Lebten die Spartaner das eigentliche griechische Ideal?

El Quijote

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Wenn die antiken griechischen Philosophen (Geschichtsschreiber und Komödiendichter) der klassischen Zeit über ökonomische Dinge schreiben, dann tun sie das meist in einem ablehnenden Sinne und vom Standpunkt einer "aristokratischen Wirtschaftsfeindlichkeit" (Ulrich Fellmeth über Aristoteles).

Die "gute alte Zeit" sah demnach in den Vorstellungen der klassischen Zeit so aus:
Isokrates schrieb:
Sie verwiesen die Bedürftigen auf Landwirtschaft und Großhandel, da sie wussten, dass Müßiggang Armut im Gefolge hat und Armut Übeltaten. [...] Sie zwangen jene, die genügend Mittel besaßen, sich der Reitkunst, dem Sport, der Jagd und der Philosophie zu widmen.

Nach Aristoteles dürfen "Bürger weder ein niedriges Handwerks- noch Händlerleben führen, ein solches Leben zeugt von niederer Herkunft und ist der Tugend (arete) entgegengesetzt." Wer Vollbürger Athens sein will, darf nach Aristoteles nicht einmal bäuerliche Tätigkeiten ausüben - was nach
Fellmeth aber selbst unter den antiken klassisch-griechischen Philosophen schon die Extremposition darstellt.
Aristoteles schrieb:
Daher hatten bei einigen in alter Zeit die Handwerker keinen Anteil an den Ämtern, bevor nämlich die äußerste Volksherrschaft aufkam.

Aristoteles wird weiter zitiert mit Äußerungen wie, dass die Stellung des Handwerkers die einer "begrenzten Sklaverei" sei und dass man "keine Handwerkstätigkeit ausüben soll, denn einem Freien entspricht es nicht, im Dienste eines anderen zu leben".

Xenophon, der zwar wie Platon auch Athener und Schüler des Sokrates war, aber im lakedaimonischen (=spartanischen) Exil lebte, formulierte wie folgt.
Xenophon schrieb:
Du hast recht, Kritobulos, bestätigte [Sokrates]. Denn gerade die sogenannten handwerklichen Berufe sind verrufen und werden aus gutem Grund in den Städten besonders verachtet. Sie schädigen nämlich die Körper der Arbeiter und Aufseher [...] Sind die Körper aber erst verweichlicht, werden auch die Seelen anfälliger für Krankheiten. Auch gewähren die sogenannten handwerklichen Berufe am wenigsten freie Zeit, sich noch um Freunde oder den Staat zu kümmern, so dass solche Leute unbrauchbar zu sein scheinen für den geselligen Umgang und zur Verteidigung des Vaterlandes. Folglich ist es in einigen Staaten, besonders aber in denen, die als kriegstüchtig gelten, auch nicht erlaubt, dass ein freier Bürger handwerkliche Berufe ausübt.

In der Aristophaneskomödie werden die Handwerker als diejenigen dargestellt, welche für überzogene demokratische Forderungen und politische Unzuverlässigkeit stehen, als Bsp. nennt Fellmeth die "bleichen und radikalen Schuster" in dem Aristophanesstück 'Frauenvolksversammlung' (Ekklesiazusen).

So, bis hierher ist alles von Fellmeth, die Zitate teilweise von mir gekürzt oder etwas umformuliert (aber nicht(!!!) sinnentstellt!).

Schauen wir uns Sparta an. Oft wurde schon über die Erziehung insbesondere der männlichen Spartanerkinder gesprochen. Die Spartaner sind quasi das griechische Kriegervolk der klassischen Antike. Die Jungen wurden zu Diebstahl und Raub erzogen, die Produktion lag allein in den Händen der Heloten, welche einen gesellschaftlichen Stand als Staatssklaven hatten. Jetzt frage ich mich, insbesondere angesichts des Xenophon-Zitats, ob nicht die Spartaner die einzigen waren, die in aller Radikalität den Forderungen der Philosophen entsprachen?
 
