Rechtsgeschichte: Was ist ein "Staatsschiff"?

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Gast

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Herzliche Grüße an alle ForianerInnen,

neulich habe ich einem Aufsatz (weiß nicht mehr wo) über die päpstliche Flotte gelesen. Marschall Pétain scheint Papst Pius XII. während des 2. WK gebeten zu haben, eine vatikanische Flotte einzurichten, mit der Lebensmittel und Medikamente aus Amerika nach Europa gebracht werden sollten. Hierzu kam es aber nicht. In diesem Aufsatz wurde mehrfach der Begriff des Staatsschiffes erwähnt. "Kriegsschiffe" und "Handelsschiffe" kenne ich. Aber was genau ist ein "Staatsschiff"?
 
Herzliche Grüße an alle ForianerInnen,

neulich habe ich einem Aufsatz (weiß nicht mehr wo) über die päpstliche Flotte gelesen. Marschall Pétain scheint Papst Pius XII. während des 2. WK gebeten zu haben, eine vatikanische Flotte einzurichten, mit der Lebensmittel und Medikamente aus Amerika nach Europa gebracht werden sollten. Hierzu kam es aber nicht. In diesem Aufsatz wurde mehrfach der Begriff des Staatsschiffes erwähnt. "Kriegsschiffe" und "Handelsschiffe" kenne ich. Aber was genau ist ein "Staatsschiff"?

Ja selbst wikipedia macht das "Staatsschiff" zum "Staatschef".

Es ist aber doch recht einfach zu erklären:
Das Schiff gehört dem Staat.
Und keinem Unternehmen.

In diesem Fall hat es eine wichtige Bedeutung:
Hitler würde sich niemals trauen den Vatikan anzugreifen (also zu dieser Zeit, hätte er den 2.WK gewonnen dann wahrscheinlich schon).
Grund:
In Deutschland waren die meisten Menschen Christen und etwa die Hälfte der Christen Katholiken. Würde man den Vatikan angreifen, wäre mit erhöhtem Widerstand der Bevölkerung zu rechnen.

Im Grunde bat Petain den Papst also ihm Deckung und Hilfe zu geben.

Schönes Sonnenfest oder Weihnachten:D

Alex
 
J
Es ist aber doch recht einfach zu erklären:
Das Schiff gehört dem Staat.
Und keinem Unternehmen.

Ganz richtig, das ist jahrhundert-alte völkerrechtliche Anschauung (wenn man den Begriff nicht übertragen auf den Staat anwendet).
Im angelsächsischen Recht (Seerecht) wird zudem zwischen "government vessel" und "private vessel" unterschieden.

Siehe zB hier:
http://www.ibiblio.org/pha/USN/1815/18151218Prizes.html
"CLAIM FOR PRIZE MONEY FOR VESSELS CAPTURED AND DESTROYED BY THE ARGUS, AND THE NUMBER CAPTURED AND DESTROYED BY THE VESSELS OF THE NAVY DURING THE LATE WAR.
COMMUNICATED TO THE SENATE, DECEMBER 18, 1815."
 
Bei dem Begriff Staatsschiff fällt mir spontan die Altmark-Affäre ein. Die Altmark war nämlich ein Staatsschiff. Dieser Begriff bedingt im 2. Weltkrieg nämlich zwei Voraussetzungen:

1. Eigentümer des Fahrzeuges ist der jeweilige Flaggenstaat (im Gegensatz zum Handelsschiff im Privateigentum)

2. Besatzung des Fahrzeuges ist Zivilpersonal (im Gegensatz zum Kriegsschiff, dessen Kommandant in der jeweiligen Marineoffiziers-Liste aufgeführt sein muss, anderenfalls handelt es sich nach der Haager Seekriegsordnung unter Umständen um ein Piratenschiff)

In der Altmark-Affäre kam es aus dieser Konstellation zu der unterschiedlichen Interpretation von Norwegern und Briten. Soweit mir bekannt ist, kennt die Haager Seekriegsordnung das Staatsschiff nicht. Die Skandinavier betrachteten das Staatsschiff daher identisch einem Handelsschiff, mit entsprechenden Rechten. Die Briten wiederum betrachteten das Staatsschiff im Sinne der Haager Seekriegsordnung als Kriegsschiff. Deshalb hätte nach britischer Sicht die Altmark entweder in Norwegen interniert oder aus den norwegischen Gewässern verwiesen werden müssen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Altmark_(Schiff)
 
Es ist aber doch recht einfach zu erklären:
Das Schiff gehört dem Staat.
Und keinem Unternehmen.
Das ist der ursprüngliche Staatsschiffbegriff:
das Staatsschiff ist das im Eigentum des Staates stehende Schiff.
Mir fiel natürlich beim Wort "Staatsschiff" der Bucintoro ein.
Ein schönes Beispiel, auch wenn Pétain bei seinem Hilfeersuchen kaum an goldene Prunkschiffe gedacht haben dürfte. Das Beispiel macht aber deutlich, dass es lange Zeit kaum Staatsschiffe gab. Wie viele Bucentauer gab es? Ganz wenige.

