Tankwaffe...

Adolina

Gesperrt
Gerne wüßte ich, wieviele Tanks auf britischer Seite in der berüchtigten "Nebelschlacht" vor Amiens am 8.9. August 1918 im Einsatz waren und wieviele durch deutsche Truppen vernichtet oder beschädigt wurden, so daß sie nicht mehr einsatzfähig waren.
 
Offenbar konnten nicht sehr viele vernichtet werden. Nicht einmal Hindenburg machte sich über mangelnde Abwehrvorbereitungen (wenn er sie auch schönredete) Illusionen. Aus seinen Memoiren (1920), in denen er in Teilen versucht die Schuld auf untere Ränge abzuwälzen (Misslingen des Gegenangriffs):
Am 8. August morgens wurde diese Ruhe jählings unterbrochen; von Südwesten her dröhnte auffallend starker Gefechtslärm. Die ersten Meldungen sie kamen vom Armee-Oberkommando aus der Gegend von Peronne lauteten ernst.
Der Gegner war mit mächtigen Tankgeschwadern beiderseits der Straße Amiens-St. Quentin in unsere Linien eingedrungen.
Näheres ließ sich vorläufig nicht feststellen.
Die Ungewißheit wurde jedoch in den nächsten Stunden behoben, wenn auch die Verbindungen vielfach zerrissen waren. Kein Zweifel, der Gegner war tief in unsere Stellung hineingestoßen, Batterien waren verloren. Unsere Befehle ergingen, sie wieder zu nehmen, die Lage überhaupt durch sofortigen Gegenangriff wieder herzustellen. Wir entsandten Offiziere, um die Vorgänge klarzulegen und vollen Einklang zwischen unserem Willen und den Verfügungen der Kommandostellen an der augenblicklich erschütterten Front zu schaffen. Was war geschehen?
Im dichtesten Nebel war ein starker englischer Tankangriff erfolgt. Die Panzerwagen hatten auf ihrer Fahrt fast nirgends besondere Hindernisse, nicht natürliche und leider auch nicht künstliche, getroffen. Man hatte an dieser Front wohl etwas zu viel an Fortsetzung des Angriffes gedacht, zu wenig an Verteidigung.
Allerdings war es verlustreiche Arbeit, dicht am Gegner zu schanzen und Hindernisse zu bauen. Denn wo immer die gegnerischen Beobachter irgend eine Bewegung, und sei es auch nur von einzelnen Leuten, wahrnahmen, dorthin lenkten sie das Feuer ihrer Artillerie. Es schien das beste zu sein, sich im hohen Getreide still zu verhalten, zwar ohne Schutz gegen feindliche Granaten aber ungesehen durch feindliche Ferngläser. Man schonte auf diese Weise während der Zeit des Stilleliegens augenscheinlich viel Leben, lief aber Gefahr, mit einem Schlage noch viel mehr zu verlieren. Nicht nur in den vordersten Linien war die Arbeit gering, an den rückwärtigen war sie fast noch geringer; nur einzelne Grabenstücke, verstreute Stützpunkte, waren vorhanden. Die Truppen waren an diesen sogenannten ruhigen Fronten für ausgedehnte Schanzarbeiten nur dünn gesät. [...]
Der breite Tankeinbruch des Gegners war gleichzeitig überraschend tief erfolgt. Die Panzerwagen, schneller wie bisher, überfielen Divisionsstäbe in ihrer Unterkunft, zerrissen die Fernsprechverbindungen, die von dort zu den kämpfenden Truppen führten. Die höheren Kommandobehörden werden dadurch ausgeschaltet; die vorderen Linien bleiben ohne Befehl.
An diesem Tage ist es ganz besonders bedenklich, da der dichte Nebel jede Übersicht verhindert. Die bereitgestellten Tankabwehrkanonen schießen zwar in die Richtungen, aus denen Motorgeräusche und Kettengerassel hörbar sind, werden aber vielfach durch Stahlkolosse überrascht, die aus anderer Richtung plötzlich auftauchen. Wirre Gerüchte beginnen sich in unsern Kampflinien zu verbreiten. Es wird behauptet, daß englische Kavalleriemassen schon weit im Rücken der vordersten deutschen Infanterie sich befinden. Man wird vorn bedenklich, verläßt die Stellungen, aus denen heraus man soeben noch starke feindliche Angriffe in der Front abgewiesen hat, man sucht nach rückwärts den verlorenen Anschluß. [...]
Unsere Befehle zum Gegenstoß können an diesem 8. August nicht mehr ausgeführt werden. Es fehlt an Truppen, es fehlt besonders an Geschützen zur Vorbereitung eines solchen Angriffes, denn an den Einbruchsstellen sind die meisten Batterien verloren. Frische Infanterie- und neue Artillerieverbände müssen erst herangeholt werden, und zwar auf Kraftwagen und Eisenbahnen. Der Gegner erkennt die ausschlaggebende Wichtigkeit, die in dieser Lage die Eisenbahnen für uns besitzen. Weithin in unsern Rücken feuern seine schweren und schwersten Geschütze. Auf einzelne Eisenbahnpunkte, wie beispielsweise Peronne, regnet es zeitweise Bomben feindlicher Flieger, die in nie gesehenen Schwärmen über Stadt und Bahnhof kreisen. Nutzt aber der Gegner auf diese Weise die Schwierigkeiten im Rücken unserer Armee aus, so verkennt er zu unserm Glücke die ganze Größe seines ersten taktischen Erfolges. Er stößt an diesem Tage nicht bis an die Somme vor, obwohl ihm auf diesem Wege von unserer Seite kaum noch nennenswerte Kräfte hätten entgegengestellt werden können. Dem verhängnisvollen Vormittage des 8. August folgte ein verhältnismäßig ruhiger Nachmittag und eine noch ruhigere Nacht. Während dieser rollen unsere ersten Verstärkungen heran.
Die Lage ist bereits zu ungünstig, als daß wir von dem anfänglich geforderten Gegenangriff die Wiedergewinnung der alten Kampffront erwarten können. Der Gegenstoß hätte längerer Vorbereitung und stärkerer Truppen, als am Morgen des 9. August zur Hand sein können, bedurft. Daher soll und darf nichts überstürzt werden. Die Ungeduld an der Kampffront glaubt jedoch, nicht warten zu können. Man meint, günstige Gelegenheiten zu versäumen, und stürzt sich in unbezwingliche Schwierigkeiten. So geht ein Teil der herangebrachten kostbaren, frischen Infanteriekraft in örtlich begrenzten Erfolgen verloren, ohne der Lage im großen zu nutzen.
Der Angriff am 8. August war durch den rechten englischen Flügel unternommen worden. Die südlich anschließenden französischen Truppen hatten sich nur in geringem Umfange am Kampfe beteiligt. Es war aber zu erwarten, daß die großen britischen Erfolge nunmehr auch die französischen Linien in Bewegung bringen würden. [...] Wir befehlen daher die Räumung unserer bisherigen ersten Stellungen südwestlich Roye und weichen indie Gegend dieser Stadt zurück.
[...]

