Wie demokratisch war die Amerikanische Revolution?

H

Haugi

Gast
Hallo zusammen,

für den Schulunterricht soll ich einen Vortrag zum Thema "Wie demokratisch war die Amerikanische Revolution" vorbereiten. Das heißt ich will den Prozess der Revolution, nicht das Resultat, betrachten. Im laufe der Revolution gab es immer wieder Entscheidungen welche (durch bestimmte Gremien) getroffen wurden, wie demokratisch waren diese Entscheidungen?

Aktuell habe ich folgende Ansatzpunkte:
- Politische Kultur in den Kolonien (Wahlrecht, Pressefreiheit, ...)
- Politisches System ("Verfassung") vor der Revolution
- Kontinentalkongress (Zusammensetzung, Legitimation, ...)
- Entstehung der Unabhängigkeitserklärung
- Entstehung und Ratifizierung der Verfassung

Gibt es gute Quellen zu diesen Themen? Wie würdet ihr den Prozess der amerikanische Revolution hinsichtlich der Demokratie bewerten? Habt ihr weitere Ansatzpunkte und Ideen?

Viele Grüße und schon im Voraus vielen Dank!

Simon
 
Die USA sollten nie eine Demokratie sein, sondern eine Konstitutionelle Republik.

In der Demokratie (welche aus dem antiken Athen stammt) geht die Macht von allen aus. Es nehmen alle Bewohner bzw. Vollbürger einer politischen Entität selber an der Entscheidungsfindung teil.

Die Republik ist eine Mischform aus der Monarchie, Aristokratie und Demokratie, die in Rom erfunden wurde (die Römische Republik war die erste ihrer Art; res publica heißt "öffentliche Angelegenheit" im Latein). Der Staat wird durch öffentlich gewählte, manchmal auch geloste, Staatsdiener und Beamte verwaltet.
 
In der Demokratie (welche aus dem antiken Athen stammt) geht die Macht von allen aus. Es nehmen alle Bewohner bzw. Vollbürger einer politischen Entität selber an der Entscheidungsfindung teil.

nicht alle nur Vollbürger über 30 und davon nur die Männer....das waren gerade mal rund 10% der Bevölkerung....
 
Das kann man so nicht unterschreiben.
Die Republik ist gerade keine Monarchie oder Aristokratie sondern die Sache aller (res publica). Ein Republik muss nicht zwingend demokratisch sein, das ist aber die häufigste Form.
Die attische Demokratie war auch in ihrer "radikalsten" Ausprägung eine Demokratie relativ weniger: Zugezogene (Metoiken) konnten daran nicht teilhaben, ebensowenig wie Frauen und Unfreie. Ich denke, wenn man 25 % der Bewohner als Bürger ansetzt, die das Recht hatten, sich an der attischen Demokratie zu beteiligen, ist man schon relativ optimistisch, wer sich in Attika am demokratischen Prozess beteiligen durfte - und davon wiederum sind diejenigen abzuziehen, die entweder kein Interesse an einer politischen Beteiligung hatten (idios, Privatmann) oder aufgrund ihrer sozioökonomischen Situation gar nicht die Zeit und Gelegenheit hatten, sich am demokratischenn Prozess zu beteiligen. Wer für drei oder vier Tage seinen Hof, seine Familie und sein Vieh in der attischen Peripherie verlassen musste, um an demokratischen Prozessen in Athen teilzunehmen, der wird sich das schon gut überlegt haben, ob er daran teilnahm.
 
Crossposting. Wenn das mit den 10 % stimmt, war ich mit den 25 % nicht nur optimistisch sondern überoptimistisch.
 
Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ich würde mich freuen, wenn ihr wieder auf das eigentliche Thema zurückkommt: Den Prozess der Amerikanischen Revolution. Wie gesagt, der Fokus soll nicht auf dem Endprodukt liegen sondern auf dem Weg dahin.

Grüße

Simon
 
Die USA sollten nie eine Demokratie sein, sondern eine Konstitutionelle Republik.

In der Demokratie (welche aus dem antiken Athen stammt) geht die Macht von allen aus. Es nehmen alle Bewohner bzw. Vollbürger einer politischen Entität selber an der Entscheidungsfindung teil.

Die Republik ist eine Mischform aus der Monarchie, Aristokratie und Demokratie, die in Rom erfunden wurde (die Römische Republik war die erste ihrer Art; res publica heißt "öffentliche Angelegenheit" im Latein). Der Staat wird durch öffentlich gewählte, manchmal auch geloste, Staatsdiener und Beamte verwaltet.

