Stalingrad: sowjetische Vorbereitungen der Einkesselung

Reinhard

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Ich habe mal gelesen, die deutsche Wehrmacht habe bis Mitte November 1942 die Lufthoheit über Stalingrad gehabt. Warum hat sie dann nicht die Nachschubwege der Roten Armee zerstört? Dann wäre doch so ein Zangengriff unmöglich gewesen, wenn die Rote Armee gar nicht mit weiteren Soldaten in die Nähe von Stalingrad hätte gelangen können.
 
Die "Lufthoheit" bedeutet noch lange nicht, dass man die Bewegungen des Gegners auf dem Boden völlig ausschalten kann.

M.W. hat die deutsche Luftwaffe nach 1941 nie eine so umfassende Luftherrschaft besessen, wie es 1944 die Westalliierten über Frankreich oder Italien hatten, und auch diese haben die Truppenbewegungen und den Nachschub der Wehrmacht nicht unterbinden können.
 
"Lufthoheit" heißt ja nur, dass der Himmel "feindfrei" gehalten werden kann; inwiefern das ausgenutzt werden kann, ist tatsächlich eine ganz andere Frage. Dabei spielte u.a. die Spezialisierung der Flugzeugtypen eine große Rolle. Für die Erringung und Verteidigung der Lufthoheit bedurfte es v.a. Flugzeugen, die andere Flugzeuge bekämpfen (v.a. Jagdflugzeuge), die aber für die Bekämpfung des Gegners am Boden eher ungeeignet waren. Dafür standen andere Typen bereit (alle möglichen Bomber, Schlachtflugzeuge, und was weiß ich noch...).
 
Bei Wikipedia finden sich Verweise, dass es schon im Oktober nicht mehr weit her war mit dem taktischen Nutzen der Luftwaffe:

Bis zum 31. Oktober waren alle Werkshallen [Anm. floxx: des Stahlwerks Roter Oktober] bis auf Halle 4 in deutscher Hand, man stellte jedoch fest, dass Luftwaffe und Artillerie der Infanterie keine weitere Unterstützung mehr bieten konnten.
Verwiesen wird auf Manfred Kehrig: Stalingrad. Analyse und Dokumentation einer Schlacht. Stuttgart 1979, S. 40, siehe Deutscher Angriff auf Stalingrad ? Wikipedia

Die sowjetischen Luftstreitkräfte errangen ab Mitte Oktober 1942 die nächtliche Lufthoheit über Stalingrad.
Verwiesen wird auf William E. Craig: Die Schlacht um Stalingrad. Tatsachenbericht. Heyne, München 1991, S. 130, siehe Deutscher Angriff auf Stalingrad ? Wikipedia. Inwieweit Craig als besonders seriös einzuschätzen ist, will ich hier nicht beurteilen.
 
Man darf nicht vergessen, dass die Russen Meister im Tarnen und Täuschen waren. Deutsche Flieger griffen auch nur sehr ungern im Tiefflug an. Unter deutschen Piloten hieß es bildlich überspitzt, die Russen reißen sogar ihren Pferden die Eisen von den Hufen, um damit nach angreifenden Flugzeugen zu werfen.
Ich denke, es war viel deutsche Arroganz dabei, die der Roten Armee eine derartige Logistik nicht zutraute.
 
Mit Arroganz oder Zutrauen hat das nichts zu tun.

Der sowjetische Aufmarsch nordwestlich in den Donbrückenköpfen Kletskaja und Serafimowitsch wurde Ende Oktober 1942 durch die Luftflotte 4 erkannt.

Einsätze gegen das Stadtgebiet von Stalingrad machten immer weniger Sinn (wurden aber noch im Nov42 durch Stuka-Gruppen geflogen), vielmehr sollten die Nachschubwege und die Artilleriemassierungen östlich der Wolga ab Mitte Okt42 vorrangig bekämpft werden. Die sowjetischen Luftstreitkräfte wurden im Oktober 1942 wesentlich verstärkt, während die deutschen durch Abzüge in die Kaukasus-Front und zum Mittelmeer (Alamein/Torch) wesentlich geschwächt wurden.

