Protolandwirtschaft

Wsjr

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Guten Morgen

Micht treibt seit einer ganzen Weile eine Frage, genaugenommen sind es 2 um.
Schon öfters konnte man in Artikeln wie diesem von Bestandteilen der pflanzlichen Diäten selbst im tiefsten Paläolithikum lesen.
Prehistoric man ate flatbread 30,000 years ago: study
Es war den Leuten also schon geläufig stärkehaltige Pflanzen zu Mehl zu verarbeiten. Auch ansonsten wurden die essbaren Pflanzen wohl zu größt möglicher Zahl ausgeschöpft.
Nun frage ich mich, ist es möglich, dass die Menschen im Paläo und vor allem Mesolithikum zwar keine Landwirtschaft im klassischen Sinne betrieben, doch vielleicht die Natur so formten dass sie für sie möglichst vorteilhaft gewesen wäre.
Irgendwann wird man erkannt haben müssen, das bestimmte Pflanzen nur an bestimmten Orten und Bedingungen wachsen. Also könnte man sich doch denken dass sie diese Bedingungen vielleicht schufen damit diese Pflanzen wuchsen. Zum Beispiel Bäume gerodet damit sich dort Heckenpflanzen wie Himbeeren, Brombeeren, Holunder etc. ansiedeln, oder Gewässer gestaut um die Ansiedlunge von Schilf und Rohrkolben zu begünstigen.
Ich weiß dies ist sehr schwer nachzuweisen, höchstens durch Pollendigramme und auch die erfassen nicht das gesamte Spektrum der Pflanzenvielfalft. Viele Insektenbestäuber kommen gar nicht vor.
Aber ein Indiz zumindest wären die ab dem Mesolithikum bereits auftretenden Steinäxte.
Darüberhinaus sind ethnologische Vergleiche vielleicht angebracht, etwa mit Nordamerikanischen Ureinwohnern die z.B. Waldbrände auslösten um die Landschaft in einer bestimmten Weise zu formen.

Dies leitet auch direkt zu meiner nächsten Frage über.
Wieso haben sich so viele potentiell kultivierbare Pflanzen nicht durchgesetzt? Als Beispiel seien nur 2 genannt. Kletten (Arctium) haben wirklich riesige Nährstoffreiche Pfahlwurzeln die einfach zu ergattern sind. Gleiches gilt für den Rohrkolben (Typha)
Wieso musste erst für unsere Klimaregionen eigentlich ungünstiges Getreide aus dem vorderen Orient ankommen und warum wurde dies genutzt anstatt die nur Idee aufzunehmen und Pflanzen zu kultivieren von denen man ohnehin weiß dass sie essbar sind und viel besser und ergiebiger sind?
Wäre es möglich dass sich eine lokale Landwirtschaft, mit aus unserer Klimazone stammenden Pflanzen hätte entwickeln können?

Ich weiß sehr spekulativ das ganze, aber vielleicht weiß ja jemand mehr und es gibt sogar konkrete Ergebnisse zu dem Thema.
 
Nun frage ich mich, ist es möglich, dass die Menschen im Paläo und vor allem Mesolithikum zwar keine Landwirtschaft im klassischen Sinne betrieben, doch vielleicht die Natur so formten dass sie für sie möglichst vorteilhaft gewesen wäre.

Taten sie; Eingriffe in die Natur zur Hege wildwachsender Pflanzen verändern allerdings nicht langfristig die Situation, im Gegensatz zur Domestikation von Pflanzen. Besonders wenn die Menschen nomadisch lebten fehlten auch viele Möglichkeit, derart formend in die Natur einzugreifen, da die Menschen nicht lange an einem ort blieben.

Darüberhinaus sind ethnologische Vergleiche vielleicht angebracht, etwa mit Nordamerikanischen Ureinwohnern die z.B. Waldbrände auslösten um die Landschaft in einer bestimmten Weise zu formen.

Gleiches gilt für Australien.

Wieso haben sich so viele potentiell kultivierbare Pflanzen nicht durchgesetzt? Als Beispiel seien nur 2 genannt. Kletten (Arctium) haben wirklich riesige Nährstoffreiche Pfahlwurzeln die einfach zu ergattern sind. Gleiches gilt für den Rohrkolben (Typha)
Wieso musste erst für unsere Klimaregionen eigentlich ungünstiges Getreide aus dem vorderen Orient ankommen und warum wurde dies genutzt anstatt die nur Idee aufzunehmen und Pflanzen zu kultivieren von denen man ohnehin weiß dass sie essbar sind und viel besser und ergiebiger sind?

