Zur Bedeutung rechtsradikaler Einstellungen in der deutschen Gesellschaft

thanepower

Aktives Mitglied
Die Bedeutung des Themas soll nicht als "aktuell" definiert werden, obwohl es einen hohen Aktualitätsbezug hat. Es hat vielmehr eine lange Historie und diesen Bezug halte ich für relevant.

Vor Jahren veröffentlichte das "Sinus Institut" die Studie "Wir sollten wieder einen Führer haben" und belegte - und schockierte auch - , dass es ein weiterbestehendes, latentes rechtsradikales Einstellungssyndrom in der deutschen Gesellschaft gibt. Das war ca. im Jahr 1981!

http://books.google.de/books?id=8EjwAAAAIAAJ&q=wir+sollten+wieder+einen+f%C3%BChrer+haben&dq=wir+sollten+wieder+einen+f%C3%BChrer+haben&hl=de&ei=a5G1TPLaKcGUswapoJ2FDg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCkQ6AEwAA

Rechtsextremismus-Studie: Fanatismus auf dem Vormarsch - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik

Die Beschäftigung mit dem Dritten Reich ist unter dieser Prämisse auch die Aufforderung auch Aufklärung zu leisten und die verlogenen und zynischen Mythen über das "braune Paradies auf Erden" des Herrn Hitlers zu entzaubern.
 
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@thane, versteh mich nicht falsch, aber wie willst dieses Thema der Geschichte zuordnen, ohne dabei auf aktuelle Ergeignisse zu stoßen?

Rechtextrimismus als Rand unserer Gesellschaft kann nur nach dem 3.Reich gewertet werden, viel historisches gibt es da nicht wirklich, da es ebend ein noch aktuelles ungelöstes Problem ist.

Und für noch wichtiger halte ich die Definition des Rechtsextremismus und desen Auslegung innerhalb der Gesellschaft. Wie schnell fällt z.B. der Begriff von jugendlichen Kids, wenn ein verspießter älterer Herr und diese in irgend einem Problem aufeinander treffen: "Du alter Nazi..." oder "Du Faschist...".

Wir haben mit dem rechten Gedankengut zweierlei Probleme, so denke ich, wir haben den politischen Rechtsextremismus und den gesellschaftlichen, der ohne Zweifel weiter verbreitet ist, als wir annehmen.

In einer Historischen Darstellung nach 1945 in Deutschland, und dazu sollte die DDR genauso betrachtet werden, wie die BRD, ist des rechte Gedankengut mal mehr, mal weniger aktiv ausgeprägt. Und nach der Wende 1989 hat sich historisch ein Wandel vollzogen, den der Rechtsextrimus zu nutzen weiß. Die Jugend ohne Perspektive mit Integration in eine rechte Gesellschaft zu locken...

Aber wie ich anfangs schon sagte, daß wird in eine hitzige tagespolitische Diskussion abgleiten.
 
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Tagespolitische Bezüge sollten hier natürlich vermieden werden. Ich versuche daher, dass Thema auf den Kern Erinnerungskultur zum Dritten Reich zu beziehen.

Die Beschäftigung mit dem Dritten Reich ist unter dieser Prämisse auch die Aufforderung auch Aufklärung zu leisten und die verlogenen und zynischen Mythen über das "braune Paradies auf Erden" des Herrn Hitlers zu entzaubern.

Einige Hinweise dazu:

Der Nationalsozialismus als didaktisches Problem, Literatur:
http://kw.uni-paderborn.de/fileadmi...l/Klenke/HS_NS-Didaktik/15-NS-Didaktik_02.pdf

Zu den Phasen der Erinnerungskultur des Weltkrieges am Beispiel Hamburg sind die Kapitelüberschriften und die Zykleneinteilung ganz interessant:
Von der Erfahrung zur Erinnerung 1943-1945
Etablierung des Gedenkens 1945-1955
Erinnerung in bewährten Mustern 1956-1979
Gedenken im 'Erinnerungsboom' 1980-1995

Malte Thießen : Eingebrannt ins Gedächtnis. Hamburgs Gedenken an Luftkrieg und Kriegsende 1943 bis 2005
Geschichtspolitik und kollektives ... - Google Bücher

Die "Autobahnen" sind da nur eine Facette.

Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Buchmarkt in den letzten 20 Jahren mit tendenziösen, pseudowissenschaftlichen Schriften aus dieser Ecke reichlich versorgt wurde. Im www wird das von einschlägigen Seiten sekundiert, die - recht geschickt aufgemacht - revisionistische Thesen verbreiten. Eine Folge ist beispielsweise, dass im Online-Buchhandel mittlerweile eine Rezensionsschlacht tobt: wissenschaftliche Werke werden von anonymen "Rezensenten" niedergemacht (immer nach SchemaF: Auftragsarbeit, PC, Gutmenschen, Indoktriniert), revisionistische Literatur wird als letzter Stand der Wissenschaft und angeblich hervorragende Recherche ausgegeben.

Für die Entwicklung der letzten 20 Jahre taucht inzwischen ein Schlagwort auf: History War


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Die Frage des aktuellen Rechtsradikalismus in der bundesdeutschen Gesellschaft ist sicher Tagepolitik und nicht Thema eines Geschichtsforums.
 
Relevant ist es, die Projektionen des Rechtsradikalen ernst zu nehmen. Hört sich zwar merkwürdig an, aber auch die wollen ein "besseres Deutschland".

Und genau diese Projektionen und Hoffnungen sind in der Ideologie des Dritten Reich angelegt.

Diese Mythen des Dritten Reichs immer wieder zu hinterfragen und aufzuklären, wie es ja auch im GF passiert, das ist die relevante Aufgabe.

Die Beschäftigung mit den historischen Ereignissen und die objektive Darstellung ist vermutlich die sinnvollste Art, mit Projektionen dieses Teils der Bevölkerung umzugehen. Es geht weiterhin um Aufklärung.

Wenn man sich mit der damaligen Situation beschäftigt, hat das auch immer einen indirekten aktuellen Bezug zur Argumentation der rechten Szene. Und ich persönlich sehe durchaus einen "Bildungsauftrag", durch Argumente zu überzeugen.

Dieses auch vor dem Hintergrund der Arbeiten von Noelle-Neumann. Im Rahmen des "History Wars" findet der Versuch einer teilweisen Aneignung der neueren deutschen Geschichte durch rechte Kreise statt. Diese Kreise interessieren sich für das Thema, während für die Mehrheit der Bevölkerung das Dritte Reich eher ein thematisches "No Go" ist. Der Effekt ist ein relatives Vakuum im "normalen politischen Meinungsspektrum" und eine relativ breit aufgestellte "revisionistische" Publikationsfront.

http://books.google.de/books?id=zU6...ook_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCsQ6AEwAA

Auch diese Entwicklung ist eine der Ursachen, m.E., für die obigen Umfrageergebnisse.

Ich will auch gar nichts groß diskutieren, sondern im wesentlichen auf die weiterhin hohe Bedeutung der Beschäftigung mit diesem Abschnitt der deutschen Geschichte hinweisen.

Es geht mir nicht um die aktuelle Befindlichkeit der rechtsradikalen Szene und auch nicht um ihr aktuelles Treiben!

Von mir aus kann der Thread aber auch gerne geschlossen werden.
 
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@silesia, deine fachlich historische Sicht zu dem Problem ist zweifellos richtig. Doch sollten wir beachten, daß gerade die, die mit dem rechten Gedankengut überrümpelt werden, keine fachspezifische historische Sichtweise haben und auf dieser Ebene nicht Denken werden.

