Friedhöfe

ponzelar

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erstes bild:
gräberfeld für die in meinem heimatstädtchen während der naziherrschaft zu tode gekommenen zwangsarbeiter .

zweites bild:
gräberfeld für die bombenkriegsopfer in meinem heimatstädtchen.
 

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Historische Friedhöfe sind ein spannendes Thema, dazu zählen auch Gräberfelder von Kriegsopfern.
Könntest du zu deinen Bildern etwas mehr sagen?
 
von ca. 15000 zwangsarbeitern, die in der stadt frondienst leisteten, sind hunderte verstorben, die genaue anzahl weiß ich nicht.

während des bombenkrieges starben ca. 3000 von etwa 180000 einwohner der stadt, angesichts der sehr weitgehenden zerstörung der innenstadtbereiche eine erstaunlich niedrige zahl, wie mir scheint.

bemerkenswert ist, daß das zwangsarbeitergräberfeld vandalismusspuren aufweist, das bombenkriegsopferfeld aber so in ruhe gelassen liegt, wie man es erwarten sollte. mir ist das seit langem aufgefallen, hab aber noch nicht gehört, daß sonst wer daran anstoß nimmt.
das zwangsarbeitergräberfeld hat vor wenigen jahren eine überarbeitung erfahren, zur einweihung war auch der damalige sowjetische botschafter zu gast. schade, daß die grabsteine offenbar auch als gehwegplatten oder sonstwas taugen, anders kann ich mir nicht erklären, wie die lücken im gräberfeld zustande kommen.
beschämend!

ponzelar
 
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Danke für die Erläuterung.
Friedhofs-Schändigungen heute haben, wenn sie nicht pubertären Exzessen entspringen, historische Wurzeln.
Ein weites Feld, das durchaus beackert werden kann.
Den Titel des Pfades habe ich entsprechend gändert.
 
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Mercy schrieb:
Das Thema hat viele Facetten.

die facette die mich im moment beschäftigt ist die, daß das zwangsarbeitergräberfeld, das nur wenige schritte vom bombenopfergräberfeld entfernt ist, seit geraumer zeit im halbzerstörten zustand darnieder liegt, also offenbar übersehen wird. die gräber lokaler berühmtheiten werden von der stadt natürlich "vorbildlich" gepflegt. wie ist das eigentlich in anderen städten?


bild:
vom gräberfeld entfernte zerbrochene grabplatte. (im bildhintergrund meine holde)

ponzelar
 

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Ich kann mich daran erinnern, das auf dem Friedhof meines Heimatdorfes ein Gräberfeld mit russischen Gräbern gab. Von meinen Grosseltern erfuhr ich, das die Briten nach dem Krieg dafür sorgten, das die zu Tode gekommenen Zwangsarbeiter einen ordentlichen Friedhof bekamen.
Leider befand sich das Gräberfeld auf der katholischen Seite des Friedhofs, d.h. Mitte der 80er wurde das Feld planiert, mit der Begründung es hätten sich keine Angehörigen gemeldet, die Interesse an der Grabpflege hätten (Wie denn auch? Im kalten Krieg!) und zudem wären es keine katholischen Grabstätten.
So wurde ein zeitgeschichtliches Erbstück eingeebnet.
Es existieren nur noch 2 Grabstellen der Zwangsarbeiter, und zwar auf der ev. Seite des Friedhofes, also 3 m weiter.
 
Die Friedhofskultur verfällt sowieso leider in Deutschland (Mitteleuropa?). Durch die kurzen Grab-"anmietungen" von 25 Jahren wird es bald keine Erinnerungsstätten mehr geben, so wie sie unsere Großeltern noch kannten.
In einem Gespräch mit einer Amerikanerin erwähnte ich das einmal. Sie war entsetzt und erklärte mir, daß sowas in den USA völlig unmöglich wäre. Da besteht ein Grab auf unabsehbare Zeit. Parago kann dazu vielleicht etwas mehr sagen?

Ich gehe gern auf historische Friedhöfe, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Es gibt wirklich beeindruckende Orte, wo Standbilder und Mausoleen an längst Verstorbene erinnern. So etwas wird es zukünftig wohl leider nicht mehr in unseren Breiten geben - ausser vielleicht auf Prominentenfriedhöfen, wo lang genug Geld fliessen kann.

