Der Warschauer Aufstand

Rovere

Premiummitglied
Am 1. August 1944 versuchten die Bewohner der polnischen Hauptstadt sich vom Naziregime zu befreien. Der Warschauer Aufstand wurde nach 63 Tagen blutigst niedergeschlagen, die Stadt danach systematisch zerstört.
Ein weiteres Fanal in diesem unseligsten aller europäischen Kriege!
Infos zu diesem Auftstand findet man hier
 
Lieber Rovere,
die sowjetischen Truppen standen 50 km von Warschau entfernt und haben nicht eingegrifffen, sondern abgewartet bis die Nazis diesen Aufstand niedergeschlagen hattten. Weil sie nicht an einer demokratischen Regierung in Polen interessiert waren, sondern mit ihren kommunistischen Gefolgseuten, eine eigene Regierung für Polen eingesetzt hatten. So mußte es bis in die 80iger Jahre des vorigen Jahrhunderts dauern, bis Polen dank Solidarnoz demokratisch werden konnte. :thx:
 
Der Aufstand wurde aus purer Verzweiflung getan. Nicht um der Roten Armee bereits Vorarbeit zu leisten, sondern - wie schon Heinz andeutet - Verhandlungsvorteile für Warschau zu haben.
Die wenigsten Polen verstanden die Rote Armee als Befreier. Von einem Übel ins nächste Übel zu taumeln, wollten die Warschauer nicht.
Denn die Beziehungen zwischen Polen und Russen sind geschichtlich bis in die heutigen Tage sehr angespannt.
 
Ich habe mal gehört, das in einigen Gebieten Polens noch bis 1951 bewaffnete Auseinandersetzungen mit den Russen gab. Schließlich kämpft man nicht jahrelang im Untergrund um dann von einer anderen Armee beherrscht zu werden.
 
Hallo Askan

Habe ich auch mal gehört, das war glaube ich auch in der Ukraine so. Dabei soll sogar mal ein kompletter russicher Konvoi(ca 200 Mann) mit General aufgerieben worden sein. Wenn ich mich recht erinnere, war das in den Karpaten.

Gruß Sledge
 
warum schreibt eigentlich keiner was über den aufstand 1943 im warschauer ghetto?

mich würden da mal die einzelheiten interessieren, zb. wo haben die warschauer juden die waffen hergehabt. die konnten doch kaum raus aus dem ghetto
 
Hurvinek schrieb:
Der Aufstand wurde aus purer Verzweiflung getan
.

Lieber Hurvinek,
ja es war die reinste Verzweifelung und die Nazis haben sich böse gerächt.
200 000 Menschen starben und Warschau wurde dem Erdboden gleich gemacht. Ich begrüße, dass Bundeskanzler Schröder nach Warschau zum 60. Gedenktag geflogen isr. :rolleyes:
 
Warschau wurde dem Erdboden gleich gemacht.

Hierzu eine Frage: Kennt jemand Literatur (vielleicht sogar einen Link) dazu, wie groß das Ausmaß der Zerstörungen insgesamt war? Ich lese immer wieder davon, dass die "Altstadt" von Warschau zerstört worden sei, denke aber, dass die Zerstörungen größer waren und mehr Stadtteile betrafen.
 
Als Literatur zB:

Krannhals, Hanns von: Der Warschauer Aufstand 1944
Bernhard Chiari: Die polnische Heimatarmee - Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg. (= Beiträge zur Militärgeschichte 57)
Norman Davies: Aufstand der Verlorenen: Der Kampf um Warschau 1944.

Aus der Erinnerung werden dort die Kämpfe geschildert, ob es eine Zusammenfassung der Zerstörungen aus der Niederschlagung des Aufstandes gibt, müßte ich mal nachsehen.

Um Warschau wurde allerdings danach noch heftig gekämpft, die Frontlinie verlief mW wochenlang entlang der Weichsel (Okt44-Jan45), es wird also danach noch weitere Zerstörungen gegeben haben:

"Die Rote Armee marschierte am 17. Januar 1945 in eine Ruinenstadt ohne Einwohner ein."
http://de.wikipedia.org/wiki/Warschau#Deutsche_Besatzungszeit_im_Zweiten_Weltkrieg
 
von Krannhals beschreibt u.a. anhand von Aktenvermerken und Meldungen die militärischen Überlegungen, Hitlers Vernichtungsbefehl für die Stadt umzusetzen. Die mit der Verteidigung befaßten Wehrmachtsstellen versuchten dieses mit dem "Festungsbefehl" zu umgehen bzw. hinauszuzögern.