Trotz Erkennens des fortlaufenden Aufmarsches gelang es mit zu schwachen Luftstreitkräften weder, die Aufmärsche der Roten Armee in den Flankenstellungen der 6.Armee zu behindern noch die Artilleriestellungen gegen das Stadtgebiet von Stalingrad östlich der Wolga zu zerstören.

Hitler, von der Luftwaffe durch Meldungen in Kenntnis gesetzt, befahl ab 2.11.42 verstärkte Aufklärung gegen die sowjet. Bereitstellungen und Bekämpfung der Versorgungslinien (in den Bereich südlich Stalingrad waren Eisenbahnlinien vorgetrieben worden, allerdings einige Dutzend km hinter der Front endend, so dass die Rote Armee ab hier im Landmarsch vor allem nachts vorverlegt wurde. Ähnlich verliefen auch die Vorbereitungen beim Serafimowitsch-Brückenkopf am Don, der Monate umkämpft war, aber weder von deutschen, noch von den folgenden italienischen oder rumänischen Einheiten eingedrückt werden konnte). Die dortigen Bereitstellungen wurden erst kurz vor der Offensive vorverlegt, und wurden zuvor in einem Raum gehalten, der auch gegen den Mittelabschnitt der Ostfront dienen konnte.

Die deutsche Luftflotte 4 hatte selber mit Versorgungsengpässen zu kämpfen, mit Vorbereitungen für den Winter, und mit Schlechtwetter. Der bevorstehende Großangriff wurde spätestens am 9.11.42, also 10 Tage vorher, voll erkannt. Maßnahmen zur Abwehr wurden daraufhin befohlen. Vorbereitungen zur Vorverlegung auf frontnahe Flugplätze liefen bereits, ebenso wie die Auffüllung der Flugplatz-Versorgungen. Die Luftflotte stellte sogar zwei gemischte Flakabteilungen zur Panzerabwehr hinter den rumänischen Linien bereit, und traf Vorbereitungen zur schnellen Verlegung von Stuka-Verbänden aus dem Kaukasus. Die ersten trafen vor dem Angriff dort ein.

Hieran sieht man: Wochen vorher waren die Entwicklungen, die dann zur Einschliessungsoffensive der Roten Armee führten, bekannt. Mit Beginn der Offensive herrschte zT Schlechtwetter, so am 19.11.1942. Der Aufmarsch südlich Stalingrad war in dem Umfang nicht erkannt worden, da die Eisenbahnlinien zu weit hinter der Front endeten, und erst kurz zuvor nächtliche Vorverlegungen im Landmarsch erfolgten. Südlich Stalingrad wurden auch keine Vorbereitungen zB für die Verbindungsoranisationen zur Luftflotte 4 getroffen. Allerdings waren bereits zwei Offensiven aus diesem Raum in den Vormonaten geführt worden, die noch abgewehrt werden konnten. Der 6. Armee war die brisante Lage an ihrer Südflanke, die von rumänischen Einheiten gedeckt wurde, voll bekannt, ebenso an der Nordwestflanke. Das belegen Meldungen an das OKH vom 9.11.42, in denen "radikale Maßnahmen" gegen die bedrohliche Lageentwicklung vor der rumänischen Front gefordert wurden, und gebeten wurde, die eigenen Angriffe einstellen zu dürfen.

