Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

naja, machen wir mal die Hälfte draus, 8 000 Menschen. Angeblich alle tot.
Gut, Ganz schrecklich für die Römer 4 0000 Tote, die nicht verbrannt wurden. Selbst ausgeplündert hatten die wohl noch reichlich Bronze und Eisen am Körper. Dazu die Reste des Trosses. Ein wenig mehr müsste von der Varusschlacht übergeblieben sein, als bisher gefunden, wenn denn Kalkriese die Varusschlacht war. Und Eisen erhält sich in kalkhaltigem auch Boden sehr gut.

Moin Wilfried,

wenn man annimmt, dass sich die Varusschlach über mehrere Tage über eine längere Strecke vollzogen hätte, dann wird man bei Kalkriese nich das Gros der Opfer finden!

Gruß
Andreas
 
... Vor Kalkriese nix und nach Kalkriese kaum nennenswertes. ...

Kann es daran liegen, dass man vor und nach Kalkriese (bzw. westl. und östl. davon) nicht sooo intensiv gesucht hat?


... Man verzeihe mir meinen Zynismus, aber in den letzten X Beiträgen wird mehr oder weniger Kalkriese = Varusschlacht vorausgesetzt. Was erst mal zu beweisen wäre. So lange ist grau alle Theorie wie ehedem unser Maultier.

Na klar, hier wird fast alles verziehen! ;)

Was mich angeht, so tendiere ich zwar eher zu der Varus-Theorie, doch halte ich es auch durchaus für möglich, dass man bei Kalkriese ein Ereignis aufgedeckt hat, welches in den alten Quellen einfach nicht beschrieben wurde!? :grübel: Tacitus, Cassius Dio un dkollegen hatten ja nicht alles aufgeschrieben was geschehen ist!

Vielleicht passt es ja deshalb nicht hundertprozentig zu den bekannten Schlachten?

Gruß
Andreas
 
Zum Vergleich: Der in Vierer- oder Sechserreihe marschierende Varuszug (15.000 Mann) wird von vorsichtigen 15-20 Km bis zu, meiner Ansicht nach übertriebenen 50km veranschlagt.

Bei diesen Schätzungen liegt meiner Ansicht nach ein Grund für die Verwirrungen um das, was am Oberesch passiert ist. Die von Dir zitierten Schätzungen basieren auf der Vorstellung, dass die Leute im Gänsemarsch durchs Land gezogen sind. Alle Autoren, die sich meiner Kenntnis nach dazu geäußert haben, gehen davon aus, dass die "normale" tägliche Marschleistung der Legionen kaum über 20 Kilometern gelegen haben kann. Man muss ja auch den obligatorischen Lagerbau berücksichtigen. Wäre der Varus-Zug also auch nur die "vorsichtigen" 20 Kilometer lang gewesen, dann wäre der Soldat am Ende der Kolonne erst losgegangen, wenn der Mann an der Spitze bereits am Ziel war. Das hätte die Gesamtmarschzeit verdoppelt. Eine 50 Kilometer lange Marschsäule wäre dann - technisch betrachtet - völlig unmöglich, weil jede Marsch-Etappe zweieinhalb Tage gedauert hätte. Die Marschkolonne muss also viel dichter gestaffelt gewesen sein und entsprechend viel Platz gebraucht haben.

MfG
 
... Eine 50 Kilometer lange Marschsäule wäre dann - technisch betrachtet - völlig unmöglich, weil jede Marsch-Etappe zweieinhalb Tage gedauert hätte. Die Marschkolonne muss also viel dichter gestaffelt gewesen sein und entsprechend viel Platz gebraucht haben.

MfG

Zur Kolonnenlänge mal ne einfache Rechnung:

Ausgehend von einer Viererreihe, die mit einem 2 m-Abstand zur nächsten Reihe marschiert ergäbe dies:
2 m = 8 Mann
2.000 m = 8.000 Mann
4.000 m = 16.000 Mann

Bei einer Sechserereihe käme man so nur auf knapp 3.000 m.

Hinzu käme natürlich noch der Tross. Keine Ahnung wie lang dieser war, doch sicher nicht genauso lang wie die marschierende Truppe!

