Führen eines Rittertitels

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Obwalden Gast

Gast
Hallo alle miteinander

Wisst ihr, ob es erlaubt ist, einen Rittertitel zu führen, denn die Vorfahren vor 700 Jahren besassen, aber seit 600 Jahren nicht mehr gebrauchten oder ob dies bereits "verjährt" ist, also dass man den Titel nicht mehr führen darf?
Viele Grüsse
obwalden
 
Wenn die Vorfahren seit 600 Jahren einen Titel nicht mehr führen, wird das wohl irgendeinen Grund gehabt haben.

Wenn heute alle Nachkommen von blaublütigen Vorfahren auf ihre Titel pochen würden, wäre allerdings der Rittertitel wenig wert. Da müßten Millionen den Königstitel führen, die von Karl dem Großen abstammen...

http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?mode=hybrid&t=292
 
Hallo hyokkose

Vielen Dank für die Antwort.
Aber der Königstitel ist ja nicht erblich, der wird doch "nur" verliehen?
Gilt bei der Abstammung auch ein Titel durch die Frau?
Diese Millionen heissen ja nicht auch Karolinger zum Nachnamen.
Viele Grüsse
Obwalden
 
Das mit dem Königstitel war natürlich nicht so ganz bierernst gemeint.

Nochmal zur Frage, ob es "erlaubt" ist, einen Rittertitel zu führen: In Deutschland gelten Adelstitel als Teil des Familiennamens, sind also keine Titel. "Fürst zu Salm" ist also nur ein dreiteiliger Familienname, so wie "Müller-Schulz" ein zweiteiliger Familienname ist.
In Österreich wurden die Adelstitel nach dem 1. Weltkrieg rigoros abgeschafft, also auch als Namensteil. Soweit ich weiß, hieß z. B. Herbert von Karajan eigentlich offiziell "Herbert Karajan"; das "von" galt als Teil seines Künstlernamens.

Seit wann welche Regelung in der Schweiz besteht, weiß ich nicht; die letzten Adelsprivilegien wurden jedenfalls schon früher als in Österreich und Deutschland beseitigt (Bundesverfassung von 1848).
Ich kann mir nicht vorstellen, daß nach Schweizer Recht eine Namensänderung unter Berufung auf adlige Vorfahren zulässig ist.
(Vgl. http://www.baselland.ch/docs/gerichte/verwger/entsch86/vge1986-13.htm)
 
Solche Titelrechte gibt es doch heute nicht mehr, sondern ein Namensrecht, welches sich von den ursprünglichen Titelrechten erheblich unterscheidet.
 
Hallo

Vielen Dank für eure Antworten.
Bedeutet dies also, dass es nicht verboten ist, privat einen solchen Titel zu führen, einfach ohne direkte Privilegien?
Viele Grüsse
Obwalden
 
Was ist denn eigentlich genau mit dem Begriff "Rittertitel" gemeint?

Der Adel empfing zwar (meistens) den Ritterschlag, empfand sich in seinem Selbstverständnis als Ritter und akzeptierte den dazugehörigen Verhaltenskodex, doch den Titel "Ritter" als solches führte er nicht. Die Titulatur war beim niederen Adel "Herr von ..." bzw. "Freiherr von ..." oder auch "Edelherr von ...", beim höheren Adel dementsprechend "Graf von ...", "Herzog von ..." u.ä.

Ritter war wohl eher eine Art Berufsbezeichnung bzw. später eine Standesbezeichnung (Ritterschaft als territorialer Landstand), aber kein Teil der offiziellen Titulatur.
 
