Pers 6
Personalunterlagen von Angehörigen der Wehrmacht und ihrer Vorläufer sowie der Waffen-SS
Informationen zum Bestand
Der Beitrag folgt im wesentlichen Absolon, Wehrgesetz S.362-374 (s. Lit.verz.):
Die Personalverwaltung in der Wehrmacht fand an verschiedenen Stellen statt - bei den Wehrersatzdienststellen, bei den Ersatztruppenteilen, bei den Feldtruppenteilen und in den Personalämtern der Oberkommandos.
Folgende personenbezogenen Unterlagen wurden geführt:
- bei den Wehrersatzdienststellen:
Wehrstammkarte: durch die polizeiliche Meldebehörde bei der Erfassung für jeden Dienstpflichtigen oder Freiwilligen angelegt, mit der Wehrstammrolle dem Wehrbezirkskommando (WBK) übersandt; Grundlage für die Musterung und Aushebung oder Freiwilligenannahme; wurde danach in das Wehrstammbuch eingeklebt
Wehrstammrolle: durch die polizeiliche Meldebehörde als Begleitliste zu je zehn Wehrstammkarten angelegt
Wehrstammbuch: vom WBK nach der Musterung oder Freiwilligenannahme unter Einkleben der Wehrstammkarte angelegt und während der ganzen Dauer der Wehrpflicht weitergeführt; der Inhalt entsprach dem des Wehrpasses; während des aktiven Wehrdienstes beim Truppenteil, sonst Bestandteil der Stammkartei des WBK, bzw. nach Ablauf der Wehrpflicht der des Wehrmeldeamtes (WMA); mit Kriegsbeginn gingen die Wehrstammbücher der zur Feldwehrmacht eingeteilten Soldaten vom letzten Friedenstruppenteil zu den zuständigen Wehrersatzdienststellen; nach Abgang der Soldaten an die Feldtruppe gingen die Wehrstammbücher nach Eintrag der entsprechenden Einheit an die WBK oder WMÄ zurück und wurden dort weitergeführt
Gesundheitsbuch: von der Wehrersatzdienststelle, die bei einem Wehrpflichtigen oder Freiwilligen die erste Untersuchung durchführte angelegt; Weiterführung durch die Sanitätsdienststellen
Verwendungskarte: für jeden Ersatz-Reservisten I nach der Musterung oder Freiwilligenannahme gleichzeitig mit dem Wehrstammbuch erstellt; diente im Frieden zur Einteilung des Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstandes (d.B.) im Krieg; im Frieden war die Verwendungskartei gegliedert in Bestands-, Mob- und Unabkömmlichkeitskartei, im Krieg in Bestands-, RAD- und Sperrkartei
Einberufungskarte: Ergänzung der Verwendungskarte für die im Frieden mobmäßig als Soldaten oder Wehrmachtbeamte eingeteilten Wehrpflichtigen d.B.
