult, in dessen Zentrum ein Gott verehrt wird, wie zum Beispiel in den abrahamitischen Religionen. Alles zielt darauf hin, den Buddha zu personifizieren, also ihn als eine Art emanentes Wesen zu verehren. Also braucht er Opfer (Speisen, Wohlgerüche, Licht, Wasser, Gebete), wovon ein Gott/Buddha ebenso lebt. Er wird gewaschen, wird eingekleidet und bekommt Nahrung... das ist schon eine Art Gottes-Dienst. Daher ist es ein wenig schwer, den Buddha als Nicht-Gott abzutun. Ich würde sagen, er erfüllt die gleiche Funktion wie ein Gott - also könnte man ihn ergo mit einem Gott gleichsetzten.

Der liegende Buddha ist eine Abbildung seines Eintritts in das Pali-Nirvana, dem Nirvana nach dem Tod. Man meint, der Buddha hätte sich nur hingelegt und hielt ein Nickerchen... was so eine verdorbene Pilzspeise so alles anrichten kann.

Mit der Ordinierung kann ich nur wiederholen: Es gibt ordinierte Mönche auf Zeit, entweder vorher schon festgelegte, als eine Art Übergangsritus in der Kindheit, oder der Abostasie, dem Abfall vom Gelübte, was nicht unbedingt in eine Heirat mündet. Ich meine speziell Mönche, die ordiniert und verheiratet sind und das bis zum Lebensende bleiben.
 
Ich meine speziell Mönche, die ordiniert und verheiratet sind und das bis zum Lebensende bleiben.


Mit dem tibetischen Buddhismus kenne ich mich nicht aus, aber es gibt im Mahayana-Buddhismus Mönchsorden, deren Mitglieder nicht zum Zölibat verpflichtet sind. In Korea ist das z. B. der T'aego-jong.
 
Ist es möglich, im Buddhismus als Ordinierter eine Familie zu haben oder zu heiraten?

Diese Frage stellte sich mir Anfang August auf dem Dalai-Lama-Event in Hamburg, auf dem ich Mönche sah, die Roben anhatten, Haare trugen und kleine Kinder mit sich rumschleppten. Neben ihnen her, liefen Frauen mit Kinderwagen, sodass es naheliegt, dass es die Ehefrauen der Mönche gewesen sein müssen...

Bist du dir sicher, dass du ordinierte Mönche gesehen hast oder Buddhisten die sich in einen orangenen Umhang kleideten?
 
In "Das Tibetische Buch vom Leben und Sterben" von Sogyal Rinpoche sind viele männliche Meister mit Frauen zusammen. Beim direkten Lehrer von Sogyal Rinpoche - Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö- wird seine Frau Khandro Tsering Chödrön als seine spirituelle Gefährtin bezeichnet.
Sie hatten auch eine sogenannte spirituelle Hochzeit. Kinder allerdings nicht. Sie lebten als Mann und Frau zusammen.
 
Kleines Zitat aus der Wikipedia zum Verhältnis von Sogyal Rinpoche zu Frauen:
Im November 1994 wurde Sogyal Rinpoche auf Schadensersatz verklagt. Ihm wurde vorgeworfen über einen Zeitraum von 19 Jahren seine Position als geistiger Führer missbraucht zu haben, um einige seiner Schülerinnen zum Geschlechtsverkehr zu verleiten. Der Vorwurf betraf bewusstes Hervorrufen von emotionalen Notlagen, den Bruch treuhänderischer Pflichten und Angriff mit Körperverletzung. Im Dezember 1995 wurde das Verfahren außergerichtlich geklärt und eingestellt.
Sogyal - Wikipedia
 
Die Sache mit der Ordination ist folgende: Buddha verbot ausdrücklich, dass ein verheirateter Mann gleichzeitig Mitglied der Sanga und ein Familienvater sein könne. Er müsse sich für eines von beiden entscheiden. Entscheide er sich für die Gemeinschaft des Buddha musste er erst die Einwilligung seiner Familie einholen, um in den Sanga eintreten zu können - mit anderen Worten: Er trennte sich von seiner Familie.

Sogyal Rinpoche wird in der tibetischen Tradition mit einem Argwöhn betrachtet. Seine Methoden erregten nicht nur in Frankreich großes Aufsehen, sondern setzten eine hitzige Debatte unter den tibetisch-buddhistischen Schulen in Gang. Trotzdem bleibt eins zu sagen - falls die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung wirklich wahr sind, hat er illegal in den Augen des Gesetzes und der Sanga gehandelt.
Spirituelle Gefährtinnen zu haben ist im tibetischen Buddhismus nichts ungewöhnliches, da der tib. Buddhismus auf dem Tantra beruht. Hier spielt die sexuelle Vereinigung mit einem Partner eine große Rolle, auch wenn diese nur geistig vollzogen wird. Man geht in manchen Übertragungslinien davon aus, dass die Vereinigung dem Wunsch entspricht, sein Unvollkommenes mit einem anderen Unvollkommenden zu vereinigen, um näher an die Vollkommenheit, der Buddhaschaft, zu gelangen. Die tantrischen Gottheiten werden als Mann und Frau visualisiert.

Das löst trotzdem nicht mein Problem, dass ich ordinierte Mönche aus einer tibetischen Tradition gesehen habe, die mit Kind und Kegel zu einer Dhrama-Belehrung gegangen sind...
 
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