Am einfachsten ist die Masse noch über einfache Denkweisen zu erreichen, somit sind solche wissenschaftlichen Sichtweisen zur Thematik richtig, doch als Abwehr zu dem rechten Gedankengut wird dies nichts nutzen, wenn dieses rechte Gedankengut ersteinmal in einer einfachen und meist logisch erscheihnenden Struktur seinen Weg in die Köpfe gefunden hat.

Weißt Du, wie ich Das meine?
 
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Von mir aus kann der Thread geschlossen werden.


@thanepower

Na Du bist gut. Erst eröffnest Du einen interessanten Thread und dann das.

Das Thema hat zwar tagespolitischen Bezug, ist aber grundsätzlich nicht tagespolitisch zu bearbeiten.

Wenn ich einen Studenten den Auftrag gäbe: "Eruieren Sie in der Geschichte Themen, die radikale (zeitbezogen) Auffassungen widerspiegeln; nur neue Geschichte, Theoriengeschichte". Was meinst Du wo die anfingen?

Schlechte Studenten:

Karl Marx, Friedrich Engels
Lenin/Stalin
Netschajew
Teile der klassischen englischen Nationalökonomie (z.B. Malthus)
Koropotkin
Nihilismus/Anarchismus
Nietzsche
Musollini
Hitler

und ihre jeweiligen Epigonen

Bessere Studenten:

darüber hinaus:

Sozialdarwinismus
Proudhon
Bakunin
Wohlfahrtsausschuß

Gute Studenten darüber hinaus:

Täuferreich zu Münster
Calvinismus
usw. usf.


Will damit sagen, radikale Ideen waren in der Geschichte immer virulent, insbesondere in Zeiten sozialer Umbrüche bzw. "gefühlter" sozialer Unsicherheit.

Vllt. können wir so in dem Thread, der überaus interessant ist, weiterkommen.


M. :friends:
 
Meiner Meinung nach ist die rechte Szene zurzeit einer Teilung in zwei Strömungen unterworfen. Darauf einzugehen, wäre etwas zu tagespolitisch. Für uns interessant ist, dass damit auch ein zweites neues Geschichtsbild einhergeht:

1. Geschichtsbild der herkömmlichen Rechten: Traditionsbruch nach 1945, bewußte Zerstörung deutscher Kultur und Geschichtsbilder durch die Alliierten und 68er. Die Geschichte sei durch Sieger geschrieben. Der Nationalsozialismus wird wahlweise als historischer "Unfall" gesehen (auch durch nicht Rechte); wahlweise wird auch damit argumentiert, dass dessen Verbrechen erst im Kriegszustand hervorgerufen wurden. Linke würden sich in ihren Geschichtsbildern nur auf die Zeit 1933-1945 konzentrieren und diese als Machtinstrument nutzen. In den extremeren Ausrichtungen kommt dann noch Kriegsschuldrevisionismus und Holocaustleugnung dazu.

2. Das "neue" Geschichtsbild bei Rechten: Interessant finde ich, dass es auch von mittigeren Figuren vertreten wird - am bekanntesten der sicher nicht rechte, aber konservative Spiegel-Redakteur Jan Fleischhauer.
Eckpunkte: Die Verbrechen des NS werden nicht ignoriert, bestritten oder verharmlost. Der Nationalsozialismus war aber in Wahrheit keine konservative oder rechte, sondern eine linke Strömung. Argumentiert wird mit Strasser-Flügel, Aussagen von sozialistischeren SA-Personen etc. Mit den Stauffenberg-Attentätern seien die wichtigsten Protagonisten des Widerstands aus den Reihen der Konservativen gekommen. Rechte/Deutschkonservative träfe keine Schuld an Entstehung und Verbrechen des Nationalsozialismus. Es sei ungerecht, dass konservative und rechte Politiker von Linken im Hinblick auf nationalsozialistische Tendenzen kritisiert würden. Vielmehr seien die heutigen Linken die wahren Erben der Nazis. Die Verbindung läge nicht nur im Sozialismus, sondern auch im Antisemitismus und Straßenterror (Gleichsetzung der Antifa mit einer "SA").
 
