Höfische und bürgerliche Verhältnisse im 18. Jh (Emilia Galotti)

J

joapasst

Gast
hi,

ich habe ein ganz großes problem. nämlich ich habe in deutsch ein thema für ein referat bekommen. dazu fällt mir nun ganz und gar nichts ein.

hier die aufgabenstellung:

1. beschäftigen sie sich mit den höfischen und bürgerlichen verhältnissen im 18.jh. unter sozial-geschichtlichem aspekt!

2. vergleichen sie die sozial-geschitlichen hintergründe mit der darstellung des höfischen und der familie in emilia galotti!


ich hoffe ihr könnt mir helfen. ich habe echt keine ahnung davon und auch noch nichts was mir weiterhelfen könnte gefunden...
 
1. beschäftigen sie sich mit den höfischen und bürgerlichen verhältnissen im 18.jh. unter sozial-geschichtlichem aspekt!

2. vergleichen sie die sozial-geschitlichen hintergründe mit der darstellung des höfischen ??? Lebens ??? und der familie in emilia galotti!

Also unter 1. allgemein, höfische - bürgerliche Lebensverhältnisse, und 2. den ersten Teil am Beispiel von Lessings "Emilia Galotti" verdeutlichen? :grübel:

Das Leben an größeren Höfen im 18. Jh. galt als ein einziges Vergnügen. Es wurden Feste, Bälle, Feuerwerke veranstaltet und gefeiert, man befasste sich mit Musik, Kunst und Literatur. Die Aristokratie machte ihr Leben zu einem einzigen Divertissement. Sie lebten ein sehr emotionales Leben, mit Affären und Hass, mit Egoismus und Eitelkeit.

Das Bürgertum lebte behütet in seinen Stadthäusschen, ohne groß Aufsehen erregen zu wollen, nach Gesetz und Religion. Sie waren brave und gehorsame Untertanen.

Jetzt, da das Bürgertum nichts gegen den 2. Stand sagen durfte und auch oft nicht wollte, um vermeintlichen Ärger aus dem Weg zu gehen, greifen die Dichter dieses Problem auf und schreiben ihre Werke, mit meist dramatischen Inhalt.
Du musst nun, da es ja auch um Deutsch geht, die literarische Epoche finden und diese für sich charakterisieren, mit Merkmalen etc.
Wenn du dies alles hast, beschäftige dich mit dem Inhalt von Lessings "Emilia Galotti" und vergleiche/interpretiere/...
Als weiteren Vergleich kannst du dir auch mal Schillers "Kabale und Liebe" näher ansehen. Es wird in diesem Werk die gleiche Thematik sehr gut wiedergegeben.
Dass der hitzige Adlesspross sich in ein schüchternes Bürgermädchen verliebt und dass die Gesellschaft seine bzw. ihre Liebe nicht duldet.

Den zweiten Teil musst du selbst erledigen, da es eine Aufgabe der Deutung und Wertung ist.
Du kannst aber gerne deine Ansichten zur zweiten Teilfrage schreiben, wenn du dir unsicher bist. Wir helfen dir!
 
Höfisches Leben im 18. Jahrhundert

Wir setzen uns im Deutschunterricht grade mit dem Drama Emilia Galotti auseinander und sollen eine Facharbeit schreiben, mein Thema ist:
Höfisches Leben im 18. Jahrhundert

Ich habe zunächst mal stumpf bei google und co nachgesucht aber nicht sehr viel gefunden...habt ihr nützliche Links oder Bücher auf die man zurückgreifen kann?! Das wäre toll
Gruß FouMain
 
Was ich vergessen habe zu sagen, ist, dass wir ich mich auf Deutschland beschränken soll. Habt ihr noch mehr Links oder Literaturhinweise? Das wäre wirklich klasse, ich muss mind. 3 Seiten am PC dazu schreiben und muss dementsprechend viel Material finden...
Im Voraus schon danke!
 
Versailles war das Vorbild für die fürstlichen Höfe der Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches.

August der Starke, Friedrich der Große, Karl Albrecht von Wittelsbach (Kaiser Karl VII.), Ernst August II. von Sachsen-Weimar-Eisenach, August Wilhelm von Braunschweig-Wolfenbüttel, ... haben, wenn auch in mehr oder weniger kleinerem Maße, ein Hofleben gehalten, wie der französische König in Versailles.