Hier wird ein Gegensatz aufgebaut, den ich bei den USA nicht feststellen kann.
"Republik" bedeutet doch eigentlich nur, dass kein Monarch an der Spitze steht, jeder Diktator, jedes mehr oder weniger kommunistische Regime ist Machthaber einer "konstitutionellen Republik".
Die USA sind aber nicht nur eine Republik, sie sind auch demokratisch. Es finden sich alle Elemente, die zur Charakterisierung einer Demokratie gehören, oder fehlt etwas?
Es geht aber noch weiter: auch Monarchien können demokratisch sein, in Europa sind auch heute noch ein ganzer Haufen von Staaten Monarchien, ohne dass man ihnen die Eigenschaft Demokratie absprechen würde.

Insofern bitte nicht die Begriffe durcheinanderwerfen!

Gruss, muheijo
 
für den Schulunterricht soll ich einen Vortrag zum Thema "Wie demokratisch war die Amerikanische Revolution" vorbereiten. Das heißt ich will den Prozess der Revolution, nicht das Resultat, betrachten. Im laufe der Revolution gab es immer wieder Entscheidungen welche (durch bestimmte Gremien) getroffen wurden, wie demokratisch waren diese Entscheidungen?

Als Vorschlag zwei Ansätze:

1. Pro US: du schaust dir die amerikanischen Institutionen an, die schon während des Unabhängigkeitskriegs bestanden. Mir fallen da erstmal Kontinentalkongress, die Continental Army und die Milizen ein. Aber es gibt mehr, auf lokaler Ebenen jede Menge. Und dann schaust du, wie demokratisch die legitimiert waren. Du wirst wahrscheinlich feststellen, dass die demokratisch bis zur Handlungsunfähigkeit waren. Manche Lehrer wollen das hören. Ist auch nicht falsch

2. Der US-Kritische Ansatz: du unterstellst deinem Lehrer, dass er hören will, dass die Mehrzahl der Bevölkerung der Kolonien an der Revolution nicht teilnehmen durfte, und sie deswegen zutiefst undemokratisch war. Dann beschreibst du, dass Natives, Schwarze, Frauen, Franzosen, Loyalisten und viele andere nie in irgendwelche Entscheidungsprozesse eingebunden waren. Und dann kannst du zu dem Schluss kommen, dass die Revolution die Privatveranstaltung einiger reicher Sklavenhalter war. Manche Lehrer wollen das hören. Ist auch nicht falsch

Variante drei: wenn du nicht weisst, was dein Lehrer hören will und du selbst vielleicht sogar Interesse am Thema hast: liefer eine gute Arbeit ab und verbinde beide Ansätze

PS: an einer sauberen Definition, was "demokratisch" bedeutet, führt kein Weg vorbei
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Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ich würde mich freuen, wenn ihr wieder auf das eigentliche Thema zurückkommt: Den Prozess der Amerikanischen Revolution. Wie gesagt, der Fokus soll nicht auf dem Endprodukt liegen sondern auf dem Weg dahin.

Grüße

Simon

Auch wenn es um den "Prozeß"/Verlauf geht: die Diskussion könnte Dir aufzeigen, dass es zunächst einmal auf den oben angesprochenen Massstab "demokratisch" ankommt.
 
Hier wird ein Gegensatz aufgebaut, den ich bei den USA nicht feststellen kann.
"Republik" bedeutet doch eigentlich nur, dass kein Monarch an der Spitze steht, jeder Diktator, jedes mehr oder weniger kommunistische Regime ist Machthaber einer "konstitutionellen Republik".
Die USA sind aber nicht nur eine Republik, sie sind auch demokratisch. Es finden sich alle Elemente, die zur Charakterisierung einer Demokratie gehören, oder fehlt etwas?
Es geht aber noch weiter: auch Monarchien können demokratisch sein, in Europa sind auch heute noch ein ganzer Haufen von Staaten Monarchien, ohne dass man ihnen die Eigenschaft Demokratie absprechen würde.

Insofern bitte nicht die Begriffe durcheinanderwerfen!