@Ashigaru, zu Punkt 2 muß ich sagen, sehr interessante Theorie.

Aber anders betrachten, ist die Bewegung des Rechtsexrtemismus nicht der politische Agitatoren oder die der Verbände, Parteien, sondern der Teil der Bevölkerung, die empfänglich für die Ideologie sind und diese in der Gesellschaft tragen und halten, ja sogar weitervererben an weitere Generationen.

Drehen wir das Rad der Geschichte zurück und schauen auf die Zeit, als die faschistischen oder rechts-konservativen Parteien ihre Ideologie in der Bevölkerung verbreiten. Ich denke da an die Zeit nach 1918/19 und es wird glaube ich nichts neues sein, welches sich das rechte politische Spektrum bedient, den Bürger in der Gesellschaft zu erreichen.

Oder sollte die Betrachtung noch weiterzurückreichen, gar im Kaiserreich oder noch weiter zurück?
 
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Drehen wir das Rad der Geschichte zurück und schauen auf die Zeit, als die faschistischen oder rechts-konservativen Parteien ihre Ideologie in der Bevölkerung verbreiten. Ich denke da an die Zeit nach 1918/19 und es wird glaube ich nichts neues sein, welches sich das rechte politische Spektrum bedient, den Bürger in der Gesellschaft zu erreichen.

Oder sollte die Betrachtung noch weiterzurückreichen, gar im Kaiserreich oder noch weiter zurück?

Du sprichst da ja das Thema an, ob es sozusagen eine inhaltliche Kontinuität in der rechtsextremen Bewegung gibt. Teils, teils möchte ich sagen.
Einiges ist sicher damals wie heute charakteristisch für den deutschen Nationalismus. Als Hauptthema würde ich eine existenzielle Angst um den Bestand des deutschen Volkes als solches sehen ("Volk ohne Raum"), während es in den Nationalismen anderer Länder häufig um die Verarbeitung nationaler Traumata geht.
Einige anderen Grundlinien sind dann eher zeittypisch. Der Deutschkonservatismus der Weimarer Republik wäre gar nicht denkbar gewesen ohne die Kriegsniederlage und den Versailler Vertrag - Ereignisse, die im Geschichtsbild auch Einfluss auf weite Kreise außerhalb der eigentlichen Rechten hatten. Man denke etwa an die Gründung des Reichsarchivs, die zum großen Teil beeinflusst war durch das Bedürfnis der Erforschung der Geschichte des Ersten Weltkriegs und nicht zuletzt auch der Klärung der Kriegsschuldfrage - der Beginn deutscher Zeitgeschichtsforschung.
Das Dritte Reich speziell zeichnet besonders in den 1930er Jahren hingegen der aggressive Pangermanismus aus, der weder vorher noch nachher in derselben Schärfe vertreten wurde.
 
Hmm, komplexe Fragestellung, die zu vielen Zwischenfragen reizt...

1) Was ist für den Fragesteller "Rechts"? Was "rechtsradikal"? Meint er vielleicht tatsächlich nationalsozialistisch?
2) Um welchen Zeitraum der deutschen Geschichte geht es? 1848 war konservativ etwas anderes als 1980. 1933 war ein Konservativer der Feind der Nationalsozialisten, die sich selbst revolutionär fortschrittlich sahen...
 
@Arne: Die semantische Bedeutung von "Rechts" ist relativ gut erklärt und in der poltischen Symbolik relativ deutlich verankert, zumindest is das der aktuelle Stand der poltischen Soziologie. Die Arbeiten von H.D. Klingemann belegen dieses relativ deutlich in Anlehnung an die amerikanische politische Soziologie bzw. Sozialpsychologie.

Bei der Frage nach der Differenzierung von rechtsradikal und rechtsextremistisch ergeben sich durchaus Differenzierungen wie nachfolgender Link dokumentiert.

