Was hatten die Römer so alles an öffentlichen Gebäuden?

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Forum, Tempel, Thermen sollte schon in einer römischen Stadt vorhanden sein. Theater und Amphitheater waren möglich, aber nicht unbedingt zwingend.

Was gehörte zum Alltagsleben? Essen, Schlafen, Lesen, Freunde treffen und vieles mehr.
 
Man kann auch nicht das Alltagsleben der Römer verallgemeinern. Ein Reicher hatte einen anderen Tagesablauf als ein Bettler. Jemand der einem Beruf nachging teilte seinen Tag anders ein als ein Empfänger von kostenlosem Getreide. Was allen gemeinsam war ist, dass man nur sehr spärlich frühstückte und auch mittags relativ wenig aß. Die Hauptmahlzeit wurde ,wie das heute noch im Mittelmeerraum üblich ist, abends eingenommen. In den Mietkasernen der Hauptstadt wurde meist nicht gekocht sondern man verzehrte seine Mahlzeiten in billigen Garküchen. Was Armen und Reichen gemein war, ist die Liebe für das Baden, die Spiele im Amphitheater oder die Wagenrennen im Zirkus.
 
In Rom war meist keine Feuerstelle in den Mietskasernen. Aus Brandschutzgründen. So blieb den Leuten dort nichts anderes übrig als in billigen Garküchen ihr Essen zu kaufen. In den größeren Städten gab es eine hervorragende Wasserversorgung, sowie in Rom auch eine Abwasserentsorgung.

Apvar
 
sowie in Rom auch eine Abwasserentsorgung.
Das ist relativ zu sehen. Die Cloaka wurde bei Weitem nicht so ausgenutzt wie man dies heute tun würde. Miethäuser waren überhaupt nicht an die Abwasserkanäle angeschlossen. Sanitäre Einrichtungen waren in den mehrgeschossigen Miethäusern, in denen der größte Teil der Bevölkerung lebte, nicht einmal ansatzweise vorhanden. Man benutzte einfach nur Nachttöpfe, die entweder gleich aus dem Fenster gekippt wurden oder deren Inhalt auf einem Misthaufen am Ende der Straße entsorgt wurde. Auch Wasseranschlüsse gab es nur bei Wohlhabenden Römern in den Häusern. Allerdings gab es wirklich reichlich Wasser für Alle durch diie gewaltige Menge an öffentlichen Brunnen. In vieler Hinsicht waren Städte in den Kolonien besser ausgestattet als die Hauptstadt und litten weniger unter der Enge.
Dass in den Insulae nicht gekocht wurde war nicht nur dem Brandschutz geschultet sondern dem völligen fehlen von Rauchabzügen.
 
...Man benutzte einfach nur Nachttöpfe, die entweder gleich aus dem Fenster gekippt wurden oder deren Inhalt auf einem Misthaufen am Ende der Straße entsorgt wurde. ...
Was Du da beschreibst, klingt mehr nach Mittelalter-Klischee. Misthaufen dürfte es im Zentrum Roms kaum gegeben haben.

Stimmt, in den insulae gab es keine eigenen Toiletten, aber es gab genug öffentliche. Im 4. Jh. n. Chr. waren es 144 in Rom, über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Sie hatten in der Regel so ca. 20 "Sitzgelegenheiten" und waren in Hufeisenform angeordnet. Darunter war eine Rinne, in der fließendes Wasser die Hinterlassenschaften wegspülten. Eine weitere Rinne oder ein Wasserbecken dienten zum Hände waschen.

Weiterhin gab es große Fässer oder zweckentfremdete Amphoren, die meist unter den Treppen standen und von den Gerbern abgeholt wurden. Diese wurden dafür über die "Urin-Steuer" zur Kasse gebeten (Vespasian).
 
