Ich sehe das genau wie Thanepower:
In einer ähnlichen Sackgasse steckten wir schon mal, damals ging's um berittenen Bogenschützen als Wunderwaffe.
Wir kamen damals, soweit ich mich erinnere, schon zu dem Schluss, dass es keine, allen anderen Waffengattungen überlegene, Waffengattung gibt/gab.
Man kann mit einer an sich unscheinbaren Truppe, richtig eingesetzt, überragende Erfolge erzielen, genauso kann man, bescheuert eingesetzt, eine an sich hervorragende Truppe verheizen. Jede Truppengattung hat Stärken und Schwächen, die unter günstigen oder ungünstigen Bedingungen zum Tragen kommen. So wird etwa eine Einheit berittener Bogenschützen tagsüber auf offenem Felde eine (reine) Einheit leichter Infanterie wahscheinlich besiegen, nachts im Wald sähe es wohl umgekehrt aus.
Von daher komme ich zuerst mal zu dem Schluss, die Königin des Schlachtfelds sein ein guter General.
Im Grunde gibt es zu jeder Waffe eine geeignete Gegenwaffe, zu jeder Taktik eine geeignete Gegentaktik. Also auf eine gewisse Weise das bereits angesprochene Schere-Stein-Papier-Prinzip. Von der praktischen, uneingeschränkten Effektivität her kann man also keine "Königin" definieren.
I
Man könnte eventuell auf einer sehr theoretischen Ebene versuchen, sich dem Problem anzunähern, indem man abstrakte Parameter festlegt (analog zu den modernen Faktoren Beweglichkeit, Feuerkraft, Schutz) und diese, mehr oder weniger mathematisch, vergleicht. Auf diese Weise könnte man sich eine Art Königin errechnen.
Dabei hat man allerdings einerseits das Problem, dass man viele Faktoren nur recht schwer vergleichen kann (Die Beweglichkeit eines Panzers etwa mit der Beweglichkeit eines Flugzeugs). Auch ein scheinbar klarer Parameter unterliegt vielfältigen, relativierenden Einflüssen. (Klar ist der Flieger schneller und geländeunabhängiger, aber eben nur, wenn er auch ein sicheres Flugfeld hat. Der Panzer ist dagegen "passiv" beweglicher, den kann ich auch mal über Nacht in den Wald stellen und den Motor ausmachen)
Andererseits hat man hier das Problem, dass man nicht alle Epochen der Geschichte längsschnittlich vergleichen kann. Dann müsste der Plänkler der Antike mit einem Kampfhubschrauber konkurrieren.
Nicht zuletzt müsste die Lsite der Parameter vollständig sein (Wartbarkeit, Preis, Ausbildungszeit, Stehkosten...), was wohl nicht möglich ist. Es werden immer nur individuell wichtig erscheinende (oder sollte ich sagen: populäre?) Parameter wahrgenommen.
Ein derartiger theoretischer Vergleich über mathematisch definierte Parameter macht keinen Sinn und hat schon in alten Computerspielen wie Civilization zu grotesken Ergebnissen geführt. (Ich erinnere mich an meine Bomber, die von griechischer Phalanx abgeschossen wurden :autsch
II
Als nächste Möglichkeit könnte man über den tatsächlichen Effekt in der Geschichte und die tatsächlich durch eine Waffengattung gewonnenen Schlachten in der Geschichte gehen. Also ein statistischer Ansatz.
Dabei haben wir aber ebenfalls ein Problem:
Erstens verschwimmt die Verantwortung für eine gewonnene Schlacht. Sie ist in den allermeisten Fällen nicht klar zuzuordnen. (Hat Hannibal bei Cannae wegen seiner Kavallerie gewonnen, weil die letztendlich die Umfassung durchführte oder hat er wegen seiner Infanterie gewonnen, weil die die Römer aufhielt, band und so der Kavallerie deren ERfolg erst ermöglichte?)
Zweitens müssten wir, um die Rechnung aussagekräftig zu machen, nicht die reine Zahl der Erfolge ermitteln, sondern ein Gewinn/Verlust-Verhältnis.
Drittens haben wir hier wieder das Problem der geschichtlichen Entwicklung. Statistisch wird natürlich die Infanterie hier die Erfolge einheimsen, allein deshalb weil es allein diese Waffengattung als solcher durchgehend gegeben hat. Sie hatte also schlicht die meiste Zeit zur Verfügung, Erfolge zu sammeln.
III
Womit wir bei einer dritten Möglichkeit wären, sich dem Problem anzunähern: Zeitlich, indem wir die "Tradition" einer Waffengattung bewerten. Wie gesagt: hier punktet mit Sicherheit die Infanterie und das ist wohl auch einer der Gründe für das Selbstverständnis der Infanterie als Königin der Waffen: Sie hat einfach die längste Geschichte von Allen.
Wie man sich auch dreht und wendet, eine Königin der Effektivität oder des Erfolgs überzeugend zu krönen ist schwerlich möglich, das würde zu komplex.
Bleibt allein die Ebene der Tradition und des Korpsgeistes und da gewinnt tatsächlich die Infanterie.
Fazit:
Es muss vorher geklärt werden, auf welcher Ebene die "Königin" denn nun als solche gekürt werden soll.
Dann können sich sicherlich interessante Diskussionen ergeben, aber ich bin skeptisch, ob es gelingt, zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen.