Die Kurdische Dynastien

B

Baran Ruciyar

Gast
Hallo,

ich habe im Forum lesen können, dass das Thema "Kurden" bereits mehrfach diskutiert wurde. In diesen Diskussionen wird das Thema "Kurden" ziemlich umfangreich behandelt. Ich möchte nun eine kleine Ergänzung anführen, in der die 5 kurdische Dynastien kurz beschrieben werden:

Das Werk des Fürsten von Bidlis Sheref Xan, das im Jahre 1596 abgeschlossen wurden, nimmt einen hervorragenden Platz unter den Quellen zur kurdischen Geschichte ein. Die eigentliche Geschichte der Kurden besteht aus vier Teilen: der erste behandelt die kurdischen Dynastien, die tatsächlich die Vorrechte des Königtums (Saltanat) bessesen haben; der zweite – die Dynastien, deren Herrscher zuweilen Geld prägten und die Xutba in ihrem Namen verkünden ließen; der dritte zählt die Häuser der erheblichen Stadthalter (Hukkmat) auf; der vierte ist der ausführlichen Geschichte der Fürsten von Bidlis gewidmet. Teil I erwähnt 5 Dynastien: die Marwaniden von Diyarbakir und Cizre; die Hassanwaihiden von Dainawar und Shahrazur; die Fedlewiden von Großluristan; Die Fürsten von Lurî Kûçik (Atabekê Loristan) und die Ayyubiden.


Fedlewiden: Eines von dieser Dynastien war die Dynastie der Atabeg in Ost- und Südluristan zwischen 1155 und 1423 mit der Hauptstadt Malamir (Malayîr). Diese Dynastie führt auch den Namen Fedlewi, nach einem Kurdenhäuptling aus Syrien, namens Fedlûya genannt. Seine Nachkommen verliessen ihre Heimat und gelangten über Mayafarikin und Gûran, wo sie sich mit Mîr Dibac aus Gîlan verschwägerten, um 1006 in die Ebene nördlich des Uşturan-Kuh.

Lurî Kûçik: Dieser Dynastie mit der Hauptstadt Xûrramabad, existierte zwischen 1184 und 1597 als ein selbständiger Staat im südlichen Kurdistan.

Ayyubiden: Die bekannteste islamische Dynastie kurdischer Herkunft ist die Ayyubiden-Dynastie (Mitte des 12. Jahrhunderts bis Mitte des 13. Jahrhunderts). Ihr Herrschaftsgebiet erstreckte sich von Ägypten, Syrien, Teile Mesopotamiens und Kurdistans bis nach Jemen. Der berühmteste Herrscher der Ayyubiden war Saladin (Salah ad-Dîn) der Große. Die arabischen Historiker des Mittelalters bezeichneten die Herrschaft der Ayyubiden als jene der Kurden (al-Akrad).

Marwaniden: In der Geschichte der Kurden bezeichnet vorwiegend das 11. Jh. n.Chr. eine Epoche der staatlichen Eigenständigkeit mehrerer Fürstentümer. Von jenen kurdischen Emiraten hatte das der Marwâniden die deutlichsten Spuren hinterlassen. So zeugen die Berichte in den muslimischen und christlichen Chroniken des mittelalterlichen Orients sowie manche bis heute erhaltenen baulichen Überreste von der kulturellen Blüte und dem wirtschaftlichen Reichtum im Staate der Marwâniden.

Statt in den bisherigen kurdischen Kerngebieten, den Gebirgen östlich des Tigris, richteten sich die Marwâniden mit ihrer Herrschaft über die Region Diyâr Bakr und die Gegend nördlich des Van-Sees in einem für den städtischen Handel bedeutenden Land ein, welches bis dahin noch zum Großteil von Christen - Jakobiten und Armeniern - bewohnt war. In erster Linie sind die Marwâniden für die kurdische Geschichte von Bedeutung, da sie in den noch von ihrer byzantinischen und arabischen Vergangenheit geprägten reichen Handelsstädten Diyâr Bakrs, wie Âmid (heute Diyarbakir) oder Mayyâfâriqîn (heute Silvan), eine kurdische Herrschaft errichteten und da ihre Herrschaft die verstärkte kurdische Immigration nach Diyâr Bakr einleitete - eine Entwicklung, die schließlich Diyâr Bakr zu einem Zentrum des kurdisch bewohnten Gebietes werden ließ.

Die äußeren Bedingungen für das Entstehen des Marwânidenemirates waren die guten diplomatischen Beziehungen zu dem unter Kaiser Basileios II. mächtigen Byzantinischen Reich (mit Zentrum in Konstantinopel), die Schwäche der in Bagdad residierenden 'Abbâsidenkalifen, die Zerstrittenheit ihrer buyidischen Schutzherren sowie die Unterstützung jeglicher Unabhängigkeitsbestrebung von Vasallen der Herrscher Bagdads durch die Fâtimidenkalifen in Kairo.

Zwar bildete Diyâr Bakr damals ein in das Byzantinische Reich hineinragendes muslimisches Fürstentum, mit den Marwâniden waren jedoch erstmals in diesem Grenzbereich dauerhaft friedliche Beziehungen und ein gemeinsames Vorgehen gegen Streifzüge der Beduinen möglich. Die Situation im 'abbâsidischen Kalifenreich war geprägt durch wirtschaftlichen Niedergang, Bürgerkrieg und Nomadisierung. So gelang es den Vasallen Bagdads, unterstützt durch die ägyptische Diplomatie, ihre Machtposition auszubauen bzw. das Reich ihrer Lehnsherren durch Rebellionen zu erschüttern.


Der Kurdenführer Bâd (1)

Die Dynastie der Marwâniden ging aus dem kurdischen Stamm der Hârbuxtî hervor. Sie wurde nicht unter dem Namen ihres Wegbereiters Bâd Ibn Dûstak bekannt, sondern unter dem des Müllers Marwân, der Bâds Schwester geheiratet hatte und von dem drei Söhne nacheinander Bâd in der Herrschaft nachfolgten. Der Chronist Ibn al-Atîr berichtet, dass Bâd, bevor er mächtig wurde, Schafe gehütet habe. Obwohl er demnach arm war, opferte er freigiebig seine Schafe, um anderen etwas zu essen geben zu können. So war er sehr angesehen, und es schlossen sich ihm viele an, um nun in einer Bande Wegelagerei zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt beschränkten sich Bâds Aktivitäten auf die Region um Hîzân südlich des Van-Sees.

