Ist Alexander der Große in Afghanistan gescheitert?

leif

Neues Mitglied
Hi,

man hört oft Alexander der Große habe die Afghanen nicht besiegen können. Wie ist das denn belegt?

Grüße,

Leif
 
Wie ist das denn belegt?

Gar nicht, da Afghanistan rund 2000 Jahre nach Alexander im Entstehen war. Er selbst konnte den Hindukusch überquerren und marschierte sogar bis an den Indus. In Baktrien und Sogdien hatte er es mit Spitamenes zu tun, der zwar anfänglich recht glüchlich kämpfte aber am ende doch von den eigenen Männen getötet wurde nachdem sich die Niederlage gegen Alexander abzeichnete.

Spitamenes ? Wikipedia
 
Zu Alexanders hart erkämpften Feldzügen in Baktrien gibt es ein sehr lesenswertes Buch von Frank Holt (der auch Tarns alten Klassiker zu den Griechen in Baktrien und Indien in der 3. Aufl. herausgab): "Into the Land of Bones. Alexander the Great in Afghanistan" (2005). Irritierend, aber auch anregend sind dabei höchstens Holts Parallelen zur US-Intervention.
 
Dieses Land mit seiner tribalen Struktur ist pro forma schon oft "erobert" aber nie beherrscht worden. Nach Alexander kamen andere wie Dschingis Khan, Timur Lenk, die Briten, die Russen, die NATO. Oops, ich werde tagespolitisch...
 
man hört oft Alexander der Große habe die Afghanen nicht besiegen können. Wie ist das denn belegt?
Ich frage mich, woher diese Behauptung ursprünglich stammt. In "Rambo 3" wurde das auch behauptet, und in einem anderen Forum hat ein Afghane auch einmal damit angegeben.
Jedenfalls hat Alexander das Gebiet des heutigen Afghanistan unterworfen und dort sogar Städte gegründet. Die damaligen Bewohner hat er also besiegt.

Dieses Land mit seiner tribalen Struktur ist pro forma schon oft "erobert" aber nie beherrscht worden. Nach Alexander kamen andere wie Dschingis Khan, Timur Lenk, die Briten, die Russen, die NATO.
Das ist richtig, galt, soweit es Alexander betrifft, aber nicht nur für Afghanistan. Alexander hat einige Gebiete seines Reiches nur pro forma unterworfen, indem er die bisherigen Satrapen und Lokalfürsten zur Anerkennung seiner Herrschaft zwang, sie aber im Amt beließ. Daher zeigten sich bereits während seines Indienfeldzuges in manchen Reichsteilen schon erste Auflösungserscheinungen, indem Satrapen und Lokalfürsten seine Abwesenheit nutzen wollten, um sich unabhängig zu machen zu versuchen.
Allerdings gründete Alexander auch in Afghanistan Städte und bevölkerte sie mit makedonischen Veteranen. Zumindest deren Gebiet hat er also effektiv kontrolliert.
 
Alexander hat von 329-327 harte Kämpfe mit einem ungewöhnlich ausdauernden Widerstand zu bestehen gahebt, hat sich aber schließlich durchgesetzt, er ist nicht gescheitert aus einem unbesiegten Gebiet abgezogen, sondern hat dann ja sogar eine baktrische Fürstentochter, nämlich Roxane, geheiratet.
 
Die damaligen Bewohner hat er also besiegt.

Man sollte ein wenig bedachter mit den Begrifflichkeiten umgehen. Alexander hat nicht DIE Bewohner Baktriens und Sogdiens besiegt. Er hat die sich ihm dort entgegenstellenden Herrführer besiegt die seine Herrschaft nicht anerkennen wollten. Namentlich waren das Bessos (der Dareios-Mörder) und Spitamenes. Nachdem dies geschehen war, hat er das Land in die Verwaltungsstrukturen seines Reichs eingebunden wie es zuvor schon die persischen Könige der Achämeniden getan hatten. Das heist also loyale Statthalter (Satrapen) einsetzen oder persische Statthalter die sich ihm sofort unterworfen hatten im Amt belassen. Dazu Städte gründen, wo makedonisch-griechische Söldner angesiedelt werden konnen, welche die Stabilität seiner Herrschaft dort garantieren sollten.