Es gibt kaum etwas, was ergiebiger ist bzw höhere Erträge ermöglicht als Getreidearten, und Weizen und Gerste gehören zu den akktraktivsten Gräsern überhaupt. Die Wildformen liegen im weltvweiten Vergleich in der Gruppe der Gräser mit den größten Samenkörnern, und waren im Rahmen der Domestikation kaum Änderungen der pflanzlichen Biologie nötig. Gerade dass in Europa nur wenige Pflanzen domestiziert wurden, nachdem die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten importiert worden war, ist ein indiz dafür, dass es nur wenige attraktive Arten gab.

BTW, selbst heute mit allen Methoden der modernen Wissenschaften, werden praktisch keine neuen Arten mehr dostiziert, dien der Grundversorgung mit Nahrungsmitteln dienen. Unsere steinzeitlichen Vorfahren waren da sehr gründlich... ;)

Wäre es möglich dass sich eine lokale Landwirtschaft, mit aus unserer Klimazone stammenden Pflanzen hätte entwickeln können?

Vermutlich nicht, sonst würden heute mehr ursprünglich in Europa heimische Pflanzen auf unserem Speisezettel stehen.
 
Die Frage nach den Uranfängen der Landwirtschaft habe ich mir schon öfter gestellt, sie ist schwierig zu beantworten, da man 1. differenziert die Regionen und 2. das menschliche Verhalten betrachten muß.
In den (sub)tropischen Regionen könnte sich Landwirtschaft als langsamer, gärtnerischer Übergang aus der Wildbeuterlebensweise entwickelt haben. Neben der Jagd, die evtl. in tropischen Regionen nie so kaloriendeckend war, wurden immer erfolgreicher Früchte, Samen und Wurzeln gesammelt. Durch das Sammeln könnte sich fast von selbst eine protogärtnerische Pflege der Bestände ergeben haben. Die Historische Agrarlandschaft von Kuk ? Wikipedia ist so ein Beispiel, bei dem man vermuten könnte, dass die Menschen dort schon länger als 7000-10000 Jahre Taro gegessen haben und der Übergang allmählich erfolgte.
Es wäre interessant, andere Beispiele aus südlichen Regionen zu untersuchen. ME kam es schon während der Sammelphase zu "kulinarischen" Vorlieben, jedenfalls dann, wenn verschiedene Sammelfrüchte zur Wahl standen. Dieser Aspekt wird in der Forschung wenig beachtet und ist vielleicht ein Grund für den Siegeszug des Getreides in Europa.
Denn anders als Reinecke halte ich die Getreide nicht für so unvergleichlich ertragreich. Jedenfalls wenn man es von den bandkeramischen Anfängen bis zum Mittelalter betrachtet. Erträge von 1:10 also 10 Korn Ernte / ausgesätem Korn waren da schon gut.
Außerdem lebten die frühen Bauern nicht allein von Getreide. Zur Palette gehörten schon im Ursprungsgebiet Nahost die eiweißreichen Leguminosen Erbsen und Linsen.
Das Klima in Nord- und Mitteleuropa war in der entscheidenden Phase eiszeitgeprägt, d.h. als weiter im Süden, die Wildbeuter Erfahrungen mit Pflanzen sammelten, ging man in Europas Kältesteppen auf die Jagd. Kalorienmäßig auskömmlich für eine daran angepaßte Bevölkerungszahl.
Als das Klima wärmer wurde, lebten größere halbseßhafte Gruppen an den Küsten von Meeresgetier und Muscheln. Man findet ihre Hinterlassenschaften überall an den Küsten Køkkenmøddinger ? Wikipedia
Außerdem fand man landeinwärts Haufen von Haselnußschalen, was zeigt, dass die Menschen in Europa sich auch von Pflanzen ernährten. Aber dann kamen ja schon die Bandkeramiker die Flüsse heraufgezogen mit ihren Samenkörnern und der Idee diese auf fruchtbaren Flussauen auszusäen.
Ernährungsvorlieben sind immer auch traditionsgeprägt, meine ich. Denn bevor man irgendwelche unbekannten Speisen verzehrt, muß der Hunger schon lebensbedrohlich sein. Sieht man dagegen, dass andere Menschen etwas ohne Probleme essen, ist es sicherer aus deren Erfahrungen zu lernen. Deshalb ist die Palette der Pflanzen, die für unsere Ernährung genutzt wird, weltweit doch sehr beschränkt und sie wird laufend kleiner.