Gegen die Don-Brückenköpfe von Serafimowitsch und Kletskaja wurden im November wiederholt Luftangriffe geflogen, von den wenigen verbliebenen Kampf- und Sturzkampfgruppen der Luftflotte 4. Weitere Meldungen von Aufklärungsflügen trafen ein, so zB über lange Panzerkolonnen auf dem Marsch in die Brückenköpfe (13.11.1942). Die verbliebenen Luftwaffen-Kräfte reichten aber weder zur wirkungsvollen Bombardierung der Brùckenköpfe, noch zur Abschnürung des Rückraumes. Das KG1 mit Flugmuster Ju8, das noch im Oktober die Bahnlinien weit hinter der Front vor der 6. Armee und damit indirekt die Vorverlegungen der Roten Armee bekämpfte, wurde zum Mittelabschnitt Orscha/ Rshew an einen anderen Brennpunkt abgezogen. Die um Stalingrad verbliebenen Stuka-Gruppen taugten dagegen nicht zum operativen Luftkrieg weit hinter der Front.

Auf einem hunderte Kilometer langen Sektor waren allein die Gruppen des Jagdgeschwaders 3 verblieben(Pitomik, mit zwei Gruppen, plus eine Gruppe JG52), die den Luftraum für die Luftwaffe schützen sollten. Die sowjetische Überlegenheit betrug rund 2:1, da etwa 1500 sowjetische Flugzeuge den etwas mehr als 700 der Luftflotte 4 hier gegenüberstanden (von denen rd. 400 am 19.11.42 einsatzfähig waren). So konnte die rote Luftflotte sogar zu vorbereitenden Angriffen übergehen. Am 14.11.42 wurden zum Beispiel zahlreiche Angriffe gegen die vorgeschobenen Luftwaffen-Flugplätze zur Vorbereitung der sowjetischen Offensive geflogen.


Bergström/Dikov/Antipov: Black Cross, Red Star Band 3: Everything for Stalingrad
Bergström: Stalingrad, The Air Battle
Kehrig, Stalingrad
Prien, Jagdfliegerverbände 9/II: vom Sommerfeldzug 1942 bis zur Niederlage von Stalingrad
Prien/Stemmer: III/Jagdgeschwader 3
KTB der 6. Armee.
 
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Mit Arroganz oder Zutrauen hat das nichts zu tun.

Da bin ich mir garnicht so sicher.

Ob man von einem Zutrauen hinsichtlich der sowjetischen Logistik sprechen muß ist fraglich. Eigentlich liegt das Problem meines Erachtens nach woanders, bzw. schon vorher. Im OKW oder besser gesagt bei Hitler herrschte doch eigentlich die Meinung, daß die Sowjetunion im höheren Sinne besiegt war. Über die wirklichen Ressourcen der Sowjetunion sowohl in personeller, als auch in materieller Hinsicht war man sich in keinster Weise bewusst. Das die SU in einem gewaltigen Kraftakt nahezu 1500 Industriebetriebe aus den westlichen Gebieten Richtung Ural verlegt hat, ist der deutschen Abwehr verborgen geblieben. Und: Die russischen Frauen waren längst in Massen mobilisiert worden, um eine entsprechende Produktion zu gewährleisten, während Hitler in Deutschland daran noch garnicht dachte.

Das die Wehrmacht mit einem Angriff auf die von rumänischen Einheiten gesicherten Flanken rechnen mußte, hast du beschrieben. Diese Vermutung wurde wohl auch durch Spähtrupps und Verhöre von Gefangenen bestätigt.
Aber:
Mit einem deratig groß angelegtem Angriff im Raum und aus der Tiefe, der von vorneherein auf eine Einkesselung ausgelegt war hat niemand gerechnet, bzw. daß hat man den Sowjets garnicht zugetraut. Vieleicht muß man hier von Unterschätzung" sprechen. Diese Unterschätzung der Roten Armee zieht sich durch den gesamten Feldzug. Diese Unterschätzung hat wenn nicht mit Arroganz, so doch sicher mit Ignoranz zu tun.

Trotzdem muß man wohl auch anmerken, daß es der SU gelungen ist, die gesamten Vorbereitungen zur "Operation Uran" gut getarnt durchzuführen. So wurden z.B. Ersatzarmeedivisionen von Schukow und Wassilewski an ruhigere Frontabschnitte geschickt, wo sie unter Ernstfallbedingungen ausgebildet wurden. Dies veranlasste Reinhard Gehlen zu der Vermutung, es könnte eine Ablenkungsoffensive gegen die Heeresgruppe Mitte geben.

