Hatte Hannibal eine Chance?

Etwa 30.000 Römer standen noch in Spanien. Spanien wäre wohl verloren gewesen, wenn die dortigen punischen Truppen abgezogen worden wären. Dann hätten die Römer also nach Cannae noch mehrere 10.000 Mann für weitere Eroberungen oder aber für den Einsatz in Italien gehabt. Ein Jahr nach Cannae hatten die Römer auch die bereits genannten 20.000 Mann auf Sardinien. Die müssen auch innerhalb des Jahres ausgehoben oder gesammelt worden sein. Wenn man all diese Truppen zusammenrechnet, hätten die Römer sicherlich 215 40.000-50.000 Mann für eine Invasion in Nordafrika gehabt.

JChatt hat es doch oben treffend beschrieben. Offensichtlich waren sich die Kriegsparteien sehr genau der strategischen Lage bewusst. Trotz der Bedrohung ihrer Stadt, und trotz Cannae, zogen die Römer ihre Truppen nicht aus Spanien ab, verstärkten sogar noch die Kontingente auf Sardinien und Sizilien. Und genau dort griffen die Karthager auch ganz entschieden an, zogen allerdings letztlich den kürzeren.
Bei aller späteren Heldenverehrung um Hannibal - der Krieg wurde nicht in Italien entschieden. Ihn auf die Ereignisse in Italien zu reduzieren und dortige, lokale Strategien zu entwickeln, geht am Kern des Konfliktes vorbei.
 
Nach den Verlusten von der Trebia, dem Trasimerischen See, Cannae und dem Hinterhalt der Bojischen Gallier in die eine verstärkte römische Legion 216 nach Cannae vernichtet wurde, herrschte in Rom Mangelware an derart geeigneten Bürgern. Daher mussten ärmere Bürger, sogar Skalven auf Kosten des Staates rekrutiert werden. Das erzeugte eine vorübergehende Qualitätslücke. Für einige Jahre war also die qualitative Überlegenheit der bürgerischen Römersoldaten gegenüber neu rekrutierten Söldnern nicht gegeben.
Siehe dazu die Beiträge #31 ff.

Wenn aber gemäß meinen früheren mails weitere römische Armeen vernichtet, weitere Städte angefangen mit Nola gefallen wären, dann hätten sich auch mehr Bundesgenossen der Römer gelöst. Als Kandidaten fallen mir weitere Städte in der Campana ein oder die Etrusker.
Selbst wenn: Was hätte das Hannibal letztlich gebracht? Ich schließe mich YoungArkas, tela und Stilicho an.
Den Verlust diverser süditalischer Bundesgenossen hätten die Römer wohl einigermaßen verschmerzen können, wenn sie im Gegenzug die Kornkammern Afrikas und die Numidier und Iberer als Verbündete gewonnen hätten. Hannibal wäre dann unter seinen Bundesgenossen in Süditalien gesessen, während die Römer und Numidier das Umland Karthagos verheeren ...

Die Römer wussten ganz genau, wie sie den Krieg gewinnen können: Indem sie den Karthagern ihre personellen und finanziellen Ressourcen wegnehmen und den Krieg anschließend ins feindliche Kernland tragen. Den Hannibal ließen sie einstweilen in Italien weitgehend links liegen. Hannibal hatte den Krieg im Wesentlichen verloren, als die Römer trotz mehrerer schwerer Niederlagen nicht in einen Frieden einwilligten. Halbwegs gewinnen hätte er vermutlich nur noch können, wenn die Römer in Spanien etc. gescheitert wären, weil dann auch ihnen die Möglichkeiten, den Krieg für sich zu entscheiden, ausgegangen wären. Solange sie jedoch in Spanien und auf den Inseln Erfolge erzielten, konnten sie hoffen, den Krieg trotz vieler Opfer und Rückschläge langfristig zu gewinnen.

Mit welchen Truppen hätten die Römer denn nach Cannae derart massive Eroberungen durchführen sollen? Syrakus war ja 216 noch prorömisch, wechselte erst später zu Karthago.
Mit den Truppen, mit denen sie es auch in der Realität taten. Vor, während und nach Cannae standen römische Truppen in Spanien, auf Sizilien und Sardinien. In den folgenden Jahren eroberten sie Syrakus und Spanien, machten die meisten Numidier den Karthagern abspenstig und landeten schließlich selbst in Afrika, sodass die Karthager Hannibal heimriefen.

Wir haben genug Quellen über den Verlauf des zweiten punischen Krieges um alternative Strategien und deren vorausichtlichen Verlauf diskutieren zu können.
Das nennt man Alternate History.
Das Problem ist, dass man nie alle Parameter berücksichtigen kann, von mehr oder weniger zufälligen Ereignissen mal ganz abgesehen. Was wäre z. B. passiert, wenn Hannibal in Deinem alternativen Kriegsverlauf bei einem der von Dir geforderten Angriffe auf Rom oder eine verbündete Stadt gefallen wäre? Oder wenn er Rom oder eine andere Stadt belagert hätte und seine Armee wäre von einer Seuche (wie sie gerade bei Belagerungen häufig auftraten) hinweggerafft worden?
 
"Das Problem ist, dass man nie alle Parameter berücksichtigen kann, von mehr oder weniger zufälligen Ereignissen mal ganz abgesehen. Was wäre z. B. passiert, wenn Hannibal in Deinem alternativen Kriegsverlauf bei einem der von Dir geforderten Angriffe auf Rom oder eine verbündete Stadt gefallen wäre? Oder wenn er Rom oder eine andere Stadt belagert hätte und seine Armee wäre von einer Seuche (wie sie gerade bei Belagerungen häufig auftraten) hinweggerafft worden?"

Das ist alles richtig. Nur das Thema dieser Diskussion lautet eben nicht. "Wie gab es einen unwiderlegbaren von Rom nicht konterbaren weg für Hannibal den zweiten punischen Krieg zu gewinnen und selbstverständlich hat der Verfasser eines Beitrages hierzu einen lückenlosen historischen Beweis anzutreten, sonst wird er niedergemacht".
Wenn ich dann im Rahmen des Themas eine Chance aufzeige, was eine Möglichkeit gewesen wäre und auch einiges an guten Gründen dafür aufgeführe, wird oben genannter Maßstab angelegt und die Chance hinweg diskutiert so als hätte das auf gar keinen Fall so sein können.
Nur wenn Ihr so verfahrt, dann solltet ihr gar nicht erst anfangen. Mir ist jedenfalls jede Lust vergangen hier weiter zu posten. Ich bin offensichtlich im falschen Forum.
 
Hallo Udo,

ich habe jetzt diesen Thread nicht im Ganzen gelesen und mich auch nicht intensiv mit deiner Position bzw. der deiner Mitdiskutanten beschäftigt. Solltest du aber tatsächlich auf massiven Widerspruch gestoßen sein, wie es deinem Beitrag zu entnehmen ist, dann sollte dir das zu denken geben und du solltest deine Position noch einmal überdenken, ob sie denn wirklich aufrecht zu erhalten ist.
Grundsätzlich gilt aber, dass man in einem Diskussionsforum Widerspruch aushalten können muss, ohne gleich zu meinen, man würde "niedergemacht".
Thesen müssen eben auch überzeugen und das tun sie nun mal, wenn man sie mit Fakten belegt.

In diesem Sinne

EQ
 
Hallo Udo,

Grundsätzlich gilt aber, dass man in einem Diskussionsforum Widerspruch aushalten können muss, ohne gleich zu meinen, man würde "niedergemacht".
Thesen müssen eben auch überzeugen und das tun sie nun mal, wenn man sie mit Fakten belegt.
EQ
Widerspruch ist nicht das Problem, sondern die Art und Weise wie das hier geschieht.
Ich hatte gehofft mit den Leuten hier eine alternative Timeline zu entwickeln. Das ist aber nicht möglich, wenn man jeden Ansatz dazu niederwalzt und jemanden der das versucht der "Kaffeesatzleserei" und ähnlicher Begriffe bezichtigt.
Dann stirbt plötzlich Hannibal aber das auch der spätere Scipio Afrikanus in einer alternativen Timeline sterben könnte, wird nicht in Erwägung gezogen. In der Konfliktsimulation nennt man das Leader Loss, von diesem potentiellen Risiko wären ALLE Leader betroffen, nicht nur Hannibal.
Dann wird auch noch, nur weil Mago in meiner Timeline nicht nach Spanien geht sondern nach Italien, Spanien von Rom 215 überrannt und Afrika noch gleich dazu. Als Geschichtsstudent würde der Verfasser einer solche These mit Karacho durch jede Prüfung fliegen.
Was ist denn mit Hasdrubal Barkas und Hasdrubal Gisgo? Beide hatten starke Armeen in Spanien. Im 3. Punischen Krieg brauchte Rom drei Jahre um das damals bereits total geschwächte Karthago zu besiegen. Selbst im Jahre 205 hatte Scipio grosse Schwierigkeiten eine Senatsmehrheit für seine Landung in Afrika zu bekommen. Im Jahre 215 hatte Rom ganz andere Sorgen!

Mit normaler Geschichtsanalyse kommt man bei einem solchen Thema ob Hannibal eine Chance hatte nicht weiter. Wir alle wissen, dass die Römer gewonnen haben.
Zwangsläufig entfernt sich eine "was wäre gewesen wenn" Studie von der historischen Wahrheit und lässt sich auch nicht historisch beweisen. Dennoch sind Simulationen ( in unserem Fall Konfliktsimulationen) und strategische Studien ernstzunehmende Wissenschaft und kein Hokuspokus.

Es gibt Flugsimulatoren und andere militärische Simulationen mit den Piloten und Offiziere auf einen möglichen Ernstfall vorbereitet werden. Dort werden alle denkbaren Konflikte, mit vorr. Gegner Verhalten durchgespielt. Die Ergebnisse sind höchst eindrucksvoll und kostensparender als Militärmanöver. Oft simulieren einige Offiziere das Verhalten des Gegners (in der NATO "Übungsgruppe Rot").
Es gibt Alternate History Romane wie zum Beispiel Peter Tsouras "Gettysburg an Alternate History". Das sind keine Hirngespinste sondern ernsthafte strategische Studien, die basierend auf den historischen Fakten und mit sehr grosser detailtreue einige Parameter ändern und dann darauf basierend analysieren wie sich die Geschichte dann wahrscheinlich weiterentwickelt hätte.
Neben der Wissenschaftlichen Konfliktsimulation gibt es auch den spielerischen Ansatz das Cosim Spiel. Praktisch zu jedem Krieg gibt es auch Spiele, die sich damit befassen. Es kann dort zur Wiederholung des historischen Ergebnisses kommen oder aber auch zu einem anderen. In jedem Fall bekommt man ein vollständigeres Bild von der Geschichte indem man das historische Potential einer Situation erfasst und nicht nur ihr Ergebnis. Diese Ausführungen hinterlasse ich Euch als Vermächtnis.

Nach dem Verlauf der bisherigen Diskussion bin ich aber überzeugt, dass die Mehrheit der Leute dafür nicht offen ist und meine Beiträge als störend empfinden, "weil wir das ja alles schon mal diskutiert hatten".

Daher würde ich gerne wissen, wie man seine Mitgliedschaft hier wieder kündigt.
 
Aber aber....
Das was du beschreibst fällt unter die Militärwissenschaft, mit Geschichte hat das eher weniger zu tun. Der arme Hannibal muss leider seit 2200 Jahren für alle möglichen ernsthaften und Hobby-Strategen herhalten. Ob das hier der richtige Diskussionsort ist, wage ich zu bezweifeln.

Zudem stelltst du keine "alternate timeline" auf, sondern setzt Behauptungen in die Welt, die historisch unhaltbar sind, wie etwa, dass Karthago zu wenig Unterstützung geleistet hätte und bedienst Klischees wie das vom geizigen karthagischen Händler.
Das gehört weder in die eine, noch in die andere Wissenschaftskategorie.
Auf berechtigten Widerspruch reagierst du äußerst gereizt, bist also auch nicht zur Diskussion bereit.
Und ich denke, für einen Historiker - der ich nicht bin - ist die endlose Diskussion darüber, dass Hannibal 216 oder 215 Rom direkt hätte angreifen sollen, recht ermüdend. Vor allem dann, wenn sie die übrigen Ereignisse ausblendet und vorurteilsbehaftet die Situation analysiert.
 
Und ich denke, für einen Historiker - der ich nicht bin - ist die endlose Diskussion darüber, dass Hannibal 216 oder 215 Rom direkt hätte angreifen sollen, recht ermüdend.

Wird in den alternativen Szenarien eines direkten Angriffs auf Rom eigentlich auch mit einer Niederlage Hannibals bei der Belagerung gerechnet?

Das grundsätzliche Problem bei 'Was wäre wenn...' Überlegungenist doch, dass wir zwar an jeder x-beliebigen Stelle eine andere Entscheidung andenken können, es aber in keinster Weise möglich ist zu entscheiden, wie die Folgen dieser alternativen Entscheidung gewesen wäre.

