Adel

Justine*

Neues Mitglied
Hallo :)
Ich verliere mich langsam in dem ganzen Gewirr aus Beiträgen im Internet zum Thema Adel in Frankreich im 18 jh. und hoffe deswegen dass ihr mir helfen könnt :)

Vor der Französischen Revolution war Frankreich ja in Provinzen aufgeteilt (danach in déparements). Diese Provinzen hatten wiederum untergeordnete Provinzen und jetzt bin ich verwirrt. Bei einem konkreten Beispiel wie der Normandie steht, dass sie von Herzögen beherrscht wurden, es aber dann nach 1469 zu einer Vereinigung mit der Krondomäne kam. Was geschah nun mit dieser Provinz? Herrschte nun lediglich der König darüber und die untergeordneten Provinzen gehörten Adligen oder hat das überhaupt nichts damit zu tun welches Gebiet einem Adligen zugesprochen wurde?
Wie war das mit einer Stadt - Herrschte ein Adliger oder ein Kloster nur über Ländereien und war die Stadt sogesehen neutrales Gebiet oder war die Stadt ebenfalls untergeordnet?

Vielen Dank schon im voraus
 
Die Normandie wurde genauer im Jahr 1204 der Krondomäne angegliedert. Danach wurde sie drei Mal an königliche Prinzen als Apanage verliehen. Denn französischen Adel der Neuzeit kann man nicht mit dem des hohen und späten Mittelalters vergleichen.

Zu Beginn des hohen Mittelalters war das westfränkische/französische Königreich bedingt durch die Schwäche seiner Könige in mächtige Feudalfürstentümer zerfallen (Normandie, Burgund, Aquitanien, Bretagne, Anjou, Toulouse, Champagne ect.), deren Fürsten formell zwar Vasallen der Könige waren, tatsächlich aber souverän auftreten konnten. Sie stellten sich gegebenenfalls auch gegen die Könige. Die Könige selbst konnten in dieser Zeit nur über ein verhältnismäßig kleines Gebiet um Orléans, Paris und Senlis eine direkte Herrschaft ausüben, das man Krondomäne zu nennen pflegt, während sie es im Rest des Königreichs mit mächtigen Fürsten zu tun hatten, auf deren Gefolgschaftstreue sie im besten Fall hoffen konnten, die aber nicht so ohne weiteres garantiert war. Die Krondomäne des 11. bis zum Ende des 12. Jahrhunderts umfasste in etwa das Gebiet der heutigen Region der Île-de-France (Insel von Frankreich).

Dieser Zustand begann sich unter der Herrschaft König Philipps II. Augustus zum Beginn des 13. Jahrhunderts grundlegend zu wandeln. Mit der Zerschlagung des sogenannten „angevinischen Reichs“, einem Territorialkonglomerat der Plantagentes, im Jahr 1204 per Gerichtsurteil(!) wurden ehemals mächtige Fürstentümer wie Normandie, Anjou und andere in die Krondomäne aufgenommen. Mit Fürstentümern deren Herrscherfamilien ausstarben (Toulouse) konnte man nun als erledigte Lehen ebenso verfahren. Das heißt, von da an konnte der König direkt in diesen Gebieten herrschen.