Gruss, muheijo

Für uns Europäer sind die Begriffe "Demokratie" und "Republik" keine Gegensätze, in den USA ist dies aber durchaus anders. Vor allem konservative Gruppierungen, Verfassungsrechtler und Historiker behaupten immer wieder, die USA seien eine Republic und keine Democracy. Begündet wird dies u. a. mit den Checks and Balances, da in einer Demokratie das Volk herrsche, in einer Republik aber Gewaltenteilung die Macht der Volksvertretung einschränke.

Quellen kann ich hier nicht posten, können aber einfach gefunden werden.

Edit: Dieser Artikel ist doch ganz hilfreich um die Geschichte der Verwendung des Begriffes "Demokratie" in den USA zu verstehen. Tatsächlich begriffen sich bereits viele Gründerväter als Demokraten, wobei Representative Democracy or Republic als Gegensatz zu Pure Democracy oder Direct Democracy verstanden wurde.
 
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Zumindest musst du für dich einen Maßstab setzen, was eine Demokratie ausmacht! Die bisherigen Lösungsvorschläge hier sind alle richtig. Aber um analysieren zu können, wie "demokratisch" denn die Amerikanische Revolution war, muss der damalige "Geist der Zeit" bekannt sein. Du darfst nicht den Fehler machen und heutige Maßstäbe zu setzen. Und selbst heute sind nicht alle Demokratien richtige Demokratien.

Eine weitere Frage ist denn, ob denn eine Revolution an sich demokratisch ist?

Aber was dann nach der Revolution heraus kam, war für damalige Verhältnisse das demokratischste, was möglich war. Sie war Vorlage für die Französische Verfassung von 1791 und noch heute hat sie Elemente, die grundlegend für eine Demokratie sind: Übergeordnete Menschenrechte, das Prinzip der Gewaltenteilung und die alleinige Gesetzgebung durch das gewählte Parlament!

Natürlich kann genau an diesen Prinzipien Kritik geübt werden, da Washington oder Jefferson selbst Sklaven hatten und hier eine Doppelmoral inne hatten. Menschenrechte und Gleichheit hier auf der einen Seite, Sklaven auf der anderen Seite. Das schmälert nun den demokratischen Wert der Verfassung - Dennoch war sie für die Verhältnisse im 18. Jh. sehr demokratisch.

Der Aspekt der erfolgreichen Revolution war noch dazu, dass sie einen einigen Charakter hatte. Die Revolution der 13 Staaten wurde als "ihr" Krieg gegen die fremde Macht geführt und endete mit der Unabhängigkeitserklärung. Dies ist noch bis heute das Symbol der amerikanischen Einigkeit und der Nation und kennzeichnet die Identität eines Landes!
 
Die amerikanische Revolution war ein äußerst vielschichtiges historisches Ereignis. Eine Revolution, aber auch ein amerikanischer Bürgerkrieg zwischen den "Patriots" und den Loyalists, der vor allem in den Südstaaten mit erbitterter Härte geführt wurde. Die meisten Loyalisten haben nach dem Unabhängigkeitskrieg das Gebiet der USA verlassen (müssen) und haben sich in Kanada niedergelassen. Die Amerikanische Revolution war daher ein einschneidendes historisches Ereignis, das sehr starke politische, soziale und geistesgeschichtliche Antriebskräfte mobilisierte.

"Die USA" wie sie uns vertraut scheinen, gab es noch nicht, sondern 13 sehr unterschiedliche Kolonien, mit unterschiedlichen Wirtschaftsformen. In Massachusetts fromme Quäker, die Eid und Sklaverei und Gewalt ablehnten, aber herrlich erfolgreiche und sehr geschäftstüchtige Bankiers und kühne Walfänger, von denen manche (Wal)Ölmillionäre wurden, Großgrundbesitzer und Pflanzer aus Virginia, Georgia und den Carolinas, die mit Tabak und Reis reich wurden, Anwälte aus New York, Pennsylvania und den Neuenglandstaaten. Pennsylvaniadeutsche, die im Laufe des 18. Jahrhunderts während der "Erweckungsbewegung" einwanderten und die größte nicht angelsächsische Einwanderungsbewegung in die Neue Welt. Dass die ältesten Amerikaner, die Natives nicht unbedingt dazu gehörten, oder die meisten auf die Briten setzten, was ihnen nicht gut bekam, war ein Schönheitsfehler. Der amerikanische Bürgerkrieg spaltete auch die Natives der Six Nations der Iroquios. Die meisten wie die Mohawks, Oneida, Onandaga und Cayuga verbündeten sich mit den Briten, während die Tuscarora sich mit den Kolonien verbündete. In den meisten Kolonien, auch in New York und einigen der späteren Nordstaaten war Sklaverei oder Schuldknechtschaft Indentured Servicy noch legal war, und dass das ein Widerspruch zur Unabhängigkeitserklärung darstellte, war den Gründungsvätern sehr wohl bewusst. In ihren Freiheitsstatuten war die Unabhängigkeitserklärung außerordentlich freiheitlich und radikal. Die Schriften von Thomas Paine, Thomas Jefferson, Benjamin Franklin, John Adams und anderen war, salopp gesagt, das freiheitlichste und demokratischste, was auf dem Markt war.

