Karikatur: "... ich kann doch meinen Standpunkt nicht verlassen"

weimar

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Ich bin gerade dabei eine Karikatur zu analysieren und könnte dabei etwas Hilfe gebrauchen. Die einzelnen Personen(1-5) stehen jeweil für eine Partei.
Dabei bin ich bisher auf Folgendes gekommen:
1=KPD, 2=SPD, 3=?, 4=Zentrumspartei, 5=DNVP oder DVP
ich weiß nicht so recht, welche Partei ich der dritten Person zuorden soll.
Hoffe ihr könnt mir helfen.
mfG
 

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Von wann ist die Karikatur? Ich frage, weil letztendlich die Personen 1 - 3 nach "Proletariern" aussehen.
6 ist sicher die DNVP, da die DVP eine demokratische Partei war. Es ist auch kein Zufall, dass die Parteien von links nach rechts aufgereiht sind ("Standpunkt"!). Du hast gar nicht nach der 6 gefragt, ist dir klar, worum es sich dabei handelt? (Keine Partei!)

Edit: Je nachdem, von wann die Karikatur ist, könnte man zu unterschiedlichen Ideen kommen. Ich würde z.B. bei den drei linken Figuren an KPD, USPD und SPD denken. Aber bei der rechten der drei linken Figuren ist ein Kragen abgebildet. Und da frage ich mich, ob das nicht ein Verweis auf Stresemann ist, dann wäre das die DVP. Allerdings spricht mehr gegen die Interpretation als DVP als dafür.
Die Frage ist allerdings, ob man die Figuren wirklich alle zwingend zuordnen muss, da die Intention der Karikatur, wenn man einmal verstanden hat, dass es sich um die jeweiligen Weimarer Parteien handelt, von der Einzelzuordnung unabhängig ist.
 
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die karikatur stammt aus dem Jahre 1927(21.03). Also die sechste Person symbolisiert wohl eher die demokratie oder die Weimarer Republik allgemein.

Edit: Naja die Aufgabe bestand darin, den Personen(1-5) eine Partei zuzuordnen.
Also die Grundaussage der Karikatur ist aber letztlich die geringe Kompromiss- und Koalitionsfähigkeit der Parteien? Oder wie sehen sie das?
 
Zuletzt bearbeitet:
Also die sechste Person symbolisiert wohl eher die demokratie oder die Weimarer Republik allgemein.

Es handelt sich um Germania, die hier ertrinkt. (Die KPD oder die DNVP hätten ja wenig Interesse an einer Rettung der Demokratie/WR gehabt.)

Für die USPD ist 1927 etwas spät, dafür spräche es mehr für die DVP aber dafür ist die Figur zu zerlumpt.
 
Okay danke für deine Antwort :D, Ich wüsste gerne, was diese Schriftrolle vor der dritten Person zu bedeuten hat, da mir diesbzgl. keine Erklärung einfällt.
 
1927 war der Kanzler Marx, mit der DDP, DVP, DNVP und dem Zentrum als Minderheitsregierung. Das als Ausgangspunkt.

Person 1 ist mit Sicherheit die KPD, alleine schon am Gewehr als Angel ist das zu erkennen, Person 4 das Zentrum.

Bei Person 2 tendiere ich zur SPD aufgrund der Klamotten, die doch einem Lokomotivführer entspricht, bei Person 3 schwanke ich zwischen DVP und DDP. Ersteres wegen dem Vertrag auf dem Boden + Stresemann, andererseits entsprechen die Klamotten der Figur nicht unbedingt dem, was ich bei einer Karikatur der DVP erwarten würde. Außerdem steht die Figur links vom Zentrum. Ich hätte die DVP eher rechts vom Zentrum platziert. Daher könnte es auch die DDP sein, die als "Staatspartei" und der Schaffung der Weimarer Verfassung durch Hugo Preuß stark verfassungstreu war.

Person 5 müsste meiner Meinung nach die DNVP sein, oder, eher die Symbol für die rechtsgerichteten Parteien in Weimar gesamt.
 