Das ganse Konstrukt (Alexanderreich) ist dann allerdings mit seinem frühen, und im Hinblick auf seine Nachfolge nur unzureichend geregelten, Tod zusammengebrochen (Diadochenkriege).

Alexanderreich ? Wikipedia
 
Man sollte ein wenig bedachter mit den Begrifflichkeiten umgehen. Alexander hat nicht DIE Bewohner Baktriens und Sogdiens besiegt. Er hat die sich ihm dort entgegenstellenden Herrführer besiegt ... http://de.wikipedia.org/wiki/Alexanderreich

Man muß aber auch nicht päpstlicher sein als der Papst. Wenn man sagt, Alexander hätte die Perser besiegt, weiß man auch, daß er nicht gegen jeden Einzelnen gekämpft hat. Und die Heerführer Bessos und besonders Spitamenes waren ja auch nicht ganz allein.
 
Allerdings gründete Alexander auch in Afghanistan Städte und bevölkerte sie mit makedonischen Veteranen. Zumindest deren Gebiet hat er also effektiv kontrolliert.
Viele der Stadtgründungen Alexanders haben aber auch nicht lange überlebt. Und ich meine gelesen zu haben, dass nach dem Tod Alexanders viele Makedonen aus diesen Städten sich wieder auf den Weg in die Heimat gemacht haben.

Zur Eingangsfrage: Gescheitert ist er sicher nicht, da er militärisch gewonnen hat - auch im Gebiet des heutigen Afganistans. Gewonnen hat er aber im Endeffekt auch nicht, weil er es versäumt hatte, seine Herrschaft in den militärisch gewonnenen Gebieten abzusichern. Und gerade in den Gebieten am 'Ende der Welt', also in Sogdien oder später Indien hat er sich um die Fragen der Konsolidierung seiner Herrschaft ja überhaupt nicht mehr gekümmert. Er zog schnell von Sogdien nach Indien weiter, obwohl der Aufstand gerade mal so beendet war. Und aus Indien zog er nach der Meuterei ab, ohne sich überhaupt um Sicherung des Erreichten zu kümmern.
 
Der Sicherung des Erreichten dienten ja eben die Stadtgründungen. Sie sollten die hellenistische Kultur verbreiten und auch als militärische Stützpunkte dienen und darüber hinaus durch die Ankurbelung der Wirtschaft für Wohlstand sorgen.

Viele der Stadtgründungen Alexanders haben aber auch nicht lange überlebt. Und ich meine gelesen zu haben, dass nach dem Tod Alexanders viele Makedonen aus diesen Städten sich wieder auf den Weg in die Heimat gemacht haben.
Stimmt. Nach Alexanders Tod bildete sich ein regelrechtes Heer (20.000 Mann Fußvolk, 3.000 Reiter) von Veteranen, das nach Hause zurückwollte und sich auf den Weg machte. Allerdings handelte es sich hauptsächlich um griechische Söldner, denn Alexander hatte hauptsächlich sie in Baktrien angesiedelt. Der Reichsverweser Perdikkas schickte Peithon, den Satrapen von Medien, um diese Bewegung niederzuschlagen, ehe sie sich noch weiter ausdehnte. Peithon verhandelte aber mit den Aufständischen, vermutlich in der Hoffnung, sie in sein eigenes Heer eingliedern zu können. Schließlich kam es zur Einigung, und die Aufständischen unterwarfen sich. Leider hatte Peithon etwas vergessen: Er hatte seinen Soldaten, hauptsächlich Makedoniern, zu Beginn des Feldzuges den Besitz der Aufständischen als Beute versprochen. Diese wollten sie sich nicht entgehen lassen, griffen auf eigene Faust die Aufständischen an und massakrierten sie.

Aber diese Bewegung war nichts Neues. Schon zu Lebzeiten Alexanders hatte sich ein Grieche namens Athenodoros zum König ausgerufen und wollte mit den Söldnern heimkehren. Er wurde aber 325 ermordet.
 