Demgegenüber schreiben die Chronisten Sibt Ibn al-Djawzî und Ibn al-Azraq über die Söhne Marwâns, sie seien die Oberhäupter in dem Ort Kurmâs gewesen. Jeder von ihnen führte eine Truppe und ihr Vater Marwân besaß eine Mühle. Somit ist der aus dem einfachen Volk aufgestiegene Führer Bâd durch die Heirat seiner Schwester mit Marwân eine Verbindung mit einer angesehenen kurdischen Familie eingegangen. Möglicherweise war es dieses Ansehen der Familie Marwâns, welches es seinen Söhnen nach Bâds Tod ermöglichte, unter den Kurden umgehend die Anerkennung ihrer Herrschaft durchzusetzen. So wurde die Dynastie schließlich nach der einflussreichen Familie Marwâns benannt und nicht nach der des Bâd.

Laut Ibn al-Atîr soll Ardjîš am Nordufer des Van-Sees die erste Stadt gewesen sein, die Bâd in Besitz nahm. Eine Miniatur aus dem 16. Jh. (Nasûhü’s-Silâhî Matrâqçî, Beyân-i menâzil-i sefer-i 'Irâqeyn-i Sultân Süleymân Xân, Hg.: Hüseyin G. Yurdaydin, Ankara 1976, TTKY, Reihe 1, Nr. 3, fol. 25b) zeigt die Lage der Stadt zwischen dem Gebirge im Norden und dem Ufer des Wan-Sees im Süden. Aufgrund dessen gehörte die Stadt zu den strategischen Punkten auf der Ost-West Passage am Nordufer des Wan-Sees. Dass der Herrschaftsraum des Kurdenführers zuerst in jenes armenische Land hinein expandierte, hängt sicherlich mit der Gewohnheit der damaligen muslimischen Glaubenskämpfer zusammen, ihre Streifzüge in den christlichen Grenzgebieten durchzuführen.


Untergang des Emirates

Die äußeren Bedingungen für den Niedergang des Marwânidenemirates waren in erster Linie das Vordringen der Selçuken und die damit zusammenhängende Wanderung türkischer Nomaden nach Westen. Die Selçuken beendeten durch ihre weiträumigen Eroberungen in Mesopotamien, Anatolien und Syrien die dortige Herrschaft konkurrierender Großmächte, welche ja zuvor - indem sie sich gegenseitig in Schach hielten - auch das Bestehen der mesopotamischen Regionalfürstentümer ermöglicht hatten.

Die byzantinische Macht in Anatolien brach angesichts des türkisch-selçukischen Vordringens zusammen. Nur der energische Kaiser Romanos IV. Diogenes (R. 1068-1071) unternahm noch einmal militärische Vorstöße in die Van-See-Region und nach Nordsyrien. Sein Versuch, die Gebiete von Axlât und Aleppo, die den Türken als Stützpunkte für ihre Streifzüge nach Anatolien dienten, unter seine Kontrolle zu bekommen, scheiterte jedoch. Im Entscheidungskampf bei Mantzikert (1071) zeigte sich noch einmal, welche strategische Bedeutung das marwânidische Territorium um die Stadt Axlât für beide Seiten hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Marwâniden jedoch bereits so sehr in die Abhängigkeit der Selçuken geraten, dass es allgemein als türkischer Stützpunkt angesehen wurde.

Alleine aufgrund seines landwirtschaftlichen Reichtums war Axlât schon ein wichtiger Anlaufpunkt für die verschiedenen Heere, denn die bisherige Politik der Marwâniden gegenüber den Türken hatte die Stadt vor den Verwüstungen bewahrt, durch welche die christlichen Nachbarregionen entvölkert worden waren. Als das schützende Mächtegleichgewicht in der Region beseitigt war, machte jedoch gerade dieser wirtschaftliche Wohlstand das Marwânidenemirat zum Ziel selçukischer Eroberungspläne.

Dem türkischen Sultan Malek Šâh (R. 1072-1092) war es nun möglich eine Neuordnung in den Ländern al-Djazîra und Nordsyrien in Angriff zu nehmen, deren erstes Opfer 1085 das Emirat der Marwâniden wurde. Am Beispiel Diyâr Bakrs zeigt sich das Programm, welches die Selçuken durchzusetzen imstande waren: eine direkte Kontrolle über die Region (Entmachtung der einheimischen Feudalherren), Versorgung der türkischen Gefolgsleute mit Lehen, ständige Neuvergabe der Lehen nach kurzer Zeit, um die Kontrolle der Zentralmacht über die Reichtümer der Provinzen zu gewährleisten


Aufbau der Dissertation

Soweit die knappe Übersicht der Ereignisse. Die Quellenlage bezüglich der Marwâniden ist insofern günstig, als im 12. Jh. der aus Mayyâfâriqîn stammende Chronist Ibn al-Azraq al-Fâriqî ein Werk zur Geschichte des Landes Diyâr Bakr geschrieben hatte. Von jener Chronik wurde der die Zeit der Marwâniden betreffende Teil 1959 von Badawî 'Abd al-Latîf 'Awad ediert. Zuvor, im Jahre 1903, hatte bereits Henry F. Amedroz die wesentlichen Aussagen dieses Teils der Chronik in einem Artikel behandelt. Jene Informationen ergänzte schließlich Paul Blaum in einem 1992-1993 erschienenen Artikel vor allem um Angaben, welche von den christlichen Chronisten des Mittelalters überliefert wurden. Letztere finden sich zwar nicht in dem Werk des kurdischen Historikers 'Abd ar-Raqîb Yûsuf; dennoch ist seine Arbeit zur Geschichte der Marwâniden aus dem Jahre 1972 von Bedeutung. Yûsuf zeigte Widersprüche in den Quellen auf, indem er Ibn al-Azraqs Informationen anhand einiger wichtiger Geschichtswerke des mittelalterlichen Islam überprüfte und ergänzte.

Mein Ziel war es, die Bedeutung jenes Feudalstaates für die kurdische und islamische Geschichte hinsichtlich der Aspekte Entwicklung von Bevölkerungsstruktur, Wirtschaft, Kultur und Politik umfassend und zu einem großen Teil anhand bislang unveröffentlichter Quellen zu untersuchen. In den einzelnen Kapiteln der Dissertation stütze ich mich grundsätzlich auf die von mir ausgewerteten Quellenwerke, in den Fußnoten der kurzen Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels verweise ich hingegen vornehmlich auf Sekundärliteratur, wenn in dieser bereits gewisse Punkte Erwähnung fanden. In der Schlussbetrachtung lege ich schließlich meine Interpretation der geschichtlichen Überlieferung sowie meine Forschungsergebnisse anhand einiger Details dar.

Hinweisen möchte ich noch auf den Artikel A New Ruler Of The Marwânid Emirate In 401/1010 - And Further Considerations On The Legitimizing Power Of Regicide von Stefan Heidemann, ARAM, 9-10 (1997-1998), 599-615. Auf der in jenem Artikel untersuchten Münze ist nämlich der von mir (S. 287, Anm. 183) als Šarwe interpretierte Name des 401/1010-1011 in Mayyâfâriqîn herrschenden Machthabers als Abû Šudjâ' Šarwîn Ibn Muhammad dokumentiert.


Hasanwayhiden: Hasanwayhiden war ein kurdisches Fürstentum. Gegründet nach Islamischen Dynastie-Traditionen und existierten zwischen 950 n.Chr. bis 1014. Das Herrschaftsgebiet der Hasanwayhiden mit der Hauptstadt Sermac, dehnte sich, auf die Städte Scharezur (Kerkûk), Dinaver, Hamadan und Nihavend aus.



Quellen
Minorsky, KURDEN, LUREN, Lur-e Bozurg, Lure- Kucîk, Kurdistan und Luristan etc., IN: Enzyklopädie des Islam
Serefname; die Übersetzung von E. Bozarslan
http://members.fortunecity.de/thomas33/paris/einleitung.htm (am 10.01.200)
YXK - Verband der Studierenden aus Kurdistan - Die Geschichte der KurdInnen (10. 01. 2008)


MfG
Baran
 
Zu den zwei Dynastien in Luristan: Im Sherefname werden die Luren, als ein Teil der Kurden betrachtet. Die Luren waren wahrscheinlich früher auch Kurden, zumindest ein NW-iranisches Volk, dies wird auch durch einige Orientalisten wie Handank, Mann, Minorsky etc. bestätigt, doch haben sich diese im Laufe der Jahrhunderten von den Kurden distanziert und wurden durch den Persern assimiliert. Die lurische Sprache, heute ein "bloßer Dialekt" des persischen - so Oskar Mann der die Sprache der Lur-Stämmen zu Beginn des 20. Jahrhundert untersucht hat, zeigt nach wieo vor große Gemeinsamkeiten mit der Kurmancî-Dialektsgruppe der kurdischen Sprache.

Die Dynastie der Lure Kucik ging aus dem Lur-Stamm Cengawir hervor, und war somit von lurischer Herkunft.
Die Dynastie der Fedlewiden wurde von einem Kurden aus Syrien gegründet, und die Herrscher waren wahrscheinlich Kurmancîsprachige Kurden.Heute noch gibt es umfangreiche kurdische Enklaven in Luristan. Davon kann man die südliche Gruppe der Kurdenstämme, die Lek-Stammeskonföderation hervorheben. Diese bewohnen vor allem nördliche Teile der Provinz "Lorestan" ("Luristan"), unter den Klans der Lek befindet sich auch ein Stamm namens Zand, von dem auch Karim Khan Zand, der begründer der Zand-Dynastie in Persien abstammte (siehe: Minorsky E.I. LAK).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das Werk des Fürsten von Bidlis Sheref Xan, das im Jahre 1596 abgeschlossen wurde [...] die tatsächlich die Vorrechte des Königtums (Saltanat) bessesen haben; der zweite – die Dynastien, deren Herrscher zuweilen Geld prägten und die Xutba in ihrem Namen verkünden ließen; [...]
Nur einige Hinweise. Einige Worte (Xutba, Xan) wurden in phonologischer Schreibweise geschrieben (vgl. deutsch Kachel, aber ['Kaxel]) , das Problem ist hier die Transkription. Die deutsche Orientalistik benutzt für den hier mit <x> dargestellten Laut das <ḫ>, also utba und ān, die deutsche Orientalistin Annemarie Schimmel () hat stattdessen <ch> vorgeschlagen (eben analog zu Kachel), die internationale Transkription benutzt <kh>, also Khān und Khutba. Es wäre imho sinnvoll sich an die internationale Transkription oder die der DMG also <ḫ> oder <kh> zu halten. Das verhindert Irritationen.
Nun muss man allerdings den Nichtmuslimen - und man muss davon ausgehen, dass die Mehrheit der Mitglieder hier Nichtmuslime sind - erklären, was eine utba überhaupt ist, denn der Sinn dieses Satzes - die politischen Implikationen der utba werden an der Mehrheit der Mitglieder vorbei gehen, können nicht zur Kenntnis genommen werden: Die utba wird im Namen des herrschenden Kalifen (eigentlich Ḫalīfa, also Khalif, sieht man in alten Schreibungen auch noch häufiger) ausgesprochen. Der Kalif ist aber der 'Nachfolger' Muhammeds, also in der islamischen Vorstellung der rechtmäßige Herrscher des gesamten Dār as-Salām (wörtlich 'Haus des Friedens', meint den Herrschaftsbereich der Muslime).

Marwaniden: In der Geschichte der Kurden bezeichnet vorwiegend das 11. Jh. n.Chr. eine Epoche der staatlichen Eigenständigkeit mehrerer Fürstentümer. Von jenen kurdischen Emiraten hatte das der Marwâniden die deutlichsten Spuren hinterlassen. So zeugen die Berichte in den muslimischen und christlichen Chroniken des mittelalterlichen Orients sowie manche bis heute erhaltenen baulichen Überreste von der kulturellen Blüte und dem wirtschaftlichen Reichtum im Staate der Marwâniden.[...] Der Chronist Ibn al-Atîr berichtet, dass Bâd, bevor er mächtig wurde, Schafe gehütet habe.
In diesem Kontext ist es klar, wer mit Marwāniden gemeint ist, weil es um kurdische Dynastien geht. Marwāniden können aber auch einen Zweig der Kalifendynastie der Ummayyaden meinen, hier ist also u.U. zu konkretisieren.
Ibn al-Atîr ist eigentlich Ibn al-Atīr oder al-Athīr, also mit "englischem -th-" (= /θ/)
 
Zuletzt bearbeitet:
...Es wäre imho sinnvoll sich an die internationale Transkription oder die der DMG also <ḫ> oder <kh> zu halten. Das verhindert Irritationen.
Du hast es schnell gemerkt. Ich habe diese Wörter in kurdischer Schreibweise geschrieben.


Nun muss man allerdings den Nichtmuslimen - und man muss davon ausgehen, dass die Mehrheit der Mitglieder hier Nichtmuslime sind - erklären, was eine utba überhaupt ist...
Du hast es bereits sehr gut gemacht.

In diesem Kontext ist es klar, wer mit Marwāniden gemeint ist, weil es um kurdische Dynastien geht. Marwāniden können aber auch einen Zweig der Kalifendynastie der Ummayyaden meinen, hier ist also u.U. zu konkretisieren.
Ibn al-Atîr ist eigentlich Ibn al-Atīr oder al-Athīr, also mit "englischem -th-" (= /θ/)
Sicherlich sind dir auch die diverse Ansichten der Historikern, über den Ursprungs der Marwaniden (ku: Merwanî(ij)) Dynastie bekannt - eines davon hast du bereits angesprochen.
Doch die Allgemeine Annahme ist, dass diese Dynastie bzw. die Herrscher der Marwaniden, in der Tat kurdischer Ursprung waren.
 