Nur etwas später, mit den Söhnen König Ludwigs VIII., setzte die Praxis ein, Prinzen des königlichen Hauses mit bedeutenden Lehen zu apanagieren. Formell bedeutete dies zwar ein Verlust für die Krondomäne, allerdings sind diese prinzlichen Apanagen nicht mit den alten Feudalfürstentümern zu vergleichen. Zum einen wurden diese Lehen nun mit Angehörigen des Königshauses besetzt, die im Zweifelsfall loyaler gegenüber der Krone waren als die alten Fürstenhäuser, zum anderen achtete die Krone darauf, dass in diesen Apanagen wichtige Hoheitsrechte zu ihren Gunsten bestehen blieben, wie zum Beispiel die Gesetzgebung, die Rechtssprechung und die Fiskalverwaltung. Vertreten wurde die Krone in den Regionen durch die von ihr eingesetzten Beamten, die Seneschallate und die Bailliages, die später in Gouvernements zusammengefasst wurden. Die Apanagen selbst stellten im Grunde nichts anderes dar als die finanzielle Grundversorgung für königliche Prinzen und deren Nachkommen, die aus den Steuerabgaben dieser Lehen abgezweigt wurde. Nur einmal während des hundertjährigen Kriegs wurde eine solche königliche Sekundogenitur für die Krone gefährlich, als sich die Herzöge von Burgund sich mit ihren königlichen Vettern zerstritten und drohten von Frankreich abzufallen. Das baldige Aussterben der burgundischen Valoislinie verhinderte dies allerdings.

Mit Beginn der Neuzeit verringerte sich die Anzahl der im Spätmittelalter aufgekommenen Apanagen zunehmend, zumeist bedingt durch das Aussterben der jeweiligen prinzlichen Linien oder deren Enteignung (siehe Bourbon 1527). Das letzte bedeutende prinzliche Fürstentum war das der Bourbon-Vendôme, deren Besitzungen mit der Thronbesteigung Heinrichs IV. 1589 in den Besitz der Krone übergingen. Die Adelswelt des bourbonischen Frankreichs (Ancien Regimé) hatte dann nichts mehr mit der des Mittelalters zu tun. Fürstentümer gab es nicht mehr, das Land war gänzlich dem zentralstaatlichen Gedanken folgend in Veraltungseinheiten organisiert. Der Adel wiederum durfte sich in der Staatsverwaltung und dem Militär seine Brötchen verdienen, geschmeichelt wurde ihm durch Rangerhöhungen seiner Titel. So konnte z. B. aus dem Herrn des Schlosses Sully, das im Mittelalter eine zugige Burg an der Loire war, ein „Duc de Sully“ werden. Große wohlklingende Titel blieben dem Königshaus vorbehalten. So nannte Ludwig XIV. seine Söhne und Enkel „comte de Toulouse“, „Duc de Bourgogne“, „Duc de Bretagne“ oder „Duc d’Anjou“ (der spätere König von Spanien). Der Sohn Ludwigs XVI. wurde „duc de Normandie“ genannt, gleichwohl Herzogtümer und Grafschaften nicht mehr existierten. Die Prinzen wurden einfach der Höflichkeit (Höflichkeitstitel!) halber so genannt, was übrigens bis heute so unter den Nachkommen der Bourbonen gehandhabt wird.

Was die Städte (Kommunen) angeht, so waren diese im hohen Mittelalter in der Regel dem jeweiligen Fürsten untertan, dessen Herrschaftsbereich sie angehörten. Rouen zum Beispiel war ja die Hauptstadt Wilhelms des Eroberers und seiner Vor- und Nachfolger als Herzöge der Normandie. Als die Normandie 1204 an die Krondomäne fiel, musste Rouen gegenüber dem König kapitulieren (1. Juni 1204). Innerhalb der Krondomäne waren die Kommunen einzig dem König zur Treue verpflichtet, sie mussten Abgaben an die Krone entrichten und gegebenenfalls Truppen für den Krieg stellen. Im Gegenzug wurden ihnen Privilegien und Freiheiten gewährt um die sie von manch Adligen beneidet wurden. Dieses Verhältnis blieb bis zur Revolution im Wesentlichen so bestehen. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war die kommunale Bürgerschaft so wohlhabend und Einflussreich geworden, dass ihr 1302 in der königlichen Ratsversammlung erstmals Plätze als 3. Stand zugewiesen wurde. Die Geburtsstunde der Generalstände.
 