'Was wäre wenn' kann zu interessanten Erkenntnissen führen, es ist aber bei leibe keine einfache Sache, sich darüber Gedanken zu machen.
 
Ich hatte gehofft mit den Leuten hier eine alternative Timeline zu entwickeln. Das ist aber nicht möglich, wenn man jeden Ansatz dazu niederwalzt und jemanden der das versucht der "Kaffeesatzleserei" und ähnlicher Begriffe bezichtigt.
Das Problem ist, dass Du nur eine Variable austauschst und dann eine einfach "Wenn ... dann"-Schlussfolgerung ziehst. Also: "Wenn der karthagische Senat dem Hannibal 216 massive Verstärkungen nach Italien geschickt hätte, dann hätte er den Krieg gewonnen." So weit Deine These, bei der Du auch genau festlegst, was Hannibal mit seiner Riesenarmee hätte machen müssen, und dann genau vorhersagst, wie die Römer und die italischen Städte und Stämme reagiert hätten. Damit verknüpfte Probleme wie die, ob Hannibal seine Riesenarmee überhaupt versorgen können hätte, spielst Du herunter, außerdem gehst Du davon aus, dass sich alle wie von Dir prophezeit verhalten hätten. In der Realität aber hätten die anderen Kriegsbeteiligten auch irgendwie reagiert, bloß lässt sich nun mal nicht vorhersagen, wie, und damit wird Dein Szenario komplett unvorhersehbar. Was nicht in Dein Konzept passt, wird eben passend gemacht (Versorgung klappt schon irgendwie, römische Armeen lassen sich einschließen, etc.), Hauptsache Hannibal siegt letztlich.

Dann stirbt plötzlich Hannibal aber das auch der spätere Scipio Afrikanus in einer alternativen Timeline sterben könnte, wird nicht in Erwägung gezogen. In der Konfliktsimulation nennt man das Leader Loss, von diesem potentiellen Risiko wären ALLE Leader betroffen, nicht nur Hannibal.
Natürlich. Ich hatte den möglichen Tod Hannibals und den möglichen Verlust seiner Armee nur als Beispiele gebracht, um zu demonstrieren, dass es schlicht unmöglich ist, alternative Handlungsverläufe auch nur ansatzweise sicher vorherzusagen.

Im 3. Punischen Krieg brauchte Rom drei Jahre um das damals bereits total geschwächte Karthago zu besiegen.
Da wussten die Karthager aber, dass sie am Abgrund standen, und kämpften mit dem Mut der Verzweiflung. Ich bezweifle, dass sich Karthago im 2. Punischen Krieg jahrelang belagern lassen hätte, wenn noch die Möglichkeit eines Friedensschlusses unter Verschonung der Stadt bestand.

Als Geschichtsstudent würde der Verfasser einer solche These mit Karacho durch jede Prüfung fliegen.
Ich habe zwar nicht Geschichte studiert, bezweifle aber, dass es zu den Aufgaben eines Geschichtsstudenten gehört, seinem Professor zu erklären, wie Hannibal gesiegt hätte.
Hingegen bezweifle ich, dass ein Offiziersanwärter auf einer Militärakademie eine große Zukunft hätte, wenn er alle Probleme nur mit mehr Masse lösen will.

Es gibt Flugsimulatoren und andere militärische Simulationen mit den Piloten und Offiziere auf einen möglichen Ernstfall vorbereitet werden. Dort werden alle denkbaren Konflikte, mit vorr. Gegner Verhalten durchgespielt [...] Das sind keine Hirngespinste sondern ernsthafte strategische Studien, die basierend auf den historischen Fakten und mit sehr grosser detailtreue einige Parameter ändern und dann darauf basierend analysieren wie sich die Geschichte dann wahrscheinlich weiterentwickelt hätte.
Genau das machst Du aber eben nicht: Du legst das gewünschte Ergebnis (Hannibal siegt) im Vorhinein fest und trimmst dann alles so zurecht, dass (Deinen Überlegungen zufolge) das gewünschte Ergebnis herauskommt.

Im Übrigen schließe ich mich Stilicho und tela an.
 
Worte in den Mund legen

Eure Antworten bestätigen in der Tat das ich wohl im falschen Forum bin, besonders wenn man mir Worte in den Mund legt, die ich so nicht gesagt habe. Es ist auch nicht verwunderlich dass jemand, der so behandelt wird nicht begeistert reagiert. Wenn ich durch meine Ausführungen jemanden beleidigt haben sollte, so war das unabsichtlich und es tut mir leid.

Ich kann nicht finden, wie ich mich hier als Mitglied wieder austragen kann. Könnte mir bitte jemand sagen wie man das macht?

Noch mal zu Klarstellung: Ich habe mich gefragt, was Hannibal benötigt hätte um gemäß dem Thema eine Chance zu haben den zweiten punischen Krieg zu gewinnen. Ich kam zu dem Ergebnis dass mehr Verstärkungen von Karthago nach Italien nötig wären. Dann habe ich mich gefragt, wo sie eingesetzt worden wären und Nola genommen, weil das der historische Ort war, wo Hannibal 216 versuchte die Stadt zu nehmen. Ich habe keineswegs von einem direkten Angriff auf Rom gesprochen, das hat "Stilicho" mir nur in den Mund gelegt.
Ravenik schrieb dann auch einige sinnvolle Einwände und ich hoffte das man von hier aus weiter diskutieren könnte. Etwa wie die verschiedenen Optionen der Römer darauf zu antworten ausgesehen hätten und wie Hannibal darauf anwortet. Ich will die timeline auch nicht von vorneherein so schreiben das Hannibals Sieg feststeht, das legt Ihr mir nur in den Mund. Ich ändere die Parameter lediglich so, dass er eine Chance hätte. Wie es dann weiter geht, müßte entwickelt werden.
Was Karthago stattdessen hätte machen sollen, habe ich von Euch auch nicht gehört.

Dann aber wird einfach behauptet, dass Karthago keine Kapazität gehabt hätte, weitere Söldner aufzustellen, obwohl genau das in den Jahren 206- 205 erfolgt ist. Ich habe meine Aufzeichnungen gerade nicht zur Hand, aber wenn ich mich recht erinnere waren es auf verschiedenen Schauplätzen insgesamt etwa 150 000. Das kann ich auch im Detail aufführen, wenn nötig, werde aber vermutlich wieder als Kaffeesatzleser abgestempelt, wenn ich das tue. Definitiv waren es aber weit mehr als Karthago 215 aufgestellt hat.

Weiterhin behauptet ihr einfach, dass zusätzliche Truppen in Italien nicht zu versorgen wären. 20 000- 50 000 Mann Verstärkungen für Hannibal sind im Verhältnis zu damals etwa 3 Millionen Einwohnern Italiens (siehe die Statistik des Mitglieds Cannae) eher geringfügig. Ich möchte auch gar nicht behaupten, dass keine Versorgungsproblem existierten. Es ist auch möglich, dass die Römer Hannibal erfolgreich von den Versorgungsquellen abschneiden, so dass er im Einzelfall eine Belagerung abbrechen muss.
Das Problem entsteht, wenn man sie alle an einem Ort einsetzt, das hatte Hannibal aber wohl dauerhaft nicht vor. In allen Kriegen wo viele Truppen eingesetzt waren, (am schlimmsten wohl im dreißigjährigen Krieg) hat vor allem die Zivilbevölkerung unter den massiven Plünderungen gelitten und die Landschaft ist dauerhaft geschädigt worden. Das hätte nachhaltig die Wirtschaft Italiens geschädigt und damit vor allem auch Rom, aber auch Hannibals Verbündete. Weiterhin musste Hannibal sich, solange die römische Militärdoktrin ihm gegenüber "Conductator" lautet, sich auf Belagerungen einlassen, auch wenn das nicht seine Stärke war. Hannibals neue Söldner hätten bei Belagerungen sicher hohe Verluste gehabt, wie auch die Römer, was aber als Nebenwirkung wieder die Versorgungsprobleme lindert. Das ist alles grausam, aber so sind Kriege nun mal.


Für mich sieht es aber so aus dass für die überwiegende Mehrheit hier die Antwort auf die Frage: "Hatte Hannibal eine Chance?" lautet: Nein, auf keinen Fall, egal was er macht!
 
Zuletzt bearbeitet:
ich habe den ganzen Thread lang schon den Verdacht, der "Kriegsherr" Hannibal mit seinen Berufskriegern sollte und wollte garnicht Siegen im Sinne von Rom vernichten.