Ganz richtig, das ist jahrhundert-alte völkerrechtliche Anschauung (wenn man den Begriff nicht übertragen auf den Staat anwendet).
Das mit dem „Jahrhunderte alt“ ist so eine Sache. Es trifft zwar zu, dass es schon vor dem 19. Jahrhundert außer den Kriegsschiffen Schiffe gab, die im Eigentum des Staates standen oder zu staatlichen Zwecken verwendet wurden. Ihre Bedeutung war aber zu gering, als dass man ihnen eine besondere rechtliche Beachtung geschenkt hätte – im Gegensatz zum Kriegsschiff oder zum Handelsschiff.

Mit dem Wachsen der staatlichen Aufgaben in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der Staatsschiffe zu. Nun gab es Polizeischiffe, Zollschiffe, Postschiffe, Lotsenschiffe, Feuerschiffe, Sanitätsschiffe, etc. Auch das staatliche Handelsschiff kam in Mode. Mit diesem auffälligen Wachstum der Staatsschiffe setzte der „Run“ der Völkerrechtler auf den Begriff des Staatsschiffes ein. Für diese Schiffe erlangte der Begriff des „Staatsschiffes“ seine eigentliche Bedeutung. Letztlich taugte der Begriff aber nur zum Sammelbegriff.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat nicht das "Staatsschiff", die zugesicherte Schiffsverbindung die Grönländer veranlasst sich im 14. Jahrhundert unter dänische Oberhoheit zu begeben?
 
Aber inwiefern passt das zusammen?
Pétain war doch Kollaborateur.

Dir ist aber schon bekannt, dass
Als Vichy-Regime bezeichnet de facto die Regierung der „unbesetzten Zone“ Frankreichs nach Anerkennung der militärischen Niederlage gegen das Deutsche Reich am 22. Juni 1940 und der Verfassungsänderung vom 17. Juli 1940.

Und Petain war
Im Vichy-Regime bekleidete er nach kurzer Tätigkeit als Ministerpräsident das Amt des Chef d'État (Staatschef)
.

Hier nachzulesen.

Er kämpfte damit also gegen Deutschland und erhoffte sich so Hilfe.
Gut man mag dieses hier beachten:
Am 14. August 1945 wurde Pétain von einem französischen Kriegsgericht wegen seiner Kollaboration mit dem Deutschen Reich zum Tode verurteilt.

Ich kann dir jetzt leider auch nicht sagen, wann er von Pius Hilfe wollte. Erst danach kann man beurteilen für welche Seite die Staatsschiffe waren.
 
Dir ist aber schon bekannt, dass

Und Petain war .

Hier nachzulesen.

Er kämpfte damit also gegen Deutschland und erhoffte sich so Hilfe.
Gut man mag dieses hier beachten:


Ich kann dir jetzt leider auch nicht sagen, wann er von Pius Hilfe wollte. Erst danach kann man beurteilen für welche Seite die Staatsschiffe waren.

Du verstehst da etwas falsch, wie mir scheint.
Als Staatschef des Vichy-Regimes kollaborierte er doch gerade mit dem deutschen Reich. Vichy war der Marionettenstaat der nach der Kapitulation Fs eingerichtet wurde.

Und vor dem zusammenbruch Frankreichs, als er noch ein recht lustloser Vizeministerpräsident war, gab es noch keine Blockade und keinen groß angelegten U-Bootkrieg, also kein Grund zu diesem Vorschlag beim Papst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das mit dem „Jahrhunderte alt“ ist so eine Sache. Es trifft zwar zu, dass es schon vor dem 19. Jahrhundert außer den Kriegsschiffen Schiffe gab, die im Eigentum des Staates standen oder zu staatlichen Zwecken verwendet wurden. Ihre Bedeutung war aber zu gering, als dass man ihnen eine besondere rechtliche Beachtung geschenkt hätte – im Gegensatz zum Kriegsschiff oder zum Handelsschiff.

Dazu eine Ergänzung: die Qualifizierung von Staatsschiffen als rechtliches Problem bezieht sich auch auf "Kriegsschiffe", und tritt bereits in den absolutistischen Staaten auf. Der Begriff der Staatsflotte betrifft hier die Unterscheidung zwischen dem "Privateigentum" (des Königs etc.) und dem Staatseigentum.

Hintergrund: Privateigentum wurde als pfändbar angesehen, das Staatseigentum nicht. Die ältere Auffassung sah Kriegsschiffe als "Privateigentum" des Monarchen an.