Dies leitet auch direkt zu meiner nächsten Frage über.
Wieso haben sich so viele potentiell kultivierbare Pflanzen nicht durchgesetzt? Als Beispiel seien nur 2 genannt. Kletten (Arctium) haben wirklich riesige Nährstoffreiche Pfahlwurzeln die einfach zu ergattern sind. Gleiches gilt für den Rohrkolben (Typha)
Wieso musste erst für unsere Klimaregionen eigentlich ungünstiges Getreide aus dem vorderen Orient ankommen und warum wurde dies genutzt anstatt die nur Idee aufzunehmen und Pflanzen zu kultivieren von denen man ohnehin weiß dass sie essbar sind und viel besser und ergiebiger sind?
Wäre es möglich dass sich eine lokale Landwirtschaft, mit aus unserer Klimazone stammenden Pflanzen hätte entwickeln können?
Zu den allgemeinen Gründen habe ich oben schon meine Meinung gesagt. Zu deiner speziellen Frage zu Kletten und Rohrkolben fällt mir noch ein, dass selbst die Wurzelgemüse, die bis zum Mittelalter in Europa gegessen wurden, inzwischen rückläufig sind. Wurzelknollen sind mühsamer als oberirdisch wachsende Früchte und Samen und nicht nur Fraßschädlingen aus der Luft ausgesetzt sondern zusätzlich noch den vielen bodenlebenden Schädlingen. Wie kommst du auf Kletten und Rohrkolben?
 
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Es gibt kaum etwas, was ergiebiger ist bzw höhere Erträge ermöglicht als Getreidearten, und Weizen und Gerste gehören zu den akktraktivsten Gräsern überhaupt. Die Wildformen liegen im weltvweiten Vergleich in der Gruppe der Gräser mit den größten Samenkörnern, und waren im Rahmen der Domestikation kaum Änderungen der pflanzlichen Biologie nötig. Gerade dass in Europa nur wenige Pflanzen domestiziert wurden, nachdem die Landwirtschaft aus dem Nahen Osten importiert worden war, ist ein indiz dafür, dass es nur wenige attraktive Arten gab.

Das sehe ich ein wenig anders. Die Ur-Getreidearten sind ziemlich klein, Vogelfraßgefärdet und das Entspelzen, Dreschen und mahlen ist überaus Energieaufwändig.
Vergleiche ich da die beiden von mir genannten Wildpflanzen, lassen sich in kürzester Zeit riesiege Wurzeln oder Rhizome ernten. Eine ausgewachsene große Klette kann schon mal eine Wurzel von Unterarmlänge erreichen.
Und das sind noch die Wildformen. Durch Zucht könnte man natürlich noch viel ergiebigere Sorten herausbekommen.
Gerade Rohrkolben und auch Schilf würden sich geradezu anbieten sie in Nasskulturen anzubauen.

BTW, selbst heute mit allen Methoden der modernen Wissenschaften, werden praktisch keine neuen Arten mehr dostiziert, dien der Grundversorgung mit Nahrungsmitteln dienen. Unsere steinzeitlichen Vorfahren waren da sehr gründlich... ;)

Das ist wohl eher dem Interesse der großen Lebensmittelkonzerne und der geistigen Unbeweglichkeit der Kunden geschuldet.

Vermutlich nicht, sonst würden heute mehr ursprünglich in Europa heimische Pflanzen auf unserem Speisezettel stehen.

Und auch hier glaube ich dass eher viel in Vergessenheit geraten ist. Es gibt eine riesige Menge essbarer Wildpflanzen in dieser Klimazone und ich entdecke gerade erst das Ausmaß dieses Potentials.
In alten Bergdörfern in Ost und Südeuropa findet man noch hie und da das Wissen um alte Pflanzen.

@Rena
Die beiden waren nur ein Beispiel. Ich hätte auch genausogut Wegwarte, Beinwell, Enzian, Scharbockskraut oder viele andere nennen können.

Ich denke ähnlich wie du, dass Traditionen und kulturelle Faktoren da eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen die bis heute anhält.
Warum gibt es im Westen nicht längst große Insektenfarmen obwohl die Fleischverrogung mit Invertebrata der Großtierhaltung weit überlegen ist?
Das ist keine Frage der rationalität sondern eher Voreingenommenheit.
 
@Rena
Die beiden waren nur ein Beispiel. Ich hätte auch genausogut Wegwarte, Beinwell, Enzian, Scharbockskraut oder viele andere nennen können.