Mehr oder minder erfolgreich hat Hannibal die Aktivitäten Roms in Spanien , Griechenland und Südfrankreich "ausgebremst" . Er hat den Römern sehr erfolgreich den Blick für andere Regionen als Italien "verstellt"

Was wäre denn gewesen, wenn er Rom zu einem Bauerndorf degradiert hätte? Karthago hätte keinen Lieferanten/Kunden mehr gehabt, aber Hannibal und seine Leute hätten neue Betätigungsfelder gebraucht. Die Lybier hätten "Krieger" "übergehabt" und das vor der Tür Karthagos. Karthago hätte entweder "Tribut" gezahlt oder dauernd unter Raubüberfällen gelitten....

So hatten die Karthager 15 Jahre recht gute Geschäfte ....

Abgeshen davon, ein Sieg der Barkiden über Rom hätte auch das Ende des "Rats" von Karthago sein können.

Rom komplett zu besiegen war also auf karthagischer Seite garnicht das Ziel. Rom auf Italien zu begrenzen schon eher. Das dieser "Haufen italischer Bauern (Rom)" so zäh war und so "machtgierig" , wußte man das auf karthagischer Seite?
 
Ob die Frage "hatte Hannibal eine Chance?" überhaupt sinnvoll zu beantworten ist, das ist das eine. Ich selbst halte zudem von kontrafaktischer Geschichtsschreibung herzlich wenig. Das andere ist, ob man zu einem Antwortversuch die Parameter verändert oder nicht. Ich denke im Sinne des Fragestellers ist es nur bedingt, dass die Parameter verändert werden. Etwa, wenn die karthagische Regierung sich anders verhalten hätte, o.ä. In erster Linie dürfte aber die Frage in die Richtung gegangen sein, die schon Titus Livius in Ab urbe condita eingeschlagen hat, als er Hannibals Reiterführer Marhabal die Worte in den Mund legte, dass Hannibal zwar zu siegen wisse, aber den Sieg nicht zu nutzen verstünde, er solle doch endlich Rom selbst angreifen.
Das Verändern der Parameter führt dagegen ziemlich schnell zu falschen, teilweise anachronistischen Vorstellungen.
 
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Ich will die timeline auch nicht von vorneherein so schreiben das Hannibals Sieg feststeht, das legt Ihr mir nur in den Mund.
Allerdings findest Du bei jedem unserer Einwände eine Erklärung, wieso Hannibal trotzdem gewonnen hätte.

Was Karthago stattdessen hätte machen sollen, habe ich von Euch auch nicht gehört.
Weil wir uns, auch wenn wir großteils nur Amateure sind, lieber mit dem beschäftigen, was war, und nicht damit, was wer tun sollen hätte.

Dann aber wird einfach behauptet, dass Karthago keine Kapazität gehabt hätte, weitere Söldner aufzustellen, obwohl genau das in den Jahren 206- 205 erfolgt ist. Ich habe meine Aufzeichnungen gerade nicht zur Hand, aber wenn ich mich recht erinnere waren es auf verschiedenen Schauplätzen insgesamt etwa 150 000. Das kann ich auch im Detail aufführen, wenn nötig, werde aber vermutlich wieder als Kaffeesatzleser abgestempelt, wenn ich das tue. Definitiv waren es aber weit mehr als Karthago 215 aufgestellt hat.
Die Zahl ist für mich von den Quellen her nicht nachvollziehbar.

206 verfügte Hasdrubal, der Sohn Gisgos, in Spanien über 50.000-70.000 Fußsoldaten und 4.500 Reiter sowie Elefanten, verlor aber die Schlacht von Ilipa. Hanno heuerte in Spanien 4.000 Söldner an, verlor aber die meisten davon bald wieder.

205 landete Mago mit 12.000 Fußsoldaten und knapp 2.000 Reitern in Ligurien, von wo aus er weitere Truppen warb.

Als die Karthager von Scipios Rüstungen auf Sizilien erfuhren, trafen sie 205 folgende Maßregeln:
- Sie schickten Hasdrubal, den Sohn Giskos, auf Elefantenjagd. Weiters hob er unter den Karthagern und Libyern 6.000 Fußsoldaten und 600 Reiter aus, kaufte 5.000 Sklaven als Ruderer für die Schiffe, erhielt von den Numidiern 2.000 Reiter und heuerte weitere zahlenmäßig nicht bezifferte Söldner an.
- Sie schickten dem Mago, der in Ligurien Söldner anwarb, 6.000 Fußsoldaten, 800 Reiter und 7 Elefanten mit dem Befehl, in Etrurien einzufallen.

204 verfügte Hasdrubal, der Sohn des Gisgo, dann über eine Armee von 20.000 Fußsoldaten, 7.000 Reitern und 140 Elefanten.