Gruß
Andreas
 
5-6 km hatte ich ebenfalls oben geschätzt und zugrunde gelegt, dabei Teile des Trosses zwischen den Truppen. Die Option einer gegenseitigen Unterstützung von Spitze und Nachhut lag damit selbst bei Gefahr > 1 Stunde. Siehe oben auch den theoretischen Zeitbedarf für einen (nicht gegebenen) ungestörten Vorbeizug am Wall (2 h?)
 
Zuletzt bearbeitet:
naja, machen wir mal die Hälfte draus, 8 000 Menschen. Angeblich alle tot.
Gut, Ganz schrecklich für die Römer 4 0000 Tote, die nicht verbrannt wurden. Selbst ausgeplündert hatten die wohl noch reichlich Bronze und Eisen am Körper. Dazu die Reste des Trosses. Ein wenig mehr müsste von der Varusschlacht übergeblieben sein, als bisher gefunden, wenn denn Kalkriese die Varusschlacht war. Und Eisen erhält sich in kalkhaltigem auch Boden sehr gut.

Was ist denn ein wenig mehr?
Was kann man denn noch alles erwarten? Oder besser: Was sollte man noch erwarten?

Ich gebe hier nach wie vor eines zu bedenken und das halte ich für sehr wichtig:

In Kalkriese finden sich eigentlich nicht in erster Linie irgendwelche Überreste einer Schlacht. Das Schlachtfeld in Kalkriese wurde nachweislich geplündert. Und deshalb finden sich dort in erster Linie Dinge, welche die Germanen dort übersehen oder zurückgelassen haben. Also schlichtweg Überreste von Plünderungen. Ich denke, da liegt es in der Natur der Sache, daß man eigentlich nicht allzuviel erwarten kann bzw. soll.
 
Was spricht denn dagegen? Man fand doch sehr viele Kleinteile, unter anderem Segmentata Teile eines Urtyps dessen Verschlüsse wohl durch unsachgemäße Gewalt zerstört wurden und sehr viele Kleinteile die bei Plünderungen abfallen. Irgendwo in dem Push und Pull Faktoren von Schlachtfeldern wurde doch auch auf das nachträgliche plündern von Schlachtfeldern durch umliegende Bevölkerung hingewiesen. Diese Phase kann durchaus mehrere Wochen nach der Schlacht stattgefunden/angehalten haben, in diesem Fall hieße das doch, dass man ein ziemlich "reines" Schlachtfeld, zumindest was Plünderungsgut anging gehabt hätte.
 
Afkpu schrieb:
Was spricht denn dagegen? Man fand doch sehr viele Kleinteile, unter anderem Segmentata Teile eines Urtyps dessen Verschlüsse wohl durch unsachgemäße Gewalt zerstört wurden und sehr viele Kleinteile die bei Plünderungen abfallen. Irgendwo in dem Push und Pull Faktoren von Schlachtfeldern wurde doch auch auf das nachträgliche plündern von Schlachtfeldern durch umliegende Bevölkerung hingewiesen. Diese Phase kann durchaus mehrere Wochen nach der Schlacht stattgefunden/angehalten haben, in diesem Fall hieße das doch, dass man ein ziemlich "reines" Schlachtfeld, zumindest was Plünderungsgut anging gehabt hätte.
Vollkommen richtig. Es ist ja auch vollkommen nachvollziehbar, dass Waffen und Ausrüstung der Toten von den Siegern in Besitz genommen wurden. Ich will auch akzeptieren, dass ein totes Muli und ungezählte verendete Artgenossen vom Schlachtfeld entfernt und anderswo verspeist wurden. Aber wer verschleppt Menschenleichen und -knochen?

Mal zum Vergleich das Schlachtfeld im Tollensetal ist gut 1.300 Jahre älter als die Wallstatt von Kalkriese. Trotzdem finden sich dort an die 100 Skelette von dort gefallenen Kriegern aus der Bronzezeit. Für die gute Erhaltung dieser Knochen ist der feuchte Boden wohl ausschlaggebend.

Schlachtfeld im Tollensetal ? Wikipedia

Wir reden in Kalkriese von einem feuchten Landstreifen am Rande eines Moors. Ohne jetzt die chemische Ausbildung der dortigen Erde zu kennen, das klingt einfach sehr vielversprechend für beste Erhaltungsbedingungen. Und trotzdem, ein vollkommen unbefriedigendes Fundergebnis an Knochen - im Verhältnis zu den postulierten Verluste der Römer. Dazu kommt, dass eine bronzezeitliche Schlacht sicherlich nicht so große Menschenmassen gesehen hat, wie wir dies zu Zeiten der Herrschaft der Julier kennen.