Vielen Dank für diese ausfürliche Antwort - hat mir ein ganzes Stück weitergeholfen :)
Habe ich das richtig verstanden, dass die Provinzen eigentlich keine Bedeutung mehr hatten, da sie früher oder später dem König zufielen (also mit der Angleichung an die Krondomäne)?
Habe gerade eine weitere Frage zum Thema Adel: Innerhalb des Adels gab es, wie du sagst, verschiedene Ränge, die man sich verdienen konnte - Diese nun verbunden mit dem Schloss Verseille und den etlichen Adligen die dort zu Zeiten Ludwig XVI ein- und ausgingen; welchen Rang musste man haben bzw. wie musste man dem König gedient haben um ein solches Privileg zu erlangen?

Vielen Dank :)
 
Innerhalb des Adels gab es, wie du sagst, verschiedene Ränge, die man sich verdienen konnte - Diese nun verbunden mit dem Schloss Verseille und den etlichen Adligen die dort zu Zeiten Ludwig XVI ein- und ausgingen; welchen Rang musste man haben bzw. wie musste man dem König gedient haben um ein solches Privileg zu erlangen?
Ob man in Versailles eingelassen wurde, hatte etwas vor allem damit zu tun, ob man jemanden bei Hof kannte, welcher die Vorstellung übernahm. Wenn man dem König vorgestellt war, durchlief man oft eine Einführung beim restlichen wichtigeren Hofstaat.
Ein Paradebeispiel dafür, dass man nichtmal von adeliger Geburt sein musste, dürfte Madame du Barry (1743-1793) sein, welche die letzte Mätresse des Königs Louis XV war. Bei den Personen von niederem Stand war es aber schwierig jemanden zu finden, der sich für ihre Vorstellung einsetzte.

Bei den ersten Familien Frankreichs, denen der Herzöge und Fürsten, war freilich eine Einführung bei Hofe eine Selbstverständlichkeit.
 
Also konnte man ohne Einladung des Hausherren, in Schloss Verseille ein- und ausgehen, solange man jemand kannte - Durft man dann auch an der Tafel speisen oder war das nicht allen vergönnt?
Welches sind denn diese "ersten Familien Frankreichs"?
 
Also konnte man ohne Einladung des Hausherren, in Schloss Verseille ein- und ausgehen, solange man jemand kannte - Durft man dann auch an der Tafel speisen oder war das nicht allen vergönnt?
Welches sind denn diese "ersten Familien Frankreichs"?
Bei den Besuchern von Versailles ist in verschiedene Gruppen zu unterscheiden.
Da gab es zum einen die königliche Familie. Diese wohnte ohnehin einen großen Teil des Jahres dort, einmal abgesehen von den Prinzessinnen und Prinzen die schon an einen anderen Hof durch Heirat oder Erlangung einer Krone gekommen waren oder bspw. den Weg ins Kloster gewählt haben.

Dann gab es jene Hofadeligen, welche erreichten, dass sie im Schloss Versailles wohnen konnten. Scheinbar genügte vielen Adeligen mit dem Wohnrecht im Schlosstrakt selbst diese Unterkunft nicht, denn viele richteten sich noch außerhalb des Schlosses eine Wohnung ein oder errichteten ein Palais. Dennoch war es ein großes Privileg im Schloss theoretisch wohnen zu können und entsprechend begehrt.

Dann gab es jene Adeligen, die zwar nicht im Schloss von Versailles wohnen konnten (weil sie keine guten Beziehungen zu den dafür zuständigen Hofbeamten hatten oder kein Platz frei war...), aber der königlichen Familie vorgestellt worden waren. Diese Adeligen hatten den Vorteil bspw. vom König eher Beachtung geschenkt zu bekommen und zählten wie die oben genannten Adeligen zum eigentlichen Hof. Eine besondere Ehre war es für die Adeligen beim Levée oder Coucher des Königs bzw. der Königin eine Rolle zu spielen, oder auch nur zugegen sein zu dürfen. Zu den größten Gunstbezeigungen zählte es, wenn man zum auserwählten Kreis derjenigen gehörte, welche auf die Jagd des Königs geladen wurden oder die dann unter Louis XV bei den intimeren Soupers des Königs zugegen sein konnten, wozu nur wenige Adelige (um die 20, wenn ich mich recht entsinne) Zutritt hatten.

