Warum feiert Frankreich immer noch den 11.November 1918?

Deutschland hat den Krieg verloren, gewonnen hat keiner den Krieg.
Die Alliierten haben den Sieg durch die materialistische Übermacht mit den Kriegseintritt der USA erzwungen.
Aber da der vermeintliche Sieg nicht zu einer andauernden Friedensphase führte, ist es fragwürdig, dies zu feiern ... wichtiger wäre hier wohl das Kriegsende am 08.05.1945
Der wird ja auch gefeiert an der Fête de la Victoire.
Feiertage in Frankreich ? Wikipedia
Eher ein bisschen schade, dass die Abschaffung der Sklaverei nicht auch in Frankreich, sondern nur in den Überseedepartements begangen wird.
Bezeichnenderweise wird am 11. November auch "Armistice" also der Waffenstillstand begangen. Was ist dagegen einzuwenden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Kennt ihr den Film Merry Christmas über die Kriegsweihnacht 1914 an der Westfront? Es handelt sich dabei um eine französisch-deutsch-britische Produktion unter wesentlicher Federführung von Franzosen. In diesem Film wird sehr schön die schon im Vorschulalter einsetzende Kriegspropaganda mit dem Erleben der Frontsoldaten karikiert. Hier wird gezeigt, dass der Erste Weltkrieg von allen beteiligten Nationen mit nationalistischem Impetus geführt wurde. Eine alleinige Schuldzuweisung lehnt der Film ab.

Im Übrigen, mein Großvater, der als junger Mann im Ersten Weltkrieg kämpfen musste, hat genau diese Geschichte erzählt, also nicht das mit dem trinationalen Fußballtunier zwischen den Schützegräben, aber, dass man gemeinsam Weihnachten gefeiert habe und dass in den Kampfpausen die Zigarettenschachteln zwischen den Schützengräben hin und her flogen.
 
Kennt ihr den Film Merry Christmas über die Kriegsweihnacht 1914 an der Westfront? Es handelt sich dabei um eine französisch-deutsch-britische Produktion unter wesentlicher Federführung von Franzosen. In diesem Film wird sehr schön die schon im Vorschulalter einsetzende Kriegspropaganda mit dem Erleben der Frontsoldaten karikiert. Hier wird gezeigt, dass der Erste Weltkrieg von allen beteiligten Nationen mit nationalistischem Impetus geführt wurde. Eine alleinige Schuldzuweisung lehnt der Film ab.

ein sehr guter Film, der zeigt, wie ganz gewöhnliche Soldaten aller Seiten gelitten haben.

Im Übrigen, mein Großvater, der als junger Mann im Ersten Weltkrieg kämpfen musste, hat genau diese Geschichte erzählt, also nicht das mit dem trinationalen Fußballtunier zwischen den Schützegräben, aber, dass man gemeinsam Weihnachten gefeiert habe und dass in den Kampfpausen die Zigarettenschachteln zwischen den Schützengräben hin und her flogen.

Das gemeinsame Weihnachtsfeiern (müßte dann 1917 gewesen) sein, ist mir auch von meinem Großvater bekannt.

Ich möchte auf eine Redevorlage für die französischen Bürgermeister zum 11. November 2013 hinweisen:

www.journaldesmaires.com/UserFiles/File/discours/modele-de-discours-ceremonie-du-11-novembre.pdf

ein Schlüsselsatz m. E.:

Commémorer le 11 novembre 1918, c’est accomplir notre
devoir de mémoire vis-à-vis de celles et ceux qui nous ont
légué les valeurs de courage pour la défense de la Nation et
de la démocratie, mais aussi celles du pacifisme. C’est également
espérer dans un avenir que l’on souhaite toujours
meilleur et plus solidaire.


Wenn wir den 11. November 1918 begehen, dann tun wir das in Erfüllung einer Pflicht zur Erinnerung an all diejenigen, die uns die Werte des Mutes zur Verteidigung der Nation und der Demokratie vermacht haben, aber auch die Werte des Pazifismus. Gleichermaßen hoffen wir auf eine Zukunft, die hoffentlich besser und solidarischer sein wird. (eigene Übersetzung)
 
Der 11. November ist wie schon gesagt in Frankreich ein Trauertag. Ich habe außerdem herausgefunden, dass besondere Ehrungen am Triumphbogen in Paris stattfinden, wo ein anonymer Soldat begraben liegt. Die Franzosen ehren mit dem Feiertag alle toten, sowohl von frankreich als auch von anderen Ländern.
 
Solange der Krieg dauerte stand Frankreich zusammen.

Nach dem Krieg, der für Frankreich viel zu verlustreich war, begann die große Abrechnung.

Die linke Arbeiterschaft warf dem Offizierskorp vor, man hätte sie bewußt verheizt.

Die Bretonen wiederrum glaubten man hätte sie stets ins Feuer geworfen um den katholischen Bretonen, die noch dazu bretonisch sprachen loszuwerden.