Rechtsextremismus ? Wikipedia

Das ist aber alles relativ egal für die Argumentation. Relevant ist für mich und das war der Ausgangspunkt der Überlegung, dass es nach wie vor schwer einsehbar ist, welch hohe Attraktivität nationalsozialistische Ideologiebestände haben.

Die durch eine Legendenbildung rechtsextremer Parteien und ihren Sympathisanten nach dem WW2, begünstigt durch den Kalten Krieg, toleriert wurden.

Die Bedeutung erlangen diese Einstellungssyndrome in der Bevölkerung, wie Melchior völlig zu Recht herausstreicht vor allem in Zeiten rascher, teilweise krisenhafter Veränderungen. Erstaunlich ist, dass diese Zustandsbeschreibung aber auch schon für die Zeit um 1980 gilt.

Und die Differenzierung zwischen Nationalkonservativen und Nationalsozialisten ist mir durchaus geläufig, allerdings für die Argumentation auch nicht wirlich zielführend. Sowohl in seiner historischen Bedeutung als auch wie Ashigaru in seiner aktuellen Ausformung es thematisiert.

Konservative Revolution ? Wikipedia

Allerdings ist Deine Formulierung @Arne das die Konservativen in Feindschaft zum Nationalsozialismus standen, so sicherlich nicht zutreffend. Es gab eine Vielzahl gemeinsamer innen und außenpolitischer Gemeinsamkeiten wie Du es sofort bei der Autobiografie beispielsweise von Schacht erkennen kannst und genau auf diese partielle Übereinstimmun basieren ein Teil der Erklärungsversuche der relativ moderaten politischen Positionen von Hitler bis ca. 37.

An den Positionen von Hitler und seinen kann man die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede sehr deutlich beschreiben.

Hjalmar Schacht ? Wikipedia


 
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Wenn ich deine Antwort richtig interpretiere, geht es dir also um nationalsozialistische Einflüsse in der aktuellen Gesellschaft? Ist das Thema denn passend im Geschichtsforum?


Allerdings ist Deine Formulierung @Arne das die Konservativen in Feindschaft zum Nationalsozialismus standen, so sicherlich nicht zutreffend. Es gab eine Vielzahl gemeinsamer innen und außenpolitischer Gemeinsamkeiten wie Du es sofort bei der Autobiografie beispielsweise von Schacht erkennen kannst und genau auf diese partielle Übereinstimmun basieren ein Teil der Erklärungsversuche der relativ moderaten politischen Positionen von Hitler bis ca. 37.

Das sind Einzelpersonen oder Gruppen, die sich anpassten und ihr "Fähnchen in den Wind" hingen. Grundsätzlich war die "Reaktion" und der Monarchismus kein Freund der Nazis. Beispiele hierfür sind genauso aufzuzählen und dir sicher geläufig.

Wie auch immer: Das Thema ist Tagespolitik und im Geschichtsforum unpassend.
 
Mal eine kurze Anmerkung von jemandem, der nicht vorhat, in dieser Diskussion inhaltlich mitzumischen...

Wenn ich deine Antwort richtig interpretiere, geht es dir also um nationalsozialistische Einflüsse in der aktuellen Gesellschaft? Ist das Thema denn passend im Geschichtsforum?

Soweit ich Thanepower - insbesondere in der Eröffnung - verstanden habe, geht es ihm gerade nicht um die aktuelle Brisanz, sondern schon um eine historische Betrachtung, wie weit rechtsradikale bzw. nationalsozialistische Einstellungen in der deutschen Gesellschaft (welche ihrerseits wiederum die ganze Breite politischer Lager umfaßt - da stimme ich Deinem Einwand zu (ein weiterer Aspekt könnte bspw. die Kongruenz zwischen rechtem und linkem Antisemitismus sein; aber ich halte mich hier ja heraus)) Einfluß hatten bzw. erlangen konnten und wirkten. Er nennt ja auch selbst "ein weiterbestehendes, latentes rechtsradikales Einstellungssyndrom in der deutschen Gesellschaft" und macht dies zum Eingang an einer Studie des Jahres 1981 fest - ergo schon mit der Intention einer historischen Diskussion.