Auch wenn man nicht dem König vorgestellt worden war, konnte man sich, wenn man halbwegs von Stand war in Versailles verkehren, wurde aber von der eigentlichen Hofgesellschaft kaum bis garnicht beachtet. Die Vorraussetzung dafür war, dass man ordentlich gekleidet war. Ich glaube, es gab sogar einen Verleih von Degen für Leute, die keinen besaßen, aber passend herumlaufen wollten. Diese Personen waren aber bei wichtigen Anlässen nicht zugegen und hatten keine Chancen dem König aufzufallen. Es wird immer wieder erwähnt, dass die eigentlichen Hofadeligen, also diejenigen welche vorgestellt worden waren, rote Absätze als besonderes Privileg tragen durften.
Tatsächlich sieht man diese Absätze oft auf zeitgenössischen Gemälden des 18.Jh..

Du hast die Mahlzeiten angesprochen.
Da muss man klar unterscheiden zwischen Mahlzeiten der königlichen Familie mit eher Schaucharakter und gemeinschaftlichen Essen der Hofgesellschaft. Das offizielle Diner des Königspaares nahm dieses im Sitzen ein, während die adelige Gesellschaft stehend dieses anschauen konnte. Bedeutende Personen wie der Großfürst von Russland Paul durfte sich auch bei seinem Besuch bei Louis XVI dazu setzen.
Dann gab es eher inoffizielle Mahlzeiten, die sozusagen außerhalb des Zeremoniells stattfanden. Bedeutend waren diesbezüglich die Soupers des Königs, wobei auch zur Zeit von Louis XV und der Madame de Pompadour die Mätresse des Herrschers anwesend war und wobei man sich verhältnismäßig ungezwungen verhielt. Dann gab es noch große Festessen zu wichtigen Anlässen, wobei die Hofgesellschaft gemeinsam speiste. An den meisten Höfen Europas war es dann so, dass es eine der Rangfolge entsprechende Sitzordnung gab. Unbedeutende Adelige wurden auch bisweilen in Räumen verköstigt, die von denen der Spitze der Feudalgesellschaft getrennt waren.
Bei den Bällen gab es auch schon so etwas wie ein Buffet.

Von diesen verschiedenen Mahlzeiten sind noch diejenigen zu unterscheiden, welche Hofadelige in ihren Räumen ihren Freunden oder unterstellten Beamten gaben, bspw. wenn der Kriegsminister ein Essen gab und vor allem Befehlshaber und Beamte einlud.

Mit "die ersten Familien Frankreichs" meine ich die Familien, welche durch ihre Verdienste und Posten im Staat einen besonderen Ruf genossen und jene, die ihre Ahnen so weit in die Vergangenheit als adelig nachweisen konnten, dass sie das Recht hatten, den König als "Vetter" anzureden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke :)
Man musste also jemanden am Hof kennen, der einem vorstellt und zudem musste man selber einigermassen von Stand sein - habe ich das richtig verstanden? Ein Bauer wurde somit sicherlich nicht zugelassen aber wie stand es mit dem reichen Bürgertum - stellten diese eine Ausnahme dar, da sie zwar noch dem 3. Stand angehörten aber durchaus Kontakte zu Adligen hatten?
Was musste man tun, bzw. welchen Rang unter dem Adel musste man haben, um zu dem auserwählten Kreis zu gehören, der den König auf die Jagd begleiten durfte?

Eine weitere Frage: Was für Berufe gab es unter den Adligen, welche nicht im direkten Umkreis von Paris wohnten und dem Landadel (kann man noch von Landadel sprechen?) angehörten?
 
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Man musste also jemanden am Hof kennen, der einem vorstellt und zudem musste man selber einigermassen von Stand sein - habe ich das richtig verstanden?
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Ein Bauer wurde somit sicherlich nicht zugelassen aber wie stand es mit dem reichen Bürgertum - stellten diese eine Ausnahme dar, da sie zwar noch dem 3. Stand angehörten aber durchaus Kontakte zu Adligen hatten?