Durften sich die Ritter "Herr von ..." oder "Freiherr von ..." nennen?
Hatten die Ritter noch eine andere Anrede bzw. einen anderen Titel?
Viele Grüsse
Obwalden
 
Das ist ja gerade der Punkt: Ein Ritter hatte nicht die Anrede "Ritter"! Als Titulatur existiert dieser Begriff nicht, sondern ist ein Ordnungsbegriff, ein Sammelbegriff für eine bestimmte soziale Gruppierung. Ein Ritter war aber immer auch ein Adeliger und als dieser Adeliger führte er einen Titel wie "Freiherr", "Graf" oder was auch immer. Oder umgekehrt: Ein Adeliger führte immer einen Titel, der letztendlich unabhängig von seiner Existenz als Ritter war.
 
Aber durfte sich ein normaler Ritter Graf nennen, oder musste dies ausdrücklich zugestanden werden, ansonsten er einfach "Freiherr von ..." war?
 
Nö, nur wenn er ein gebürtiger Graf war. War er ein gebürtiger Freiherr, hat er sich eben Freiherr von sowieso genannt, war er ein gebürtiger Herzog, dann war er eben der Herzog von sowieso
 
Obwalden schrieb:
Aber durfte sich ein normaler Ritter Graf nennen, oder musste dies ausdrücklich zugestanden werden, ansonsten er einfach "Freiherr von ..." war?

Äh, nein, 'tschuldigung, falls ich mich da missverständlich ausgedrückt haben sollte.

Wir haben hier zwei unterschiedliche Ebenen:

a) Den Ritter: eine Bezeichnung für jeden Adeligen, der einen Ritterschlag erhalten hat und ganz generell einen entsprechenden Lebensstil mit den dazugehörigen Idealen und Verhaltensmaßregeln führt (oder auch führen sollte). Ganz allgemein bekamen die meisten Adeligen diese Auszeichnung bzw. Kennzeichnung.

b) Den Adeligen: Jeder Adelige hatte kraft seiner Geburt eine bestimmte feste Position in der ständischen hierarchischen Gesellschaft. Von ganz unten (der genannte Freiherr) bis ganz oben (etwa Kurfürst; König/Kaiser lasse ich mal außen vor, da nicht einfach so geburtsmäßig bestimmt) und diese Position verschaffte ihm eine bestimmte Titulatur. Mit der Existenz als Ritter hat das nichts zu tun, Ritter waren diese hohen Herren ohenhin alle (zumindest im Mittelalter, später war das nicht mehr so wichtig).

Wurde ein Adeliger angesprochen, folgte diese Anrede natürlich seiner Position in der Ständehierarchie (einen Freiherrn hat man anders anzureden als einen Kurfürsten) - da sie ohnehin alle Ritter waren und sich den entsprechenden Verhaltenskodex angeeignet hatten, wäre eine Anrede als Ritter zur Unterscheidung höchst sinnlos gewesen (das Rittertum sollte ja auch gerade gewisse Unterschiede in der adeligen Hierarchie einebnen).

Also: Die Titulatur eines Adeligen hing immer mit seinem Rang zusammen, aber nicht mit seinem Status als Ritter.
 
Vielen Herzlichen Dank für eure ausführliche Antworten. :)
Aber wie hoch kann man wohl den Status eines "Ritters" schätzen, der in einer Landschaft (Berner Oberland) Vogt war und auch Beamter und Richter?
Der wird vermutlich kaum ein Graf sein?
Viele Grüsse
Obwalden
 
Ich habe mal jemanden getroffen der hatte den Namenszusatz "Edler zu ...." Was für ein Adelsprädikat ist den das?
 
Obwalden schrieb:
Aber wie hoch kann man wohl den Status eines "Ritters" schätzen, der in einer Landschaft (Berner Oberland) Vogt war und auch Beamter und Richter?
Der wird vermutlich kaum ein Graf sein?

Fürstendienste (= Beamter), Gerichtshoheit (= Richter) und Vogteirechte sind geradezu die klassischen Grundlagen für die Ausbildung einer eigenen Territorialhoheit. Besaß dieser besagte Ritter alle diese Privilegien dann könnte es sich durchaus sogar um einen Grafen handeln, vielleicht aber auch nur um einen Herren mit erfolgreicher Behauptung und Erweiterung seiner Herrschaftsrechte.