Über die politischen Wirkungen unserer Niederlage am 8. August
gab ich mich keinen Täuschungen hin. [...] Das Mißgeschick am 8. August stellte sich dagegen vor aller Augen dar als die Folgen einer offenkundigen Schwäche.

Soweit Paule.


 
Besten Dank, El Quijote, für das ausführliche Zitat Hindenburg. Wegen der genauen Zahlen muß ich dann in meinem Bestand an "grauer" Literatur suchen oder im net weiter recherchieren. Bisher ergebnislos.
 
Ich habe gerade bei der tanks-encyclopedia.com gespickt. Allerdings nur beim allgemeinen Überblick. Im Britenbereich mag es genaueres geben.

Zu Amiens ist nur angegeben, dass nach 4 Tagen 72% des Allied Tank Corps und nach 64 Tagen 41% der Britischen Panzer ausgefallen waren. Am 5. November seien nur 8 Panzer übrig gewesen.

Wie gesagt, im Bereich zu den Britischen Panzern mag es auch Zahlen für den ersten Angriff geben, aber mein Zugang ist gerade zu schlecht, nachzusehen. Es ist auch nicht immer zu beurteilen, wie zuverlässig die Seite ist, aber nach der Herkunft der Zahlen kann ja gefragt werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Tanks waren lediglich ein Faktor, kein entscheidender** in den strategischen Erfolgen von Amiens:

"Battle casualties, mechanical breakdowns and crew exhaustion meant that the number of available tanks was sharply reduced. On 8 August [1918] 421 had gone into action*, but only 143 were available on the following day. Seventy-nine were fit on 10 August, but only 38 on the last day of the attack."

Bei einzelnen Einheiten halten sich die mechanischen Ausfälle und direkten Kampfverluste die Waage.

* von über 500 nach Papierlage.

Quelle: britische Generalstabsakten zitiert nach Charles Messenger, The Day We Won The War, 2008

** wie häufiger (in der Nachkriegsliteratur und Memoiren) deutscherseits fälschlich dargestellt.
 
Keine Eile mit Amiens.
Der erste kritische Account ist von 1920, eine forschungsseitig akzeptable und kritische Darstellung zB im JoMH von 1990.

Beim anderen warte ich noch eine Weile ab.
 