Fast off-topic.... Aber ich bin im Geiste gerade mal die 20 für "bedeutendst" gehaltenen Philosophen durchgegangen, und dabei fiel mir auf, dass KEINER mit der Staats- oder Sozialstruktur in der er lebte, einverstanden war. Inklusive Konfuzius...
 
Die bekanntesten griechischen Philosophen (Sokrates, Platon, Aristoteles) waren antidemokratisch eingestellt; gilt mehr für Platon, aber auch Aristoteles ordnet die Demokratie unter den "schlechten" Regierungsformen ein.

Im großen innergriechischen Konflikt des 5. Jh. zwischen Demokraten und Oligarchen war Sparta die Vormacht der Oligarchen; wen wundert es dann, dass die spartanische Gesellschaft auch Vorbildcharakter hatte bzw. von den Philosophen so dargestellt wurde?

Einschränken möchte ich das "griechische Ideal"; inwiefern die uns bekannten Philosophen (von einem großen Teil der gr. Philosophie kennen wir ja nur Fragmente, z.B den gesamten als Vorsokratikern bekannt gewordenen Denkern aus Kleinasien) hier die antik-griechische "Durchschnittsmeinung" darstellten ist äußerst fraglich. Platon und sein Lehrer Sokrates befanden sich mit ihren politischen Ansichten in ihrer Heimatstadt Athen eher in der Opposition, um es vorsichtig auszudrücken, was ja besonders Sokrates am eingenen Leib erfahren durfte...

Die Frage ist mE also eher, ob die bekannte griechische Philosophie (bzw. ihre Vertreter) in besagtem innergriechischen Konflikt nicht klar auf der Seite der demokratiefeindlichen Oligarchie-Befürworter stand.

EDIT & P.S.: deSilva hats auf den Punkt gebracht: Die Philosophen waren immer nud überall dagegen! Das man uns das in der Schule verschwiegen hat... :)
 
Jetzt frage ich mich, insbesondere angesichts des Xenophon-Zitats, ob nicht die Spartaner die einzigen waren, die in aller Radikalität den Forderungen der Philosophen entsprachen?

In Bezug auf das ökonomische mag das sein. In anderen Bereichen sieht´s aber schon anders aus. So passt z. B. die starke Stellung der Frauen in Sparta nicht zu der von Aristoteles und anderen vertretenen Abwertung der Frauen.
 
Die bekanntesten griechischen Philosophen (Sokrates, Platon, Aristoteles) waren antidemokratisch eingestellt; gilt mehr für Platon, aber auch Aristoteles ordnet die Demokratie unter den "schlechten" Regierungsformen ein.
:)
Bleibt die Frage, warum Du Sokrates unter die demokratiefeindlichen Philosophen einordnest.

Die Spartiaten wurden in vielen Belangen von Philosophen als Vorbilder herangezogen. Es sprach auch für sie und ihre Herrschaftsform, dass diese lange hielt und ihnen eine Vormachtsstellung verschaffte (zumindest bis zu den Perserkriegen).
Wenn die Spartaner gelobt werden, wirkt es immer wie eine Glorifizierung der guten Alten Zeit. Andere Polis änderten sich, Sparta blieb gleich. Wenn sich in Sparta Probleme zeigten, wurde das von Spartanern meist darauf zurückgeführt, dass man Lykurgs Gesetze nicht mehr streng genug einhielt und sich wieder auf die alten Werte besinnen sollte.

Ich frage mich, ob bei der Verdammung des Handwerkes (oder Arbeit allgemein) nicht immer ein gutes Maß Standesdünkel mit hineinspielt.
 
Wenn die Spartaner gelobt werden, wirkt es immer wie eine Glorifizierung der guten Alten Zeit.