Danke für die Antwort, ich stimme mit dir auf jeden Fall überein! Wie würdest du die Karikatur denn allgemein interpretieren?
 
Nr. 3 könnte die DDP sein.
Sie "scheißt" Papier, wohlgeformt.
Prominente Mitglieder sind führende Köpfe der Formulierung der Weimarer Verfassung und ein einflussreicher Journalist (Th. Wolff).

Woher stammt eigentlich diese Karikatur?
Wo wurde sie veröffentlicht?

..
Oh, Lafayette war schneller.:winke:
 
Die Interpretation der Karikatur liegt doch auf der Hand! Schau dir das noch mal an: Germania ertrinkt und alle Parteien "können" "ihren Standpunkt" nicht verlassen. Was kann das wohl heißen?
 
Das bedeutet also, dass die WR/Demokratie zum Scheitern verurteilt ist, da alle Parteien mehr oder weniger bereit/fähig sind eine funktionierende Koalition zu bilden bzw. nicht kompromissbereit sind!?
 
:D Also mich tät jetzt nochmal die Quelle interessieren.
Von wem wurde das veröffentlicht und geschah das in einem Zusammenhang?

Ich weiß es ja nicht.
Aber wichtig wäre das schon zu wissen.
 
Nein, so einfach ist das sicherlich nicht und hört sich so an, als wenn die Parteien alleine dieSchuld am Versagen treffen würde.

Die Verursachungskette war deutlich komplexer:

1. Fehlende parlamentarische Erfahrung mit Regierungstätigkeit, da die Parteien von der Regierungsverantwortung im Kaiserreich ferngehalten worden sind. Es hat sich somit keine funktionsfähige "Eliten-Kultur" ausprägen können wie sie beispielsweise in GB oder USA vorhanden war.

2. Die Partei-Fraktionen der jeweiligen Reichskanzler haben sich, anders als im Bundestag, nicht als Beschaffer von Mehrheiten für den Reichskanzler definiert. Und insofern gab es nie gesicherte Mehrheiten, da die Abgeordneten stimmten wie sie wollten.

Das liegt als Konsequenz auch auf der Ebene von Punkt 1. Es gab keine "parlamentarische Kultur" in der Weimarer Republik bzw. sie bildete sich gerade aus, aber die Anforderungen an die Lernkurve für die Parteien waren ab der Weltwirtschaftkrise zu hoch.

3. Die Gesellschaftsentwürfe zur Modernisierung der deutschen Gesellschaft waren stark ideologisch aufgeladen und schienen nur ein entweder oder, aber keinen Kompromiss zuzulassen. Die Modernisierung von links oder von rechts stellten dabei auch Antworten bereit, die während der sozialen Stagnation im Kaiserreich nicht gegeben worden sind. Eine evolutionäre Anpassung der Gesellschaft wie in GB oder Skandinavien war im Kaiserreich nicht ausreichend möglich und das führe u.a. zu einer ideologischen Überhöhung der Vorstellungen zum gesellschaftlichen Wandel, sprich zum Anspruch von extrem links und rechts die Gesellschaft zu revolutionieren.

4. Der politische Diskurs wurde nicht zuletzt durch die Medien, und da vor allem durch die "Hetzpresse" eines Hugenbergs massiv beeinflusst. Die bewußte Polarisierung der politischen Alternativen, da man das politische System zunächst überfordern und dann abschaffen wollte, beeinflußte die politische Agenda auch für den Diskurs der Parteien. Nicht nur in der Wahl der Themen, sondern auch im Stil des Umgangs.