We hold these truths to be selfevident, that all men are created equal and are endowed by their creator with certain unaliable rights among These life, liberty and the pursuit of happiness.

Jefferson und Washington waren Freimaurer und vertraten privat sehr freiheitliche Ansichten. Beide waren dabei auch Sklavenhalter. Jefferson teilte damals aufkommende rassistische Vorstellungen über Schwarze, hielt aber viel von einigen Native Nations und. Soweit ich weiß hat Jefferson nur Sally Hemming und ihre gemeinsamen Kinder freigelassen, George Washington nur seinen Kammerdiener, Jagdhüter und Freund Billy Lee Washington. Die Doppelmoral war Jefferson in seinen besseren Stunden sicher bewusst, wie es John Adams bewusst war.

Die Unabhängigkeitserklärung berief sich auf das Widerstandsrecht bei John Locke. Das Wort Sklaverei wird wie eine gefährliche Klippe gemieden. Es gab Amerikaner, die sie für verwerflich hielten, aber die Geschichte der USA ist eine Geschichte erfolgreicher Kompromisse, und hätten Delegierte aus Pennsylvania oder Massachusetts das ausgesprochen, wären Virginia, Georgia und die Carolinas nicht der Union beigetreten.

Ohne die amerikanische Revolution hätte es keine Französische Revolution und keine Erklärung der Menschenrechte gegeben, und wir würden nicht heute darüber diskutieren. im übrigen gibt es keine ideale Staatsform, es sei denn als Utopie. Alle haben ihre Zeit, ihre Vorzüge, ihre Widersprüche und jede Zeit ihre ihr eigentümlichen Bosheiten und Grausamkeiten.

Prinzipiell schlossen die Grundrechte der Unabhängigkeitserklärung alle Menschen ein, dass es lange, wahrscheinlich zu lange dauerte bis alle Amerikaner diese Rechte erreichten, schmälert nicht den Wert der Amerikanischen Revolution als Initialzündung der Moderne und Dynamo der Französischen und der industriellen Revolution.
 
Die Schriften von Thomas Paine, Thomas Jefferson, Benjamin Franklin, John Adams und anderen war, salopp gesagt, das freiheitlichste und demokratischste, was auf dem Markt war.

Man kann dem allerdings auch entgegenhalten, dass es die erste und damals einzigste Demokratie war und es deshalb schwer ist, zu vergleichen. Aus formaler Sicht der Verfassung sind viele noch heute modern-demokratische Elemente wie die Gleichheit des Menschen und die Gewaltenteilung vorhanden.

Allerdings teile ich deine eher flapsige Verwendung von "Schönheitsfehler" oder "Geschichte erfolgreicher Kompromisse" überhaupt nicht. Und du musst aufpassen, dass du den Unabhängigkeitskrieg nicht mit dem Bürgerkrieg vertauscht!

Die Revolution selbst war 1776 beendet. Die alte Macht war gestürzt, die neue an der Macht und verabschiedete seine Verfassung. Der Prozess der Institutionalisierung der Revolution mündete schließlich in den Bürgerkrieg, als die Probleme der Sklaverei und wirtschaftliche Disparitäten zwischen Nord und Süd zu groß wurden.
Die Briten waren am Bürgerkrieg allerdings nicht beteiligt, weshalb auch hier keine Natives zuwandern können.

Den Indianern ist es bis heute nicht egal, dass der Verfassung ein "Schönheitsfehler" unterlief und sie nicht wirklich zum politischen System der USA gehörten! Und einen Genozid als "Schönheitsfehler" zu bezeichnen ist schon sehr vage.