Du weißt also was zu tun ist? :devil:
 
Versailles war das Vorbild für die fürstlichen Höfe der Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches.
Ich würde sagen, Wien und Versailles waren Vorbilder. Gerade was die Architektur anbelangt, tat sich natürlich noch vieles und teilw. durch den zeitlichen Abstand und den regionalen Unterschieden muss man natürlich auch postulieren, dass sich die Schlossbauten z.B. völlig anders oftmals in Deutschland als in Frankreich präsentieren.

Das Zeremoniell der Höfe war z.B. im Preußen Friedrich I. und in der Pfalz Carl Theodors an das von Versailles angelehnt, das aber auch wiederum ein gewachsenes gewesen war, wenngleich einige Aspekte natürlich unter Louis XIV und Louis XV hinzu kamen bzw. eine andere Gewichtung bekamen.
 
Wie weit geht bei dir der Begriff "angelehnt"?
Könnte ich also auch das Hofleben in Wien und Versailles nehmen und es in meinen Text einbringen weil die Deutschen es "nachgemacht" haben oder war es nur ähnlich?
 
Ich würde schon sagen, dass Du das Hofleben beider Höfe einbringen könntest und dann darauf verweisen, dass von beiden Einflüsse an die Höfe ausgingen. Andererseits wäre es auch möglich einen speziellen Hof herraus zu nehmen, der sehr gut erforscht ist. Ich weiß nicht, wieviel Zeit Du hast. Zum Hof von Karl I. (1713-1780) zu Braunschweig-Lüneburg, der ja zum Zeitpunkt der Uraufführung von "Emilia Galotti", in Braunschweig regierte, kenne ich mich leider nicht gut genug aus.

Zum Hof von Carl Theodor von der Pfalz publizierte schon Stefan Mörz u.a. in letzter Zeit Amazon.de: Haupt- und Residenzstadt: Carl Theodor, sein Hof und Mannheim: Gerhard Widder, Stefan Mörz, Jörg Schadt: Bücher
 
Mh, gut ich werde mal nachforschen und diese beiden Höfe dann erwähnen wenn da Einflüsse bestehen. Ich habe aber selbst auch schon davon gehört, dass die deutschen Höfe viel nachgeahmt haben, wäre also gut so etwas miteinzubringen, danke schonmal dafür!
Ich denke wenn ich mich auf einzelne Höfe beziehe wird das zu spezifisch, ich soll bei meiner Facharbeit allgemeiner bleiben, das ist das Problem.
Trotzdem vielen Dank!
Um weitere Links und Literaturtipps wäre ich sehr sehr dankbar.
Gruß FouMain
 
Wichtig im Zusammenhang mit Emilia Galotti waren nicht nur die Zuschreibungen des dekadenten, intriganten Adels und des tugendhaften Bürgers, sondern auch die Etablierung der Vater-Tochter und Mutter-Sohn Achsen, wobei Vater und Tochter als die Inkarnation von Tugend und Edelmut schlechthin entwickelt wurden. Während Mutter und Sohn in den Dramen zunehmend die Rollen der Verführer und Intriganten übernahmen.
 
Emilia Galotti Interpretation

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Man verzeihe meinen Mangel an Bildung, aber ich muss gestehen, dass ich Emilia Galotti nie in Gänze gelesen. Mein Interesse hat jedoch die finale Katastrophe des Stück geweckt.
Im Grunde handelt es sich um eine Art Ehrenmord. Der Vater tötet die eigene Tochter im 7. Auftritt. Emilia Galotti selbst wünscht den Tod.

Emilia Galotti schrieb:
Emilia: O, mein Vater, wenn ich Sie erriethe! – Doch nein; das wollen Sie auch nicht. Warum zauderten Sie sonst? – (in einem bittern Tone, während daß sie die Rose zerpflückt) Ehedem wohl gab es einen Vater, der seine Tochter von der Schande zu retten, ihr den ersten den besten Stahl in das Herz senkte – ihr zum zweyten das Leben gab. Aber alle solche Thaten sind von ehedem! Solcher Väter giebt es keinen mehr!

In welchem Verhältnis zur Realität des 18. Jahrhunderts steht die Tötung der unkeuschen Emilia durch den eigenen Vater?