- bei der Truppe:
Wehrpaß: ab dem 1. April 1936 bei der Musterung oder Freiwilligenannahme angelegt und dem Inhaber ausgehändigt; urkundlicher Ausweis über das Wehrdienstverhältnis während der Dauer der Wehrpflicht; im Frieden während der Ableistung des RAD und des aktiven Wehrdienstes bei der Einstellung von der zuständigen Dienststelle abgenommen, aufbewahrt und fortlaufend ergänzt; bei der Entlassung wieder ausgehändigt und verblieb beim Inhaber auch nach Ablauf der Wehrpflicht; im Krieg bei den Feld- und Ersatzeinheiten verwahrt und weitergeführt; Überweisungsmittel bei Versetzung oder Entlassung; die Wehrpässe von Gefallenen, Verstorbenen und Vermißten gingen an die Wehrersatzdienststelle; nach Übertrag der Angaben in das Wehrstammbuch gingen sie an die Hinterbliebenen oder falls keine feststellbar waren, verblieben im Wehrstammbuch
Truppenstammrolle: im Frieden durch alle Einheiten, im Krieg nur durch Ersatztruppenteile aufgestellt und geführt; bei Versetzungen wurde ein Stammrollenauszug den Überweisungspapieren beigefügt
Kriegsstammrolle: bei den Einheiten der Feldwehrmacht anhand der Wehrpässe und Verwendungskarten aufgestellt und weitergeführt; die Kriegsstammrollenblätter der gefallenen, verstorbenen, vermißten, verwundeten und versetzten Soldaten und Ergänzungswehrmachtbeamten wurden abgeschlossen und der zuständigen Wehrersatzdienststelle übersandt, die der aktiven Wehrmachtbeamten gingen dem Wehrkreis- oder Luftgaukommando, das die Personalhauptakte führte zu
Ausweise: es existierten 1) ein blauer Truppenausweis für Soldaten und Wehrmachtbeamte, ausgegeben im Frieden, mit Lichtbild (Form A; für zu Übungen Einberufene ohne, Form B); bei der Entlassung wurden die Ausweise Form A vernichtet, die Ausweise Form B gingen an die zuständigen Wehrersatzdienststellen; 2) ein brauner Dienstausweis für Angestellte und Arbeiter bei Wehrmachtdienststellen; 3) ein weißer Sonderausweis zur Betretung besonders bewachter Grundstücke, Gebäude oder Anlagen; 4) ein orangefarbener Dienstausweis mit schwarzem Längsstrich für nichtdeutsche Gefolgschaftsmitglieder, die bei Dienststellen der Wehrmacht beschäftigt waren
Soldbuch: ab Kriegsbeginn an die Soldaten und Wehrmachtbeamten des Heeres und der Luftwaffe ausgehändigt und fortlaufend weitergeführt; die bisherigen Truppenausweise wurden nach Ausgabe der Soldbücher vernichtet; die Soldbücher von verstorbenen oder entlassenen Soldaten gingen ebenso wie unbrauchbar gewordene nach Abschluß an die zuständige Wehrersatzdienststelle zum Einlegen in die Tasche des Wehrstammbuches; bei Wiedereinberufung konnten sie erneut ausgegeben werden; bei Rangverlust wurden sie abgeschlossen und ein neues ausgegeben; am 16. November 1943 wurde die Einführung eines Lichtbildes auf der Innenseite befohlen; Angestellte und Arbeiter bei Wehrmachtdienststellen sowie sonstige Angehörige des Wehrmachtgefolges erhielten keine Soldbücher; landeseigene Hilfskräfte im Osten erhielten zweisprachige Kennbücher, die wie Soldbücher zu führen waren
- bei den Oberkommandos:
Personalakten: Die gesamte Personalverwaltung der Offiziere erfolgte durch das Heerespersonalamt (OKH/PA), bzw. das Luftwaffenpersonalamt (RdL u. ObdL/LP). Dort wurden über jeden aktiven Offizier Personalpapiere (Personalakten) geführt, bestehend aus:
- einer Ausfertigung des Personalnachweises
- den Anlagen zum Personalnachweis (alle wichtigen Schriftstücke wie Einstellungsvorgänge, Urkunden, Zeugnisse, Verpflichtungsschein, Entscheidungen in Ehrenangelegenheiten, Beschwerden, besondere Vorkommnisse)
- den Krankenpapieren (Krankheitsvorgänge, ärztliche Zeugnisse, Dienstbeschädigungslisten)
- den Beurteilungen
- verschiedenen Karteien
Truppenpersonalakten: Dazu wurden bei den Stäben der jeweiligen Einheiten weitere Ausfertigungen des Personalnachweises mit Anlageheften, Beurteilungsentwürfen und Versorgungsvorgängen geführt – die sog. Truppenpersonalakten. Die zum Feldheer tretenden Einheiten gaben diese Truppenpersonalakten an die zuständigen Ersatztruppenteile ab, für die Offiziere vom Bataillonskommandeur aufwärts an die zuständigen Stellvertretenden Generalkommandos; Dienststellen, die aufgelöst wurden, gaben ihre Truppenpersonalakten ebenfalls an die Stellvertretenden Generalkommandos ab; die Truppenpersonalakten der Luftwaffe gingen grundsätzlich an das für den letzten Friedensstandort zuständige Luftgaukommando; die Eintragung von Veränderungen in die Truppenpersonalakten ruhte im Krieg und sollte nach Demobilmachung durchgeführt werden; bei Entlassung aus dem aktiven Wehrdienst und bei Todesfällen waren die Kranken- und Versorgungspapiere und eine vervollständigte Ausfertigung des Personalnachweises mit anderen Unterlagen dem zuständigen Wehrmacht-Fürsorge- und Versorgungs-Amt zu übersenden. Die Personalakten und Personalnachweise der Offiziere d.B. und z.V. wurden bei den zuständigen Wehrersatzdienststellen geführt und verwahrt.