Ich denke ähnlich wie du, dass Traditionen und kulturelle Faktoren da eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen die bis heute anhält.
Warum gibt es im Westen nicht längst große Insektenfarmen obwohl die Fleischverrogung mit Invertebrata der Großtierhaltung weit überlegen ist?
Das ist keine Frage der rationalität sondern eher Voreingenommenheit.
Da sind wir uns einig, es ist natürlich heute ein politisches Thema.
Mit Pflanzen experimentiere ich ziemlich vorbehaltlos herum. Heute ist es leicht, eine Pflanze zu bestimmen und Inhaltsstoffe und Giftigkeit herauszufinden. Wenn man sich aber überlegt, dass früher immer einer zum Selbstexperiment bereit so mußte, versteht man leichter, dass beim Essen und Trinken kulturelle Traditionen uU lebenswichtig waren.
Daher weiß ich auch, dass Wurzelgemüse etliche Nachteile haben, sie sind oft angefressen, richtig dreckig und man muß schweißtreibend buddeln. In Sandböden mag das gehen aber mach das mal in hochverdichteten Lehmböden oder bei hohem Steinanteil.

Über den traditionellen Fleischkonsum haben wir ja schon an anderer Stelle diskutiert, da bremst dieser kulturelle Ekelfaktor ganz gewaltig. Ich habe mich bis heute noch nicht überwinden können, die Engerlinge zu grillen. Wenn dagegen die Lebensmittelindustrie das billige Eiweiß irgendwo untermischen würde, ja dann ...:winke:
 
Es gibt einen entscheidenden Unterschieden zwischen Landwirtschaft und dem bloßen Sammeln. Sammeln ist nicht nachhaltig.

Beim Sammeln ist der Mensch quasi nur ein Fraßfeind und damit Selektionsfaktor. In einem kleinen Gebiet mit großer Bevölkerung würde das Absammeln zur Verdrängung oder Ausrottung der betroffenen Pflanzenarten führen. Die Evolution führt dann dazu, dass wohlschmeckende, bekömmliche und leicht zu erntende Pflanzen aussterben oder von widerspenstigen Disteln und Dornen verdrängt werden. Denn natürlichen Ablauf sieht man ganz gut auf Viehweiden. Rinder fressen alles ab, was ihnen schmeckt und lassen Disteln und Brennnesseln stehen. Greift der Landwirt nicht regelmäßig ein, verwandelt sich die fetten Weide binnen weniger Jahre in ein ungenießbares Gestrüpp.

Je besser eine Pflanze schmeckt, um so geringe sind iihre Überlebenschancen. Werden die Wurzeln geerntet, führt dies in der Regel zum Tod der Pflanze. Werden Samen geerntet, wird die Fortpflanzung verhindert.
Delikatessen haben es in freier Wildbahn sehr schwer.;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider sind viele Knollen- und Wurzelgemüse fast ganz verdrängt worden. Seitdem wir einen Garten haben, probiere ich das eine oder andere mal aus wie zB. die
Haferwurzel (Tragopogon porrifolius) recht langweilig,
Zuckerwurzel (Sium sisarum) süßlich aber nicht spannend
Kälberkropf (Chaerophyllum bulbosum) sehr guter Geschmack aber ewig lange Kulturdauer
Topinambur ((Helianthus tuberosus) schmeckt mir persönlich nicht
wirklich richtig begeistert war ich von Yacon ((Smallanthus sonchifolius), einer Knolle aus Südamerika, baue ich in diesem Jahr zum ersten Mal selber an.
Ich vermute mal, wenn man mal eine Wildwiese gründlich umgraben würde, dann würde man noch viel mehr essbare Knollen finden, die früher genutzt wurden.
 
Es gibt einen entscheidenden Unterschieden zwischen Landwirtschaft und dem bloßen Sammeln. Sammeln ist nicht nachhaltig.

Beim Sammeln ist der Mensch quasi nur ein Fraßfeind und damit Selektionsfaktor. In einem kleinen Gebiet mit großer Bevölkerung würde das Absammeln zur Verdrängung oder Ausrottung der betroffenen Pflanzenarten führen. Die Evolution führt dann dazu, dass wohlschmeckende, bekömmliche und leicht zu erntende Pflanzen aussterben oder von widerspenstigen Disteln und Dornen verdrängt werden. Denn natürlichen Ablauf sieht man ganz gut auf Viehweiden. Rinder fressen alles ab, was ihnen schmeckt und lassen Disteln und Brennnesseln stehen. Greift der Landwirt nicht regelmäßig ein, verwandelt sich die fetten Weide binnen weniger Jahre in ein ungenießbares Gestrüpp.