Die Schlacht am Harzhorn ist gegen diese beiden oben erwähnte Fundorte ganz anders. Die Römer haben dort nach Fundlage gesiegt und ihre Toten vom Schlachtfeld wohl mitgenommen und an einem uns unbekannten Ort bestattet. Die unterlegenen Germanen konnten - nach dem Abzug der Römer - auf den Kampffeld ihre Toten bergen und auch traditionell bestatten. Dort ist solch eine Fundarmut an Skelettteilen nachvollziehbar.

Dagegen ist bei Kalkriese ein Sumpfgelände angrenzend. Kein verzweifelter Römer, der watend unter germanischer Waffeneinwirkung dort versank? Ein umgestürzter Wall, der ein halbes Maultier unter sich begrub. War das Maultier allein? Oder haben die Römer gar die Leichen ihrer Kameraden mitgenommen? Dann wäre es sicherlich nicht der Ort einer kollabierenden Armee, sondern "nur" der Ort einer Attacke im Stile des "hit and run"

Ich hoffe mal, dass Herr Rost auf der Bergkuppe nun mal erhellende Funde macht. Die Veröffentlichung über die Ausgrabung eines germanischen Gehöfts aus dem 2. Jahrhundert ist ja nett, bringt uns aber keinen Schritt in der Kalkriese-Bewertung weiter. Wenn aber solch ein an sich nebensächlicher Fund so große Presseresonanz auslöst, dann ist die Luft für neue aussagekräftige Funde wohl arg dünn geworden.
 
Zur Kolonnenlänge mal ne einfache Rechnung:

Ausgehend von einer Viererreihe, die mit einem 2 m-Abstand zur nächsten Reihe marschiert ergäbe dies:
2 m = 8 Mann
2.000 m = 8.000 Mann
4.000 m = 16.000 Mann

Bei einer Sechserereihe käme man so nur auf knapp 3.000 m.

Hinzu käme natürlich noch der Tross. Keine Ahnung wie lang dieser war, doch sicher nicht genauso lang wie die marschierende Truppe!

Gruß
Andreas

Ich bin ja auch der Meinung, dass die Theorien, wonach die Marschsäule 20 oder gar 50 Kilometer lang gewesen sein muss, reine Fabeln sind. Bei Deiner Rechnung ist Dir aber ein kleiner Fehler unterlaufen. Die Zuglängen wären doppelt so lang wie von Dir angegeben.

Zur Infanterie müsste man noch die drei Alen hinzurechnen: 1500 bis 3000 Reiter. Jedes Contubernium hatte ein eigenes Maultier für seine persönliche Ausrüstung, was bei einer Stärke der Legionen von 16.000 Mann zusätzlich 2000 Maultiere bedeuten würde. Dazu dann noch der Tross, der ebenfalls einige tausend Lasttiere mitgeführt haben dürfte, außerdem Karren und Kutschen.

Will man 16.000 Mann und 6000 bis 8000 Pferde/Maultiere auf eine Zuglänge von fünf oder sechs Kilometern (meiner Ansicht nach die Obergrenze dessen, was noch sinnvoll wäre) zusammenstauchen, dann wird dieser Zug schon beachtlich breit. Mit Viererreihen ist es nicht getan.

MfG
 
Will man 16.000 Mann und 6000 bis 8000 Pferde/Maultiere auf eine Zuglänge von fünf oder sechs Kilometern (meiner Ansicht nach die Obergrenze dessen, was noch sinnvoll wäre) zusammenstauchen, dann wird dieser Zug schon beachtlich breit. Mit Viererreihen ist es nicht getan.MfG

Ganz richtig. Die Zugbreite muss 6er-Reihen erheblich überschritten haben, Teile des Trosses in der Mitte.

1. Die Marschgeschwindigkeit war gering, 2 bis 3 km in der Stunde, etwa die Hälfte normaler Wanderer. Damit sind auch die Flächen neben den Wegen zu Fuß "begehbar". Das staucht die Zuglänge, abhängig von der Topographie.