Die Grundsatzentscheidung, auf die dann später verwiesen wurde, betraf das Jahr 1668: es wurden 3 spanische Kriegsschiffe wegen Privatschulden des spanischen Königs gepfändet. Die Generalstaaten (Niederlande) erklärten die Pfändung für unzulässig, bezogen sich auf die Eigenschaft als Staatsschiffe und verfügten die Freigabe der Schiffe. Bynkershoek vertrat 1721 die Gegenmeinung und erläuterte den Fall, worauf sich die angelsächsische Praxis in der Folge bei Beschlagnahmungen bezog.

Die angelsächsische Rechtssprechung hatte dann den "Exchange"-Fall 1810 als leading case, eine von Napoleon verfügte frühere Beschlagnahme. Als das Schiff unter "Balaou" nach Philadelphia einfuhr, wurde gerichtliche die Herausgabe des Schiffes gegen den frz. Staat eingeklagt. Der supreme court wies die Klage schließlich unter dem Hinweis auf Staatsschiffseigenschaft ab. Nicht entscheidend war das Eigentum (das blieb offen), sondern die "Eigenschaft" des Schiffes, hier das Fahren als "Kriegsschiff".

Neben den Kriegsschiffen als Staatsschiffen traten dann im 19. JH viele weitere Schiffstypen, die die schon genannten Verwaltungsaufgaben betrafen. Daneben trat das Problem auf, dass auch Handelsschiffe als Staatsschiffe fuhren.
 
Schiffe werden in der Regel nach Verwendungszweck klassifiziert oder bezeichnet.

So gibt es Kriegsschiffe oder Handelschiffe als große Oberklassifzierung.

Doch eine Klassifizierung nach den Besitzverhältnis des Schiffes erscheint wenig sinnvoll, sagt sie doch nichts über das Schiff aus. Das Staatsschiff kann ein 10m Lotsenboot sein oder eine 200m Jacht. Deshalb wird diese Bezeichnung auch selten bis garnicht genutzt, sie dient lediglich als Zusatz.
Einzig , wie von silesia beschrieben, dient die Bezeichnung "Staatsschiff" um rechtliche Regeln zwischen den Nationen zu klären, um was auch immer.

Mir ist der Begriff "Staatsschiff" nur als Metapher besser bekannt, so möchte ich nur auf die Beziehung Bismarcks und Kaiser Wilhelm zwo errinnern.
 
Hat nicht das "Staatsschiff", die zugesicherte Schiffsverbindung die Grönländer veranlasst sich im 14. Jahrhundert unter dänische Oberhoheit zu begeben?

:confused:
Was soll sich daraus für den Begriff des Staatsschiffes ergeben?
PS: Lies mal Geschichte Grönlands ? Wikipedia

Wurde das eigentlich oben deutlich?
Die Verbindungen der Grönländer nach Europa waren dünn, überaus abhängig davon, wie die jeweiligen Produkte der Grönländer in Europa Absatz und Gewinn versprachen.

Das "Staatsschiff", die zugesicherte jährliche Schiffsverbindung, beendete die Abhängigkeit der Grönländer von diesen Faktoren.
Und veranlasste sie die dänische Oberhoheit anzunehmen.
 
Interessant ist 1916 die Praxis der USA, fast die gesamte Handelsschiffsflotte zu "Staatsschiffen" zu deklarieren. Dafür wurde das US Shipping Board installiert:

Trotzdem die einzelnen Handelsschiffe zu diversen Companien oder Reedereien gehörten?
Tat man das, um den deutschen Ubootangriff offiziell als Angriff auf die USA darzustellen?
Oder hatte die Deklarierung einen wirtschaftlichen Grund, um z.B. den Bau von Einheitshandelsschiffen zu planen. Soweit ich weiß, war ja die USA wirtschaftlich und vor allem im Bezug auf die Handelsmarine 1914/16 nicht auf einen Krieg vorbereitet.

Das "Staatsschiff", die zugesicherte jährliche Schiffsverbindung, beendete die Abhängigkeit der Grönländer von diesen Faktoren.
Und veranlasste sie die dänische Oberhoheit anzunehmen.

Dieses Staatsschiff, war vielleicht auch ein Postschiff?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aber inwiefern passt das zusammen?
Pétain war doch Kollaborateur.
Nicht nur.
Man sollte sich die Situation vorstellen. Frankreich, vor dem Krieg als stärkste Militärnation beschrieben, in einen überraschend kurzen niedergeworfen. Teile des Landes werden besetzt.
Petain muß mit den Sieger verhandeln und die Belange/Interessen seines Volkes und Staates vertreten.
Schwierige Situation oder?

Die franz. Prozesse nach der Befreiung und dem Krieg dienten wohl eher dazu die Nation und das Volk "reinzuwaschen". Eine sehr deutliche Sündenbockreaktion denn die Masse der franz. Bevölkerung hat mit dem 3.Reich "kollaboriert".
 
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