Nach dem Threadtitel auch ein Hinweis von mir auf einen sehr geschichtsträchtigen Friedhof: Den Invalidenfriedhof in Berlin. Einst der Friedhof für die größten Militärhelden, dann wurde quer durch ihn die Mauer gebaut. Heute versucht man zu retten, was von den Gräbern noch zu retten ist. Es gibt hierzu sogar einen sehr hilfreichen Friedhofsführer, der bei der Besichtigung wertvoll ist.
Info hierzu unter: http://www.invalidenfriedhof.de/
 
Da lob ich mir die austriakische Morbidität - der Zentralfriedhof ist ein beliebtes Ausflugsziel, auf der offiziellen Homepage der Stadt Wien, Eigentümerin des Friedhofs, wird auf den hohen Erholungswert des Areals hingewiesen.
Eigentlich kann ich mich dem nur anschliessen, wer Wien besucht darf sich den Zentralfriedhof nicht entgehen lassen, auch wegen der hervorragenden Schnitzel im Concordia-Schlössl, einer ehemaligen Sargfabrik, gegenüber dem 1. Tor des Friehofs gelegen.

Und schon in den 70er Jahren sang Wolfgang Ambros "Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Toten", auch heute noch ein Hit der jede Party edelt....

Wiener Zentralfriedhof - weil der Tod ein Wiener ist.....
 
Zuletzt bearbeitet:
Am Zentralfriedhof liegen 3 Millionen Tote.....

Aber du hast recht, der ostfriedhof ist auch sehr, sehr schön
 
Rovere schrieb:
Am Zentralfriedhof liegen 3 Millionen Tote.....

Abgesehen von dem durch Touristen am häufigsten frequentierten Bereich, dem Gräberbereich in dem div. Berühmtheiten bestattet sind, oder auch nicht...
 
Arne schrieb:
Die Friedhofskultur verfällt sowieso leider in Deutschland (Mitteleuropa?). Durch die kurzen Grab-"anmietungen" von 25 Jahren wird es bald keine Erinnerungsstätten mehr geben, so wie sie unsere Großeltern noch kannten.

Dieses System scheint es zumindest in meinem Heimatort schon recht lange zu geben, sofern ich folgenden Artikel richtig verstehe :
Internet schrieb:
Friedhofsordnung von 1854
Internet schrieb:
1854 beschloß der Honnefer Gemeinderat ein Regulativ, das den Verkauf von Grabstätten regelte. Man hatte die Erfahrung gemacht, daß Grabdenkmäler fast nur in der Nähe des Hochkreuzes auf angekauften Grabstätten errichtet wurden. Nun sollte die Regel gelten, daß Grabstätten nur an der Stelle angekauft werden sollten, wo sonst eine Beerdigung in der üblichen und ordnungsgemäßen Reihenfolge stattzufinden habe. Den Angehörigen wurde freigestellt, Grabstätten in der bisherigen Tiefe von 7 Fuß (= 2,30 Meter) mit einer beliebig langen Front zu einem Quadratfußpreis von 10 Sgr. (Silbergroschen) anzukaufen. Für Grabstätten außerhalb der Reihenfolge mußten Angehörige den doppelten Quadratfußpreis von 20 Silbergroschen bezahlen. Eine Satzungsänderung wurde 1863 in der Weise vorgenommen, daß die 1854 festgesetzten Gebühren auf eine Dauer von 30 Jahren gelten sollten und ein Verfügungsrecht auf weitere 30 Jahre gegen die Hälfte der ursprünglichen Gebühr erworben werden konnte.

http://www.badhonnef.de/portait/geschichte/alter_friedhof.html
 
ponzelar schrieb:
die facette die mich im moment beschäftigt ist die, daß das zwangsarbeitergräberfeld, das nur wenige schritte vom bombenopfergräberfeld entfernt ist, seit geraumer zeit im halbzerstörten zustand darnieder liegt, also offenbar übersehen wird. die gräber lokaler berühmtheiten werden von der stadt natürlich "vorbildlich" gepflegt. wie ist das eigentlich in anderen städten?
Von vielen Friedhöfen, die ich kenne - vorwiegend im ländlichen Raum, ist mir so etwas nicht bekannt; eher das Gegenteil: Die Einheimischen kümmern sich um ihren Friedhof.

Du kannst natürlich den zuständigen Friedhofsträger auf den Miss-Stand aufmerksam machen. Er ist gesetzlich dazu verpflichtet, solche Gräber in Ordnung zu halten.

Dankbare Aufgabe.
 
Ich will nur kurz ein paar Friedhöfe vorstellen, die sich in Andalusien befinden.