2. Futterbedarf und Relation zwischen Reit- und Trag- bzw. Zugtiere. Die Ration für Hafer pro Tier liegt bei etwa 4 kg/Tag min., Stroh/Heu bei etwas weniger. Versorgung aus dem Land während des Marsches hängt von Pausen/ausreichenden geeigneten Flächen ab. Hinzu kommen ggf. Wasservorräte.

3. Je Trag-/Zugtier kann man daraus vorsichtig min. 30kg Futterversorgung für 10-14 Tage schätzen, was sich auf 60 kg doppelt unter Einbeziehung der Reittiere bei einem 1:1 Verhältnis. Die Zugtiere können die Gewichtszunahme entsprechend leichter verkraften. Daraus können sich nicht unwesentliche Abzüge bei den Traglasten zur Versorgung der Legionen und des Trosses ergeben - je nach Relation Reittiere/Zugtiere. Die Untergrenzen von 1000-1500 Pferden und 2500 Maultieren, zusammen rd. 4000, sind für den Zug des Varus doch dann recht plausibel.
 
Bei diesen Schätzungen liegt meiner Ansicht nach ein Grund für die Verwirrungen um das, was am Oberesch passiert ist. Die von Dir zitierten Schätzungen basieren auf der Vorstellung, dass die Leute im Gänsemarsch durchs Land gezogen sind.

Genau, war auch nur als Krücke zur Berechnung der Germanendichte auf den Hügeln gedacht.


Intensiv mit diesem Thema hat sich
Gary Brueggeman auf seiner Website gewidmet:
The Roman Army

5-6 km hatte ich ebenfalls oben geschätzt und zugrunde gelegt, dabei Teile des Trosses zwischen den Truppen. Die Option einer gegenseitigen Unterstützung von Spitze und Nachhut lag damit selbst bei Gefahr > 1 Stunde. Siehe oben auch den theoretischen Zeitbedarf für einen (nicht gegebenen) ungestörten Vorbeizug am Wall (2 h?)

Das würde der Länge der Hauptkampflinie entsprechen, und gleichzeitig bedeuten, daß die Römer auf der gesamten Länge doch sehr dicht postiert waren. Was einer schlachtmäßigen Aufstellung schon recht nahe gekommen wäre.
Auf der gesamten Strecke gibt es kaum Anzeichen, daß an einer Stelle die Römer nennenswert zurückgewichen sind. Also im Sinne von wankenden Flügeln oder ein eingedrücktes Zentrum.
Nur vom Wall ausgehend meint man eine einheitliche Flucht(?)bewegung Richtung Nord-West sehen zu können. Die "Varus"marschformation hätte sich also beim Kollabieren, obwohl Spitze und Ende des Zuges sich nicht sehen konnten, kollektiv und gleichzeitig in einheitlicher Richtung bewegen müssen um dem archäologischen Fundbild zu entsprechen, oder alternativ wäre die ganze Armee auf der Stelle niedergehauen worden. Ist das realistisch ?

Gruss
jchatt
 
So sehe ich das.

Die Koordination der römischen Truppen wird schwierig gewesen sein, wenn man die Überraschung kalkuliert. Der Marschabstand zwischen Spitze und Nachhut beträgt schließlich zeitlich rd. 1 Stunde. Bei einem rückwärtig zunächst einsetzenden Kollaps ergibt sich das Bild des "Aufrollens", siehe oben.
 
Hallo,ich möchte die Diskussionsteilnehmer doch einmal darauf aufmerksam machen,
daß bei Tacitus eindeutig steht,daß Germanicus im Jahre 15 beim Aufsuchen des
Varus-Schlachtfeldes sein Heer zu den "äußersten Brukterern" führte. Nach allgemeiner Auffassung waren die Brukterer die westlichen Nachbarn der Cherusker.
Somit waren die äußersten Brukterer die am nächsten den Cheruskern. Kalkriese-
kommt daher für die Varusschlacht nicht in Frage.
 
So sehe ich das.

Die Koordination der römischen Truppen wird schwierig gewesen sein, wenn man die Überraschung kalkuliert. Der Marschabstand zwischen Spitze und Nachhut beträgt schließlich zeitlich rd. 1 Stunde. Bei einem rückwärtig zunächst einsetzenden Kollaps ergibt sich das Bild des "Aufrollens", siehe oben.

