Straße in Wien - Name

Matze007

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Hallöle,
ich einnerte mich letzhin an einen Aufenthalt in Wien vor geraumer Zeit.
Da war an einer Straßenecke ein Schild angebracht, ungefähr folgenden Inhalts: "Hier weigerte sich der Herr xxx, mit Kanonen auf die Menge schießen zu lassen".
Kann mir jemand sagen um wen es geht ? Ich glaube, die Straße war nach dem Mann benannt.
 
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Danke, das ist es.
Die Frage hat sich gelohnt, das ist eine interessante Geschichte (die mir auch recht wienerisch erscheint).
Aus dem Link:
...Erwiesen ist hingegen, dass Oberfeuerwerker Pollet den Befehl nicht aus ideologischen oder ideellen Gründen verweigerte, sondern weil Erzherzog Maximilian keinerlei Befehlsgewalt inne hatte. Ein Soldat hatte jedoch (und hat noch immer) einen Befehl, der von einem unzuständigen Organ erteilt wird, zu verweigern. Dass Pollet keine Befehlsverweigerung begangen hatte, beweist schon seine weitere Karriere: Pollet wird im April 1848 (außertourlich) zum Leutnant, 1849 (für seine Leistungen im Feldzug in Ungarn) zum Oberleutnant und 1854 zum Hauptmann befördert. Zur Erinnerung daran wurde 1928 eine Gedenktafel für Oberfeuerwerker Johann Pollet rechts am Eck zur Herrengasse neben dem Eingang zum Café Griensteidl enthüllt. Diese wurde 1934 entfernt und 1948 erneut angebracht. An Oberfeuerwerker Pollet erinnert auch die Polletstraße im 22. Bezirk.
 
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Die von Dir zitierte Formulierung erscheint mir allerdings überkritisch. Aus welcher inneren Motivation heraus Pollet (nicht) handelte, ist objektiv doch wohl gar nicht feststellbar. Es mag plausibel sein, dass er den Befehl nicht aus Menschenliebe verweigerte, aber doch wohl kaum "erwiesen".
 
Ich kann dir das nur zustimmen. Was Pollet dabei wirklich gedacht hat, darüber lässt sich nur mutmaßen.

Vielleicht war er wirklich nur ein Prinzipienreiter, aber genauso gut kann ich mir auch vorstellen, dass er diesen Befehl aus humanen Gründen nicht ausführen wollte, und vielleicht war er ganz erleichtert, dass es einen Grund gab, mit dem er das nach dem Rechtsverständnis seiner Zeit sogar rechtfertigen konnte.

Vielleicht sollten wir auch bedenken, dass noch nach dem Zweiten Weltkrieg selbst bei Prozessen gegen NS-Täter, deren Berufung auf einen Befehl als Rechtfertigung grundsätzlich anerkennt wurde. Erst seit Ende des 20. Jahrhunderts wird die Befehlsverweigerung, zumindest, wenn es um die NS-Zeit geht, positiv gesehen.

So hart und so böse es auch ist, wenn Pollet nicht ohnehin davon geträumt hatte, als Märtyrer zu enden, war er sicher gut beraten, seine Handlungsweise mit der Ungültigkeit des Befehls zu rechtfertigen. Die humanitären Gründe hätte ein Militärgericht des 19. Jahrhundert damals auch außerhalb des Kaiserreichs Österreich sehr wahrscheinlich nicht gelten lassen.
 
"bei Prozessen gegen NS-Täter, deren Berufung auf einen Befehl als Rechtfertigung grundsätzlich anerkannt wurde."

Das, Teresa C., galt aber nicht uneingeschränkt für ein Handeln unter dem Militärstrafgesetzbuch, das Entfallen der Rechtswidrigkeit des Handelns oder Unterlassens aufgrund Befehls nicht in jedem Fall zur Folge hat.
 
Ich kann dir das nur zustimmen. Was Pollet dabei wirklich gedacht hat, darüber lässt sich nur mutmaßen.

Vielleicht war er wirklich nur ein Prinzipienreiter, aber genauso gut kann ich mir auch vorstellen, dass er diesen Befehl aus humanen Gründen nicht ausführen wollte, und vielleicht war er ganz erleichtert, dass es einen Grund gab, mit dem er das nach dem Rechtsverständnis seiner Zeit sogar rechtfertigen konnte.
Das erinnert ein wenig an die Geschichte von Bad Hersfeld, wo napoleonische Truppen einquartiert waren. Aus irgendeiner "Kleinigkeit" kam es zu einer Auseinandersetzung, wobei Bürger Bad Hersfelds einen Soldaten töteten. Napoleon soll daraufhin befohlen haben, Bad Hersfeld von allen vier Ecken anzuzünden. Der deutsche Offizier, der beauftragt wurde, dies zu bewerkstelligen, soll sich vier einzeln stehende Gebäude ausgesucht haben, die er habe anzünden lassen und somit die Stadt gerettet. Die Franzosen sollen ihn gewähren lassen haben, da sie selbst mittlerweile eingesehen hatten, dass die Bestrafung wohl angesichts der nächtlichen Vorkommnisse etwa überzogen war. So wurde Bad Hersfeld dann symbolisch, nicht aber tatsächlich zerstört.
 
Ich kann dir das nur zustimmen. Was Pollet dabei wirklich gedacht hat, darüber lässt sich nu mutmaßen...
Ja, das bietet reichlich Projektionsfläche.
Ich kann mir da auch einen Pragmatiker vorstellen dem das ganze auch deshalb nicht geheuer war, weil im Nachhinein gern mal Verantwortung nach unten abgegeben wird.
So oder so, irgendwie passt für mich als Ausländer die Geschichte irgendwie zu Wien :)
Was mich noch interessieren würde wäre die Begründung, mit der das Schild 1934 abgehängt wurde ... falls es eine gab. Kann da jemand weiter helfen?
 
Ich kann nur vermuten (!), dass es da möglicherweise einen Zusammenhang damit gab, dass 1934 die autoritäre konservative Bundesregierung auch in Wien (das bis dahin sozialdemokratisch regiert wurde) die Macht übernahm und einen eigenen Bürgermeister installierte.
Sowohl die Aufhängung der Gedenktafel als auch die Benennung der Straße waren jedenfalls erfolgt, als Wien sozialdemokratisch regiert wurde, und zumindest früher* wurde Pollet von den Sozialdemokraten als "Volksheld" und "Demokrat", quasi einer der Ihren, verherrlicht. Mag sein, dass das 1934 den neuen Machthabern nicht schmeckte.
1948, als Wien wieder von den Sozialdemokraten regiert wurde, wurde die Tafel jedenfalls wieder aufgehängt.

* Das scheint sich mittlerweile geändert zu haben, wie die verlinkten kritischen Artikel von der offiziellen Homepage der (immer noch sozialdemokratisch geführten) Wiener Stadtverwaltung zeigen.
 
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