becca schrieb:
bräuchte ein paar gute links oder tipps für meine facharbeit!
Hallo Becca, hier ein paar Vorab-Infos zu Lukrezias Buch-Tipp:
Rat Line
Rattenlinie
Als "Rat Line", zu deutsch "Rattenlinie", bezeichneten die amerikanischen Alliierten den Fluchtweg vieler führender Nationalsozialisten, SS-Leute sowie von führenden Ustascha-Leuten, der sie meist über Südtirol nach Rom und von dort aus vor allem in südamerikanische, aber auch arabische Staaten führte. Der Fluchtweg war schon früh vom amerikanischen Geheimdienst CIC (Counter Intelligence Corps) entdeckt worden. Ab 1947 nutzte der CIC die Fluchtroute für eigene Zwecke, als es galt, die zahlreichen Spione aus dem russisch besetzten Teil Österreichs rasch und diskret außer Landes zu schaffen. Die Amerikaner nannten den wegen der aktiven Beteiligung des römisch-katholischen Klerus als "Klosterroute" bekannten Fluchtweg um in "Rat Line".
Als Kopf der Fluchtorganisation gilt der kroatische Franziskaner-Geistliche Dr. Krunoslav Draganovic, Sekretär am kroatischen Studienkolleg San Girolamo degli Illirici in Rom und überzeugter Ustascha-Anhänger der ersten Stunde. Die flüchtigen Nazis gaben ihm den Namen "Goldener Priester". Das Netzwerk hatte der katholische Geistliche bereits ab 1943 vorbereitet, als er als Repräsentant des Kroatischen Roten Kreuzes nach Rom berufen wurde. Draganovic arbeitete nachweislich bis 1962 für den CIC, soll gleichzeitig aber auch für den britischen Geheimdienst, den KGB und möglicherweise sogar für den jugoslawischen Geheimdienst gearbeitet haben. Nach den Erkenntnissen des CIC war Krunoslav Draganovic maßgeblich in die Organisation der paramilitärischen Terrorgruppe "Krizari" involviert, die von 1945 bis 1947 Überfälle und Sabotageakte in Jugoslawien verübte.
Der österreichische Bischof Alois Hudal, Rektor des Priesterkollegs "Collegio Teutonico", ist eine weitere zentrale Führungsfigur. Hudal war ein enger Vertrauter von Staatssekretär Eugenio Kardinal Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., der ihn 1933 zum Bischof weihte. Hudal verfasste 1936 das Buch "Die Grundlagen des Nationalsozialismus", welches bei den Nürnberger Prozessen durch die Verteidigung von Papens als Dokument für die "objektive Würdigung der positiven sozialen Gedanken des Nationalsozialismus" vorgelegt wurde. Hudal und Draganovic besorgten den flüchtigen Nazis eine "Ausweiskarte" ("Carta di riconoscimento"), die das "Österreichische Bureau", ein Pseudo-Konsulat, ausstellte. Zusätzlich wurde eine quasi päpstliche Passhilfe installiert: päpstliche Hilfsstellen bezeugten die Identität und besorgten die Visa, das italienische Rote Kreuz beschaffte die Pässe.
Draganovic, Monsignore Heinemann und Monsignore Karl Bayer in Rom, der Erzbischof von Genua, Guiseppe Siri, sowie der in Genua residierende ungarische Priester Edoardo Domöter unterschrieben die Passanträge. In manchen Fällen wurden die Kriegsverbrecher auch mit Papieren ausgestattet, die sie als Überlebende von Konzentrationslagern auswiesen. Angestellte der argentinischen Botschaft in Barcelona halfen in vielen Fällen bei der Beschaffung falscher Papiere und ließen sich diese Dienste gut honorieren, wie dem amerikanischen Geheimdienst bekannt wurde. Zugute kam der Fluchtorganisation das Einwanderungsabkommen zwischen Argentinien und Italien. Argentinien entsandte den deutschen Offizier Franz Ruffinengo, der in Mussolinis Armee gedient hatte, als Sekretär der "argentinischen Einwanderungskommission in Europa" (DAEI) mit Sitz in Genua. Der äußerst sprachgewandte ehemalige Geheimdienstmann Reinhard Kopps fand eine Anstellung im Büro von Bischof Hudal und arbeitete eng mit Ruffinengo zusammen. Als "Hans Mahler" kam auch Kopps nach Argentinien, wo er sich
Juan Maler nannte und in Bariloche niederließ.