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Was musste man tun, bzw. welchen Rang unter dem Adel musste man haben, um zu dem auserwählten Kreis zu gehören, der den König auf die Jagd begleiten durfte?

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Eine weitere Frage: Was für Berufe gab es unter den Adligen, welche nicht im direkten Umkreis von Paris wohnten und dem Landadel (kann man noch von Landadel sprechen?) angehörten?
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Richtig verstanden. :)

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Ich habe noch nichts davon gelesen, dass ein Bürgerlicher dem König vorgestellt wurde. Eine Ausnahme mögen Gesandte sein. Die US-Gesandten waren ja keine Adeligen, rangierten aber als Vertreter eines Staates natürlich in einer ganz anderen Liga.

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Hm, ist mir nicht bekannt, dass Nichtadelige an der Jagd teilnahmen. Mal abgesehen natürlich von den Jagdbediensteten.

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Am wichtigsten war natürlich das Militär und die Kirche, wobei ich immer Bauchschmerzen habe "Geistlicher" als Beruf zu bezeichnen.
Viele Adelige waren Offiziere.

Adelige arbeiteten auch in der Verwaltung oder in den Parlamenten. Die Gouverneure entstammten ja oftmals alten Familien.
Zur Noblesse de Robe kannst Du Dich hier einmal informieren: Noblesse de robe ? Wikipedia

Daneben betrieben einige Adelige Handel. Wobei solche eher "unadeligen" Beschäftigungen früher angeblich auch den Verlust des Adelsprädikats mit sich bringen konnten. Siehe da: http://www.geschichtsforum.de/232055-post9.html

Die meisten Adeligen lebten aber sicherlich von den Erträgen ihrer Besitzungen, sprich den Einnahmen durch ihre Bauern, welche oftmals schon Pächter auf dem Lande waren.
Ganz arme Adelige lebten quasi wie Bauern und mussten selber arbeiten. In der Bretagne lebte viel armer Adel: http://www.geschichtsforum.de/468259-post11.html
 
Habe das mit dem Zitieren hier noch nicht ganz raus aber kopieren tuts wohl auch ;)
>Auch wenn man nicht dem König vorgestellt worden war, konnte man sich, wenn man halbwegs von Stand war in Versailles verkehren, wurde aber von der eigentlichen Hofgesellschaft kaum bis garnicht beachtet.< Das jetzt in hinblick auf 2. dann konnte doch ein reicher Bürcherlicher mit Verbindungen der zwar nicht beim König vorgestellt wurde, trotzdem bei Hofe verkehren, musste einfach damit rechnen nicht beachtet zu werden, oder war das wegen dem Stand schlichtweg unmöglich?

Zu 3. meinte ich welchen Rang unter dem Adel man haben musste um an der Jagdgesellschaft teilnehmen zu dürfen -Wie musste man dem König gedient haben um ein solches Privileg zu erhalten.
Danke :)
 
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Das jetzt in hinblick auf 2. dann konnte doch ein reicher Bürcherlicher mit Verbindungen der zwar nicht beim König vorgestellt wurde, trotzdem bei Hofe verkehren, musste einfach damit rechnen nicht beachtet zu werden, oder war das wegen dem Stand schlichtweg unmöglich?
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Zu 3. meinte ich welchen Rang unter dem Adel man haben musste um an der Jagdgesellschaft teilnehmen zu dürfen -Wie musste man dem König gedient haben um ein solches Privileg zu erhalten.
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Könnte man so sagen. Es ist aber etwas anderes, ob man dem Hof angehört oder nur im Schloss rumspazieren darf.
2.)
Das ist hauptsächlich eine Frage persönlicher Sympathie. Die "Verdienste" sind nicht ganz wörtlich zu nehmen.
Man wurde bei Hofe vorgestellt von Verwandten oder Bekannten, dann sah der König den Adeligen desöfteren. Vielleicht mochte er dessen Eltern und sprach ihn an. Wenn ihm dann das Gespräch gefiel, suchte er den Adeligen für die engere Gesellschaft aus.
Als "Verdienste" genügte eine gute Abstammung oder aber ein gewinnendes Wesen. Ganz gut war es natürlich, wenn der junge Adelige irgendwie sich hervor tun konnte, um dem Monarchen aufzufallen. Recht rasch avancierte man als Adeliger, wenn man genug Geld hatte, um sich schöne Posten im Militär zu kaufen und obendrein sich mit Personen im näheren Umkreis des Königs wie der Mätresse aber auch anderen wichtigen Höflingen gut zu stellen verstand.
 