Was Du da beschreibst, klingt mehr nach Mittelalter-Klischee. Misthaufen dürfte es im Zentrum Roms kaum gegeben haben.
Ich habe mit solchen Reaktionen gerechnet, da man auch von der Antike eine Menge Klischees kennt. Von schönen hellen und sauberen Städten. Auf Kleinstädte traf das sicher auch zu aber mit Sicherheit nicht auf die aus allen Nähten platzende Hauptstadt.
Die Benutzung der öffentlichen Latrinen war keineswegs gratis. Sie waren verpachtet und mancher Einwohner der Hauptstadt wird sich das As auch gern gespart haben. Die Urinbottiche und Amphoren wurden sicher rege genutzt aber der Mensch hat halt nicht nur flüssige Hinterlassenschaften. Und dass viele Insulabewohner nachts keine Lust hatten aus den oberen Etagen auf die Straße zu steigen zeigen u. A. die Satiren von Juvenal in denen er sich über die nächtlich aus den Fenstern geschütteten Nachtgeschirre beklagt. Wehe den armen Fußgängern, die die nächtlichen Geschosse abbekamen. Wegen Verletzungen und Beschmutzungen blieb ihnen nur die klage gegen Unbekannt.Selbst Ulpian stellte Richlinien für die Erfassung und Bestrafung der Nachtgeschirrentlehrer. Er fordert in seinen juristischen Abhandlungen von dem Prätor: " Wenn von einem Haus eins dieser Geschosse heruntersaust und einem freien Mann eine Körperverletzung zufügt, so soll der Richter dem Opfer außer der Bezahlung des ärztlichen Honorars und der anderen Kosten, die durch die Heilung entstehen ,auch die Erstattung der Arbeitsunfähigkeit entgangenen Geldern zubilligen."
Was die Misthaufen betrifft, so zitiere ich aus dem Buch "Rom" von Jerome Carcopino: "Oder sie stolperten von den oberen Etagen herunter und entlehrten die Nachtgeschirre (lasana) oder die Nachtstühle( sellae pertusae) in den Bottich oder das dolium, die unter dem Treppenverschlag aufgestellt waren. Wenn ihnen diese Möglichkeit vom Herrn der insula verwehrt wurde, begaben sie sich zu einem Misthaufen in der Nachbarschaft. Denn im Rom der Cäsaren war wie in einem armen Dorf mehr als eine Gasse durch Abwässergräben (lacus) verstänkert. Cato d. Ä. ließ sie als Censor pflastern, als er die Kloaken zu reinigen und sie unter dem Aventin herzuführen befahl. Auch im Jahrhunder Ciceros und Caesars waren sie noch nicht verschwunden: Lucrez erwähnt sie in seinem Gedicht De rerum natura. Zweihundert jahre später, unter Trajan, waren sie immer noch da. In diese Gräben krochen die entmenschten Frauen, die sich unter dem Schutz eines barbarischen Gesetzes ihrer Leibesfrucht zu entledigen, trachteten,..."

Misthaufen wird es natürlich gegeben haben. Wohin sollte man mit den Hinterlassenschaften der Unmengen Zugochsen und Pferden, die jede Nacht mit ihren Lastwagen durch die Straßen und Gassen rumpelten. Tagsüber durften keine Wagen fahren also konnte man früh den Mist nur manuell befördern.
Diese Beschreibungen passen natürlich nicht zu dem schönen Rom was man sich so allgemein vorstellt. Es gab natürlich eine Fülle an hervorragenden öffentlichen Einrichtungen aber es gab auch, wie in jeder überbevölkerten Stadt sehr finstere, schmutzige und stinkende Seiten.
 
Ich habe mit solchen Reaktionen gerechnet, da man auch von der Antike eine Menge Klischees kennt.
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Diese Beschreibungen passen natürlich nicht zu dem schönen Rom was man sich so allgemein vorstellt. Es gab natürlich eine Fülle an hervorragenden öffentlichen Einrichtungen aber es gab auch, wie in jeder überbevölkerten Stadt sehr finstere, schmutzige und stinkende Seiten.
Ich denke, keinem von uns schwebt ein marmornes strahlendes Rom ohne seine Schattenseiten vor. Was Du beschrieben hast, ist die extreme Seite. In Deinem vorhergehenden Vortrag hast Du Dich allerdings hinsichtlich der Entledigung der „Hinterlassenschaften“ auf ein entweder/oder (Misthaufen oder Fenster) festgelegt, das so nicht grundsätzlich zu sehen ist, da es nun mal die öffentlichen Latrinen gab.