Es gab auch zwei weitere Dynastien der Kurden; die Schaddadiden um Gandja und Ani und die Annaziden bzw. Ayyariden von Shahrazûr.
Es wäre nicht umkehrt, diese mit den oben erwähnten Herrschergeschlechter gleich zustellen. Besonders die Schaddadiden.
 
ATAÚBAKAÚN-E LORESTAÚN, rulers of Loresta@n, part of the Zagros highlands of southwestern Iran in the later middle ages. Loresta@n had a mixed population of Lors (q.v.), Kurds, and others. There were two dynasties, the ata@baks of Great Loresta@n (Lor-e Bozorg) and those of Little Loresta@n (Lor-e Ku@±ek). Only an outline of their political history is known, and the chronological data in the scanty sources often differ considerably. Practically nothing has been reported about internal economic or religious developments in the region. Moreover the reports which have come down are not always consistent.

TAÚBAKAÚN﷓E LORESTAÚN, rulers of Loresta@n, part of the Zagros highlands of southwestern Iran in the later middle ages

hi,
(obigen Text aus der seriösen Encyclopaedia Iranica kann man vermutlich nur dann fehlerfrei lesen, wenn man sich die Sonderzeichen-Schriftart kostenlos von dort runtergeladen und in seinem Windows-Ordner kopiert hat?)

erstmal Respekt für dein Engagement, uns eine "weit entfernte Welt" näher zu bringen! (Nach Karl May mal wird es mal wieder Zeit... ;))

Ich würde gerne mal wissen, was aus der Encyclopaedia Islamica (oder dem deutschen etwas veralteten Pendant) stammt, und was aus anderen Quellen...
Ausserdem wäre es nett, wenn du schon längere Texte von anderen Seiten copy-pastest, dieses dann durch Anführungszeichen ("), oder andere Schriftart kenntlich zu machen. Das wäre lieb und lesegerechter.

leider gibt google nicht soviel her, wenn ich z. B. "Xûrramabad" oder "Xurramabad" eingebe, dann erhalte ich von Milliarden und Billionen von Internetseiten gerade mal 2 (in Worten Zwei)!!

Das sollte dir doch zu denken geben, und vielleicht neben der legitimen kurdischen Schreibweise, auch eine international gebräuchlichere dazu schreiben? Dann findet google dann auch diesen Artikel viel eher. Wurde aber auch schon angesprochen, und wollte es nur noch mal als Tipp erwähnen, denn wenn man z.B. "Khorramabad" eingibt, erhält man mit 5500 Einträgen gleich ein ganz anderes Bild.

Und schaue ich da in die Britannica, dann steht dort:

"On a ridge between town and river stand the ruins of Dez-e Siah (“Black Fortress”), the former seat of the governors of Lorestan, from 1155 to 1600. Pop. (1986) 208,592."

Khorramabad --* Britannica Online Encyclopedia

und du schreibst:
"Dieser Dynastie mit der Hauptstadt Xûrramabad, existierte zwischen 1184 und 1597 als ein selbständiger Staat im südlichen Kurdistan.
"
Vielleicht war er doch nicht so selbstständig, wenn von einem Gouverneur gesprochen wird?

Und schaue ich in obigen Iranica-Artikel, so steht dort,
"Ata@baks of Little Loresta@n (580/1184?-1006/1597), ruled from K¨orrama@ba@d. The dynasty, which stemmed from the Ôangru@÷^ (or Ôangard^) tribe, bore the surname K¨orÞ^d^ (after the first ruler)."

kennst du diesen Jangru'i/Jangardi Stamm? War er überhaupt kurdisch?
Hier wird er nämlich nicht erwähnt:
Kurdish Tribes
komisch...

Ich bin kein Kurdologe, jedoch ist mein erstes obiges Zitat wohl immer erwähnenswert, denn es sollte nichts als gegeben hingestellt werden, was nicht gesichert ist. Erst recht nicht, wenn man einem 500 Jahre alten historiographischem Werk blindlings folgen würde... Das wäre so, als wenn man die ältere osmanische Geschichte vor allem aus dem Werk von Evliya Celebi heraus erklären wollte... Oder als einzige Quelle der arabischen Geschichte Ibn Khaldun hätte... Was für eine Vorstellung... ;)

Welches Werk ich im Verdacht habe?

Dieses:

BEDLÈSÈ, ˆARAF-AL-DÈN KHAN B. ˆAMS-AL-DÈN B. ˆARAF BEG (949-1012/1543-1603-04?), chief of the Ru@zag^ tribe of Kurds, whose traditional center was the town of Bedl^s (q.v.) in eastern Anatolia (25 km southwest of the west shore of Lake Van) and author of the ˆaraf-na@ma, a history of the Kurds in Persian which includes a short autobiographical sketch (ed. Ve‚lïaminof-Zernof, I, pp. 437-59).
His career is a good example of the vicissitudes which befell the Kurds after the rise of the rival empires of the Ottomans and the Safavids early in the 10th/16th century. Faced with the aggressive frontier policies of these two great powers, Kurdish leaders made tactical switches of allegiance in the hope of avoiding entrapment between the two millstones. ˆaraf-al-D^n's grandfather ˆaraf Beg supplied the Ottomans with detailed intelligence reports on events in Safavid territory (see Bacque‚-Grammont and Adle), but his father ˆams-al-D^n went over to the Safavid camp because the Ottoman sultan Solayma@n (926-74/1520-66) decided after the Iraq campaign of 940-42/1533-35 to assign Bedl^s, the Ru@zag^ tribe's seat, to the intriguer Ola@ma Beg Takkalu@ (d. 955/1548) and to offer the Malatya district to ˆams-al-D^n instead. Together with 400 tribal followers, ˆams-al-D^n was welcomed by Shah T®ahma@sb I (930-84/1524-76), who honored him with the title khan and put him successively in charge of the districts of Sara@b, Mara@g@a, Dama@vand, and Karahru@d.
ˆams-al-D^n married the daughter of Am^r Khan Mowsáellu@, then governor of D^a@rbakr, and she gave birth to ˆaraf-al-D^n on 20 D¨u÷l-qa¿da 949/25 February 1543 at Karahru@d (near Qom) in the house of the judges descended from the famous Qa@zμ^ ˆorayhá (for Qa@zμ^ ˆorayhá see Ebn K¨alleka@n, ed. ¿Abba@s, II, no. 290). It was there that ˆaraf-al-D^n received his first schooling and became interested in scholarship and literature. When he reached the age of nine, Shah T®ahma@sb enabled him to acquire a broader education in the classes for Safavid princes at the court at Qazv^n. His father ˆams-al-D^n voluntarily resigned in 961/1563, having become melancholic and opium-addicted in exile. At the request of the Ru@zag^ tribe, ˆaraf-al-D^n, then twelve years old, was nominally appointed its chief, but he was sent to ˆ^rva@n to live under the tutelage of Shaikh Am^r Belba@s^, and when this tutor (lala) died, he was passed on to Moháammad^ Beg, the governor of Hamada@n, whose daughter he married.
After earning distinction in the G^la@n campaign in 975/1567, ˆaraf-al-D^n was selected to serve as governor in partnership with certain Qezelba@Þ amirs (H®asan Ru@mlu@, ed. Seddon, I, p. 440). Unlike the Qezelba@Þ, ˆaraf-al-D^n was well regarded by the people of G^la@n. Its climate, however, enervated him and his Kurds, and he therefore went back to the court at Qazv^n. When quarrels of Qezelba@Þ amirs made court life unpleasant, he moved to ˆ^rva@n. Having been summoned for the enthronement of Shah Esma@¿^l II, he returned to Qazv^n in 984/1576; so too did his reclusive father, who met his sons and fellow-tribesmen again on this occasion and shortly afterwards died.
Shah Esma@¿^l II appointed ˆaraf-al-D^n am^r-al-omara@÷ of all the Kurds of Iran with the task of voicing their concerns at the royal court. Before long some Qezelba@Þ amirs began to intrigue against him and Shah Esma@¿^l II, now wishing to be rid of his presence, made him governor of Nakòjava@n in Azerbaijan. ˆaraf-al-D^n took this as a good omen, because he was nearer to his ancestral home and able to make contact with the Kurdish princes of Van and Hakka@r^. Through their mediation a meeting between him and the Ottoman general K¨osrow Pasha was arranged in 986/1578. He was received with honor and rewarded with the governorship of Bedl^s, so long the fief of his ancestors.
In the following ten years ˆaraf-al-D^n took part on the Ottoman side in several campaigns. The Mu¶ district, in addition to Bedl^s, was assigned to him after the successful expedition into Georgia in 991/1583. In 1005/1597 he transferred his official functions to his son ˆams-al-D^n. Thereafter he lived in retirement at Bedl^s, devoting himself to his historical studies.
The ˆaraf-na@ma consists of two correlated parts: 1. History of the Kurds, arranged under tribal territories and dynasties and drawn from numerous Arabic, Persian, and Ottoman Turkish works, as well as eyewitnesses' reports; ˆaraf-al-D^n's autobiography is in this part. 2. History of the Ottoman sultans and the contemporary kings of Iran and Turan, chronologically arranged and extending from 689/1290 to 1005/1596; also included are mentions and sometimes brief character sketches of important men of learning.
EDLÈSÈ, ˆARAF﷓AL﷓DÈN KHAN B


Ein interessanter Mann mit wechselvoller Biographie. Wohl ziemlich "persifiziert", ähnlich wie viele der türkischen Seldschuken auf persischem Boden. Also muss man schauen, wohin man ein Kulturerzeugnis "verortet." Ähnliche Fragen haben auch die Deutschen mit ihren Nachbarn, beim Thema Mozart, Dürer, Kopernikus, usw... ;)

Wenn du das Sharaf-nama erwähnst, warum nicht auch erwähnen, dass darin nicht nur kurdische, sondern auch türkische und persische Dynastien aufgezählt werden?
Geht es hier nicht um Aufklärung über ein Werk, eine Person, eine Epoche, sondern um was anderes?

Ansonsten, sage ich erstmal nichts, ich habe momentan nur mal testweise auf die Lurî Kûçik geschaut, um zu sehen, was ich von diesen Ausführungen erwarten darf.
Also wird anscheinend auch in der kurdischen Historiographie nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird... ;)

So, widme mich nun den geschlossenen Threads zu, mal sehen, was da los war...

Skol, LG lynxxx




 
Zuletzt bearbeitet:
Hi lynxxx,

zuersteinmal Danke dafür, dass du dich hier so einbringst.


Ich würde gerne mal wissen, was aus der Encyclopaedia Islamica (oder dem deutschen etwas veralteten Pendant) stammt, und was aus anderen Quellen...
Ausserdem wäre es nett, wenn du schon längere Texte von anderen Seiten copy-pastest, dieses dann durch Anführungszeichen ("), oder andere Schriftart kenntlich zu machen. Das wäre lieb und lesegerechter.
Eigentlich basiert fast alles, ausgenommen Informationen über die Ayyubiden und Marwaniden, auf der E.I.

kennst du diesen Jangru'i/Jangardi Stamm? War er überhaupt kurdisch?
Ja, ich kenne diesen Stamm. Es ist heute eines der unbedeutendsten Stämme Luristans. Einst jedoch gehörten sie zu den Mächtigsten unter den Lurstämmen.

Siehe auch hier:
Im Sherefname werden die Luren, als ein Teil der Kurden betrachtet. Die Luren waren wahrscheinlich früher auch Kurden, zumindest ein NW-iranisches Volk, dies wird auch durch einige Orientalisten wie Handank, Mann, Minorsky etc. bestätigt, doch haben sich diese im Laufe der Jahrhunderten von den Kurden distanziert und wurden durch den Persern assimiliert. Die lurische Sprache, heute ein "bloßer Dialekt" des persischen - so Oskar Mann der die Sprache der Lur-Stämmen zu Beginn des 20. Jahrhundert untersucht hat, zeigt nach wieo vor große Gemeinsamkeiten mit der Kurmancî-Dialektsgruppe der kurdischen Sprache.
Die Dynastie der Lure Kucik ging aus dem Lurstamm Cengawir hervor, und war somit von lurischer Herkunft.


Wenn du das Sharaf-nama erwähnst, warum nicht auch erwähnen, dass darin nicht nur kurdische, sondern auch türkische und persische Dynastien aufgezählt werden?
Geht es hier nicht um Aufklärung über ein Werk, eine Person, eine Epoche, sondern um was anderes?
Die türkischen, persischen und arabischen Dynastien werden nur in Bezug auf die Kurden erwähnt, nur ihre Rolle in der kurdischen Geschichte wird in Sherefname wiedergegeben. Zudem, wie unglaublich es auch klingen mag das Sherefnane ist das Fundament der kurdischen Nation. Es ist das erste ausführliche und niedergeschriebene Zeugnis in der Geschichte über Kurden.