Über Wehrmachtbeamte wurden Ministerialakten, Hauptakten und Blattsammlungen (Nebenhefte) geführt.
Ministerialakten: Diese wurden vom Heeresverwaltungsamt (OKH/VA), bzw. vom Luftwaffenpersonalamt (RLM/LP) bei Dienstantritt geführt und enthielten:
- den Personalnachweis
- die Erklärung über Zugehörigkeit zu Parteien, Logen und anderen Organisationen
- die Meldung über das Wehrdienstverhältnis
- Verfügungen über Einberufung, Ernennung, Versetzung usw.
- Festsetzung des Besoldungsdienstalters
- sonstigen Schriftwechsel
dazu in besonderen Beiakten:
- Prüfungsarbeiten und Niederschriften über das Ergebnis
- die Beurteilungen
- die dienststrafrechtlichen Angelegenheiten
Hauptakten: Die Hauptakten mit vorgeheftetem Krankheitsnachweis wurden bei den Wehrkreis- und Luftgaukommandos geführt, mit etwaigen früheren Personalakten anderer Stellen als Beiheften.
Blattsammlungen (Beihefte): Die nachgeordneten Dienststellen und generell die Stäbe und Einheiten führten über die Beamten in ihrem Bereich nur Blattsammlungen, bzw. Beihefte, bestehend aus einer dritten Ausfertigung des Personalnachweises, dem Urlaubsnachweis, dem Krankenblatt und dem dort angefallenen Schriftwechsel.
Die Personalakten der Berufsunteroffiziere wurden bei ihren zuständigen Einheiten geführt und im Krieg beim Ersatztruppenteil verwahrt.
Die Personalakten der Angestellten und Arbeiter der Wehrmacht wurden bei den Beschäftigungsstellen, die Arbeitsbücher bei den Standortlohnstellen geführt. Ab dem 29. Juni 1944 waren die Personalakten ausgeschiedener Gefolgschaftsmitglieder nach drei Jahren zu vernichten.
Aktenordnung
Die Akten befanden sich bis 2005 bei der Zentralnachweisstelle (ZNS) in Aachen-Kornelimünster. Archivische Bestandsbildungen waren in dieser Zeit nur in Ansätzen erfolgt.
Der Bestand enthält:
- 94.991 Personalakten von Offizieren der Luftwaffe
- 10.432 in der ZNS formierte Personalunterlagen zu Offizieren der Luftwaffe, bestehend aus personenbezogenem Material unterschiedlicher Art und Herkunft (z.B. von Versorgungsämtern), häufig auch Wehrstammbücher, Soldbücher oder dgl.