Nur ein Hinweis - wahrscheinlich ist er überflüssig: Die "gute alte Zeit" ist imho in Anführungszeichen zu setzen, weil sie keine frühere Realität abbildete (genauso, wie heute ja auch nicht, wenn Menschen von der "guten alten Zeit" reden), sondern eine Wunschvorstellung. Liest man z.B. Homer, dann wird man feststellen, dass der Chef des oikos, etwa Odysseus, alle Aufgaben auch gut selbst erledigt, sein Sohn hütet die Schafe, Laertes, O.s Vater, half im Obstgarten. Man sieht also durchaus einen Paradigmenwechsel hin von der archaischen zu klass. Zeit.

Ich frage mich, ob bei der Verdammung des Handwerkes (oder Arbeit allgemein) nicht immer ein gutes Maß Standesdünkel mit hineinspielt.

Ganz ohne Frage. Die Mehrheit der Athener lebte ja von Handarbeit, dazu kamen noch die Händler, die Aristoteles verdammte. Allerdings unter der Einschränkung, dass der Staat (sic!) die Überproduktion verkaufen und im Gegenzug benötigte Güter einkaufen dürfe, allerdings ohne finanzielles Gewinnstreben. Die ideale polis brauche keinen Markt! Fellmeth dazu: "Solch eine Argumentation aus dem Munde eines Atheners, der im Piräus einen der größten Warenumschlagsplätze seiner Zeit vor Augen hatte, war wohl kaum glaubhaft." Aristoteles hat sich natürlich auch zu diesem Problem geäußert, und Attika vom Piräus schlichtweg abgegrenzt.

Zum Thema noch ein Herodot-Zitat? Passt auch zu meiner eingangs aufgestellten These:
pater historiae schrieb:
Auch die ägyptischen Soldaten dürfen kein Handwerk treiben, sondern widmen sich nur dem Kriegsdienstes, wie es der Sohn vom Vater nicht anders weiß. Ob nun die Griechen auch dies von den Ägyptern angenommen haben, muss ich dahingestellt sein lassen, da ja auch die Thraker, die Skythen, die Perser, die Lyder und fast alle fremden Völker die Handwerker und deren Kinder für geringer achten als die übrigen Stände und diejenigen welche kein Handwerk treiben, besonders aber die, welche sich nur mit dem Kriegsdienst befassen, für vornehmer halten. Und die Griechen, besonders aber die Lakedaimonier, haben ihnen das ja alle nachgemacht. Am meisten steht das Handwerk noch bei den Korinthern in Ehren.
 
Liest man z.B. Homer, dann wird man feststellen, dass der Chef des oikos, etwa Odysseus, alle Aufgaben auch gut selbst erledigt, sein Sohn hütet die Schafe, Laertes, O.s Vater, half im Obstgarten. Man sieht also durchaus einen Paradigmenwechsel hin von der archaischen zu klass. Zeit.
Könnte der Paradigmenwechsel mit dem Hochkommen der Aristokratie/Verdrängen der Könige zusammenhängen?
Wenn der Adel aus reichen Bauern entstand, dann könnte für sie ein Verzicht auf Arbeit und gleichzeitige Verdammung selbiger sehr wichtig für Selbstverhältnis gewesen sein um sich von ihrer unedlen Herkunft abzugrenzen.
Bliebe dann aber die Frage, warum sich Könige nicht für Arbeit zu schade war (könnte wiederrum mit der Produktivität der Gemeinschaften zusammenhängen, diese stieg und damit konnte man sich Müßiggänger leisten)
 
Kann dem was von Reinecke und Themistokles gesagt wurde mich eigentlich anschließen.
Ein paar Anmerkungen eventuell noch:
Sokrates zählt für mich auch zu den antidemokratischen Lagern, einfach weil er aus der Oberschicht stammte. Der Wandel der sich spätestens seit Perikles vollzog war ja nicht mehr im Sinne der Oberschichten sondern mehr oder weniger die Ausweitung der "Kampfmittel" der Aristokraten hinunter bis in die untersten Schichten. Das wiederspricht dem Verständnis eines Aristorkaten.