Je besser eine Pflanze schmeckt, um so geringe sind iihre Überlebenschancen. Werden die Wurzeln geerntet, führt dies in der Regel zum Tod der Pflanze. Werden Samen geerntet, wird die Fortpflanzung verhindert.
Delikatessen haben es in freier Wildbahn sehr schwer.;)

An dem Einwand ist viel dran. Das würde bedeuten, dass der Übergang zum Gärtnern sich fast automatisch mit den Nahrungsvorlieben entwickelt haben könnte. Ansonsten hätten die Wildbeuter ständig ihre Diät wechseln müssen. Eine Erklärung für die eingeschränkte Anbaupalette gibt das aber nicht her.
 
Ob die Formung der Kulturlandschaft dabei immer so vorteilhaft war lässt sich btw. durchaus hinterfragen.

Gerade wenn man nicht nur die Pflanzen sondern auch die Tiere betrachtet. Eine Gruppe Menschen die an einer Wasserstelle ihr Sommerlager aufschlägt und beginnt dort Wurzeln, Früchte und Samen zu sammeln, Tiere zu jagen und Fische zu fangen hat einen durchaus großen Effekt auf die Umweltsituation an dieser Wasserstelle.

Besonders dann wenn sie anfangen Tiere von den Stellen zu vertreiben auf denen wächst was sie essen wollen. Hier dürfte zumindest ein Ansatz zur Protolandwirtschaft liegen: Vor dem eigentlichem Anbau liegt die zumindest lockere Bewachung der (noch wilden) Felder. Was dann auch den Effekt der Aberntung reduziert, da einfach nur die Rolle bestehender Fressfeinde übernommen wird. Und für die gewünschten Pflanzen einen selektionsvorteil bedeutet.
 
Besonders dann wenn sie anfangen Tiere von den Stellen zu vertreiben auf denen wächst was sie essen wollen. Hier dürfte zumindest ein Ansatz zur Protolandwirtschaft liegen: Vor dem eigentlichem Anbau liegt die zumindest lockere Bewachung der (noch wilden) Felder. Was dann auch den Effekt der Aberntung reduziert, da einfach nur die Rolle bestehender Fressfeinde übernommen wird. Und für die gewünschten Pflanzen einen selektionsvorteil bedeutet.

Die Frage nach den Ursachen für die Entstehung der Landwirtschaft und nach der Erfassung der einzelnen Schritte des Übergangs sowie des Umschlages in die neue Qualität ist nach wie vor nicht in allen Schritten geklärt.

Am Anfang erfolgte das Einsammeln der Wildgrassamen im Rahmen der Sammelwirtschaft. Doch nur bei einem längeren Verweilen an einem Siedlungsplatz war die Beobachtung möglich, dass in die Erde gelangte Körner aufgingen und gediehen. So wurde zur Anbahnung einer neuen Qualität bei der Gewinnung pflanzlicher Nahrung die zunehmende Sesshaftigkeit zu einer wichtigen Voraussetzunng.

Die Grundlage bildete eine vielseitig entwickelte Jägerökonomie mit breitem Nahrungsspektrum. Mit der Erkenntnis des ursächlichen Zusammenhangs von Saat und Ernte und ihrer Anwendung durch Aussaat auf eigens dazu vorbereitetem Boden wurde schließlich der entscheidende Schritt getan.

Um zur Eingangsfrage zu kommen: Dass Menschen des Paläolithikums oder des Mesolithikums bereits die Natur umformten, halte ich für wenig wahrscheinlich. Hier ist zu bedenken, dass kleine Menschengruppen als Jäger und Sammlerinnen nomadisch lebten und dem Wild folgten. Das Land war zu jener Zeit äußerst dünn besiedelt, sodass die Eingriffe der wenigen Menschen in die Natur minimal waren. Zogen sie dann weiter, stellte die Natur binnen kürzester Frist den alten Zustand wieder her.

Die voragrarische Pflanzennutzung erschöpfte sich darin, dass Jäger und Sammlerinnen u.a. die Samen bestimmter Wildgräser zur Deckung ihres Bedarfs an pflanzlichem Eiweiß und Kohlehydraten verwendeten. Auch bei ausreichender fleischlicher Nahrung gehört zu einer gesunden menschlichen Ernährung gemischte Kost, um alle notwendigen Aufbaustoffe zuzuführen. Somit war das Sammeln pflanzlicher Produkte nicht eine Ersatzlösung in Notzeiten, sondern eine Vorausstzung für normale biologische Entwicklung.
 