Der erste Friedhof stammt aus der Schlussphase von al-Andalus, im Granada der Nasridendynastie. Nördlich der Stadtmauer in die Vega (fruchtbare Ebene) hinein lag seit dem 14. Jahrhundert der Friedhof der Stadt. Er befand sich außerhalb der Puerta Elvira (ein noch heute existentes Stadttor) und zog sich entlang der heutigen Straße San Juan de Dios. In den Capitulaciones die Boabdil mit den Reyes Católicos (RRCC) aushandelte wurde ihm die Unantastbarkeit des Friedhofes gewährt. Heute sieht man nur noch etwas von dem Freidhof, wenn ein altes Gebäude niedergerissen und ein neues Gebäude errichtet wird. Dann rücken die Archäologen an, um die Lage der Gräber - die meistens fundarm sind (im Islam gibt es nun mal keine Grabbeigaben) - aufzunehmen. Da man die Ausmaße des Friedhofes kennt, dient das vor allem demographischen Studien.
Grabsteine gibt es kaum noch, da diese - entgegen den Kapitulationen - recht schnell anderweitig verwendet wurden: zum Kirchenbau im Viertel Albaycín. Noch heute kann man in den Außenwänden mancher Kirchen (ein schönes Bsp. ist San Cristobal) die Grabinschriften lesen oder sich die Verzierungen anschauen.

Ein weiterer interessanter Friedhof befindet sich in der Festung Alcalá la Real. Diese Festung, die heute in der Provinz Córdoba liegt, wurde im 13. Jahrhundert erobert und in ein christliches Kloster umgewandelt. Für Burgenfans sind vor allem die Außenanlagen interessant, das Innere der Anlage ist heute kaum noch erfassbar. Nur ein restaurierter "Burgfried" und eine große Kirche stehen dort noch. Auf dem Boden liegen überall Knochen verteilt, besonders dort, wo die Archäologen ihren Schutt abgeladen haben. Die Kirche ist vollkommen ergraben, hier müssen die Mönche ihre Mitbrüder wirklich Seite an Seite bestattet haben (der gesamte Boden der Kirche ist aufgerissen). In einem Nebenraum ind er ersten Etage werden besonders interessante Knochen ausgestellt. So der Kiefer eines Mannes mit Knochenkrebs und die Beine eines Mannes, der sich beide Beine gebrochen hatte. Diese sind schief wieder zusammengewachsen... :S

Den dritten Friedhof in der Bratpfanne Andalusiens (Ecíja) hielt ich für einen westgotischen Friedhof, was sich aber als falsch herausstellte. Der Rathausplatz von Ecíja war während meines Besuches aufgerissen und zwischen römischen Säulen lagen in Gräbern Skelette. Da ein typisches Merkmal für die westgotische Epoche nun einmal die Dekadenz der römischen Städte war und Randbezirke der Städte dem Verfall ausgesetzt waren und die Friedhöfe dieser Zeit vielfach innerhalb der alten Stadtgrenzen eingerichtet wurden, war der Fall für mich klar. Aus dieser Epoche mussten die Reste stammen. Die offizielle Seite der dort grabenden Archäologen belehrte mich eines besseren: die Gräber waren auf Mekka ausgerichtet.

El Quijote
 
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El Quijote schrieb:
Bezieht sich dieses Thema nur auf neuere Fridhöfe (dann diesen Beitrag einfach entfernen), oder dürfen auch ältere Friedhöfe (Mittelalter, frühe Neuzeit mit einbezogen werden (dann hätte ich nämlich zwei, in Andalusien)) besprochen werden (dann bitte Nachricht an mich und ich editiere meinen Beitrag).

El Quijote :grübel:

Mach doch mal. Du hast nur 60 min. Zeit zum editieren. Ist sicher interessant. Ich meine, schreib doch mal über die alten Friedhöfe.
 
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eigentlich steh ich nicht so auf alte friedhöfe, sind mir irgendwie zu ordentlich und geregelt.
aber einen kenn ich ganz gut, nämlich den, auf dem ich selbst wahrscheinlich einmal begraben werde.
er liegt in kroatien in der ortschaft katuni. Anscheinend gibt es ihn schon seit ca.500 jahren und er wurde nicht nur wegen dem alter von der regierung unter denkmalschutz gestellt, sondern auch wegen seinen uralten bäumen. eichen und zypressen.....und dazwischen liegen die familiengrüfte.
interessant ist auch noch die alte kapelle inmitten des friedhofs, der sogar einen richtigen schatz beinhaltet. ein bildnis eines filipus naldius aus dem jahre 1761 mit dem namen "das letzte gericht". .himmel, hab ich mich als kleines kind vor dem ding gefürchtet :rolleyes:


mich wundert es eigentlich bis heute, das dieses bild nicht richtig gesichert wird....und die zeit so gut überstanden hat.
 
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