Für mich sieht ein erfolgreicher Kompromiss so aus, dass beide Seiten damit Leben können und sich arrangieren. Erfolgreich ist es allerdings nicht, wenn dies in einen Bürgerkrieg mit mehr als einer Millionen Tote endet. Und viele Verfassungskompromisse waren hinsichtlich der Verfassungswirklichkeit nicht gerade fortschrittlich um sie als "erfolgreich" zu bezeichnen. Die Abwesenheit einer staatlichen Autorität auf dem Land förderte die Lynchjustiz - was uns als der "Wilde Westen" bekannt ist. Und diese "erfolgreiche Kompromisse", was auch viele Zugeständnisse des Nordens an den Süden waren, mündeten in den Bürgerkrieg.

Auch die These, dass ohne dem Dynamo der amerikanischen Revolution wir in der dunklen Höhle leben, halte ich für sehr gewagt. Die industrielle Revolution begann ja in Großbritannien und nicht in den USA. Die industrielle Revolution beförderte eine gesellschaftliche Entwicklung in Europa. Sicherlich waren viele Elemente der amerikanischen Verfassung Vorbild für die freiheitlichen Werte Frankreichs. Aber dass es zur französischen Revolution kam, war keine Erfindung der Amerikaner. Und für viele Europäer war es befremdlich, wie die USA mit den Sklaven umging.
 
Ein OT-Beitrag, der gerne gelöscht werden kann, weil er nichts zum Inhalt beiträgt.

Und du musst aufpassen, dass du den Unabhängigkeitskrieg nicht mit dem Bürgerkrieg vertauscht!

Ich weiss, dass man sich über derartige Aussagen ärgert, weil unbegründet. Deswegen, und weil ich nicht betroffen bin, eine schnelle Antwort dazu.

Es ist m.E. unhöflich, einem - nachweislich - kompetenten Forianer eine derartige naive Sichtweise zu unterstellen. An den Beiträgen von Scorpio, wenn Du nur die letzten ansiehst, solltest Du schnell erkennen können, dass sie ausgesprochen fundiert sind.
 
Ich bestreite die Kompetenz von Scorpio auf keinen Fall. Dennoch ist es wichtig zwischen einem Unabhängigkeitskrieg und einem Bürgerkrieg zu unterscheiden, da sonst schnell Missverständnisse auftreten können.

Es stimmt, dass es für viele Natives negativ ausgelegt wurde, dass sie während des Unabhängigkeitskrieges ihr Heil bei den Briten suchten. Die Indianerkriege während des Bürgerkrieges hatten jedoch andere Ursachen. Es war nicht der Bürgerkrieg, der sie spaltete.
 
Ich bestreite die Kompetenz von Scorpio auf keinen Fall. Dennoch ist es wichtig zwischen einem Unabhängigkeitskrieg und einem Bürgerkrieg zu unterscheiden, da sonst schnell Missverständnisse auftreten können.

Es stimmt, dass es für viele Natives negativ ausgelegt wurde, dass sie während des Unabhängigkeitskrieges ihr Heil bei den Briten suchten. Die Indianerkriege während des Bürgerkrieges hatten jedoch andere Ursachen. Es war nicht der Bürgerkrieg, der sie spaltete.
Er bezog ja den Begriff Bürgerkrieg auf den Kampf zwischen Loyalisten und "Rebellen" (meinetwegen auch Continentals). Das waren ja im Prinzip im Frieden ehedem Nachbarn gewesen. Außerdem war die Treue zum König noch sehr lange - bis etwa 1776 - ein einigendes Glied. Wir hatten das mal an anderer Stelle im Forum, dass die Briten wohl zum einen den Anteil an Loyalisten überschätzte und zum anderen die Ausrüstung der Loyalisten nicht ausreichend betrieb. Militärisch spielten sie in Form der Legion unter Tarleton schon eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Die Ablehnung der Sklaverei (Abolotionismus) war bereits im 18.Jh. ein wichtiges Thema.
 
Man kann dem allerdings auch entgegenhalten, dass es die erste und damals einzigste Demokratie war und es deshalb schwer ist, zu vergleichen. Aus formaler Sicht der Verfassung sind viele noch heute modern-demokratische Elemente wie die Gleichheit des Menschen und die Gewaltenteilung vorhanden.

Allerdings teile ich deine eher flapsige Verwendung von "Schönheitsfehler" oder "Geschichte erfolgreicher Kompromisse" überhaupt nicht. Und du musst aufpassen, dass du den Unabhängigkeitskrieg nicht mit dem Bürgerkrieg vertauscht!