Tatsächlich gingen die Zerstörungen von Oktober 1944 bis kurz vor der Besetzung durch die Rote Armee im Januar 1945 weiter. Die Garnison zog dann kampflos ab, da die Einschließung drohte.

Das genaue Ausmaß der Zerstörungen bis zur Niederschlagung des Aufstandes, insbesondere in den beiden Kessel, in den nördlichen und südlichen Stadteilen, findet sich aber auch nicht, da die Abgrenzung schwierig wäre und wohl auch sinnlos ist. Im Jan45 war die Stadt jedenfalls nahezu total zerstört.
 
da die Abgrenzung schwierig wäre und wohl auch sinnlos ist.

Danke für deine kompetenten Anmerkungen. Ich stimme zu, dass solche Abgrenzungen wenig Sinn haben, benötigte die Informationen aber, um m. E. "verharmlosende" Aussagen zu widerlegen, die zu eben solchen Abgrenzungen greifen und die Zerstörungen nur auf bestimmte Stadtteile eingegrenzt wissen wollen. Mit der angegebenen Literatur sollte das wohl gehen!
 
Damit dürfte das gehen!

Man kann natürlich in die Einzelschilderungen der Angriffe beim Augstand einsteigen, es gab auch Stuka-Bombardierungen. Daraus ergibt sich natürlich bruchstückhaft ein bild, eine Gesamtbilanz nach abschluß des Aufstands zu den einzelnen Vierteln habe ich aber nicht gefunden.
 
Vielleicht hilft das auch noch weiter:

Die Autoren der Enzyklopädie des Holocaust, Israel Gutman et al., berufen sich auf J. Ciechanowski: The Warsaw Rising of 1944, London/ New York 1974;
den schon erwähnten Hans von Krannhals;
J. K. M. Hanson: The Civilian Population and the Warsaw Uprising of 1944, Cambridge 1982 und
J. K. Zawodny: Nothing but Honor. The Story..., Stanford 1978,
wenn sie schreiben, dass die Deutschen die noch intakt gebliebenen Stadtteile niederrissen. Es ist von der völligen Zerstörung Warschaus die Rede.
 
Was hat eigentlich den Hitler bewogen den Warschauer Aufständischen den "Kombattanten-Status" zuzubilligen?

Sie bei Abschluss der Kämpfe als Kriegsgefangene zu behandeln.

Was mit der Praxis z. b. in Jugoslawien nun gar nicht konform geht.
 
Zunächst einmal wurde während des Aufstandes vom FHQ und RFSS von "Banden" gesprochen.

Bach-Zelewski behauptete, zur Kombattantenfrage niemals einen Befehl von oben erhalten zu haben. Allerdings wurden am 7.9.44 laut AOK 9 "Kapitulationsverhandlungen" gebilligt. Der Polnischen Heimatarmee wurden in der Kapi.Urkunde vom 2.10.1944 die Kombattantenrechte förmlich zugesichert.

Die Zusicherung erfolgte wahrscheinlich von deutscher Seite, um eine rasche Beendigung in ansehung der Frontlage zu erreichen.
von Krannhals, insbesondere zur Kombattantenfrage S. 190-193.
 
Vielleicht hilft das auch noch weiter:

Die Autoren der Enzyklopädie des Holocaust, Israel Gutman et al., berufen sich auf J. Ciechanowski: The Warsaw Rising of 1944, London/ New York 1974;
den schon erwähnten Hans von Krannhals;
J. K. M. Hanson: The Civilian Population and the Warsaw Uprising of 1944, Cambridge 1982 und
J. K. Zawodny: Nothing but Honor. The Story..., Stanford 1978,
wenn sie schreiben, dass die Deutschen die noch intakt gebliebenen Stadtteile niederrissen. Es ist von der völligen Zerstörung Warschaus die Rede.

:autsch: ... und die Enzyklopädie des Holocaust steht natürlich genau eine Armlänge entfernt von mir im Regal. Manchmal sieht man auch den Wald vor lauter Bäumen nicht. Vielen Dank!
 