Das Problem entsteht, wenn man sie alle an einem Ort einsetzt, das hatte Hannibal aber wohl dauerhaft nicht vor.
Hannibal hat auch in der Realität mitunter seine Truppen geteilt. Das endete aber häufig mit einer Niederlage der abgesonderten Abteilung.
Und wenn jetzt vielleicht Dein Einwand kommt: "Ja, aber wenn Hannibal riesige Verstärkungen erhalten hätte, dann hätte er mehrere riesige Armeen durch Italien verteilen können, dann hätten die Römer sie entweder nicht anzugreifen gewagt oder wären geschlagen worden und Hannibal hätte gesiegt.", dann verweise ich darauf, dass auch sein Bruder Hasdrubal in Italien eine große Armee hatte und die Römer ihn trotzdem angriffen und schlugen. Auch mit Mago wurden sie in Gallia Cisalpina fertig. Dazu kommen dann natürlich noch verschiedene römische Siege über große karthagische Armeen in Spanien und Afrika.

In allen Kriegen wo viele Truppen eingesetzt waren, (am schlimmsten wohl im dreißigjährigen Krieg) hat vor allem die Zivilbevölkerung unter den massiven Plünderungen gelitten und die Landschaft ist dauerhaft geschädigt worden. Das hätte nachhaltig die Wirtschaft Italiens geschädigt und damit vor allem auch Rom, aber auch Hannibals Verbündete.
Das wäre vor allem zu Lasten Hannibals gegangen, der sich aus diesen Gegenden versorgen musste.
 
ich habe den ganzen Thread lang schon den Verdacht, der "Kriegsherr" Hannibal mit seinen Berufskriegern sollte und wollte garnicht Siegen im Sinne von Rom vernichten.

Mehr oder minder erfolgreich hat Hannibal die Aktivitäten Roms in Spanien , Griechenland und Südfrankreich "ausgebremst" . Er hat den Römern sehr erfolgreich den Blick für andere Regionen als Italien "verstellt"

Es ist naheliegend dass Hannibal davon ausging, seine Aktivitäten würden Rom dazu zwingen die Truppen aus Spanien, Sizilien und Sardinien abzuziehen. Möglicherweise wollte er gar nicht mehr erreichen. Um so größer muss seine Enttäuschung gewesen sein, dass Rom nicht wie erwartet reagierte.
Mit der sicheren Herrschaft über die genannten Gebiete hätte Karthago einerseits die Verluste aus dem 1.Krieg wieder wett gemacht, zum zweiten eine überragende Position, um mit gesichertem Nachschub über Sizilien oder Sardinien die weitere Vorgehensweise in Italien zu planen.
Ohne selbst irgendwie bedroht zu sein, hätte Karthago nach Belieben agieren können. Nicht zu vergessen das Bündnis mit Makedonien, welches ebenfalls vielversprechend zu sein schien.
 
"Allerdings findest Du bei jedem unserer Einwände eine Erklärung, wieso Hannibal trotzdem gewonnen hätte."

Sicher nicht bei allen. Hannibal hatte ja nicht gewonnen. Aber Du meinst wahrscheinlich, wenn wir uns auf die Situation bei Nola beziehen, dass sich die Armee, die Nola aushungern soll eingräbt, während Hannibal Marcellus verfolgt? Das tue ich, weil ich das für eine sinnvolle militärische Maßnahme halte, die römische Entsatzversuche erschwert.


"Weil wir uns, auch wenn wir großteils nur Amateure sind, lieber mit dem beschäftigen, was war, und nicht damit, was wer tun sollen hätte."

Ja und deshalb sollte ich mir ein Forum wie Alternatehistory.com suchen, wo die Leute sowas mehr interessiert.


"Die Zahl ist für mich von den Quellen her nicht nachvollziehbar."


Deine Zahlen kann ich soweit bestätigen, Ich habe aber Syphax Truppe mitgezählt. Im Winter 204/ 203 lagerte Scipio vor Utika, wurde dabei aber von einer Kombinierten Truppe von Hasdrubal Gisko und Syphax auf einer Landzunge eingeschlossen, die zahlenmäßig so stark war, dass Scipio nicht wagte sie anzugreifen. Scipio täuschte Verhandlungsbereitschaft vor, konnte dann aber diese Truppe in einem nächtlichen Überraschungsangriff auf das Lager stark dezimieren. Die Zahlenangaben über diese Truppe gehen aber bei verschiedenen Autoren auseinander, dürfte aber etwa 50 000 zusätzlich zu denen von Hasdrubal Gisko betragen haben. Dann wären da noch die Ligurer und Gallier die Mago warb als er bei Genoa landete zu zählen.
Weiterhin gab es einen fehlgeschlagenen Verstärkungsversuch für Hannibal in 206 (andere sagen 205) mit 100 Schiffen. Ich habe keine genauen Zahlenangaben über die Ladung, eine Schätzung von 100 Soldaten pro Schiff mag hier sinnvoll sein (also etwa 10 000 Mann), lasse mich aber gerne belehren, wenn jemand eine Quelle hat.
 