Aber wie passen denn Eidgenossenschaft und Adelsherrschaft zusammen?


askan schrieb:
Ich habe mal jemanden getroffen der hatte den Namenszusatz "Edler zu ...." Was für ein Adelsprädikat ist den das?

Edler müsste ganz einfach eine Kurzform des Edelherrn sein, also eine der bunten Erscheinungsformen niederadeliger Titulaturen. (Auch wenn mir irgendwo dunkel in Erinnerung ist, dass Edler im österreichischen (k.u.k.?) Raum auch etwas besonderes bedeutet haben könnte...)
 
Nur eine Frage, soweit mir bekannt ist, gab es zumindest in der Donaumonarchie bis 1918 die Möglichkeit in den Adelsstand (Edler von) erhoben zu werden. Die nächste Stufe war dann die Erhebung in den Ritterstand. Das würde aber bedeuten, dass Adelige nicht automatisch Ritter waren. Oder herrschten in der Donaumonarchie andere Verhältnisse als im HRR?

Noch eine weitere Beobachtung im Zusammenhang mit einem Aufstieg. Die Grafschaft Hohenems (heute Teil des österreichischen Bundeslands Vorarlberg) kam im 18. Jahrhundert unter die Habsburger-Herrschaft. Verfolgt man nun den Aufstieg dieser Familie vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert, so waren sie zunächst (nach Angaben aus dem Vorarlberg Museum) Ritter von Ems und wurden erst später zu Reichsgrafen erhoben. Wenn Ritter aber kein eigener Rang war, dann müsste es doch eigentlich Herrn oder Edle von Ems heißen.

Außerdem gab es vor der Französischen Revolution Bezeichnungen wie Herrenstand, Ritterstand und Ähnliches. Das aber würde doch bedeuten, dass Ritter Adelige, Adelige aber nicht automatisch Ritter waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Über die Verhältnisse zwischen 1806 und 1918 kann ich dir leider nichts genaues sagen.
Im Mittelalter war es allerdings so, dass sich das Rittertum so ganz allmählich herausbildete. Zunächst einmal waren die Ritter Ministerialen, also Unfreie, die aufgrund von Landbesitz, der sie befähigte sich Pferd und entsprechende Waffen zu leisten zu Reiterkriegern wurden. Gleichzeitig (ein Prozess der allerdings schon etwas früher begonnen hatte) verloren immer mehr freie Bauern ihren Freibauernstatus, häufig, weil sie ihn (d.h. Teilnahme am Heerbann) nicht finanzieren konnten. Die Freien wurden also unfrei und die unfreien Ministerialen stiegen in den niederen Adel auf. Mit der Gottesfriedesnbewegung entstand dann in Frankreich ein ritterliches Ideal, dass sich ausbreitete. Und so wurde es eine Ehre, zum Ritter geleitet zu werden. So empfingen etwa beim Mainzer Hoftag 1184 die Söhne Friedrichs I. von diesem die Schwertleite und wurden somit Ritter. Der Ritter war also längst nicht mehr ein niederer Adelstitel sondern es war bis in die allerhöchsten Adelskreise - selbst für die Söhne des Kaisers - ehrenvoll, die Schwertleite zu empfangen.
 
Außerdem gab es vor der Französischen Revolution Bezeichnungen wie Herrenstand, Ritterstand und Ähnliches. Das aber würde doch bedeuten, dass Ritter Adelige, Adelige aber nicht automatisch Ritter waren.
Ich würde sagen, dass Ritter immer Adlige waren. Hast Du ein Beispiel dafür, wo Herren- und Ritterstand nebeneinander verwendet wurde? Ich habe das auch so in Erinnerung, dass bisweilen von "Rittern und Herren" die Rede ist. Das fasst m.E. einfach Adlige, die unter dem Grafenstand sind - also der Großteil der Adligen der Landstände eines Landes normalerweise - schlichtweg zusammen.
 
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