Die einfachen öffentlichen Latrinen wurden von Pächtern betrieben; da hast Du Recht. Es gab aber auch noch die besser ausgestatteten in Verbindung mit den Thermen. Und eine reine Pracht-Latrine ließ Augustus auf dem Areal der ehemaligen Kurie erbauen, in der Cäsar den Tod fand. Insgesamt rund 100 Menschen konnten dort gleichzeitig ihrem „Geschäft nachgehen“. Säulen, Wände, Brunnenbecken waren aus Marmor --- und keineswegs nur für die High Society gedacht. Die benutzte nämlich eher tragbares Nachtgeschirr aus edlem Material wie z. B. Gold. Wenn jedoch unterwegs beim Herrn Senator etwas drückte, ging auch er auf die öffentliche Toilette und musste sich u. U. neben einem Handwerker setzen. Vielleicht unterhielt man sich dabei auch mal über das Wetter --- ohne Rangunterschiede zu beachten. Martial (Epigramme XI 77) macht uns mit einem Vacerra bekannt, der die Latrinen als Gelegenheit nutzt, um sich einladen zu lassen: „Wenn Vacerra in allen öffentlichen Bedürfnisanstalten Stunden verbringt und den ganzen Tag dort sitzt, dann möchte Vacerra gern speisen, nicht kacken.“

Der Misthaufen wird man sich aber wohl regelmäßig entledigt haben. Eine Verwendung als Dünger auf den Feldern des Umlandes wäre denkbar. Pferdemist ist z. B. auch heute noch begehrt. Ansonsten wäre der Gestank besonders im Sommer unerträglich geworden.

 
Öh: "Es drohen dir der Tode so viele, wie sich wachende Fenster in der Nacht öffnen. (...) Bete darum und heg den bescheidenen Wunsch allein in deinem Herzen, dass sie zufrieden nieder nur den großen Nachttopf schütten". Juv. 3,273 ff.

Soll heißen, es gab sogar zwei Anlaufstellen die für die Entsorgung zuständig waren und jedem Hausbesitzer, der vor seinem Haus nicht sauber machte, konnten die Kosten dafür zwangsauferlegt werden (CIL 1² 593, Z.32 ff.). Und trotzdem berichten Zeilen wie die von Juvenal oder Plinius' d.Ä. dezenter Hinweis auf die Zustände bei Hochwasser (36, 105) von einem eben mehr als anrüchigen Bild.
 
@Ostrogotha, selbstverständlich wird ein Einwohner der Stadt die Prachttoiletten benutzt haben, wenn er gerade in der Nähe war. Aber er wird keine große Strecke wegen seines Geschäfts zurückgelegt haben, wenn er weit weg von den öffentlichen Plätzen lebte. Sicher gab es Gesetze, die den Besitzer zur Säuberung des Umfeldes seiner insula verpflichtete aber durchzusetzen war es sicher nur schwer, da die unzähligen engen und verwinkelten Gassen und Steigen nie wirklich leer waren. Die ganze Nacht quälten sich Lastkarren und Tragetiere hindurch und am frühen Morgen wurde alles mit Waren der Händler vollgestellt. Die wenigen wirklichen Straßen, die auch gepflastert waren wurden sicher einigermaßen in Ordnung gehalten. Der über den Dreck verärgerte Caligula ließ dem jungen Vespasian, der zu dieser Zeit Aedil war, die Bäusche der Toga mit dem Straßenkot füllen in den der Kaiser getreten war.
Die Misthaufen wurden natürlich auch ab und zu abtransportiert und aufs Land gebracht aber sie dürften ebenso schnell wieder gewachsen und die Luft mit seinen Dünsten geschwängert haben.
 