Alles in Allem ein sehr komplexes Bild, das sich für die Parteienlandschaft in der WR bietet. Und sicherlich keine "einfachen Antworten" hinsichtlich des Scheiterns der WR möglich machen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Parteien in der Weimarer Republik waren auch keine Volksparteien, sondern Interessenparteien.
Und es gab in der Reichsverfassung keine 5% Klausel, so das der Reichstag in diversen Fraktionen zersplittert war.
Darüber hinaus ist sicher bemerkenswert, das nur wenige Parteien in der Weimarer Republik tatsächlich staatstragend waren und diese nur bis Juni 1920 über eine komfortable Mehrheit verfügten. Der 1.Reichstag vom 06.06.1920 ist sicher auch Ausdruck der Frustration über Versailles, von den sich die staatstragenden Parteien SPD, DDP, Zentrum, BVP und Staatspartei schließlich nie mehr erholen sollten.
 
Das bedeutet also, dass die WR/Demokratie zum Scheitern verurteilt ist, da alle Parteien mehr oder weniger bereit/fähig sind eine funktionierende Koalition zu bilden bzw. nicht kompromissbereit sind!?

Nein, so würde ich es nicht interpretieren. Eigentlich musst du doch nur den Karikaturtext wörtlich nehmen, dann hast du's.
 
Aus den gezeichneten Gesichtern des Karikaturisten Herrn Erich Schilling (1885 Suhl bis 1945 Gauting bei München) lässt sich wohl kein Familienname erkennen.

Ich würde hier deshalb so sagen:

1. Figur links: Angehöriger des Kapp-Lüttwitz Putsch (z.B. Brigade Ehrhardt). Putsch 13.03.1920.
Begründung: passt m.E. die Zeit der 1. Veröffentlichung dieser Karikatur im Simplicissimus (01.07.1920) und Herr Schilling war bis 1933 in ablehnender Haltung zu den Nationalsozialismus. Danach allerdings glühender Verehrer dieser Ideologie. Mit den heranrücken der Amerikaner März 1945 begann er Selbstmord.

2. Figur: Arbeiter. Wahrscheinlich Angehöriger der SPD. KPD und USPD glaube ich nicht.

3. Figur: Angehöriger der BVP (Bayrische Volkspartei). Unter diesen Herren Ärmelschoner und weißer Kragen.

4. Figur: Angehöriger der Zentrumspartei.

5. Figur: Möglicherweise Angehöriger der DDP, oder eher DVP.

Die ertrinkende Frau könnte die Germania sein. Vielleicht ertrinkt die gerade im Rhein. Das Gesicht der Germania ist ja das Gesicht der jüngsten Tochter des Schöpfers des Niederwalddenkmals des Herrn Johannes Schilling aus Mittweida/BL. Sachsen.
 
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1. Figur links: Angehöriger des Kapp-Lüttwitz Putsch (z.B. Brigade Ehrhardt). Putsch 13.03.1920.
Begründung: passt m.E. die Zeit der 1. Veröffentlichung dieser Karikatur im Simplicissimus (01.07.1920) und Herr Schilling war bis 1933 in ablehnender Haltung zu den Nationalsozialismus. Danach allerdings glühender Verehrer dieser Ideologie. Mit den heranrücken der Amerikaner März 1945 begann er Selbstmord.
Die Argumentationslinie erschließt sich mir nicht ganz. Ich bin wie vor drei Jahren der Meinung, dass man die Figuren entsprechend ihrer Einordnung im Bild (links - rechts) einordnen muss. Auch, wenn ich nach wie vor meine, dass man keine speziellen Figuren erkennen kann, dass es sich also nicht um Personen sonder um Typologisierungen handelt, so hat die Figur links doch am ehesten etwas von Kurt Eisner (Frisur, Barttracht), stünde also für die Räterepublik, dem steht natürlich entgegen, dass Eisner ein Pazifist war, was sich mit der schweren Bewaffnung der Figur mit Gewehr und Handgranaten nicht deckt. Auf der anderen Seite waren es ja Arbeiter- und Soldatenräte. Sie hat aber keinen militärischen Kurzhaarschnitt oder irgendetwas, was an Paramilitärs erinnert.