Übrigens, wie heiß die Geschichte auf kurdischem Gebiet serviert wird, kannst du in den beiden Artikeln von mir über die beiden Dynastien in Luristan nachschlagen:
KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die Fedlewidin (Lur-e Bozurg "Groß-Luren")

KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die Dynastie der Atabeg´s von Lurî Kûçik



MfG
 
Hi,
wir lernen doch alle gerne dazu. :)

In der "Enzyklopädie" fehlt ein Impressum. Wer böses wollte, könnte Anzeige erstatten, nur als Tipp. Registrieren auch nicht möglich...

In dieser Fleißarbeit KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die kurdische Stämme (eine Liste, nach Izady und Iranica)
fehlt anscheinend der Stamm der Jangru'i/Jangardi?

Das sind ja tausende Stämme/Clans und erinnern mich an Nordamerikanische Verhältnisse... ;)

good night, and the oscar goes to... Luchs... ;)
 
Hi,
wir lernen doch alle gerne dazu. :)

In der "Enzyklopädie" fehlt ein Impressum. Wer böses wollte, könnte Anzeige erstatten, nur als Tipp. Registrieren auch nicht möglich...

In dieser Fleißarbeit KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die kurdische Stämme (eine Liste, nach Izady und Iranica)
fehlt anscheinend der Stamm der Jangru'i/Jangardi?

Das sind ja tausende Stämme/Clans und erinnern mich an Nordamerikanische Verhältnisse... ;)

good night, and the oscar goes to... Luchs... ;)

Hi,

natürlich, deswegen bin ich ja auch hier...;)

Die Seite ist erst seit dem 15. Online, da muss noch einiges gemacht werden.

Ja, sowohl die kurdische als auch die lurische Identität wird auf verschiedene komplexe Ebenen getragen; die Menschen identifizieren sich neben ihrer Nationalidentität auch mit Stammesidentität. So gibt es heute noch Tausende von Stämme/Klans gar noch Stammesverbande in Luristan und Kurdistan.

Die Jangardi sind von den Luren (einst eines von vier Kurden-Konföderationen), und gehören zu der Bala Gariva-Gruppe der Lurstämmen, und da die Luren in die presstigevolle Gesellschaft der Persern "integriert" wurden (und das in jeder Hinsicht die Luren sprechen heute einen Dialekt des persischen und betrachten sich auch zum Teil als Perser), kann man diese nicht mehr den Kurden zurechnen...

Nun gut, falls es bedarf besteht können wir ja gerne die Geschichte der Luren im Forum ausführlicher thematisieren.


So, jetz geht er schlafen, der Baran und sagt dem lynxxx auf lurisch: ,,Shao khash" (=gute Nacht).:fs:
 
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... die Menschen identifizieren sich neben ihrer Nationalidentität auch mit Stammesidentität. So gibt es heute noch Tausende von Stämme/Klans gar noch Stammesverbande in Luristan und Kurdistan.
Hi,
man muss bei der Betrachtung der Geschichte immer aufpassen, dass man nicht die heutige Sichtweise auf damalige Verhältnisse zurückprojiziert. Stichwort Nation; Basis eigener Identität; etc.
Siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/309952-post29.html


Die Jangardi sind von den Luren (einst eines von vier Kurden-Konföderationen), und gehören zu der Bala Gariva-Gruppe der Lurstämmen, und da die Luren in die presstigevolle Gesellschaft der Persern "integriert" wurden (und das in jeder Hinsicht die Luren sprechen heute einen Dialekt des persischen und betrachten sich auch zum Teil als Perser), kann man diese nicht mehr den Kurden zurechnen...
Versteh ich das also richtig, dass die Jangardi iranisierte Kurden sind, und so der Iranica Artikel zu verstehen ist, dass eben die "Ata@baks of Little Loresta@n (580/1184?-1006/1597), ruled from K¨orrama@ba@d. The dynasty, which stemmed from the Ôangru@÷^ (or Jangardi) tribe"?

Oder bezieht sich die "Iranisierung" auf die heutigen Bewohner?

Ehrlich gesagt traue ich eher einem Standardwerk wie der Encyclopaedia Iranica, als einer Webseite, und sei sie auch in bester Absicht erstellt worden. (Ein spontan entdeckter Fauxpas deiner Seite zeigt schon dieser Satz: "...dem islamischen Prophet Hz. Ali abzustammen."
KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die Dynastie der Atabeg´s von Lurî Kûçik )

Dieses meinte ich allgemein, und nicht auf die Luren oder was auch immer bezogen.

Dabei fällt mir ein schönes Zitat von unserem User Hyokkose ein, welches immer gut bei verschiedenen "Identitätsfindungen" passt:

Merke:

1. Genetische Verwandtschaft ist nicht gleich sprachliche Verwandtschaft.
2. Ethnische Verwandtschaft ist nicht gleich genetische Verwandtschaft.

3. Sprachliche Verwandtschaft ist nicht gleich ethnische Verwandtschaft.

Der Begriff "ethnische Verwandtschaft" ist schwammig, denn "ethnische Zusammengehörigkeit" ist ein soziales, kulturelles, politisches Gefüge, das mit Sprache nur mittelbar und mit Genetik fast gar nichts zu tun hat.

Der Begriff "genetische Verwandtschaft" ist relativ, denn alle Menschen sind miteinander genetisch verwandt. Der Satz "Die Filipinos sind genetisch nicht mit den Koreanern verwandt" ist also kompletter Käse; der Satz "Die Filipinos sind nach den Untersuchungen Cavalli-Sforzas genetisch näher mit den Griechen als mit den Koreanern verwandt" ist korrekt.

Der Begriff "sprachliche Verwandtschaft" hat auch seine Tücken, ist jedoch einigermaßen definierbar, da man bei Beziehungen zwischen Sprachen immerhin zumeist unterscheiden kann zwischen

a) Verwandtschaft nachweisbar und wissenschaftlich anerkannt und
b) keine Verwandtschaft nachweisbar bzw. wissenschaftlich umstritten.

Darüber hinaus lassen sich bei nachgewiesener Verwandtschaft die Verwandtschaftsverhältnisse oft näher bestimmen, z. B. ist das Englische unstreitig mit dem Deutschen näher verwandt als mit dem Polnischen.

Die Sprachen der Menschheit lassen sich in Sprachfamilien mit klar definierten Grenzen einteilen, es gibt z. B. keinen fließenden Übergang zwischen Indoeuropäisch und Baskisch oder zwischen Türkisch und Indoeuropäisch.

Andererseits haben wir es auf der genetischen Landkarte (abgesehen von Inseln) ausschließlich mit fließenden Übergängen zu tun. Dass sich hier keine Deckungsgleichheit mit den scharfen Sprachgrenzen herstellen lässt, leuchtet ein. Wenn man es aber einerseits mit den Sprachgrenzen nicht so genau nimmt, andererseits die Tatsache nützt, dass angesichts der fließenden genetischen Übergänge irgendwelche "genetischen Grenzen" relativ willkürlich gezogen werden können, lässt sich ohne weiteres eine "Übereinstimmung im Groben" ("generally correlate") herstellen und behaupten. Im Detail stimmt es dann natürlich vorn und hinten nicht.