Das könnte grob in das archäologische Bild passen.
Aber dann müßten die heftigsten Kampfspuren doch eher bei der Nachhut und nicht am Wall zu finden sein ? Die Spuren am Wall deuten doch eher daraufhin, das die Römer hier, zumindest zeitweise die Initiative hatten.
Ausserdem hätten die hinten kollabierenden Truppen durch den verstopften Engpass gemusst.

Wie oben schon mal erwähnt. So ungünstig finde ich die Position der Römer gar nicht. Sie standen wahrscheinlich eng gestaffelt und wurden nur von einer Seite aus angegriffen. Das Kollabieren kann ich mir eigentlich nur bei einer Umfassung glaubhaft vorstellen.

Gruss
jchatt
 
Aber dann müßten die heftigsten Kampfspuren doch eher bei der Nachhut und nicht am Wall zu finden sein ?

Ich habe keinen Überblick über die archäologische Fundlage. Meine laienhafte Skepsis begründet sich auf der Vorstellung, dass es unwahrscheinlich sein dürfte, allein anhand einer Fundlage auf Brennpunkte der Schlacht zu schließen, wenn das Schlachtfeld 2000 Jahre anthropogenen und geogenen Einflüssen ausgesetzt gewesen ist. Es dürfte selbst bei jüngeren Schlachten scheitern, den Ablauf anhand von Bodenfunden nach Jahrhunderten zu rekonstruieren (ich denke da wieder an Austerlitz und den dortigen Ablauf mit Berg/Senke/Teiche), und auf Schwerpunkte zu schließen.

Aber die Vorstellung kann natürlich falsch sein.

Die Spuren am Wall deuten doch eher daraufhin, das die Römer hier, zumindest zeitweise die Initiative hatten.
Bei einem "Zugriff" während der Passage entspräche das der militärischen Logik, da auf germanischer Seite vermutlich die Masse gefasst werden sollte, sich also am Kalkrieser Berg westlich, nördlich und östlich des Walls befunden haben sollte.

Ausserdem hätten die hinten kollabierenden Truppen durch den verstopften Engpass gemusst.
Der Druck der Masse von Mensch und Tier in der Nachhut auf die "Mitte" dürfte ein erhebliches Chaos verursacht haben, verbunden mit einem Lauffeuer, dass die Nachhut besiegt wurde.

Wie oben schon mal erwähnt. So ungünstig finde ich die Position der Römer gar nicht. Sie standen wahrscheinlich eng gestaffelt und wurden nur von einer Seite aus angegriffen. Das Kollabieren kann ich mir eigentlich nur bei einer Umfassung glaubhaft vorstellen.

Das Umfassen ist topographisch einfach lösbar, mit Ausnahme der Moor-Seite.
Am Wall wird die römische Position anfangs günstig gewesen sein, so dass Angriffe auf den Wall in der Frühphase logisch sind. Siehe #2648.
Das war Ausgangspunkt, dass der Wall anfangs Defensivfunktion hatte (wofür man einen Wall auch eigentlich braucht), sodann nach dem Kulminationspunkt und mit einsetzendem römischen Kollaps als Ausgangspunkt der Offensive auf den gebildeten "Kessel" dienen konnte.

Interessant wird das Fundbild auf der Kalkrieser Berg-Kuppe, möglicherweise und nach militärischer Logik der zentrale Ausgangspunkt der germanischen "Bewegungen".
 
Hallo,ich möchte die Diskussionsteilnehmer doch einmal darauf aufmerksam machen,
daß bei Tacitus eindeutig steht,daß Germanicus im Jahre 15 beim Aufsuchen des
Varus-Schlachtfeldes sein Heer zu den "äußersten Brukterern" führte. Nach allgemeiner Auffassung waren die Brukterer die westlichen Nachbarn der Cherusker.
Somit waren die äußersten Brukterer die am nächsten den Cheruskern. Kalkriese-
kommt daher für die Varusschlacht nicht in Frage.

Moin

Hast du eine verbindliche Karte mit den Stammesgrenzen der damaligen Zeit?

Im Internet schwirren eine Reihe Karten herum, die mal diese, mal jene Verbreitung der Stämme anzeigen.

Habe nur mal eine herausgegriffen, bei der sich Kalkriese sehr wohl im Bereich der Brukterer befindet. Es gibt natürlich auch Karten die etwas anderes darstellen!