Am Anfang erfolgte das Einsammeln der Wildgrassamen im Rahmen der Sammelwirtschaft. Doch nur bei einem längeren Verweilen an einem Siedlungsplatz war die Beobachtung möglich, dass in die Erde gelangte Körner aufgingen und gediehen. So wurde zur Anbahnung einer neuen Qualität bei der Gewinnung pflanzlicher Nahrung die zunehmende Sesshaftigkeit zu einer wichtigen Voraussetzunng.

Ich weiß gar nicht ob man dies so stehen lassen kann, denn zum einem ist es ja egal an welchem Ort die Jäger und Sammler die Gräser grünen und die Früchte an den Bäumen reifen sehen - ob am gleichem Ort wie immer, oder an irgendeinem auf der Reise - wichtig ist nur dass sie es sehen.

Aber vor allem darf man das herumstreifen der Jäger und Sammler sich auch nicht als Reise ohne Wiederkehr vorstellen. Feste, immer wieder aufgesuchte Lagerplätze sind schon aus sehr frühen Zeiten belegt. Und natürlich kann man dort dann auch sehen was aus heruntergefallenen Samen wurde.

Der Zusammenhang zwischen Samen und Frucht muss darum auch schon sehr früh klar gewesen sein. Aber zur Landwirtschaft in einem heute von uns auffindbaren Maßstab gehört eben noch mehr. Denn das muss eben auch klar sein: der Revulutionäre Charakter dieser Ereignisse entsteht nur im Rückblick und durch die Frage ab wann wir etwas finden können das eindeutige Hinweise auf Landwirtschaft liefert. Werkzeuge z.B. aber eben auch Ortsfremde Kulturpflanzen.
 
Charakter dieser Ereignisse entsteht nur im Rückblick und durch die Frage ab wann wir etwas finden können das eindeutige Hinweise auf Landwirtschaft liefert. Werkzeuge z.B. aber eben auch Ortsfremde Kulturpflanzen.


Die frühesten Orte lamdwirtschaftlicher Nutzung sind bekannt. Dazu zählt z.B. Jarmo in den Ausläufern des Zagrosgebirges als älteste bislang bekannte landwirtschaftliche Gemeinschaft mit einem Alter von 9000 Jahren. Gefunden wurden Steinsicheln, Messer und Keramikgefäßr (früheste Keramikfunde). An Getreidepflanzen fand man Einkorn und Emmer, ferner wurden Linsen und Erbsen angebaut. Auch gibt es Hinweise auf die Domestizierung von Ziegen und Schafen. - Andere wichtige und frühe Fundorte sind Jericho und Catal Hüyük in Anatolien.

Man kann vermuten, dass es noch ältere Plätze mit landwirtschaftlicher Nutzung gibt, die Archäologen bislang nicht entdeckten. Auf jeden Fall zählen Anatolien und der Zagros zu den Ursprungsgebieten der Landwirtschaft, einmal abgesehen von Orten in China oder Amerika, wo anscheinend etwa gleichzeitig frühe Landwirtschaft betrieben wurde.
 
Ich glaube da hast du mich ein wenig mißverstanden. Es ging mir weniger um die Frage wie viele unentdeckte Stätten ala Jericho & Co. es noch gibt, sondern darum dass der revolutionäre Charakter dieser Ereignisse mit unseren Möglichkeiten etwas zu finden zusammenhängt.

Das ist vergleichbar mit der Kambrischen Explosion, bei der neue Tierarten aus dem Nichts aufzutauchen zu scheinen - tatsächlich aber nur besser findbar für uns wurden. Ohne spezielle Werkzeuge zur Verarbeitung und Lagerung der angebauten Pflanzen und ohne auffällige Pflanzenfunde sehen wir eben an einem Fundplatz nur sehr schwer inwieweit dort bereits Vorformen der Landwirtschaft betrieben wurden.

Wenn eine zwischen Sommer und Winterlager umherziehende Gruppe während ihrer Rast die Kinder des Dorfes in die umliegenden Wiesen schickt um dort Tiere zu vertreiben die die schmackhaften Wurzeln ausgraben würden und immer wieder an Orte zurückkehrt an welchen diese wachsen - oder genausogut auch den schmackhaften Gräsern das Leben erleichtert indem man andere ausreißt und einen Teil der Samen der Erde zurückgibt - ist es schwer davon heute noch etwas zu sehen.

Was wir finden können sind Gerätschaften zum zermahlen von Pflanzen - die wie im Ausgangsposting bereits gesagt wird natürlich deutlich älter sind als die ersten echten landwirtschaftlichen Siedlungen.
 