Für mich liegt die Verwendung Spartas als Vergleich noch in einem anderen Punkt: Sparta war der Gegner Athens, oft Athen überlegen und hatte eben keine "Demokratischen" Elemente. So ist es aus meiner Sicht verständlich, dass aristokratisch geprägte Autoren sich daran orientieren. Zum einem als Beweis, dass eine oligarchische/aristokratische Regierungsform funktioniert und zum anderen sogar so gut funktioniert,dass sie sogar das mächtige Athen bezwingen/ in Schacht halten kann.

Andere Poleis kamen für solch einen Vergleich zu dem Zeitpunkt einfach nicht in Frage.

Zur Archaischen Zeit würde ich garnicht soweit gehen und von Königsherrschaften sprechen. Ich denke eher dass es sich um ein Nebeneinander von Oikisten gehandelt hat, die sich durch ihre Leistungen und Taten Führungsansprüche erarbeiteten.
 
Fast off-topic.... Aber ich bin im Geiste gerade mal die 20 für "bedeutendst" gehaltenen Philosophen durchgegangen, und dabei fiel mir auf, dass KEINER mit der Staats- oder Sozialstruktur in der er lebte, einverstanden war. Inklusive Konfuzius...

Nicht immer und überall, ich weiß auch nicht, wen du für die "20 bedeutendsten" hältst.

Was mir so gerade randommäßig und ein bisschen wirr einfällt: Thomas Hobbes war durchaus loyaler Staatsbürger, ebenfalls Francis Bacon, ebenso Berkeley, Adam Smith und John Locke. Gleiches gilt für Kant, Professor in Königsberg und ganz sicher kein Revoluzzer. Hegel war sogar als Staatsphilosoph verschrien. Parmenides hat als Nomothet von Elea gewirkt. Thomas von Aquin war höchst geachtet bei den mittelalterlichen Herrschern, ähnliches gilt von Anselm. Und heute: ist Habermas nicht DER sozialdemokratische Philosoph? Und Popper nicht DER liberal-demokratische? Was ist mit Husserl, einer der ganz großen? Ein biederer Mann in politischer Hinsicht. Da fällt mir noch Seneca ein, der Lehrer Neros. Marc Aurel, selbst auf dem Kaiserthron (wie auch Friedrich II). Epiktet, Lehrer der Kaiser. Plotin: der Begründer des Spätplatonismus und alles andere als staatskritisch. Pico della Mirandola und Ficino, die größten Philosophen der Renaissance und Günstlinge der Medici. Oder gar Machiavelli! Rom: Cicero, doch ganz sicher kein Kritiker der Republik? Mehr fällt mir im Moment nicht ein, aber den Revoluzzer-Philosophen stehen eine ganze Menge "loyaler" gegenüber.

Gerade Leute wie Mirandola zeigen übrigens: was den Medici recht war den Päpsten unrecht. Oder vergleiche Ockham: verurteilt von der Kirche, liebevoll aufgenommen von Ludwig IV.

Wenn du allerdings meinst: "nicht ganz einverstanden" - man könnte sich auch etwas anderes vorstellen, naja, dann ist das beinahe trivial, denn ein Philosoph wird sich immer mit Alternativen auseinandersetzen, gewissermaßen sein Brot. "Nicht ganz einverstanden" hieße aber IMO: die bestehende Sozialordnung ablehnen. Ist sicherlich mehr als "mal nicht ganz so damit einverstanden".^^
 
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Sokrates Aristokrat?