Gruß
Andreas
 

Anhänge

  • brukterer.jpg
    brukterer.jpg
    97,8 KB · Aufrufe: 389
Zuletzt bearbeitet:
... Wie oben schon mal erwähnt. So ungünstig finde ich die Position der Römer gar nicht. Sie standen wahrscheinlich eng gestaffelt und wurden nur von einer Seite aus angegriffen. Das Kollabieren kann ich mir eigentlich nur bei einer Umfassung glaubhaft vorstellen.
...

Nach deiner Pontes Longi-Theorie würde dies möglicherweise zutreffen.

Geht man jedoch von der Varus-Schlacht aus, so wird am Wall keine komplette, intakte Legion angekommen sein!

Nach meiner Ansicht fand am Wall das Finale der Schlacht statt und nicht der erste Überfall!

Demnach wären die römischen Kolonnen nach den tagelangen Kämpfen sehr "gerupft" und und wenig geordnet am Wall angelangt. Da wohl auch die Nachhut und die Flanken des langgezogenen Zuges bedrängt wurde, blieb nur die Wahl zu kämpfen oder über das Moor zu fliehen! Ein Zurück gab es nicht.

Da meiner Ansicht nach am Wall nur noch Teile der Legionen ankamen, wird man hier auch nicht so große Massen an Funden erwarten dürfen (von einem Schwund durch Plünderungen mal abgesehen).

Gruß
Andreas
 
Ich habe keinen Überblick über die archäologische Fundlage. Meine laienhafte Skepsis begründet sich auf der Vorstellung, dass es unwahrscheinlich sein dürfte, allein anhand einer Fundlage auf Brennpunkte der Schlacht zu schließen, wenn das Schlachtfeld 2000 Jahre anthropogenen und geogenen Einflüssen ausgesetzt gewesen ist. Es dürfte selbst bei jüngeren Schlachten scheitern, den Ablauf anhand von Bodenfunden nach Jahrhunderten zu rekonstruieren (ich denke da wieder an Austerlitz und den dortigen Ablauf mit Berg/Senke/Teiche), und auf Schwerpunkte zu schließen.

Das denke ich auch. Die Funde richtig zu interpretieren ist eine nur schwer lösbare Aufgabe. Zumal es an zweifelsfrei korrekt interpretierten Vergleichsfunden mangelt.
Würdest Du dann das Argument "Der archölogische Befund in Kalkriese deutet eher auf die Varusschlacht" so stehenlassen wollen ?

Das meiste was wir von der verklärten Varusschlacht wissen, kommt von dem fragwürdigen DIO. Von den wenigen harten Fakten sind der Tumulus und das erste bis letzte Lager bisher nicht in Kalkriese gefunden worden.
Dagegen kann man die wesentlich detailliertere Caecina-Schlacht auf die Kalkrieser Funde projezieren. Daß die Topographie passt, räumen sogar die Ausgräber selber ein.
Also rein statistisch ist das Ding durch und es müsste vorsichtig ausgedrückt heissen:
"Der archäologische Befund ist nicht eindeutig aber deutet aufgrund der nicht nachgewiesenen Varusdetails und der Menge nicht eindeutig wiederlegbarer Details des Ponteslongii-Szenarios eher auf diese Schlacht"

Gruss
jchatt
 
Nach meiner Ansicht fand am Wall das Finale der Schlacht statt und nicht der erste Überfall!

Dann hätte der Kampf eher abseits des Walles stattfinden müssen. Die Kampfspuren direkt am Wall deutet eher daraufhin, daß die Römer ihn angegriffen haben.
Überleg mal wie generell, losgelöst von jeglichem Varuskontext, Kampfspuren vor einem Wall interpretiert werden. Wer ist der Angegriffene und wer der Verteidiger.
Für den Varuskontext wäre es also wichtig den Weg zweifelsfrei nachzuweisen und daß die Römer ihn auch benutzt haben.
Beides ist meiner Meinung nicht zweifelsfrei gelungen.
Es gibt keine nennenswerten Kampfspuren oder Sandalennägeln entlang dieses mehr vermuteten als nachgewiesenen Weges.
Dagegen gibt es eine in späterer Zeit als Heerweg genutzte Alternative, die absolut dem entspicht was Militärhistoriker für einen Römerzeitlichen Heerweg fordern.

Gruss
jchatt
 
Zurück
Oben