Gefunden wurden Steinsicheln, Messer und Keramikgefäßr (früheste Keramikfunde).

(Hervorhebung von mir)

Damit der Keramik stimmt für die Gegend bzw die Entstehung der Landwirtschaft in Vorderasien. In Japan allerdings sind die ältesten Keramik-Funde 10.000 älter. Diese stehen allerdings mWn nicht in Verbindung mit einer entstehenden Landwirtschaft, sondern dienten im klimatisch begünstigten Japan sesshaften Jägern und Sammlern zu Aufbewahrung von Nahrungsmitteln, was eine große Ausnahme zur Entwicklung in anderen Regionen war.

Das Ernten von wilden Gräsern kannn auch nichtsesshaften Jägern und Sammlern eine Rolle spielen. Diese wechseln häufig in festen Rhythmen den Lagerplatz, um die jeweils vorhandenen Ressourcen entsprechend der Jahreszeit zu nutzen, sei es Wild oder eben periodisch wachsende Pflanzen wie Getreide. Bei den unterschiedlichen Höhenlagen in gebirgigen Regionen könnte es sogar sein, dass Menschen dem Reifen der Gräser gefolgt sind, die in niederen Lagen früher reifen als in höheren.

Interessant für den Nachweis der entstehenden Landwirtschaft sind neben archäologisch nachgewiesenen Werkzeugen die Archäobotanik sein. Mit deren Hilfe lässt sich anhand von Bodenfunden feststellen, welche Pflanzen im Leben früherer Kulturen eine Rolle spielten.

Archäobotanik ? Wikipedia
 
Das Ernten von wilden Gräsern kannn auch nichtsesshaften Jägern und Sammlern eine Rolle spielen. Diese wechseln häufig in festen Rhythmen den Lagerplatz, um die jeweils vorhandenen Ressourcen entsprechend der Jahreszeit zu nutzen, sei es Wild oder eben periodisch wachsende Pflanzen wie Getreide. Bei den unterschiedlichen Höhenlagen in gebirgigen Regionen könnte es sogar sein, dass Menschen dem Reifen der Gräser gefolgt sind, die in niederen Lagen früher reifen als in höheren.

Dass Frauen nomadischer Gruppen Getreide- bzw. Wildgrassamen sammelten, gab es seit undenklichen Zeiten. Mir ging es eher darum, den Zeitraum näher zu bestimmen, in dem der Zusammenhang von Samen und Frucht entdeckt wurde und man Samen planvoll aussäte. Das bedingte ein längeres Verweilen am Ort und leitete über zur Sesshaftigkeit.

Für diesen Prozess prägte Gordon Childe 1936 den Begriff "neolithische Revolution", der allerdings heute von Archäologen und Paläobotanikern vielfach abgelehnt wird. Nach ihrer Meinung werden dadurch lange entwicklungsgeschichtliche Vorgänge in umzulässiger Weise verkürzt.

Ich persönlich kann mit dem Begriff "neolithische Revolution" gut leben, wobei mir bewusst ist, dass es sich um Vorgänge handelt, die Jahrhunderte - wenn nicht Jahrtausende - dauerten. Gemessen an den Zeiträumen der Altsteinzeit, in der sich Menschen hunderttausende von Jahren bewegten, ist der Übergang vom Nomadismus zur Sesshaftigkeit tatsächlich eine relativ kurze "Revolution", die das Leben der Menschen "revolutionär" veränderte.
 
Wie oben schon gesagt - eigentlich ist Sesshaftigkeit keine Vorraussetzung für das säen von Pflanzen, dafür genügt es wenn man anschließend an den Ort zurückkehrt.

Ein Beispiel hierfür konnte die Haselnuss sein, welche sich im Mesolithikum über weite Teile Europas ausbreitete und kurzzeitig sogar die Landschaft dominierte. Aber es ist eben schwer dort zu bestimmen wie viel davon natürliche Verbreitung und wie viel menschlicher Anteil ausmachen. Es gibt eben keine Haselnusssicheln die wir finden könnten.
 
Wie oben schon gesagt - eigentlich ist Sesshaftigkeit keine Vorraussetzung für das säen von Pflanzen, dafür genügt es wenn man anschließend an den Ort zurückkehrt.