Die Revolution selbst war 1776 beendet. Die alte Macht war gestürzt, die neue an der Macht und verabschiedete seine Verfassung. Der Prozess der Institutionalisierung der Revolution mündete schließlich in den Bürgerkrieg, als die Probleme der Sklaverei und wirtschaftliche Disparitäten zwischen Nord und Süd zu groß wurden.
Die Briten waren am Bürgerkrieg allerdings nicht beteiligt, weshalb auch hier keine Natives zuwandern können.

Den Indianern ist es bis heute nicht egal, dass der Verfassung ein "Schönheitsfehler" unterlief und sie nicht wirklich zum politischen System der USA gehörten! Und einen Genozid als "Schönheitsfehler" zu bezeichnen ist schon sehr vage.

Für mich sieht ein erfolgreicher Kompromiss so aus, dass beide Seiten damit Leben können und sich arrangieren. Erfolgreich ist es allerdings nicht, wenn dies in einen Bürgerkrieg mit mehr als einer Millionen Tote endet. Und viele Verfassungskompromisse waren hinsichtlich der Verfassungswirklichkeit nicht gerade fortschrittlich um sie als "erfolgreich" zu bezeichnen. Die Abwesenheit einer staatlichen Autorität auf dem Land förderte die Lynchjustiz - was uns als der "Wilde Westen" bekannt ist. Und diese "erfolgreiche Kompromisse", was auch viele Zugeständnisse des Nordens an den Süden waren, mündeten in den Bürgerkrieg.

Auch die These, dass ohne dem Dynamo der amerikanischen Revolution wir in der dunklen Höhle leben, halte ich für sehr gewagt. Die industrielle Revolution begann ja in Großbritannien und nicht in den USA. Die industrielle Revolution beförderte eine gesellschaftliche Entwicklung in Europa. Sicherlich waren viele Elemente der amerikanischen Verfassung Vorbild für die freiheitlichen Werte Frankreichs. Aber dass es zur französischen Revolution kam, war keine Erfindung der Amerikaner. Und für viele Europäer war es befremdlich, wie die USA mit den Sklaven umging.

Die einzige Demokratie waren die USA nicht. Die Schweiz, die Generalstaaten der Niederlande wird man durchaus als Demokratien bezeichnen können, vielleicht auch die Republiken Genua und Venedig.

ich sprach von einem Bürgerkrieg innerhalb des Unabhängigkeitskrieges zwischen Continentals und Loyalists. Die Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse war mitnichten 1776 abgeschlossen. Die Briten glaubten, dass die südlichen Kolonien am loyalsten zu England stünden, denn GB war der bedeutendste Absatzmarkt für Agrarprodukte wie Reis, Indigo, Tabak. Fehden wie sie Mark Twain in Huckleberry Finn zwischen den Clans der Grangerfords und der Shepherdsons ironisch beschreibt, waren im 18.und 19. Jhd. durchaus verbreitet, der tiefe Süden war sozusagen eine Art Heart of Darkness". Es war kein Zufall, dass Harriet Beecher Stowe die Plantage des fiesesten Sklavenhalters Simon Legree in Uncle Tom´s Cabin dort lokalisiert. ( Um ganz genau zu sein, liegt sie am Red River, und das Gebiet kam erst 1803 durch den Louisiana Purchase an die USA) Aber in Southcarolina herrschten ähnliche Verhältnisse. In dieses Hornissennest stachen die Briten und ihre hessischen Verbündeten im Feldzug von 1778/79 nach Carolina.

Die Sklaverei war nicht der Iniatialfunke für den Sezessionskrieg, aber ohne sie wäre es niemals dazu gekommen. In diesem Punkt hat die Kompromissfähigkeit versagt, das gebe ich zu. Aus humanitärer und abolitionistischer Sicht waren der Fugitive Slave Act und der Missourikompromiss sicher faule Kompromisse, da sie die Sklaverei zu zementieren schienen, und es kam vor, dass freie Schwarze, die niemals Sklaven gewesen waren, in den Nordstaaten von Sklavenjägern entführt wurden. Wer sich weigerte oder (vermeintlichen) Sklaven half, musste rechnen von US-Marshalls verhaftet und mit Geld-oder Gefängnisstrafen rechnen. Kompromisse, um die Union nicht zu zerbrechen, waren sie aber schon, und deren hatte es durchaus viele gegeben zwischen 1840-1861.