Der Aufstand der Armja Krajowa richtete sich militärisch gegen die deutschen Besatzer, politisch jedoch gegen Stalin und die Exilregierung von sowjetischen Gnaden, das sogenannte "Lubliner Komitee" Der in London sitzenden Exilregierung unter dem Vorsitz von Stanislaw Mikolajczk war im Sommer 1944 bewußt, dass die Rote Armee in absehbarer Zeit Warschau und ganz Polen besetzen würde. Um dieser Entwicklung zuvor zukommen, eröffnete die Armja Krajowa unter Tadeusz Bor-Komorowski auf Anweisung der Londoner Exilregierung am 01.08.1944 den Warschauer Aufstand.

Betreffend den Warschauer Aufstand schrieb Stalin am 07.08.1944 an Churchill: "Diese Londoner Exilregierung stürzt die Bevölkerung Warschaus in unermeßliches Unglück. Ich kann es nicht verstehen, daß diese Abenteurer nicht wenigstens ihre Aktionen mit der Roten Armee abgesprochen haben." In einem späteren Schreiben schlägt Stalin noch schärfere Töne an: "Früher oder später wird die Wahrheit über die Handvoll machthungriger Verbrecher, die das Warschauer Abenteuer begonnen haben, bekannt werden. Diese Elemente haben die Leichtgkäubigkeit der Einwohner Warschaus mißbraucht und praktisch unbewaffnete Menschen den deutschen Kanonen, Panzern und Flugzeugen ausgeliefert."

Nach dem Krieg haben Bor-Komorowski und Mikolajczk den Sowjets erbitterte Vorwürfe gemacht und sie bezichtigt, die Armja Krajowa und ganz Warschau absichtlich der totalen Vernichtung preisgegeben zu haben. Mikolajczk schreibt in seinem Buch The Rape Of Poland: "Kein Zweifel, es lag in der Hand der Sowjets, dreihunderttausend Polen vor der Vernichtung zu bewahren, wenn sie es nur gewollt hätten. Warschau wurde aus rein politischen Gründen der Vernichtung preisgegeben."

Zweifellos war es ganz im Sinne Stalins und des Lubliner Komitees, dass die Armja Krajowa von den Deutschen militärisch vernichtet und die Londoner Exilregierung damit politisch ausgeschaltet wurde. Dabei war Stalin bereit, ganz Warschau der totalen Vernichtung preiszugeben. Der von Mikolajczk erhobene Vorwurf, die Sowjets hätten es in der Hand gehabt, Warschau vor der Vernichtung zu bewahren, hält einer Überprüfung allerdings nicht statt. Nach Auswertung deutscher und sowjetischer Quellen ist es äußerst fraglich, ob die Rote Armee im August / September 1944 entscheidend in den Warschauer Aufstand hätte eingreifen können.

Gneisenau
 
Ausführlicher gibt es das Stalinzitat hier: http://www.geschichtsforum.de/82412-post4.html

Zu Deinem Beitrag: Das Vorgehen Stalins und der stalintreuen Armija Ludowa (AL) unter dem Kommando des Lubliner Komitees beim Warschauer Aufstand, nämlich die Armija Krajowa (AK) nicht zu unterstützen lag v.a. darin begründet, dass die Armija Krajowa den Sowjettruppen schon mehrfach den Triumph, Polen von den Deutschen zu befreien abgetrotzt hatte. Die eher nationalkatholische AK hatte nämlich beim Heranrücken der Roten Armee zuvor häufiger schon ländliche Gebiete befreit und den Sowjets übergeben, weil sie diese Gebiete naturgemäß nicht hätte halten können. Dadurch wollte man sich vor stalinschen Ansprüchen nach dem Sieg über die Deutschen schützen. Die Gründung der AL war dann die erste Gegenmaßnahme von Seiten der Stalinisten, die AL hatte aber im Gegensatz zur AK kaum Zulauf aus der Bevölkerung. Also ließ man die AK in Warschau ins offene Messer laufen.
Der einige Tage währende Erfolg der AK in Warschau und das Zuschauen der Roten Armee vom anderen Weichselufer strafte Stalin lügen, auch wenn letzteres mit Nachschubproblemen erklärt wurde.
 
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