Innerhalb des Dramas gibt es keine eindeutig Wertung des Ehrenmordes.
Der Vater ruft anschließend "O Gott", denkt kurz über Selbstmord nach, fordert den Prinzen zur Rache an ihm auf oder wenigstens zur Denunziation. Der Prinz bezeichnet die Tat immerhin als grausam, ist aber gleichzeitg der Meinung der Vater solle nicht durch das Gericht bestraft werden.
Hier im Thread wurde hingegen angedeutet, dass Vater und Tochter Galotti "Inkarnationen von Tugend und Edelmut" darstellen. Der Ehrenmord wäre daher die ideale Katastrophe des Bürgertum.

Oder hat das bürgerliche Trauerspiel gar nichts mit dem neuzeitlichen Bürgertum und Hofleben zu tun, sondern ist viel mehr ein Remake durch Livius überlieferten Verginia-Legende?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe noch nie von dergleichen gelesen.

Die gesamte Story mit dem Mord von Emilias Bräutigam scheint aber schon arg unglaubwürdig. Ein Ehemann war ja bei der Beziehung eines Fürsten zu seiner Mätresse kein wirklicher Hinderungsgrund. Man denke an Frau von Hoym, spätere Gräfin Cosel, Madame de Pompadour, früherer Mme. d'Étioles, usw.. Auch wenn einige mit der Zeit auf eine Scheidung von ihrem Gatten hinarbeiteten, war dies nach den Konventionen der Zeit weder zwingend nötig noch immer gewünscht.

Dadurch, dass die Handlung in Italien angesiedelt ist, wurde vielleicht erzeugt, dass der Zuschauer nicht weiter die Wahrscheinlichkeit der Geschichte hinterfragte.

Leider kann ich mich auch nicht mehr so hundertprozentig an das Stück erinnern. Würde aber fast meine Hand dafür ins Feuer legen, dass eine "normale" Anbahnung einer Beziehung zwischen Fürst und Emilia nirgendswo vorkommt. Es wäre ja logisch gewesen, dass man gezielt und nach den Mustern der Zeit Emilias Vater bedeutete, was der Fürst wünschte.

Davon dass ein Herrscher mal eine klare Abfuhr beim Versuch eine Mätresse für sich zu gewinnen, habe ich auch selten gelesen. Wilhelmine von Bayreuth schreibt einmal sowas.
 
Am besten ist es wahrscheinlich, wenn joapassst sich wirklich nur auf die Themenstellung: höfische - bürgerliche Lebensverhältnisse, wie sie in Lessings Drama dargestellt sind (und somit auf die beiden ersten Akte) beschränkt und gewisse Hinterfragungen für die Arbeit selbst weglässt. Ein Vergleich mit den Lebensverhältnissen in "Kabale und Liebe" könnte recht aufschlussreich sein. Andere (sicher interessante) Aspekte wie die tatsächliche damalige Realität wurde ich für die Arbeit weglassen, sonst ufert die Arbeit nämlich aus.

Was diese betrifft und das gesamte Stück betrifft, Lessings Werk ist tatsächlich Literatur (was vor allem daran zu erkennen ist, dass die Handlung eben eine ganze Reihe von Nuancen hat, die bei einer Inszenierung / Rolleninterpretation genutzt werden können, und die vorallem durchaus auch eine Hinterfragung der scheinbar eindeutig in der Handlung festgelegten Positionen zu lassen.

Auf dem ersten Blick herrschen in "Emilia Galotti" klare Verhältnisse: die "Lasterhölle" des fürstlichen Hofes wird die "tugendhafte" Welt des Bürgertums gegenübergestellt, die Begegnung der beiden ist Beginn einer verhängnisvollen Entwicklung, als die "Trennung" der Sphären nicht mehr aufrechtgehalten werden kann, kommt es zur Katastrophe, dem Tod der Heldin.