Wir sprechen aber nicht vom Sezessionskrieg und der Lage der USA von 1850-1861, sondern von den 13 Kolonien, die sich gerade erst zu einem Bundesstaat formiert hatten. Indianerkriege hatte es natürlich schon vor 1865 gegeben, und manche Stämme wie die Pequod waren ausgestorben. Es ist aber unsinnig, hier von Genozid durch die USA zu sprechen, die hatten gerade mit Mühe und Not den Franzosen und Indianerkrieg hinter sich gebracht, und in dessen Verlauf hatten die indianischen Verbündeten der Franzosen den Kolonien ganz schön eingeheizt. Die Briten hatten ihre liebe Not mit dem Pontiac Aufstand der späten 176oer Jahre. Auch war die Indianerpolitik der verschiedenen Kolonien sehr unterschiedlich. Pennsylvania und New Jersey konnten sich rühmen, keinen Vertrag mit Indian Nations gebrochen zu haben.

Und was die Sklaverei betrifft, wird sich die Empörung der Europäer in Grenzen gehalten haben. Dänemark, die Niederlande, Portugal, Frankreich und Großbritannien waren in den transatlantischen Sklavenhandel involviert. Selbst der Kurfürst von Brandenburg hatte eine Faktorei an der westafrikanischen Küste unterhalten, die er später an die Holländer verkaufte.

Auch muss man sich vor der Vorstellung in acht nehmen, die Zahl der schwarzen Sklaven zur Zeit der Amerikanischen Revolution so hoch einzuschätzen, wie am Vorabend des Sezessionskrieges. Der Tabak- und Reisboom des 17. und frühen 18. Jahrhunderts hatte die Böden in Virginia und den Carolinas ausgelaugt. Am Vorabend der Amerikanischen Revolution überwogen noch Indentured Servants, die ihre Arbeitskraft für einige Jahre anboten, um die Passage abzuarbeiten. Gründungsväter wie Thomas Jefferson hofften, dass sich die Sklaverei in 1-2 Generationen von selbst erledigen würde.

Den größten Boom erlebte sie erst nach der Revolution, als die USA ihr Territorium mehr als verdoppelten durch den Louisiana Purchase. Obwohl Louisiana eigentlich weniger für den Anbau vonZuckerrohr geeignet ist, gelang es Zuckerkönigen ein großes Vermögen zu erwirtschaften. Der Siegeszug von "King Cotton" trat erst durch den Erwerb Louisianas, Alabamas, Arkansas und Missisisippis ein und durch die Erfindung der Cotton Gin, einer Baumwollentkernungsmaschine, die ein Yankee, Eli Whitney erfunden hatte. Dadurch konnte die Produktivität eines Sklaven um das 50% gesteigert werden. Die Profite der Pflanzer wurden in noch mehr Land und mehr Sklaven investiert.

Dass die Bewegung der Aufklärung von Amerika auf Europa ausstrahlte und nicht umgekehrt, habe ich keineswegs behauptet, aber ohne Frankreichs äußerst kostspielige Intervention in den Unabhängigkeitskrieg, wäre es nicht zu einer Finanzkrise Frankreichs, zur Einberufung der Generalstände seit mehr als 100 Jahren und auch nicht zur Französischen Revolution gekommen. Lafayette und Rochambeau haben im Unabhängigkeitskrieg gekämpft, und ihre Erfahrungen aus der Amerikanischen Revolution eingebracht.
 
Ein OT-Beitrag, der gerne gelöscht werden kann, weil er nichts zum Inhalt beiträgt.



Ich weiss, dass man sich über derartige Aussagen ärgert, weil unbegründet. Deswegen, und weil ich nicht betroffen bin, eine schnelle Antwort dazu.

Es ist m.E. unhöflich, einem - nachweislich - kompetenten Forianer eine derartige naive Sichtweise zu unterstellen. An den Beiträgen von Scorpio, wenn Du nur die letzten ansiehst, solltest Du schnell erkennen können, dass sie ausgesprochen fundiert sind.