Sokrates zählt für mich auch zu den antidemokratischen Lagern, einfach weil er aus der Oberschicht stammte.
Sokrates anti-demokratisch??? Beim Hund: nein! Vielleicht hatte er so etwas wie eine "Aristokratie des Geistes / der Moral" im Sinn, aber nicht im alten arist. Gehabe. Hierbei ist ganz wichtig seine Position zur Frage der Einheit und Lehrbarkeit der Tugend. Während Pindar, der Poet des Adels, ganz klar die Tugend (areté) als etwas Angeborenes betrachtet, ist für S. Tugend lehrbar, Schlechtigkeit ist nichts anderes als Unwissen, und das ist durch Einsicht (phronesis) korrigierbar und damit jedem erreichbar. Und S.'s Haltung während der Oligarchie der 30 ist bekannt, es gibt mehrere Anekdoten zu seiner Haltung, eine in Platons Apologie:
Nachdem aber die Regierung an einige wenige gekommen, so ließen einst die Dreißig mich mit noch Vier Anderen auf die Tholos holen und trugen uns auf den Salaminier Leon aus Salamin herzubringen um ihn hinzurichten, wie sie denn dergleichen vieles Vielen Andern auch auftrugen, um so viele als irgend möglich in Verschuldungen zu verstricken. Auch da nun zeigte ich wiederum nicht durch Worte, sondern durch die Tat, daß der Tod, wenn euch das nicht zu bäurisch klingt, mich auch nicht das mindeste kümmerte, nichts ruchloses aber und nichts ungerechtes zu begehen mich mehr als alles kümmert. Denn mich konnte jene Regierung, so gewaltig sie auch war, nicht so einschrecken, daß ich etwas unrechtes getan hatte. Sondern als wir von der Tholos herunterkamen gingen die Viere nach Salamin und brachten den Leon, ich aber ging meines Weges nach Hause.
Hören wir übrigens noch ein Wort des S. zu den Handwerkern:
Zum Schluß nun ging ich auch zu den Handwerkern. Denn von mir selbst wußte ich, daß ich gar nichts weiß um es gerade heraus zu sagen, von diesen aber wußte ich doch, daß ich sie vielerlei schönes wissend finden würde. Und darin betrog ich mich nun auch nicht, sondern sie wußten wirklich was ich nicht wußte, und waren in sofern weiser.
S. war nicht von "höherer Geburt", sondern selbst Handwerker, nämlich Steinmetz, was er eine Zeitlang ausgeübt hat. Übrigens verlief sein Leben mit Xanthippe sehr ärmlich.

Es sollte wohl auch bekannt sein, wie er mit Leuten wie Alkibiades umspringt, die sich auf ihre Herkunft etwas einbilden: nicht die Herkunft entscheidet, sondern das moralische Wissen, das ist es, was Sokrates lehrt!
 
Es sollte wohl auch bekannt sein, wie er mit Leuten wie Alkibiades umspringt, die sich auf ihre Herkunft etwas einbilden: nicht die Herkunft entscheidet, sondern das moralische Wissen, das ist es, was Sokrates lehrt!

Schade nur, daß Sokrates nur wußte, daß er nichts weiß. :pfeif:;)
 
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Schade nur, daß Sokrates nur wußte, daß er nichts weiß. :pfeif:;)
(abgesehen davon, dass es wusste heißt :D): das genau ist der Ausgangspunkt dieses moralischen Wissens (woher weißt du das bloß?). Um dieses von der Oberschicht gehütete Wissen zu prüfen, ist S. als erstes zu den Staatsmännern gelaufen. Das niederschmetternde Ergebnis hat dann zu dem berühmten S'schen Spruch geführt (Apol. 21d).
 
Nur ein Hinweis - wahrscheinlich ist er überflüssig: Die "gute alte Zeit" ist imho in Anführungszeichen zu setzen, weil sie keine frühere Realität abbildete (genauso, wie heute ja auch nicht, wenn Menschen von der "guten alten Zeit" reden), sondern eine Wunschvorstellung. Liest man z.B. Homer, dann wird man feststellen, dass der Chef des oikos, etwa Odysseus, alle Aufgaben auch gut selbst erledigt, sein Sohn hütet die Schafe, Laertes, O.s Vater, half im Obstgarten. Man sieht also durchaus einen Paradigmenwechsel hin von der archaischen zu klass. Zeit.
Man muss allerdings dazusetzen, dass diese Könige vor allem bäuerliche Tätigkeiten ausübten, keine handwerkliche (bis auf Odysseus, der sein Bett selbst herstellt), und bis auf die Frauen (die spinnende Penelope); da gibt es auch ein schönes Zitat von Herodot von der Königin in alter Zeit, die da selbst kocht (Hdt 8.137). Dass Odysseus selbst handwerklich tätig war, hat übrigens die Spartaner dazu gebracht, die Odyssee abzulehnen. - Außerdem haben auch noch die Heroen wie Herakles durchaus selbst gearbeitet (z.B. Ackerställe ausgemistet).