Ein italienisches Fürstentum als Schauplatz, das zwar tatsächlich existierte, aber bei Lessing von einem fiktiven (und absolutistischen) Landesfürsten beherrscht wird, dürfte der zu Lessings Zeit (und noch im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts) üblichen Verfremdung gedient haben. Bei Betrachtung der damaligen Literatur (gerade bei Bühnenwerken) fällt immer wieder auf, dass Zeitprobleme üblicherweise nicht in der Gegenwart angesiedelt sind, sondern entweder in die Vergangenheit verlegt werden oder in die "geographische" Ferne. (Schillers "Kabale und Liebe" ist da bereits relativ ungewöhnlich, als Schiller auf eine historische bzw. geographische Verfremdung verzichtet, der Vorbild für sein namenloses Fürstentum aber eindeutig der Herzogshof von Württemberg war.)

Emilias Tragödie nimmt ihren Anfang in einem Fehler, der von den bürgerlichen Akteuren/innen ausgeht. Nur, dass ihre Mutter mit ihr (gegen den Willen des Vaters) in die fürstliche Residenzstadt gezogen ist, weil sie sich davon bessere Heiratsmöglichkeiten für die Tochter versprochen hat, hat zur Folge, dass der Prinz überhaupt auf das Mädchen aufmerksam wird. Dadurch, dass er Emilia unbedingt als Geliebte haben will und sie im Begriff ist, sie aber im Begriff ist, einen anderen zu heiraten, entsteht Handlungsbedarf von seiner Seite. (Die geplante Ehe mit dem Grafen Appiani dürfte außerdem noch weitere dramaturgische Gründe haben. Einerseits wird damit Emilias Mutter ein wenig entschuldigt, andererseits wird mit der Nebenfigur eines "Ausnahme-Adeligen", der "bürgerliche" Tugenden besitzt, krasse ständische Schwarzweißzeichnung vermieden. Graf Appiani kann es sich offensichtlich leisten, fern vom Hof zu leben, was erstens seine (politische) Unabhängigkeit vom Prinzen andeutet und zweitens ihn als "verkappten" Vertreter "bürgerlicher" Tugenden ausweist. (Das wiederum bedeutet aber, dass für den Prinzen keine Möglichkeit besteht, über ihn an Emilia heranzukommen, weswegen dieser die Ehe unbedingt verhindern will und damit dessen Tod in Kauf nimmt, auch wenn er selbst sich nur zu einer Entführung überreden lässt.)

Die Figur des Prinzen wird ein wenig entlastet durch den Umstand, dass die üblen Taten seinem Vertrauten übertragen sind bzw. dieser dazurät. Allerdings ist das Verhältnis der beiden ambivalent, da der Vertraute zwar der eigentliche Schurke ist, aber selbst im Sinne des Prinzen zu handeln glaubt, was durchaus der Fall ist.

Zum Vergleich für Marinelli bieten sich Carlos in Goethes Clavigo an oder Wurm in Schillers "Kabale und Liebe". Carlos glaubt zwar im Sinne seines Freundes (wie Marinelli im Sinne seines Herrn) zu handeln, aber (im Unterschied zu diesem) will er wirklich nur das Beste für Clavigo. Wurm nützt die Lage, um seine eigenen Ziele zu verfolgen.

Mit der Entführung, die als (angebliche) Rettung auf das Lustschloss des Prinzen getarnt und bei der Emilias Bräutigam getötet wird, spitzt sich die Lage zu. Einerseits kommt Emilia so aus ihrem "bürgerlichen" Elternhaus in den unmittelbaren "Einflussbereich" des Prinzen, zum anderen wird ihr Fall eine öffentliche Angelegenheit.

Mit seinem Plan, die Tochter von dort wieder weg und in eine Kloster zu bringen, sucht Emilias Vater eine Lösung, die zumindest aus "bürgerlicher" Sicht bei "rationaler" Betrachtung Sinn macht: eine Rückkehr ins Elternhaus (und somit in die frühere Verhältnisse) ist nach der Ermordung des Bräutigams, die zudem "Stadtgespräch" ist, nicht mehr möglich, mit dem Wegbringen aus dem Lustschloss kann er jedoch Emilia aus dem Einflussbereich der adeligen "Lasterhölle" entfernen und durch ihre Unterbringung im Kloster sie von weiteren adeligen Übergriffen schützen.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht der Schauplatz der letzten drei Akte: das Lustschloss, recht interessant. Einerseits ist es zwar Einflussbereich des Prinzen, andererseits aber noch ein "privater" Bereich, der nicht direkt Teil der höfischen Residenz ist. Es handelt sich dabei, symbolisch betrachtet, um einen Schauplatz, der zwischen Bürgertum und Adel angesiedelt ist und daher "Verhandlungen" zwischen den Konfliktparteien (Vater / "tugendhafter Bürger" - Prinz / "lasterhafter Adeliger") noch zulässt, was auch Emilias Wegbringung von dort erklärt und den Umstand, dass hier eine ganze Reihe von Figuren (Adelige / Bürgerliche) aufeinander treffen, die gewöhnlich nicht miteinander zu tun haben.

Während der Vater die Tochter in ein Kloster und somit vor dem Prinzen in Sicherheit bringen will, betreibt Marinelli (im Sinne des Prinzen) eine Verbringung Emilias zu einem Untergebenen des Prinzen und somit in die adelige "Lasterhölle", die dem Prinzen endgültigen Zugriff auf die junge Frau ermöglicht.

Es entsteht der Eindruck, dass eine Verbringung inn die adelige "Lasterhölle" für Emilia keinen Ausweg mehr bietet. Sie selbst ist jedenfalls sicher, dass sie dort ihre bürgerlichen Tugenden nicht bewahren kann und wählt daher den Freitod. Wird berücksichtigt, dass damals der Freitod eine schwere Sünde war, so könnte das, neben der antiken Vorlage für die Geschichte, der Grund dafür sein, dass ihr Vater sie letztlich tötet. Dadurch, dass er sie auf ihren Wunsch hin tötet, wird er auch entlastet, zudem wird auch eine Deutung der Szene verhindern, dass der Vater seine Moralvorstellungen einfach durchsetzt und dabei den Willen und die Wünsche seiner Tochter missachtet. (Eigentlich eine sehr geschickte Lösung, mit der es Lessing gelingt, hier einige Klippen zu umschiffen.)

Am Ende steht die Anklage gegen den "ruchlosen" Adel, der an allem Schuld ist. Das wird noch dadurch verstärkt, dass der Prinz zwar das Geschehene zu bedauern scheint, aber die Schuld auf seine Vertrauten abschiebt.

Mit Blick auf das 18. und 19. Jahrhundert ist das eine weitere Abwertung des Prinzen. Im Rahmen des in einem Bühnenstück damals Üblichen wäre es auch möglich gewesen, ihn, zumindest verbal, für das Geschehene die Verantwortung übernehmen zu lassen und ihm somit doch ein gewisses Format zeigen zu lassen.

Da Lessing aber (wie z. B. auch Shakespeare) ein ausgezeichneter Dramatiker ist, ist in dem Stück einiges an zusätzlichen Deutungsmöglichkeiten angelegt, dass bei einer szenischen Aufführung für Untertöne genutzt werden kann.

Das betrifft vor allem die Figuren des Prinzen und der Emilia. Sicher, zwischen dem Prinzen und ihr gibt es keine Liebesbeziehung, doch die Begegnung mit dem Prinzen in der Kirche, von der sie ihrer Mutter im zweiten Akt berichtet und die also hinter die Kulissen verlegt ist und nicht gezeigt wird, lässt Raum für Deutungen zu. Hat der Prinz sie belästigt und "bedroht" oder ist sie vor allem deswegen so erregt, weil sie seine "Zudringlichkeiten" durchaus angesprochen haben? Davon ausgehend, stellt sich die Frage, ob ihre Entscheidung für den Tod nicht auch damit zusammenhängt, weil sie den Prinzen eigentlich ganz attraktiv findet und daher fürchtet, ihm in der "Lasthölle" der Residenz und ohne direkten Schutz durch ihr "bürgerliches Heim" nichts mehr entgegen setzen zu können. (Obwohl der Roman "Clarissa" von Richardson, den Lessing sicher gekannt haben wird, zumindest in der Fiktion die Wehrlosigkeit einer wirklich tugendhaften Heldin in der Gewalt des Verführers doch sehr eindringlich vermittelt.)

Daneben lassen sich auch, trotz einer negativen Zeichnung, in der Figur des Prinzen gewisse Ansätze dafür finden lassen, dass er für Emilia selbst vielleicht doch mehr empfindet als pure Lust oder kindische Besitzwünsche, auch wenn er ihr gegenüber keine moralisch-redlichen Absichten hat.
 
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