Dass Menschen säten und später zurückkehrten, ist nicht auszuschließen. Aber zu irgendeinem Zeitpunkt blieben einige Gruppen länger am Ort der Aussaat - und das leitete den Beginn des Neolithikums ein. Aussaat, Pflege des Feldes und Sesshaftigkeit sind nach Ansicht der meisten Wissenschaftler eng miteinander verknüpft.
 
ab einem gewissem Grad sicher. Irgendwann erreicht man eine Schwelle an der es effektiver ist bei der Saat zu bleiben als zu den nächsten Jagd und sammelgründen weiterzuziehen. Es ist auch durchaus denkbar das die Gruppen ihre Sommerlager immer weiter verlängerten um Felder und Früchte langer betreuen zu können.

Sesshaftigkeit ist also schon eng mit (effektiver und die Gruppe wesentlich versorgende) Landwirtschaft verbunden.

Oben klangst du aber so als ob Sesshaftigkeit eine Vorraussetzung schon für das prinzipielle Säen wäre. Und das ist dann eben fragwürdig,die ersten Aussaaten dürften noch von umherziehenden Gruppen gemacht worden sein. Einfach weil man bereits komplexere Prozesse fur die Sesshaftigkeit braucht, und genug Vorräte um die Zeit abseits der Ernte zu überstehen.

Sesshaftigkeit gab es erst nach Überwindung dieser Probleme. Und auch andere Elemente wie Verarbeitung der Erzeugnisse und Hegen der Nutzpflanzen sind wohl schon älter.

Zum Neolithikum kamen dann aber Lagerung und wohl auch Transport hinzu, Domestikation und neue Werkzeuge.
 
Mir ging es eher darum, den Zeitraum näher zu bestimmen, in dem der Zusammenhang von Samen und Frucht entdeckt wurde und man Samen planvoll aussäte. Das bedingte ein längeres Verweilen am Ort und leitete über zur Sesshaftigkeit.

Du hast natürlich recht mit dem Zeitraum und Ort. Allerdings bin ich nicht der Meinung, dass hier die Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen Samen und Frucht eine Rolle, und das es sich um ein planvolles* Handeln handelte, dass zur Neolithischen Revolution und damit zur Sesshaftigkeit führte. Diesen Zusammenhang kennen mWn auch Wildbeuter.

Tom Standage berichtet in seinem Buch "Der Mensch ist, was er isst", von einem San-Buschmann, der einem Anthropologen auf die Frage nach dem Ackerbau antwortete: "Warum sollen wir pflanzen, wenn es so viele Mongongonüsse auf der Welt gibt?" (Mongongonüsse machen etwa die Hälfte der Nahrung der San aus.)

Die Erfindung der Landwirtschaft (Ökosystem Erde)

Wir haben die Diskussion aber vor sechs Jahren schon mal so oder so ähnlich geführt... ;)

Ob man dass nun Revolution, Evolution oder anders nennt ist gehupft wie gesprungen, da sind wir beieinander; für die Entwicklung des Menschen bis dahin ging es jedenfalls rasant schnell. :winke:


Wie oben schon gesagt - eigentlich ist Sesshaftigkeit keine Vorraussetzung für das säen von Pflanzen, dafür genügt es wenn man anschließend an den Ort zurückkehrt.


Nur, wenn sie von Ernte bis zur neuen Aussaat an einem Ort blieben. Das Saatgut zu transportieren dürfte für diese Menschen unmöglich gewesen sein, und es an besagtem Ort zu lassen barg die große Gefahr, dass andere es sich aneignen, seien dass nun Tiere oder andere Menschen.


Gleiches gilt übrigens für Keramik-Produkte. Diese mitzuschleppen ist ohne Vieh zum Transport nicht praktikabel, es ungeschützt irgendwo zu lassen birgt die Gefahr es zu verlieren.


ab einem gewissem Grad sicher. Irgendwann erreicht man eine Schwelle an der es effektiver ist bei der Saat zu bleiben als zu den nächsten Jagd und sammelgründen weiterzuziehen. Es ist auch durchaus denkbar das die Gruppen ihre Sommerlager immer weiter verlängerten um Felder und Früchte langer betreuen zu können.


Nicht zu vergessen die Möglichkeit, dass es verschiedene „Lebensstile“ gleichzeitig gab, die sich durch Handel oder familiäre Beziehungen gegenseitig unterstützten, um so die Nachteile des jeweiligen Modells auszugleichen. Die weitere Entwicklung, ins besonders die erhöhte Produktion der entstehenden Landwirtschaft durch allmähliche Domestikation der Wildgräser könnte dann zu einer langsamen Aufgabe des schweifenden Lebensstils geführt haben; oder auch zu einer Veränderung in Richtung Hirte bei einsetzender Viehwirtschaft.
 
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