Vielen Dank für die Antworten - waren sehr hilfreich :)
Solche Punkte werden leider in der Schule zumeist nicht näher durchgenommen und sind im Internet nur am Rande erwähnt oder gar nicht zu finden. :/
 
Mit "die ersten Familien Frankreichs" meine ich die Familien, welche durch ihre Verdienste und Posten im Staat einen besonderen Ruf genossen und jene, die ihre Ahnen so weit in die Vergangenheit als adelig nachweisen konnten, dass sie das Recht hatten, den König als "Vetter" anzureden.

Was ist eigentlich mit den hochadligen französischen Herzogsfamilien? Verbrachten die ihre Zeit nur noch in Versailles oder auch auf ihren Schlössern in den jeweiligen herzoglichen Residenzen?

Gab es überhaupt noch festumrissene Herzogtümer und welche Befugnisse hatten die dortigen Behörden? :grübel:
 
Was ist eigentlich mit den hochadligen französischen Herzogsfamilien? Verbrachten die ihre Zeit nur noch in Versailles oder auch auf ihren Schlössern in den jeweiligen herzoglichen Residenzen?
Hm, das ist schwer zu generalisieren. Der Emmanuel Duc de Croÿ lebte einen großen Teil des Jahres in der Provinz, wo zum einen seine Besitzungen lagen oder er als Beamter des Königs tätig war.

Aber auch andere große Familien investierten sicher nicht umsonst große Summen in ihre Schlossbauten auf dem Land. Die Marquise de Pompadour, Herzogin von Ménars, hatte viele Landsitze, wobei sie beinahe garnicht dazu kam, diese auch entsprechend zu bewohnen, weil sie zuviel umher reiste oder beim König in Versailles weilte. Teilweise ließ sie die Schlösser gerade fertig ausstatten, als sie diese auch schon wieder weiterverkaufte.

Der König selber hatte ja diverse kleinere Schlösser, die er gern aufsuchte, weil er Versailles nicht wirklich mochte, abgesehen davon, dass er angeblich vor seinem Schwiegervater floh, wenn der vorbei schaute, um seine Tochter zu besuchen.:rofl:

Die Condés lebten gern in Chantilly.

Man kann insgesamt sagen, dass wohl die meisten großen Familien in Versailles oder Fontainebleau beim Hof wohnten, darüber hinaus auch Wohnungen oder dergl. in der Stadt Versailles, ein Hôtel in Paris hatten und obendrein noch zumindest ein Schloss auf dem Lande hatten. Wie die Verteilung war, also wo sich diese Adeligen häufiger aufhielten, scheint von den übrigen Aufgaben (z.B. als Gouverneur) oder aber den Hofämtern (z.B. grand chambellan) abhängig gewesen zu sein.
 
Danke, Briso! :winke:

Bleibt noch die Frage, welche Kompetenzen die französischen Herzogtümer gegenüber der französischen Zentralregierung hatten. Hatten die Herzogtümer überhaupt noch Kompetenzen, oder gab es sie nur noch virtuell? Wie lässt sich das mit einem Herzogtum bzw. Reichsfürstentum im Heiligen Römischen Reich vergleichen, z.B. mit Württemberg oder Bayern?
 