Die Auvergnaten glaubten man hätte sie als unzivilisierte Halbanalphabeten eingestuft und ebenfalls verheizt.

Savoyen und die Vogesen die die Eliteeinheit der Gebirgsjäger stellten beklagten viel zu hohe Verluste.

Ohne diesen Streit kann man das Frankreich der Zwischenkriegszeit nicht verstehen.

Letzendlich führte er zum Sieg der Volksfront und zum zunehmenden Pazifismus.

Erst in unserer Zeit wurden die Verluste der verschiedenen Provinzen und soziokulturellen Gruppen wissenschaftlich aufgearbeitet.

Die Resultate sind überraschend. Die Arbeiterschaft hatte viel weniger Verluste als die Bauernschaft. Nachdem man gemerkt hatte das der Krieg länger dauern wurde als wenige Wochen, wurden sie abgezogen.

Die Bretonen hatten nicht mehr Verluste als ähnliche agraisch geprägte Provinzen.

Die Kolonialtruppen hatten weniger Verluste als die aus dem Mutterland.

Die damals noch große Gruppe des Gesinde, hatte die meisten Verluste.

La première Guerre Mondiale 1902-1932 Répartition des pertes

Zu der Tabelle oben

Domestiques =Gesinde

Agriculteurs=Bauern

morts=tot

disparus=vermißt

mutilés=Versehrt

Die Feiern damals wie heute sind also ein Versuch die nationale Einheit wiederherzustellen durch das Gedenken an die Toten, egal ob Korse oder Bretone, Arbeiter oder Lehrer.
 
Kennt ihr den Film Merry Christmas über die Kriegsweihnacht 1914 an der Westfront? Es handelt sich dabei um eine französisch-deutsch-britische Produktion unter wesentlicher Federführung von Franzosen. In diesem Film wird sehr schön die schon im Vorschulalter einsetzende Kriegspropaganda mit dem Erleben der Frontsoldaten karikiert. Hier wird gezeigt, dass der Erste Weltkrieg von allen beteiligten Nationen mit nationalistischem Impetus geführt wurde. Eine alleinige Schuldzuweisung lehnt der Film ab.

Ja, kenne ich. Ein guter Film.
 
Eigendtlich ist der 11. November ja auch desswegen Feiertag in frankreich, damit nie wieder ein Weltkrieg ausbricht. Mit dem vorsatz wurde der Feiertag auch schon vor dem 2 WK begangen...
 
Bezeichnenderweise wird am 11. November auch "Armistice" also der Waffenstillstand begangen. Was ist dagegen einzuwenden?

Grundsätzlich habe ich die Frage des ET, nicht gestellt, von daher, kann ich deine Frage an mich nicht nachvollziehen.
(Achtung, Ironie!)Aber wenn es nur um einen Waffenstillstand geht, dann können die Franzosen doch auch den 31. Januar 1871 feiern, oder?
 
Solange der Krieg dauerte stand Frankreich zusammen.

Nach dem Krieg, der für Frankreich viel zu verlustreich war, begann die große Abrechnung.

Die linke Arbeiterschaft warf dem Offizierskorp vor, man hätte sie bewußt verheizt.

Die Bretonen wiederrum glaubten man hätte sie stets ins Feuer geworfen um den katholischen Bretonen, die noch dazu bretonisch sprachen loszuwerden.

Die Auvergnaten glaubten man hätte sie als unzivilisierte Halbanalphabeten eingestuft und ebenfalls verheizt.

Savoyen und die Vogesen die die Eliteeinheit der Gebirgsjäger stellten beklagten viel zu hohe Verluste.

Ohne diesen Streit kann man das Frankreich der Zwischenkriegszeit nicht verstehen.

Letzendlich führte er zum Sieg der Volksfront und zum zunehmenden Pazifismus.

Erst in unserer Zeit wurden die Verluste der verschiedenen Provinzen und soziokulturellen Gruppen wissenschaftlich aufgearbeitet.

Die Resultate sind überraschend. Die Arbeiterschaft hatte viel weniger Verluste als die Bauernschaft. Nachdem man gemerkt hatte das der Krieg länger dauern wurde als wenige Wochen, wurden sie abgezogen.

Die Bretonen hatten nicht mehr Verluste als ähnliche agraisch geprägte Provinzen.

Die Kolonialtruppen hatten weniger Verluste als die aus dem Mutterland.

Die damals noch große Gruppe des Gesinde, hatte die meisten Verluste.

La première Guerre Mondiale 1902-1932 Répartition des pertes

Zu der Tabelle oben

Domestiques =Gesinde

Agriculteurs=Bauern

morts=tot

disparus=vermißt

mutilés=Versehrt

Die Feiern damals wie heute sind also ein Versuch die nationale Einheit wiederherzustellen durch das Gedenken an die Toten, egal ob Korse oder Bretone, Arbeiter oder Lehrer.
Sehr interessante Ausführungen und ich muss gestehen, dafür, dass Frankreich schon recht lange Nationalstaat ist, hätte ich nicht damit gerechnet.
Danke!