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Naja, was heißt "in den Griff bekommen"? Die Römer haben Teile Kilikiens auch nie wirklich in den Griff bekommen, trotzdem war Cilicia eine römische Provinz. Jede Höhle und jeden Gipfel kann man freilich schwer kontrollieren, aber immerhin konnte Alexander die Stammesfürsten botmäßig machen und Städte anlegen, ohne dass sich diese permanent gegen Angriffe hätten wehren müssen.
 
Man muß auch fragen, inwieweit Alexander dort hinten überhaupt noch ernsthaft an Herrschaftskonsolidierung interessiert war oder ob er nicht schon von sich selbst getrieben war.
 
Das ist eben wirklich die Frage. Wenn man sich die Unternehmungen Alexanders anschaut - und auch seine letzten Pläne, dann kann man schon den Eindruck gewinnen, dass es Alexander in erster Linie ums Siegen gegangen ist. Alles, was ihm Widerstand leisten konnte, zu besiegen. Und dann schnell weiter zum nächsten Gegner.

Klar wurden Städte gegründet, wurden Statthalter eingesetzt. Aber reicht das, um so ein riesen großes Reich wirklich dauerhaft zu beherrschen? Bei Wiemer steht etwas von vielleicht nur noch 9 Städten, die man in ihrer Gründung sicher auf Alexander zurückführen könnte. Sind nicht allzu viele, um die Herrschaft in diesem großen Gebiet wirklich zu sichern. Und zudem haben doch einige gegründete Städte auch massiv symbolhafte Bedeutung, so Alexandria Eschate oder auch Bukaphalia und Nikaia im Industal.
 
Immerhin gehörten Sogdien und Baktrien auch nach Alexanders Tod noch dem Reich an. Die Diadochen ernannten sowohl in Babylon als auch in Triparadeisos noch Statthalter für diese Provinzen. Diese übernahm dann Seleukos in sein Reich, bis sich einige Jahrzehnte später der hellenische Satrap Diodotos vom Seleukidenreich lossagte und das griechisch-baktrische Reich gründete.
 
Ich frage mich, ob es da nicht schlußendlich eine Eigendynamik gab, die ihn immer weiter trieb.
 
Das ist eben wirklich die Frage. Wenn man sich die Unternehmungen Alexanders anschaut - und auch seine letzten Pläne, dann kann man schon den Eindruck gewinnen, dass es Alexander in erster Linie ums Siegen gegangen ist. Alles, was ihm Widerstand leisten konnte, zu besiegen. Und dann schnell weiter zum nächsten Gegner.
Da hast Du schon recht, aber das bedeutet nicht, dass er die eroberten Gebiete nicht halten wollte. Immerhin hatte er große Pläne für sein Reich, und es wäre auch für ihn als Sieger peinlich gewesen, wenn sein Reich wieder zerfallen wäre. Er hat auch mehrmals Aufstände niedergeschlagen. Wahrscheinlich hat er die Schwierigkeiten der Reichskonsolidierung einfach unterschätzt. Vermutlich glaubte er, er könne einfach die persischen Satrapen und Vasallen dazu zwingen, ihn anzuerkennen, und auf diese Weise das persische Reich einfach übernehmen, und das würde reichen.
Alexander war auch kein Einzelfall. Pyrrhos konsolidierte seine Eroberungen auch nicht, sondern zog immer wieder weiter.

Klar wurden Städte gegründet, wurden Statthalter eingesetzt. Aber reicht das, um so ein riesen großes Reich wirklich dauerhaft zu beherrschen?
Grundsätzlich vermutlich ja. Die Perser haben auch nicht mehr getan, im Gegenteil, sie waren nicht so fleißig im Stadtgründen und siedelten nicht überall persische Krieger an. Auch die Römer taten in ihren außeritalischen Provinzen anfangs nicht mehr als Statthalter einzusetzen und Aufstände niederzuschlagen, Koloniegründungen und der Ausbau einer Infrastruktur kamen erst später dazu. Alexander hatte einfach zu wenig Zeit, um die unterworfenen Gebiete niederzuhalten und an seine Herrschaft zu gewöhnen. Die Diadochen waren dann mehr miteinander beschäftigt als mit der Niederschlagung von Absetzbewegungen.
 
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Gab es den zu dieser Zeit auf dem Gebiet von Afghanistan Paschtunen.

Diese waren historisch die Herren von Afganistan und dessen Gründer.
 
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