Hatten die Herzogtümer überhaupt noch Kompetenzen, oder gab es sie nur noch virtuell? Wie lässt sich das mit einem Herzogtum bzw. Reichsfürstentum im Heiligen Römischen Reich vergleichen, z.B. mit Württemberg oder Bayern?
Mir sind keine Kompetenzen bekannt. Mit den deutschen Verhältnissen wäre es wohl vergleichbarer gewesen, wenn die Fronde mehr Erfolg gehabt hätte.

Die Herzogtümer Württemberg und Bayern hatten über den Reichstag eine gewisse Mitsprache bei der Gesetzgebung. Irgendwann wurde im Reich erreicht, dass sich die Stimmen nicht mehr vermehrten, sondern ein Fürstenhaus nur eine bestimmte Anzahl von Stimmen für bestimmte Territorien hatte.

Einen direkten Einfluss auf die Politik hatten aber nicht die Herzöge in Frankreich sondern die Parlamente, auch wenn sich die Herzöge im Rahmen der Parlamente natürlich auch engagieren konnten. So war Louis François Prince de Conti als Pair auch im Pariser Parlament. http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Fran%C3%A7ois_I._de_Bourbon,_prince_de_Conti#Conti_als_Rebell
Da haben wir also schon eine gewisse Mitsprache, aber diese scheint mir von der Exklusivität nicht ebenso ausgeprägt wie die der Reichsfürsten im HRR auf den Kreistagen und im Reichstag, wo mehr oder minder die Großen die Politik unter sich ausmachten, v.a. wenn überhaupt bloß das Kurfürstengremium konsultiert wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, Briso! :winke:

Bleibt noch die Frage, welche Kompetenzen die französischen Herzogtümer gegenüber der französischen Zentralregierung hatten. Hatten die Herzogtümer überhaupt noch Kompetenzen, oder gab es sie nur noch virtuell? Wie lässt sich das mit einem Herzogtum bzw. Reichsfürstentum im Heiligen Römischen Reich vergleichen, z.B. mit Württemberg oder Bayern?

Zur Ergänzung:

In Frankreich gab es nur einen souveränen Fürsten: den König. Ihm allein standen die Rechte der außenpolitischen Vertretung des Landes und damit z.B. die Frage von Krieg und Frieden zu. Der franz. Hochadel war da außen vor. Daher ist es recht schwierig, den franz. Hochadel zur Zeit des ancien régimes überhaupt zu definieren. Das gelingt wohl nur noch über die Tradition der alten Familien, die vom König mit Vetter angeredet wurden, wie Brissotin weiter oben ausführte.

Grüße
excideuil
 
Daher ist es recht schwierig, den franz. Hochadel zur Zeit des ancien régimes überhaupt zu definieren. Das gelingt wohl nur noch über die Tradition der alten Familien, die vom König mit Vetter angeredet wurden, wie Brissotin weiter oben ausführte.
Ich würde mal sagen, dass auf jeden Fall die Herzöge zum Hochadel zu zählen sind, ob sie nun aus alten Familien stammten oder nicht. Nehmen wir beispielsweise die Richelieus. Die Familie war zwar vor dem berühmten Kardinal dieses Namens niederadelig, aber m.E. im 18.Jh. schon extrem etabliert.
 
Ich würde mal sagen, dass auf jeden Fall die Herzöge zum Hochadel zu zählen sind, ob sie nun aus alten Familien stammten oder nicht. Nehmen wir beispielsweise die Richelieus. Die Familie war zwar vor dem berühmten Kardinal dieses Namens niederadelig, aber m.E. im 18.Jh. schon extrem etabliert.

Ob ein Herzogtitel automatisch die Zugehörigkeit zum Hochadel bedeutete, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass eben uralte Familien wie z.B. die Talleyrands zum Hochadel gehörten, die aber "nur" den Grafentitel führten. Deshalb ist es ja überhaupt schwierig, eine Zuordnung zum Hochadel zu definieren. Eine Bedeutung als souveräne Fürsten oder Lehns-Vasallen hatte der Hochadel nicht mehr, daher kann ja nur noch die Tradition und vllt. in Ausnahmen? Verdienst eine Rolle gespielt haben.