Die indoeuropäischen Schweden sind sind selbstverständlich genetisch mit den uralischsprechenden Finnen viel näher verwandt als mit ihren sprachverwandten Brüdern und Schwestern Indiens, die ihrerseits genetisch der dravidischen Nachbarbevölkerung viel näher stehen.
Schönes Wochenende noch. LG lynxxx

PS:
Schaut euch auch mal diese Dissertation an, die ich schon in dem Osm. Reich-Bereich zitierte, im Thread mit der Historiographie:

Kurdische Migrantinnen und Migranten im Einwanderungsland Deutschland
Wie werden sie von der Pädagogik und Bildungspolitik wahrgenommen?
Dissertation

http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=962795011&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=962795011.pdf

die Kapitel:

  • Probleme der kurdologischen Forschung
und
  • Versionen der kurdische Geschichte
Darin zeigt sich das ganze "Dilemma"...
 
Zuletzt bearbeitet:
@lynxxx:

Bei den Luren und ihren Nachbarn kann man heute eigentlich überhaupt nichts genaueres sagen. Würde man die Situation heute betrachten, wären sie ein buntgewürfelter Mix aus nomadischen Stämmen, Persern und Kurden.
In Luristan und den Nachbarregionen, wo die Luren, Lak usw leben, sind über Jahrhunderte verschieden Stämme eingewandert und es haben zig Eroberungskriege und Stammesfehden stattgefunden, das hat sich in der Kultur und in der Sprache bemerkbar gemacht. Hinzu kommt, dass die Religionen verschieden sind und auch die wirtschaftliche Lebensweise (einesteils Nomaden andererseits Ackerbauern), wodurch eine weitere Abgrenzung entsteht.
Die Luren haben übrigens auch einen Ursprungsmythos, den man aber nicht so ernst nehmen sollte, der sie von Europa kommen sieht.
Anders wieder gibt es die berühmte lurische Bronzekunst, die tausende von Jahren alt ist.

Die obige Einteilung von dir ist genau richtig, doch auch hier schwer anwendbar, weil eine jahrhunderte Assimilation von allen Seiten stattfand.
 
Die obige Einteilung von dir ist genau richtig, doch auch hier schwer anwendbar, weil eine jahrhunderte Assimilation von allen Seiten stattfand.
(Avatar=Schade ums Hasankeyf...)
Hi.
Von mir stammt gar nichts in diesem Thread, ich zitiere nur aus mehr oder minder berufenem Munde, um für die LeserInnen den Blick zu schärfen. ;)
Ich bin kein Experte der kurdischen Geschichte, mag aber gerne klare Grenzen sehen zwischen Spekulation und umstrittenen Thesen, und gängiger Lehrmeinung und Konsens in der (spärlichen) Gelehrtenwelt.

Vielleicht könnt ihr ja weitere Dynastien aufführen, besonders die am wenigsten umstrittene und eine der glänzendsten - die der Ayyubiden?
Gibt es Quellen, die beschreiben, ob etwas "typisch kurdisches" darin zu finden ist? Z.B. im Kunsthandwerk? Z.B. vom Taurus übernommene Teppichmuster in Kairo?

Salut, LG lynxxx
 
Ehrlich gesagt traue ich eher einem Standardwerk wie der Encyclopaedia Iranica, als einer Webseite, und sei sie auch in bester Absicht erstellt worden
Natürlich darfst du das. Die EncIr ist nicht umsonst der wichtigste Nachschlagwerk der Iranistik. Doch selbst die Qualität der Kurden bezogenen Artikel in der Iranica dürfte man in Zweifel ziehen. Einige sind, insbesondere in Bezug auf die Kurden, manchmal widersprüchliche und verwirrend:
GURĀN,a tribe dwelling in the dehestān of Gurān, between QasÂr-e Širin and Kermānšāh (Bāḵtarān), in Kurdistan. Šaraf-al-Din Bedlisi mentioned the Gurān as one of the four divisions of the Kurds, but Vladmir Minorsky has convincingly shown that the Gurān belong to a Persian-speaking people inhabiting a sizable area on the southeastern and southern fringes of Kurdish territory (pp. 75-76, 86).
Der Autor präsentiert uns hier die These der persischen Nationalisten, dernach die Gûran persophon wären. Und dazu sei noch erwähnt, dass seitens Prof. Minorsky so eine Behauptung nicht dahingestellt wird.

Derselbe führt die Gûran, in einem anderen Artikel, unter den kurdischen Stämmen der Provinz Kordestan, an:
Iranica.com - KURDISH TRIBES

Informationen zum Thema Gûran und Gûranî:
Gorani ? Wikipedia
Gorani (linguistics) - Wikipedia, the free encyclopedia
KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Gûran-Konföderation
Kurdology


In derselben Ency. wird ein um einiges seriöser Artikel über die Sprache der Gûran, angeführt: Iranica.com - GURĀNI

Hinzukommt, dass dieser P. Oberling alle in der Provinz Luristan lebenden Kurdenstämme entsprechen der persischen Sicht (für einen Perser ist ein schiitischer Kurde schlicht und einfach als Lor/Lur oder Lek zu bezeichnen. Das Ethnonym Kurd(e) wird nur für sunnitische Kurden angewandt) widersprüchlicherweise als Luren beschreibt, obwohl sie es nicht sind. Ein Beispiel hierfür wären die Biranvend: AYRĀNAVAND, a Lor tribe of the Pīš(ïɨ‵e)Kūh region in Lorestān oder die Feylî-Kurden: Iranica.com -FEYLĪ

Lek- und Feylî-Kurden:
KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die Feylî (Pehlî, Fayli)
KURDICA - Die Kurdische Enzyklopädie - Die Lek (Lak)
Laks ? Wikipedia
Lak people (Iran) - Wikipedia, the free encyclopedia
Feyli Kurds - Wikipedia, the free encyclopedia

Einen weitereren Widerspruch entdeckte ich eben grade:
The Zand were a pastoral tribe of the Lak branch of the northern Lors, ranging between the inner Zagros and the Hamadān plains, centered on the villages of Pari and Kamāzān in the vicinity of Malāyer.
KARIM KHAN ZAND, ruler of Persia (except Khorasan) from Shiraz during 1164-93/1751-79.

Wo so viele Paradoxe existieren, sollte nicht als Quelle der Zuverläsigkeit angesehen werden.
 