- 75.864 Personalakten von Offizieren des Heeres
- 40.652 in der ZNS formierte (s.o.) Personalunterlagen zu Offizieren des Heeres
- 5528 nicht in Personalunterlagen integrierte Wehrstammbücher von Offizieren des Heeres
- 404 nicht in Personalunterlagen integrierte Soldbücher von Offizieren des Heeres
- 1373 Personalakten von Richtern im Dienst der Wehrmacht
- 152 Personalunterlagen zu Angehörigen der SS-Standarte „Kurt Eggers“
- 32 Personalakten hochrangiger Führer der Waffen-SS (Kopien aus dem ehemaligen Berlin Document Center).
- 15.648 in den 1970/80er Jahren aus verschiedenen Gründen von der ZNS sowie der Deutschen Dienststelle (Wehrmachtauskunftsstelle /) an das Militärarchiv abgegebene Personalakten, hauptsächlich von Generalen und Admiralen sowie vor 1900 geborenen Offizieren
Überlieferung
Der Bestand befindet sich gegenwärtig noch in Bildung. Er wird nach Fertigstellung alle im Bundesarchiv-Militärarchiv verwahrten Personalunterlagen von Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen-SS aufnehmen. Eine weitere Unterteilung nach Heer, Luftwaffe, Marine und Waffen-SS entfällt, stattdessen werden entsprechende Recherchemöglichkeiten datenbanktechnisch gewährleistet. Der Bestand wird elektronisch nach Namen recherchierbar sein.
Weitere Personalunterlagen von Unteroffizieren und Mannschaften des Heeres und der Luftwaffe, sowie allgemein der Angehörigen der Marine (ausgenommen Admirale und vor 1900 geborene Offiziere) befinden sich bei der WASt in Berlin (
Deutsche Dienststelle (WASt)). Personalunterlagen von Angehörigen der Waffen-SS aller Dienstgrade befinden sich darüberhinaus grundsätzlich auch bei der Abt. Reich des Bundesarchivs in Berlin (Bestandsgruppe NS).
Allgemein ist mit erheblichen kriegsbedingten Schriftgutverluste zu rechnen.
Erschließungszustand (Kommentar) Der Bestand befindet sich in der Bildung. Gegenwärtig läuft die Benutzung noch über die Karteien und anhand der Signaturen der ZNS. Die Überführung der Akten in den Bestand Pers 6 erfolgt im Rahmen eines Großprojekts ab 2007.
Eine Benutzung ist vorläufig lediglich über gebührenpflichtige Rechercheanfragen an das zuständige Fachreferat möglich.
Umfang (Erläuterung) 245.000 AE
Amtliche Druckschriften
RHD 1 Heeresverordnungsblatt
RHD 2 Allgemeine Heeresmitteilungen
RHD 3 Ranglisten, Stellenbesetzungslisten
RHD 4 Heeres-Druckvorschriften
RHD 23 Heerespersonalamt (Drucksachen)
RLD 1 Luftwaffenverordnungsblatt
RLD 2 Ranglisten, Dienstalterslisten, Stellenbesetzungslisten
RLD 3 Luftwaffen-Dienstvorschriften
RLD 16 Luftwaffenpersonalamt (Drucksachen)
RMD 1 Marineverordnungsblatt
RMD 2 Ranglisten
RMD 4 Marine-Druckvorschriften
RMD 12 Marinepersonalamt (Drucksachen)
Literatur Rangliste des Deutschen Reichsheeres, 1923-1932, hrsg. vom Heerespersonalamt, Berlin 1923ff
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres, ab 1935: des Heeres, 1933-1938, hrsg. vom Heerespersonalamt, Berlin 1933ff.
Absolon, Rudolf: Wehrgesetz und Wehrdienst 1935-1945. Das Personalwesen in der Wehrmacht. Schriften des Bundesarchivs 5. Boppard a.Rh. 1960
Absolon, Rudolf: Die Wehrmacht im Dritten Reich (6 Bände). Schriften des Bundesarchivs 16. Boppard a.Rh. 1969-1995
Keilig, Wolf: Rangliste des Heeres 1944/45. Bad Nauheim 1955
Verfasser/Stand MA 5, 2006