Es geht ja vermutlich um ein Schulprojekt, und wenn Missverständnisse vermieden und Begriffe schärfer unterschieden werden, dient es dem Erkenntnisgewinn, und das ist wichtiger, als persönliche Eitelkeiten. Es kann auch nichts schaden, wenn Neuforianer sich trauen, Altgedienten zu widersprechen. Die Nettiquette wurde nicht verletzt und wie sagt El quichote so treffend,
Es zählt die Überzeugungskraft der Argumente, nicht Rennommé
 
Man kann dem allerdings auch entgegenhalten, dass es die erste und damals einzigste Demokratie war und es deshalb schwer ist, zu vergleichen. Aus formaler Sicht der Verfassung sind viele noch heute modern-demokratische Elemente wie die Gleichheit des Menschen und die Gewaltenteilung vorhanden.

Allerdings teile ich deine eher flapsige Verwendung von "Schönheitsfehler" oder "Geschichte erfolgreicher Kompromisse" überhaupt nicht. Und du musst aufpassen, dass du den Unabhängigkeitskrieg nicht mit dem Bürgerkrieg vertauscht!

Die Revolution selbst war 1776 beendet. Die alte Macht war gestürzt, die neue an der Macht und verabschiedete seine Verfassung. Der Prozess der Institutionalisierung der Revolution mündete schließlich in den Bürgerkrieg, als die Probleme der Sklaverei und wirtschaftliche Disparitäten zwischen Nord und Süd zu groß wurden.
Die Briten waren am Bürgerkrieg allerdings nicht beteiligt, weshalb auch hier keine Natives zuwandern können.

Den Indianern ist es bis heute nicht egal, dass der Verfassung ein "Schönheitsfehler" unterlief und sie nicht wirklich zum politischen System der USA gehörten! Und einen Genozid als "Schönheitsfehler" zu bezeichnen ist schon sehr vage.

Für mich sieht ein erfolgreicher Kompromiss so aus, dass beide Seiten damit Leben können und sich arrangieren. Erfolgreich ist es allerdings nicht, wenn dies in einen Bürgerkrieg mit mehr als einer Millionen Tote endet. Und viele Verfassungskompromisse waren hinsichtlich der Verfassungswirklichkeit nicht gerade fortschrittlich um sie als "erfolgreich" zu bezeichnen. Die Abwesenheit einer staatlichen Autorität auf dem Land förderte die Lynchjustiz - was uns als der "Wilde Westen" bekannt ist. Und diese "erfolgreiche Kompromisse", was auch viele Zugeständnisse des Nordens an den Süden waren, mündeten in den Bürgerkrieg.

Auch die These, dass ohne dem Dynamo der amerikanischen Revolution wir in der dunklen Höhle leben, halte ich für sehr gewagt. Die industrielle Revolution begann ja in Großbritannien und nicht in den USA. Die industrielle Revolution beförderte eine gesellschaftliche Entwicklung in Europa. Sicherlich waren viele Elemente der amerikanischen Verfassung Vorbild für die freiheitlichen Werte Frankreichs. Aber dass es zur französischen Revolution kam, war keine Erfindung der Amerikaner. Und für viele Europäer war es befremdlich, wie die USA mit den Sklaven umging.

Das ist ja alle sehr nett, wenn auch nicht unbedingt originell. Aber du hast oben ja ausdrücklich drauf hingewiesen:

Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ich würde mich freuen, wenn ihr wieder auf das eigentliche Thema zurückkommt: Den Prozess der Amerikanischen Revolution. Wie gesagt, der Fokus soll nicht auf dem Endprodukt liegen sondern auf dem Weg dahin.

Ich denke daher, du solltest den Süd-Nord-Bürgerkrieg und den Dynamo erstmal ausblenden, falls du tatsächlich Antworten auf deine Eingangsfrage suchen solltest.
 
Was auf jeden Fall erwähnt werden sollte ist die "Navigation Act" mit der es untersagt war, das die Kolonien unter einander Handel treiben könnten. Der Handel hatte über England zu gehen. Ausnahme war die HEIC, die Britische Ostindien Kompanie, welche Tee direkt aus Indien in die anderen Kolonien liefern durfte.
Weitere Einschränkungen kamen durch die Molasses Act und später Sugar Act. Damit landete ein großer Teil des Profites der Kolonien in GB.
Vielleicht auch mal nachgucken wie die Kolonien im Parlament in London vertreten waren. Die Wahlkreise für das Unterhaus sind lange nicht angepasst worden, so das hier ein Ungleichgewicht entstanden ist.
Benjamin Franklin war Mitglied des Unterhauses vor dem Unabhägigkeitskrieges.
 
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