Hinzu kommt natürlich auch der von Dir angesprochene Tatbestand, daß die Häuserkämpfe in Stalingrad selbst garkeinen Sinn mehr hatten. Paulus hat es offensichtlich versäumt, die Truppen zurückzuziehen und entsprechend mobil zu gestalten. Hinzu kam die Verlegung von Transportpferden 200km hinter die Front. Als man die Lage zu spät erkannte, war die nötige Mobilität schlicht nicht vorhanden.

vergl auch:
Beevor: Stalingrad
Pantheon 2010
Kapitel 14: Alles für die Front
 
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@salvus: war der Hinweis so missverständlich?

Was Du schreibst, ist Beevor, und zT aus den Shukow-Memoiren, wenn ich das richtig in Erinnerung habe?:winke:
 
Paulus und die Pferde

Hinzu kommt natürlich auch der von Dir angesprochene Tatbestand, daß die Häuserkämpfe in Stalingrad selbst garkeinen Sinn mehr hatten. Paulus hat es offensichtlich versäumt, die Truppen zurückzuziehen und entsprechend mobil zu gestalten. Hinzu kam die Verlegung von Transportpferden 200km hinter die Front. Als man die Lage zu spät erkannte, war die nötige Mobilität schlicht nicht vorhanden.

Das Ereignis des "Abschiebens" der Pferdebestände in den weiten Rückraum der Front, zT in den Donbogen, hat einigen Niederschlag in der Memoiren-Literatur und in populärwissenschaftlichen Darstellungen gefunden. Dazu gab es zwei Anknüpfungspunkte:

1. der dadurch "behinderte" Ausbruch: die Darstellung wird verknüpft mit der Diskussion, ob Paulus eine Ausbruch möglich war oder nicht. Die fehlenden Pferdebestände sollen die Beweglichkeit eingeschränkt haben.

2. die Opfer: von den fast 300.000 wurden rd. 90.000 in die Gefangenschaft geführt. Die Pferde "fehlten" bei der Versorgungslage der Armee. Obwohl ereignisgeschichtlich (militärisch-operativ) ohne Belang war, ob die Nahrungsmittelversorgung der 22 Divisionen im Kessel besser oder schlechter war, erhöhte dieser Umstand die Opferzahlen. Im Kessel sind vermutlich mehr durch Hunger und Kälte umgekommen als durch Kampfhandlungen. Die ausgezehrte Truppe hatte darüber hinaus erhöhte Opferzahlen nach der Kapitulation, da auch die Rote Armee keine Versorgung vor dem Abtransport sicherstellen konnte.

Der Hintergrund:

Ausgangspunkt war der Befehl, die erreichte Frontlinie zu halten, was originär auf Hitler zurückging. Schaut man sich die Logistik an, war aufgrund der einzigen Eisenbahn-Versorgungslinie von Rostow in den Rückraum der 6. Armee schlicht unmöglich, die Pferdebestände (bis zu 40.000 Tiere) im Frontraum im Winter zu verpflegen. Und dabei ist die Einschließung nicht einkalkuliert. Es gab hier tatsächlich nichts an "Mobilität" zu gestalten.

Für die Kesselbildung und die Kesselkämpfe im November und Dezember 1942 spielten die verbliebenen sowjetischen Brückenköpfe im Stadtraum Stalingrad keine Rolle mehr. Diese hatten auch nichts mit dem "Haltebefehl" vor Einschließung zu tun. Praktisch war die Stadt am 19.11.1942 bis auf für die Gesamtlage unbedeutende Reste komplett besetzt. Dagegen spiegelt das Bild der sowjetischen Geschichtsschreibung eine Bedeutung der Resträume der Stadt (so zB die heroischen Schilderungen von Tschuikow und Jeremenko), die praktisch nicht gegeben war, und sich auch nur in der populären Literatur festgesetzt hat.