Suetonius berichtet davon in der Vita des Vespasian, nicht Caligulas.
5,3
Mox cum aedilem eum C. Caesar, succensens curam verrendis viis non adhibitam, luto iussisset oppleri congesto per milites in praetextae sinum, non defuerunt qui interpretarentur, quandoque proculcatam desertamque rem p. civili aliqua perturbatione in tutelam eius ac velut in gremium deventuram.
Später, als er in seinem Ädilat stand / war / sich befand / angetreten hatte, war Gaius Caesar wütend auf ihn, weil er nicht dafür gesorggt hatte, dass die Strassen gefegt waren, und deshalb liess er ihm den Bausch seiner toga praetexta von Soldaten mit aufgesammeltem Schmutz füllen derweil es nicht an Leuten fehlte, welche darin eine Vorbedeutung sahen, dass einst der mit Füßen getretene und durch innere Unruhen verwahrloste Staat sich in seinem Schmutz und in seinen Schoß begeben werde.

Außerdem Cassius Dio 59,12,3

Und zum Thema Lufthauch:
Abgestellt sind die Gründe für die einst weniger gesunde Luft. Sauber ist die Strassenoberfläche, frisch der Lufthauch; und der früher immer berüchtigte Gestand, den die Stadt hatte, ist beseitigt.
Frontin, de aquis, 88.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ich immer wieder gerne genüsslich ausweide:
Die römische Stadt bei Xanten (CUT) hatte eine Kanalisation, das moderne Xanten bekam erst 1957 eine!:yes:
 
Was ich immer wieder gerne genüsslich ausweide:
Die römische Stadt bei Xanten (CUT) hatte eine Kanalisation, das moderne Xanten bekam erst 1957 eine!:yes:

Ich habe irgendwo gelesen, daß bei Planung & Bau der Kanalisation von London im 19. Jhdt. man zunächst das antike Kanalisationssystem von Rom (Cloaca Maxima) studierte.

Wo wir gerade bei der Wasserentsorgung sind, so schwenke ich mal zur Wasserversorgung über Aquädukte. Es stehen ja noch so einige (mehr oder minder) intakte Exemplare herum. Der bekannteste Aquädukt dürfte der auf dem 5-Euro-Schein sein. Dafür hat der Pont-du-Gard in Südfrankreich die Anregung gegeben.
 
Ich möchte was vertiefen:

Forum.
Jede römische Stadt hatte (mindestens) einen zentralen Platz für Wirtschaft, Kommunikation, soziales und politisches Leben, "the place to be" gewissermaßen. Wichtig war dabei die richtige Kombination aus Tempel, Säulenhallen und Amtsstuben für wechselnde Zwecke wie Gerichtsversammlungen, Volksabstimmungen, Wahlen. Die öffentlichen und halböffentlichen Gebäude der Kaiserforen wurden zu einem regelrechten Wettbewerb der Kaiser, die immer schönere und größere Plätze und Tempel anlegten, bis Traian letztlich einen halben Hügel abtrug. Auch in manchen Coloniae wurde das Forum äußerst repräsentativ angelegt, z. B. in Köln mit einer eindrucksvollen halbkreisförmigen Säulenhalle und einem sicher genauso eindrucksvollen Tempel am Scheitelpunkt. Angesichts der Tatsache, dass das Barbarenland gleich auf der anderen Rheinseite begann, kann man das durchaus als Statement ansehen.

Und: Capitol.
Natürlich hatte der römische Capitolstempel Einzigartigkeit in Bedeutung und Hügellage, aber in den "Rome away from Rome"-Städten strebte man danach, dem Ideal so nahe wie möglich zu kommen: Möglichst zentral, möglichst dominant, möglichst nahe an den wichtigsten Strassen und Plätzen lag der Tempel der drei wichtigsten römischen Gottheiten Iuppiter, Iuno und Minerva. Die Bedeutung dieses Tempels und seiner Priesterschaft für die römische Staatsreligion (und damit für den Staat wie für den einzelnen Bürger) kann gar nicht überschätzt werden, der römische Festtagskalender und besondere Riten wie der Triumphzug sahen den Capitolstempel als Zentrum und Endpunkt. Aber auch im Alltag waren die Tempel (und natürlich der wichtigste allen voraus) Zivilisationsfaktoren, nicht zuletzt weil die meisten Tempel auch Nebenfunktionen als Archive, Notariate, Schatzkammern und sogar Werkstätten (z. B. die Münze im Tempel der Mahnenden Iuno) hatten.
 
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