Eine wichtige Rolle bei der Organisation des Fluchtwegs nach Argentinien spielte Peróns Geheimdienstchef Rodolfo Freude. Denn Perón wollte mit Hilfe von SS-, SD- und Gestapoleuten einen "Spezialdienst für den antikommunistischen Kampf" bilden. Bereits sein Vater Ludwig Freude pflegte engen Kontakt mit den Nationalsozialisten und dem NS-Auslandsgeheimdienst. Ein enger Mitarbeiter Rodolfo Freudes war der SS-Mann Horst Fuldner, der 1947 nach Argentinien geflohen war. Fuldner wurde 1949 Mitarbeiter des argentinischen Immigrationsbüros und operierte vom europäischen Hauptquartier aus in Bern. Eva ("Evita") Perón hatte sich persönlich bei ihrer Rundreise durch Europa 1946 um die Organisation des Fluchtwegs nach Argentinien gekümmert. Ihre "Regenbogen-Reise" führte sie unter anderem in die Schweiz.
Auch Franco-Spanien war ein sicherer Hafen für Kriegsverbrecher. Bis zur Abreise wurde für Unterkunft, Taschengeld und Verpflegung gesorgt, und in vielen Fällen wurden die Nazi-Flüchtlinge mit Startkapital für ihre neue Existenz ausgestattet. Die Kosten für die Schiffsüberfahrt der "Flüchtlinge" übernahm in den meisten Fällen das Internationale Rote Kreuz.
http://lexikon.idgr.de/r/r_a/rat-line/eichmann.jpg Eichmann 1950 auf der
Überfahrt nach Argentinien
Die Nutznießer dieser Seilschaften sind die "Crème" des nationalsozialistischen Vernichtungsapparats, wie z.B. der Architekt der Judenvernichtung, Adolf Eichmann (Tarnname "Ricardo Klement"), SS-Standartenführer Walter Rauff, der die Gaswagen bauen ließ, der Auschwitz-Arzt Josef Mengele, Franz Stangl, Kommandant der Vernichtungslager Sobibor und Treblinka sowie sein Vertreter Gustav Wagner. SS-Obersturmführer Friedrich Warzok, Leiter des Konzentrationslagers Lemberg-Janowka, flüchtete von Rom aus nach Kairo, ebenso Dr. Gerhard Bohne, Organisator der Nazi-Euthanasie.
Hans-Ulrich Rudel, der höchstdekorierte Wehrmachtssoldat und Stuka-Flieger, schildert in seinem Buch "Viele Wege führen nach Rom", wie er 1948 mit seinem Gruppenkommandanten Herbert Bauer, seinem Bordschützen Ernst Niermann, dem Technischen Offizier Katschner und dem "Geschwaderkameraden" Zeltmann über die Alpen flüchtete und via Südtirol in Rom ankam.
Klaus Barbie, der SS-Hauptsturmführer aus Lyon, konnte mit Hilfe der "Rattenlinie" 1951 nach Bolivien fliehen. Der CIC, der Barbie zum Kopf eines antikommunistischen Agentenringes machen wollte, hatte Draganovic um Fluchthilfe gebeten. In Bolivien angekommen, nahm er den Namen Klaus Altmann an und arbeitete für den Geheimdienst der bolivianischen Militärdiktatur. Barbie stand dem CIC bereits ab 1946 als Agent zur Verfügung, das seine Kenntnisse über die französischen Kommunisten nutzte. Wie aus US-Dokumenten hervorgeht, machte Barbie in dieser Zeit auch Aussagen als Zeuge für Prozesse gegen Kriegsverbrecher.
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