2. Figur: Arbeiter. Wahrscheinlich Angehöriger der SPD. KPD und USPD glaube ich
Mit der Begründung?

3. Figur: Angehöriger der BVP (Bayrische Volkspartei). Unter diesen Herren Ärmelschoner und weißer Kragen.
Warun verweist der Kragen jetzt ausgerechnet auf die BVP?
5. Figur: Möglicherweise Angehöriger der DDP, oder eher DVP.
Begründung?
Die ertrinkende Frau könnte die Germania sein.
Ist sie.
Vielleicht ertrinkt die gerade im Rhein.
Meines Erachtens unerheblich, wo sie ertrinkt, es sei denn, du hättest eine gute Begründung für den Rhein.

Das Gesicht der Germania ist ja das Gesicht der jüngsten Tochter des Schöpfers des Niederwalddenkmals des Herrn Johannes Schilling aus Mittweida/BL. Sachsen.
Wow! (Nicht englisch, sondern deutsch ausgesprochen, also eher 'Moment einmal!' als 'Respekt!'. Dafür müsstest du erst einmal einen Beleg vorlegen.
 
M.E. hat El Quijote Recht mit seiner Interpretation analog eines "Links-Rechts-Kontinuum", da diese Vorstellung auch sehr verbreitet ist und das Verstehen einer Karrikatur erleichtert.

Zwei Anmerkungen:
Die Karikatur ist von 1920, abgedruckt im Simplicissimus auf S. 207: Simplicissimus · die historische Satirezeitschrift · Blättern

Der Zeitpunkt 1920 ist erstaunlich. Und wirft vor allem die Frage auf, vor welchem eigenen ideologischem Hintergrund der Zeichner, diese Zeichnung angefertigt hatte. In dieser Sicht drückt sich vor allem eine verklärte Sicht aus, die eine heimliche Sehnsucht ist nach dem "starken Mann", der als "Kaiser" oder wahlweise als "Ersatz-Kaiser" effektiv zum Wohle des Volkes agiert. Offensichtlich sind dem Zeichner die Vorteile einer Gewaltenteilung nicht klar und von einem unkontrollierten Machtmißbrauch scheint er auch nicht gehört zu haben.

Zudem: Es ist vor dem Hintergrund der damaligen politischen Entwicklung objektiv nicht nachvollziehbar, eindeutig republikfeindliche Parteien, wie die DNVP als Nachfolge der "Vaterlandspartei", in eine Reihe mit den Parteien zu stellen, die als Parteien von Weimar überhaupt erst die Demokratie mit ermöglicht haben.

Ich persönlich zweifel an dem politischen Sachverstand des Zeichners, die damalige politische Situation halbwegs objektiv verstanden zu haben. Was erstaunlich ist, da andere Zeitgenossen sehr präzise und zutreffende Analysen vorgelegt haben. Alles in allem eine naive politische Vorstellung, die die Folien bildet, vor deren Hintergrund offensichtlich diese Karikatur angefertigt wurde.

Das führt zur zweiten Frage.
Warum wird diese Karikatur im Forum präsentiert. Und die Antwort ist m.E., weil sie ein Verweis auf die heutige Zeit sein soll. Das Präsentieren dieser Grafik ist somit eine Metapher für die gängige heutige Kritik an den Parteien, vor allem aus dem extremen rechten Umfeld, die demokratischen Parteien würden sich - angeblich - nicht um das Volk kümmern.

Erst vor diesem Hintergrund bekommt die Grafik ihre Bedeutung. Es ist eine versteckte Huldigung eines "Führerprinzips", die die Parteien insgesamt diskreditiert.
 
Im Prinzip sind doch alle Parteien von ganz links bis ganz rechts nicht in der Lage und nicht Willens der ertrinkenden Germania zu helfen. Kritik am (vermeintlichen) Versagen der Politik ja, Wunsch nach einem starken Mann ergibt sich aus der Karikatur aber nicht zwingend. Schilling dürfte zu dieser Zeit auch noch dem demokratischen Spektrum zuzuordnen zu sein, den Schilling von nach 1933 hier heranzuziehen, halte ich für falsch.
 
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