Die operative Sorge des OKH (das oben genannte OKW war für die Ostfront nicht zuständig) waren vielmehr die Donbrückenköpfe und das Seengebiet südlich Stalingrad, in welchem schwere Kämpfe und Durchbruchsversuche seit September 1942 stattfanden. Diese potenzielle Bedrohung war voll erkannt, wie die Reaktionen der OKH und die "Maßnahmen" offenlegen:
- hinter die Donbrückenköpfe, direkt geplant in die Bedrohungsrichtung, wurde das Korps von Heim verlegt
- die Lage südlich Stalingrad sollte die 4. PzA mit "Bordmitteln" kontrollieren. Das hatte bereits in den Wochen zuvor, gegen mehrere größere sowjetische Durchbruchsversuche im Bereich der rumänischen Verbände, geklappt.
 
Mit einem deratig groß angelegtem Angriff im Raum und aus der Tiefe, der von vorneherein auf eine Einkesselung ausgelegt war hat niemand gerechnet, bzw. daß hat man den Sowjets garnicht zugetraut. Vieleicht muß man hier von Unterschätzung" sprechen. Diese Unterschätzung der Roten Armee zieht sich durch den gesamten Feldzug. Diese Unterschätzung hat wenn nicht mit Arroganz, so doch sicher mit Ignoranz zu tun.

Trotzdem muß man wohl auch anmerken, daß es der SU gelungen ist, die gesamten Vorbereitungen zur "Operation Uran" gut getarnt durchzuführen. So wurden z.B. Ersatzarmeedivisionen von Schukow und Wassilewski an ruhigere Frontabschnitte geschickt, wo sie unter Ernstfallbedingungen ausgebildet wurden. Dies veranlasste Reinhard Gehlen zu der Vermutung, es könnte eine Ablenkungsoffensive gegen die Heeresgruppe Mitte geben.

Die Ignoranz bzgl. der Lage ist originär bei Hitler festzumachen.

Sowohl die betroffene 6. Armee, als auch die vorgeordnete Heeresgruppe B, als auch im OKH gab es bis unmittelbar vor der Einschließung "Anträge", die 6. Armee in die verkürzte Don-Tschir-Linie zurückzunehmen. Dieses scheiterte ausschließlich an Hitler. Der letzte Antrag von Paulus erfolgte in der Woche vor der sowjetischen Offensive (-> Kehrig, Stalingrad).

Bereits im ganzen Verlauf Spetember-November 1942 war die Lage an der Donfront brisant. Den dortigen Verbündeten (zunächst ital. 8. Armee, dann rumänische 3. Armee) gelang es nicht, die Donbrückenköpfe der Roten Armee einzudrücken.

Bei 6. Armee, HGr. B und OKH, einschließlich Aufklärung "Fremde Heere Ost" lagen keine Fehleinschätzungen über die operativen und materiellen Möglichkeiten der Roten Armee für den Winter 1942/43 vor. Bei dem oben zitierten Hinweis auf "Ablenkung gegen Heeresgruppe Mitte" handelt es sich um die Lageeinschätzung Gehlens und der FHO, die sich lediglich unsicher war, wo die Offensiven stattfinden könnten. Bei HG Mitte traf man genau den Kern: hier fand "Operation Mars" statt, mit dem Ziel der Vernichtung der 9. Armee im Rshew-Bogen, im Volumen etwa das 1,5-fache der Operation Uranus/Stalingrad, und damit zutreffend als Schwerpunkt der Winteroffensiven erkannt (-> Glantz, Zhukov's Greatest Defeat : The Red Army's Epic Disaster in Operation Mars, 1942).
FHO wies zudem auf die Winteroffensive gegen HGr. B, Don-Wolga-Raum hin, und legte sich (nach dem materiellen Einsatz der Roten Armee: zutreffend!) hier nicht auf den Schwerpunkt im Winter fest.