Grüße
excideuil
 
Dieter schrieb:
Gab es überhaupt noch festumrissene Herzogtümer und welche Befugnisse hatten die dortigen Behörden?

Herzogtümer oder Grafschaften als Territorialfürstentümer existierten im bourbonischen Frankreich nicht mehr. Ehemals (im Mittelalter) mächtige Feudalterritorien wie Normandie, Aquitanien, Burgund, Toulouse, Bretagne u. a. waren seit dem Spätmittelalter und vor allem seit Beginn der Neuzeit unmittelbares Kronland. Granz Frankreich war in Provinzen und Gouvernate administrativ gegliedert, die mit Beamten der Krone besetzt wurden. Gesetzgebung und Rechtssprechung waren für das ganze Land Angelegenheit der Krone, ebenso wie die Außenpolitik.

Der Adel Frankreichs bildete bekanntlich seit dem Hochmittelalter (13. Jahrhundert) innerhalb der Generalstände den zweiten Stand und konnte darüber an politischen und gesetztgebenden Entscheidungen der Krone beteiligt werden. Im bourbonischen Frankreich (Absolutismus) aber regierte der König eine lange Zeit ohne die Generalstände, Ludwig XIV. und Ludwig XV. haben sie nie einberufen und Ludwig XVI. auch nur einmal, am Vorabend der Revolution. Ergo besaß der Adel im Ancien Regimé nur einen indirekten politischen Einfluss, der durch persönliche Beziehungen zum König und zur Hofgesellschaft in Versailles hergestellt werden konnte. Oder der Adel suchte (kaufte) sich Posten im Staat, zum Beispiel im Militär oder in der Provinzverwaltung. Die Gouvernements wurden ja in der Regel mit Hochadligen betraut.

Der hohe Adel Frankreichs definierte sich seit dem 13. Jahrhundert in den Pairs de France, ein Stand innerhalb des Adels der bis zur Revolution bestehen blieb. Die vom könig zu Pairs erhobenen Familien besaßen gegenüber dem niederen Adel gewisse rechtliche Privilegien, zum Beispiel durften sie vor dem Pairsgericht direkt vor dem König angehört werden. Auch standen sie in der Hofgesellschaft dem König am nächsten. Pairs waren in der Regel im Besitz eines herzöglichen Titels und selbst königlich-kapetingischer Abstammung (prince du sang). Daneben gab es aber noch einige alte Familien wie die Montmorency, Béthune, Rohan, La Rochefoucauld, Lévis, la Tour d'Auvergne und Luxembourg, oder naturalisierte Auswärtige wie Gonzaga oder Savoyen.
 
Herzogtümer oder Grafschaften als Territorialfürstentümer existierten im bourbonischen Frankreich nicht mehr. Ehemals (im Mittelalter) mächtige Feudalterritorien wie Normandie, Aquitanien, Burgund, Toulouse, Bretagne u. a. waren seit dem Spätmittelalter und vor allem seit Beginn der Neuzeit unmittelbares Kronland. Granz Frankreich war in Provinzen und Gouvernate administrativ gegliedert, die mit Beamten der Krone besetzt wurden. Gesetzgebung und Rechtssprechung waren für das ganze Land Angelegenheit der Krone, ebenso wie die Außenpolitik.

Das war die zentrale Aussage, die ich bereits vermutet hatte.

Demnach sind die französischen Grafschaften und Herzogtümer in keiner Weise vergleichbar mit den Fürstentümern des Heiligen Römischen Reichs, wo sich Landesherren etabliert hatten, die ehemals königliche Rechte bzw. Regalien an sich gezogen hatten, angefangen vom Münzregal und Zollregal bis hin zum Marktregal und zur obersten Gerichtsbarkeit.
 
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