Falls jedoch wirklich aktuelle gesellschaftspolitische Brisanz eingemischt wird, gilt freilich:
Das Thema ist Tagespolitik und im Geschichtsforum unpassend.
In der Tat.

Timotheus
Moderator
 
Nachtrag (Ich bin jetzt noch einmal aus dem Bett gekrochen ;-) )

Mich nervt immer wieder diese schwammige Bezeichnung "rechts". Für einen SPD-Politiker ist die CDU rechts. Für einen CDU-Wähler aus dem Arbeitnehmerflügel, die CSU..und so weiter. Für einen Nazi ist ein Monarchist rechts, bzw reaktionär. Rechts ist nicht Nazi!

Zur Geschichte um 1933 ff...

Natürlich gab es viele früher Kaisertreue, die plötzlich Hitler toll fanden. Aber die Bezeichnung der politischen Richtung ist unterschiedlich.

Ich werde mal wieder bildlich:

Es gab quergestreifte Tapeten und einer hat Längsgestreifte erfunden und angeboten. Da gab es manche, die fanden auch dies Muster okay und klebten es an ihre Wände. Hauptsache keine Tapeten mit Punkten, denn die hassten sie.
Aber trotz diesen Personen, ist quergestreift etwas anderes als längsgestreift - und als gepunktet sowieso...

Das heißt, wir dürften bei der Definition von politischen Modellen nicht nach den Wählern gehen, die mal das, mal jenes wählen, sondern das Modell an sich betrachten.
 
Das sind Einzelpersonen oder Gruppen, die sich anpassten und ihr "Fähnchen in den Wind" hingen. Grundsätzlich war die "Reaktion" und der Monarchismus kein Freund der Nazis. Beispiele hierfür sind genauso aufzuzählen und dir sicher geläufig.

Sie als verfeindete Lager zu sehen, wäre aber auch vermessen. Schließlich waren führende Deutschnationale maßgeblich an der Machtergreifung beteiligt und dann koalierte die DNVP mit der NSDAP. Es war zudem ein Bündnis, dass sich lange vorher andeutete, spätestens aber mit der "Harzburger Front" 1931.
Was die Monarchen betraf, so warben die Nationalsozialisten bekanntlich erfolgreich in Adelskreisen durch die Verleihung renommierter Posten - es sei an Adlige wie August Wilhelm von Preußen, Josias von Waldeck oder Philipp von Hessen erinnert.
 
Das heißt, wir dürften bei der Definition von politischen Modellen nicht nach den Wählern gehen, die mal das, mal jenes wählen, sondern das Modell an sich betrachten.

Es gibt ja auch so eine gewisse Genealogie unter den politischen Gruppierungen. So fanden sich unter den NSDAP-Gründern einige Alldeutsche und Protagonisten der vor Kriegsende existierenden antisemitischen Parteien oder Verbände.
 
Wenn ich deine Antwort richtig interpretiere, geht es dir also um nationalsozialistische Einflüsse in der aktuellen Gesellschaft? Ist das Thema denn passend im Geschichtsforum?

Mich erstaunt und irritiert ein wenig dieses wiederholte formale Argument, ob ein Thema relevant ist für dieses Geschichtsforum ist.

Ansonsten wäre es hilfreich für die Diskussion, dass wenigstens die Links auf Wiki als gemeinsame Diskussionsgrundlage benutzt werden. Ein Großteil der aufgeworfenen Definitions- und Abgrenzungsfragen wird dort ausführlich beschrieben.

Das aktuelle Ergebnis, bzw. der Link vom Spiegel, verweist auf ein Ergebnis, das lediglich eine zeitliche Fortschreibung des Ergebnis der Sinus-Studie aus den siebziger Jahren darstellt.