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Die beiden Wikipedia-Artikel widersprechen sich.
Gorani ? Wikipedia klassifiziert Zaza-Gorani als eine eigene Gruppe, die von der Gruppe der kurdischen Sprachen/Dialekte zu unterscheiden ist.
Gorani (linguistics) - Wikipedia, the free encyclopedia behauptet hingegen, Gorani sei eine kurdische Sprache bzw. gar ein kurdischer Dialekt.


Wo so viele Paradoxe existieren, sollte nicht als Quelle der Zuverläsigkeit angesehen werden.

Was sollen wir nun daraus schließen?
 
Die Differenz zwischen den beiden Artikel widerspiegelt die aktuell geführten Kontroversen über die Gûran-Kurden bzw.Hewramî-Kurden. Betrachten wir es doch als ein Resultat dessen, dass die Kurdologen sich bis heute nicht über die exakte Klassifizierung des Gûran einig sind.

Was sollen wir nun daraus schließen?
Das habe ich nicht zu bestimmen. Zumal, es ist wohl besser, wenn man einiges unbesagt lässt.
 
Baran Ruciyar. Mich würde mal interessieren, wo dein Bezugspunkt deiner Wertungen ist.

Also welche Informationsquellen wertest du aus, um dann beurteilen zu können, dass z.B. in der Iranica Paradoxien, Widersprüche, Fehler sind?

Oder betreibst du konkrete Quellenstudien? Kannste osmanisch, farsi, arab. im Original lesen, auch z.b. die diwani Schriftform?

(btw.: Klar sind in der Iranica Fehler, einige Artikel sind ja auch veraltet, z.B. beinhalten keine neueren osmanischen Quellenauswertungen. Ausserdem schreiben unterschiedliche Autoren unterschiedliche Thesen. etc.).

Für die Kurden gilt übrigens meistens das gleiche, was ich schon bei anderen Nomadenthemen geschrieben habe. Siehe Protobulgaren, Skythen, Hunnen, Ethnogenese der Türken, usw. siehe auch das Ethnologie-Skript.

:winke:
 
@ lynxxx:


Baran hat bereits auf die verschiedenen Theorien hingewiesen, deshalb auch die Links - die sollten zum Vergleich sein. Alles was mit Kurdologie zu tun hat, ist auch zu 99% mit Politik verbunden. Entweder durch die Kurden selbst oder durch die Staaten, in denen die Kurden beheimatet sind - Türken wie Perser versuchen die Kurden an ihr eigenes Volk zu binden. Jeder versucht seine Politik in der Wissenschaft hier durchzusetzen, was auch für die Iranica gilt - deshalb sollte man alle Artikel möglichst mit kritischem Blick lesen und sich seine eigene Meinung bilden. Für den Iran, kann ich nur durch Interviews nachfragen, in der Türkei hab ich Feldforschung betrieben, und kann das besser beurteilen. So ist es sehr schwer, klar Grenzen, wie du sie gern hast, zu ziehen. Außerdem ist man sich bei den Ursprüngen der kurdischen Geschichte ebenso uneinig - und wieder hängt sich hier die Politik rein. Also kann man nur Thesen anbieten, sie diskutieren und jeder bildet sich seine eigene Meinung. Klare 100%ige Erkenntnisse gibt es bisher noch nicht.

Deshalb, Quellenstudien (machen wir auch auf Kurdica - habe hier zu manchen Zeiten mehr Bücher zu Hause als in den Zeiten meiner Magisterarbeit) sind gut, reichen aber nicht aus. Ich weiß, dass die Forschung bei Historikern nur so verläuft und nur so verlaufen kann - aber da Baran und ich auch auf ethnologische und linguistische Aspekte eingehen, müssen Feldforschungen und Interviews ebenso herangezogen werden.
 
Meine kritischen Randbemerkungen zur Iranica sind nicht aus dem Bauch herausgeschrieben, umfassende Literaturrecherche betreibe ich seit Jahren und die Gesamtheit persischer Quellen sind für Randkritiken wohl auch nicht nötig. Deine Fragen zu meinem Beitrag erinnern mich jedoch eher an Günther Jauchs Quiz - dann kann ich dir gern mit ja oder nein bzw a,b,c oder d antworten. Ein Telefonjoker wäre dazu wohl nicht mal nötig. Wir können es ja einmal versuchen:

betreibst du konkrete Quellenstudien?
Ja.

Kannste osmanisch
Ja.

farsi, arab. im Original lesen
Bisschen. Ich lerne seit etwa 4 Monaten die arabo-persische Schrift.

auch z.b. die diwani Schriftform?
Nein.

Herr Baran Ruciyar hat 3/4 der Fragen mit ja beantwortet.


:winke:
 
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Hatte schon versucht von unterwegs mittels PocketPC (und Internet Explorer Mobile) zu antworten, ging aber nicht. Daniel, kannste da was tun?

Gleich zwei Posts... schön. :)
Ich glaube nicht, dass 99% der kurdischen Forschungen "mit Politik" verbunden sind, denke ich doch, dass z.B. Leute wie z.B. Kieser nur wenig Interesse haben, was anderes herauszubekommen, als was eben die Quellen hergeben, ohne größere poltische Brille... Aber es ist schon schade, dass bei den kurd. Themen soviel Politik dabei ist, da muss man bei dem wenigen, was überhaupt publiziert wird, wohl nehmen was kommt.

Es gibt aber natürlich auch Möglichkeiten an relativ objektive Ergebnisse zu gelangen, gerade in der Sprachforschung, siehe den Sprachthread von hyokkose.

100% Erkenntnisse erwarte ich auch nicht, und ich finde es gut, etwas im Unklaren zu lassen, was man nicht genau weiß, besser als krampfhaft zu versuchen, seine "Linie durchzudrücken".
Aber es gibt eben auch wahrscheinlichere und unwahrscheinlichere Thesen, und die Nationalisten nehmen gerne mal die unwahrscheinlichere These, wenn sie ihnen in den Kram passt, und deklarieren sie zum Faktum. Da ist es gut, relativ autonome Forscher als Referenz zu nehmen, um den Blick nicht zu trüben.

Ich bin da halt empfindlich, was manche Forscher da so alles schreiben, egal, aus welcher Ecke sie kommen, und nehme dann lieber nur solche wahr, die sich ihre Seriosität in der Zunft erarbeitet haben, auch interdisziplinär.

Und Baran R., ich wollte kein Quiz machen, oder misstrauisch klingen. Sorry, wenn es so rüberkam. Es war nur ne Frage, mehr nicht. Übrigens, wenn du arab. Schrift mit Karteikarten lernen würdest, solltest du in 2 Wochen schon arab. lesen können. Du meinstest aber wohl nicht nur die Schrift, sondern gleichzeitig die Sprache?

byebye
 
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