Grüße
excideuil
 
@Köbis17 Ich denke, das hätten sie, wäre da nicht der 1. WK, der den deutsch-französischen Krieg meiner Meinung nach überschattet hat. Immerhin waren die reperationskosten nach dem ersten WK für Frankreich rund doppelt so hoch wie nach dem Deutsch-französischen Krieg.
 
@Köbis17 Ich denke, das hätten sie, wäre da nicht der 1. WK, der den deutsch-französischen Krieg meiner Meinung nach überschattet hat. Immerhin waren die reperationskosten nach dem ersten WK für Frankreich rund doppelt so hoch wie nach dem Deutsch-französischen Krieg.

Frankreich musste 5 Milliarden Goldfranc an das Deutsche Reich zahlen; das war ganz heftig.

Das Deutsche Reiche musste nach den Londoner Abkommen aus dem Jahre 1921 132 Milliarden zahlen. Der Young Plan von 1929 reduzierte die Summe auf 112 Milliarden; die Zahlungen hätten bis 1988 angedauert. Es wurden also Generationen in Anspruch genommen, die noch gar nicht geboren waren.
 
Damals im Gegensatz zu den Deutschen.
Die hatten einen "wirklich offensiven Plan".
Und das war ihr einziger.

Grüße hatl

Dass die Franzosen auch einen offensiv-orientierten Defensivplan* hatten, hat bereits thanepower oben geschrieben:



In dem von thanepower verlinkten Wiki-Artikel zu Plan XVII ist übrigens eine Karte enthalten, die die deutschen und französischen Stoßrichtungen des Plan XVII und Schlieffenplans enthalten. Während die deutsche Armee aus dem Westen Deutschlands durch Belgien nördlich der Ardennen, sollte die französische Armee südlich der Ardennen und auch durch Belgien. Damit hätte Frankreich aber seinerseits die Neutralität Belgiens verletzt. Zu dieser Problematik, vor der die französische Außenpolitik stand, steht im verlinkten Buch von Stefan Schmidt auf S. 156 ff. einiges (leider in der Google-Ansicht mit Lücken).

*ich bitte um freundliche Beachtung des Wortspiels:grübel:
 
Hallo! Ich will mal versuchen, meine Meinung zu dieser Fragestellung darlegen:

Dass die Franzosen weiterhin den Sieg im ersten Weltkrieg feiern, ist verständlich. Nachdem man der als Demütigung empfundenen Niederlage im Deutsch-französischen Krieg Elsass-Lothringen sich dazu entschieden hatte, nicht einen Angriffskrieg gegen Deutschland führen zu wollen (vgl. "Niemals davon sprechen, immer daran denken." - Léon Gambetta), strebte man dennoch eine Revanche für die Demütigung der Niederlage von 1870/1871 an. Als die OHL dann seit 1912 immer stärker auf die Provokation eines Weltkrieges hinarbeitete, versuchte Frankreich durch Plan XVII, d.h. eine militärische Offensivstrategie, den deutschen Truppen entgegenzuwirken. Dieser Plan scheiterte jedoch schon beinahe im Ansatz, weshalb er hinfällig wurde. Als Frankreich dann am Ende den Weltkrieg dank des Industriepotenziales der USA gewonnen konnte, wollte man natürlich eine Revanche für die Niederlage. Die früheren Kriegsziele einer Annexion des linksrheinischen Gebietes/die Errichtung von Pufferstaaten wurde dann verzichtet und man wollte nur Entschädigungen für den Weltkrieg und die Rückgabe Elsass-Lothringens. Danach sah Frankreich die Revanche für die Niederlage als getan, woraus ich interpretiere, dass für Frankreich 1918 die Schande von 1870/1871 getilgt wurde, weshalb bis heute dort das Ende des Weltkrieges gefeiert wird. Und einen Waffenstillstand zu würdigen, halte ich nicht für nichts Schlechtes.

Zu Ferdinand Foch:
Die, die sich mit seinen berühmten Worten zum Versailler Vertrag schmücken, sollten vielleicht auch seine Ziele kennen. Foch stand gewiss nicht für einen milden Frieden, er wollte Deutschland aufteilen in kleinere Staaten und Frankreichs Grenze an den Rhein setzen. Eine Beurteilung dieser Idee sollte man jedem selbst überlassen, jedoch wird dieses Zitat leider viel zu oft in einen völlig falschen Kontext gesetzt.
 
@Ghostface Ich denke nicht, dass der 11. November gefeiert wird um eine Schande zu tilgen. Der 11.November ist wie oben schon genannt ein Gedenktag an die Toten aus allen Ländern. Ich denke nicht, dass irgend jemand normal denkendes sich an diesem Tag freut, dass er den deutschen "respekt" beigebracht hat.
 
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