"Battle casualties, mechanical breakdowns and crew exhaustion meant that the number of available tanks was sharply reduced. On 8 August [1918] 421 had gone into action*, but only 143 were available on the following day. Seventy-nine were fit on 10 August, but only 38 on the last day of the attack."

Quelle: britische Generalstabsakten zitiert nach Charles Messenger, The Day We Won The War, 2008 .

Bei Guderian (Achtung Panzer, S. 114ff) findet sich ebenfalls eine Darstellung in Anlehnung an das deutsche Werk "Schlachten des Weltkriegs, XXXVI, ab ca. S.180).

Die Zahlen weichen gar nicht so weit von der englischen Sicht ab.

"Excluding five tanks which broke down, the armour lost: 8 August: 100 machines out of 415 in action; 9. August: 39 out of 145; 10 August: 30 out of 67; 11 August an unknown number out of 38 (S. 123)

Diesem Verlust standen ca. 400 verlorene deutsche Geschütze gegenüber und ca. 8 Divisionen, die vernichtet worden sind.

Die Bedeutung der Schlacht, obwohl der Einbruch in die deutsche Front moderat erscheint (ca. 15 km tief) war der "finale Sargnagel", der Ludendorff überzeigt haben soll, dass es keinen militärischen Sieg mehr geben würde. Und somit die Niederlage bei Amiens, neben den beiden anderen verlorenen "Panzerschlachten", ausschlaggebend war für das Eingestehen der Niederlage durch Ludendorff, so die Darstellung bei Guderian.
 
Ich habe, thanepower, Ludendorffs "Meine Kriegserinnerungen", als Erstausgabe von 1919, Mittler und Sohn, Berlin, 628 Seiten mit einer Fülle von Karten, zu Eigentum. Auf Seiten 547 ff. im Kapitel "Der Endkampf Sommer und Herbst 1918 unter I. spricht er vom "schwarzen Tag" ..Bild der Lage war sehr trübe..( 549)..sechs bis 7 deutsche Divisionen waren vollständig zerschlagen ( ebenda)...die Lage war ungemein ernst..." aber auch: " Unsere Truppen standen wieder fest ( in den folgenden Tagen nach dem 11.8., Adolina)..es galt also nur noch hinzuhalten (S. 550)...<

Interessant, aber jetzt erst zum Strang "Nürnberger Prozesse...
 
Ich habe bisher gefunden: Am 8.8.1918 400 Tanks entlang der Amiensfront (The Fighting Forces, Gale & Polden Limited, Band 9, Nr. 3, August 1932, The 8th August 1918 by L.G. Morrison), zit. bei Kabisch, Ernst, Der schwarze Tag, S. 127

Die Zahl gilt für die gesamte Britische 4. Armee nordöstlich Amiens, nicht für Kanadier, Australier und Franzosen im Kampfraum Amiens.

Gegenüber der 13. deutschen Division, bei Villers- Bretonneux, an der alten Römerstrasse nach St. Quentin, war der Bereitstellungsraum (Grabisch, S. 127)
 
Die Tanks waren lediglich ein Faktor, kein entscheidender** in den strategischen Erfolgen von Amiens:
......

** wie häufiger (in der Nachkriegsliteratur und Memoiren) deutscherseits fälschlich dargestellt.

Waren Tanks nicht, mal unabhängig von Amiens, dennoch der entscheidende Faktor welcher das Ende der endlosen Stellungskriege bedeutete ?
 
Das entspricht älteren Darstellungen.
Neuere - siehe oben - gehen von mehreren zusammenwirkenden Faktoren aus und sehen die angeblich entscheidende Wirkung der Tanks kritisch.
 
Waren Tanks nicht, mal unabhängig von Amiens, dennoch der entscheidende Faktor welcher das Ende der endlosen Stellungskriege bedeutete ?

Darf ich als Nichtfachmann mal so fragen?: Haben sie nicht einerseits den Krieg verkürzt, sind sie nicht anderesseits vernichtet worden oder nach einer gewissen Strecke ausgefallen oder gestoppt worden und anschließend wurde auf der Gegnerseite wieder geschanzt?
 
Ist dann die Aussage von Grabisch " Hätten wir am 21. März vor der Front der 17. und 2. Armee 400 Kampfwagen einsetzen können, so wäre der Krieg an jenem Tage entschieden worden", S. 206, an der Realität vorbei?

Offensichtlich, wie die Geschichte zeigt. Und selbst wenn sie es gekonnt hätten, bleibt das Spekulation. Das ist das fatale an Sandkastenspielen ("Hätten"), sie bilden nicht die tatsächliche sondern eine vom Autor gewünschte Realität ab.
 
Zurück
Oben