Die Beschäftigung mit der Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990) ist ein historisches Thema!!! genauso wie die Frage nach der NVA!!!

Ein Verweis auf die aktuelle Bedeutung soll die Relevanz dieser Diskussion auch für den pädagogischen Auftrag des GF unterstreichen. Und dieser ist strukturell durch den Bereich Fragen und Antworten dominant im Forum verankert.
 
Mich erstaunt und irritiert ein wenig dieses wiederholte formale Argument, ob ein Thema relevant ist für dieses Geschichtsforum ist.
[...]
Die Beschäftigung mit den historischen Ereignissen und die objektive Darstellung ist vermutlich die sinnvollste Art, mit Projektionen dieses Teils der Bevölkerung umzugehen. Es geht weiterhin um Aufklärung.
[...]

Wie willst Du Aufklärung betreiben, wenn die Diskussion nur auf der historischen Ebene stehen soll? Das ist widersprüchlich.

Ich bin sowieso der Meinung, das unser rechtes und revanchistisches konservatives Gedankengut schon in der Mitte des 19.Jahrhunderts in die Köpfe der Bevölkerung implantiert wurde. Die Grundzüge des biederen Bürgertums, die sich dann mit entsprechenden zusätzlichen Schuldigen für die immerwieder in die Enge getriebenen Nationalstolz verantwortlich machten.

Und den gibt es heute noch und m.E. nicht vordergründig etwas mit dem Nazionalsozialismus zu tun. Aber dieser wußte gut, diese gesitigen Wurzeln in der deutschen Bevölkerung zu verstärken, was dazu führte, dass das ganze Volk hinter dieser Ideologie stand.
 
@Köbis: Als Antwort ein Zitat: "Wenn es als gesichert gelten darf, dass bessere Kenntnis über das Dritte Reich zur Distanzierung von den ihm zugrundeliegenden politischen Werthaltungen führt, kann man die Darstellung dieses Regimes nicht allein den Vätern und Großvätern überlassen". (M.&S. Greiffenhagen: Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur Deutschlands. 1979 bzw. 1981, S. 61)

Zu ersetzen wären Väter und Großvater durch ein bestimmtes politisches Spektrum. Wie beispielsweise dieser und ich habe bewußt auf amazon verlinkt (normalerweise nehme ich auch google books), um den "Resonanzboden" mit einzufangen:

Der grosse Wendig. Richtigstellungen zur Zeitgeschichte. Band 1: Amazon.de: Rolf Kosiek, Olaf Rose: Bücher


Wie ich Aufklärung betreiben will? Ich weiss nicht, ob Du Dir die aktuelle Studie angesehen hast, die in der Auswahl der Fragen eine teilweise Fortschreibung der Untersuchungen von Sinus sind, dann berühren sie zentrale Elememente des NS-Staates, wie Regierungsform, Ideologie und WW2.

Die positive Wertschätzung, die die Bevölkerung 1981 und halt auch noch heute beispielsweise der NS-Diktatur gegenüber aufbringt, sind mit den menschenverachtenden Entscheidungen zu kontrastieren, die diese totalitäre Herrschaftsform ermöglicht hat. Das macht die Gefahren deutlich, die mit dieser Form von Herrschaftsausübung verbunden ist und die Betroffenen erkennen im Günstigen Fall die Vorteile einer Gewaltenteilung.

Ansonsten ist das natürlich auch eine Frage an die Didaktiker des Forums, warum überhaupt ein erhöhter Wert auf die Vermittlung von Wissen im Geschichtsunterricht über das 3. Reich gelegt wird. Lediglich ein beliebiges Exercitium oder ein Teil der staatsbürgerlichen Erziehung?

Ich bin dann mal aus dieser Diskussion raus, weil ich ehrlich keine Lust habe, mich hier in der Position eines Angeklagten für das Thema zu rechtfertigen.
 
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