Hannibal hat auch in der Realität mitunter seine Truppen geteilt. Das endete aber häufig mit einer Niederlage der abgesonderten Abteilung.
Und wenn jetzt vielleicht Dein Einwand kommt: "Ja, aber wenn Hannibal riesige Verstärkungen erhalten hätte, dann hätte er mehrere riesige Armeen durch Italien verteilen können, dann hätten die Römer sie entweder nicht anzugreifen gewagt oder wären geschlagen worden und Hannibal hätte gesiegt.", dann verweise ich darauf, dass auch sein Bruder Hasdrubal in Italien eine große Armee hatte und die Römer ihn trotzdem angriffen und schlugen. Auch mit Mago wurden sie in Gallia Cisalpina fertig. Dazu kommen dann natürlich noch verschiedene römische Siege über große karthagische Armeen in Spanien und Afrika.
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Schon wieder legst Du mir Worte in den Mund. Nein, so halte ich das Vorgehen nicht für sinnvoll. Ich habe es schon dargelegt. Hannibal belagert eine strategisch wichtige Stadt, läßt die Truppen dort sich "Alesiamäßig" eingraben, so das die Römer bluten, wenn sie angreifen. Dann ist er wieder mobil und reagiert mit seiner Hauptarmee. Er verstärkt Garnisonen und hat wohl auch eine Truppe die sich in der Nähe von Städten eingräbt, oder direkt in dieser, wenn die Römer diese belagern. Woher sollen diese Truppen kommen? 20 000 (Die Truppe welche Hannibal 218 nach Karthago zwecks Abwehr einer römischen Landung dorthin schickte), Die Armee Magos welche nach Spanien ging und die Truppe Hasdrubals des Kahlen, welche in Sardinien landete. Das ist keine Garantie für einen Sieg Hannibals, aber es gibt eine realistische Chance dafür, zumal wenn es gelänge im Verlaufe der Belagerungen weitere römische Armeen aufzureiben. Tatenlos zusehen wie Hannibal eine Stadt nach der anderen aushungert oder auch stürmt können die Römer wohl auf Dauer nicht.


Ich möchte noch auf eine Sache verweisen, die gern vergessen wird. Im Jahre 211 gelang es den zahlenmäßig überlegenen vereinten Armeen Magos, und der beiden Hasdrubals die Armeen der Scipio Brüder in Spanien nahezu zu vernichten. Die Details sind sehr interessant.
Nicht immer muß das Resultat einer Feldschlacht einer Karthagischen Armee, die nicht unter dem direkten Kommando Hannibals steht, mit einer römischen die Niederlage der Karthagischen Truppe sein.
 
Worin liegt die große strategische Bedeutung gerade von Nola?
Sie war ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und hätte Hannibals Verbündete in Lukanien direkt mit der Campana verbunden. Dann hätte Hannibal eine direkte Festtungskette vom Süden Italiens bis nach Capua gehabt.
Ob Marcellus auf eigene Initiative Nola verteidigte oder Befehle dazu vom römischen Senat hatte, weiß ich nicht. Er hat jedenfalls insgesamt 3 mal mit Hannibal (216, 215, 214) mit Hannibal um diese Stadt gekämpft.
 
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Mich würde mal der Sinn von solchen alternativen Gedankenspielen interessieren.
Die alternative Geschichte liefert auch ein tieferes Verständnis für die reale Geschichte. Man analysiert welche Faktoren waren ausschlaggebend, welche weniger wichtig.
Dann kann man auch besser über zukünftige Entwicklungen Prognosen abgeben. Oder aber auch wie eine vergangene Entwicklung anders hätte verlaufen können, wenn man Parameter ändert.

Meiner Auffassung nach kann man nur so die Frage beantworten, ob Hannibal eine Chance hatte. Man spielt durch, was das historische Potential hergibt.
 
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