Ich glaube, der entscheidende Punkt in dieser Frage war der Zeitpunkt innerhalb der Dunklen Jahrhunderte, als der Großbauer vom Status des Selbstarbeiters (autourgos) zum Aristokraten, d.h. Beaufsichtiger überwechselte und selbst keine manuelle Tätigkeit mehr ausübte. Dieser Dünkel ist wohl selbst heute noch in Griechenland verbreitet: der Angestellte lässt den Nagel des kleinen Fingers lange wachsen, um der Umgebung mitzuteilen, dass er "seine Hände nicht schmutzig machen muss" bei der Arbeit. (Hat mir mal ein Grieche erzählt.)

Ansonsten, was Sparta betrifft, sehe ich das auch so: sie haben diesen Mythos aufrecht erhalten: ein ganzes Volk (der Spartiaten) als Gesamt-Aristokratie, gewissermaßen wie ein Gesamt-Kunstwerk. Allerdings ein Werk der Not: sie hatten sich die Messenier als Sklaven angeschafft, nun mussten sie diese Geister, die sie riefen, in Schach halten. Aus dieser Not hat man dann eine Tugend gemacht: alle (Spartiaten) wurden dann so etwas wie Aristokraten, die homoioi.
 
Man muss allerdings dazusetzen, dass diese Könige vor allem bäuerliche Tätigkeiten ausübten, keine handwerkliche (bis auf Odysseus, der sein Bett selbst herstellt), und bis auf die Frauen (die spinnende Penelope); da gibt es auch ein schönes Zitat von Herodot von der Königin in alter Zeit, die da selbst kocht (Hdt 8.137). Dass Odysseus selbst handwerklich tätig war, hat übrigens die Spartaner dazu gebracht, die Odyssee abzulehnen. - Außerdem haben auch noch die Heroen wie Herakles durchaus selbst gearbeitet (z.B. Ackerställe ausgemistet).

Naja, das Ideal der Griechen der archaischen und auch noch der klassischen Zeit, welches eigentlich erst mit der Entwicklung der hellenistischen Staaten aufgebrochen wurde, war ja die Autarkie des oikos. Da gehörte es dazu, dass der Hausherr - und sei es ein König Odysseus - Hand anlegte. Mehr noch: er hatte den Anspruch, jede Handlung genauso gut oder besser wie seine Sklaven zu vollziehen. Anders ist es beim städtischen Lohnhandwerker: der lebt nicht autark, das Handwerk zur Herstellung von Handelsware gilt daher auch in gehobenen Kreisen als unwürdig - und so kann man Odysseus auch beleidigen, wenn man ihm unterstellt, er betrete sein Schiff nicht um Krieg zu führen oder Seeraub zu betreiben, sondern um Überschüsse zu verkaufen. Die wurden stattdessen gehortet.
 
Das mit der Autarkie ist sicherlich ein wichtiger Punkt.

Interessanterweise waren gerade die Aristokraten der Spätarchaik oft Händler bzw. produzierten für andere Länder. Paros sein Marmor, Seehandel in Halieis, Fisch und Keramik aus Karystos, bekannter ist natürlich Korinth mit den Bakchiaden, in den ionischen Küstenstädten Kleinasiens sowieso usw. Auch die spartanischen Aristokraten lebten vor dem 2.Mess. Krieg zumindest teilweise von Handel und Gewerbe, wie C. Weber schreibt. Die Philaiden aus Athen verdienten ihr Geld teilweise aus Bergwerken, von dem alten Adelsgeschlecht der Praxiergiden weiß ich, dass sie Steinmetze waren; bei den Alkmenoiden weiß ich es auf die Schnelle nicht so recht.
 
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