Die Aufstellungskapazitäten der Roten Armee wurden außerdem laufend berichtet, dieses Phänomen wurde schließlich seit Herbst 1941 permanent beobachtet. Auch die monatlichen Panzerkapazitäten mit Zugängen von rd. 2000 Stück waren recht genau geschätzt.

Die "Trainings-Verlegungen" sind ein Märchen der sowjetischen Memoirenliteratur. Die an der Uranus-Offensive teilnehmenden Verbände waren neu aufgestellt, bzw. aufgefrischte und aufgefüllte Reste, und haben mit Vorgänger-Verbänden nur die "Numerierung" gemeinsam. Zum Teil ist diese sogar irreführend: die mechanisierten Korps des Herbst 1942 waren auch organisatorisch und in der Zusammensetzung neu, und haben mit den Mechanisierten Korps 1941 nichts zu tun.
Diese Art der Bereitsstellung betraf sämtliche Stoßgruppen der Nord- und der Südgruppe bei Stalingrad. Ebenso verfuhr man im Übrigen auch bei der größeren Operation "Mars", wo die Verbandsaufstellungen ebenfalls seit September 1942 im sowjetischen Rückraum las "Reserven" liefen.

Bzgl. "Tiefe" ist Uranus nicht Besonderes. Raumgreifende Vorstöße zur Umfassung hatte es bereits im Winter 1942/42 in ähnlichem oder größerem Umfang gegeben.
 
Die "Trainings-Verlegungen" sind ein Märchen der sowjetischen Memoirenliteratur. Die an der Uranus-Offensive teilnehmenden Verbände waren neu aufgestellt, bzw. aufgefrischte und aufgefüllte Reste, und haben mit Vorgänger-Verbänden nur die "Numerierung" gemeinsam.

Exemplarisch hier die Historie des 1. und 26. PzK, Bestandteile/Mobile Gruppe der 5. Panzerarmee, operierend bei der nördlichen Gruppe aus dem Serafimowitsch-Brückenkopf:

26. Tank Korps, 161: 24 KV/67 T-34/40 T-70/60:
19., 157. und 216. Panzerbrigade, 14. Mot.Brigade, sonstige Verbände

1. Tank Korps, 158 (oder 136?): 8 KV/76 T-34/74 T-70/60
89., 117., 159. Panzerbrigade, 44. Mot.Brigade, sonstige Verbände

Alle voll aufgefüllt im Moskauer Militärbezirk, Juli bis Oktober 1942. Einsatzbereite Stückzahlen nach Glantz, Mars. Beispiel 216. Panzerbrigade nach Nafziger, Soviet Tank Corps 1942-45:

216th Tank Brigade: Formed July 1942 at Gorkiy in Moscow Military District with:
452nd Tank Battalion
453rd Tank Battalion
216th Motorized Rifle Battalion
After a very short training period, 216th Tank Brigade was assigned to 26th Tank Corps in August 1942.

Anmerkung: die Auffrischung der 5. Panzerarmee erfolgte nach den Woronesch Kämpfen ab August 1942, und zog sich 3 Monate hin.

Das kann man jetzt brigadeweise durchzählen. In gleicher Weise erfolgte die Aufstellung der Reserven für Mars, wobei hier die neue "Kreation" der Mechanisierten Korps durchschlug, von denen nur 2 bei Stalingrad eingesetzt wurden, die Masse dagegen im Dezember bei Rshew.
 
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Nachträglich ist noch darauf hinzuweisen, dass David Glantz seine Stalingrad-Trilogie abgeschlossen hat.

Band 3 der Operationsgeschichte für November 1942/Februar 1943 musste, da über 1400 Seiten, auf zwei Halbbände aufgeteilt werden (Band 1: November 1942, Band 2: ab Dezember 1942), und ergänzend ist noch ein Dokumentenband 4 publiziert worden.

Endgame at Stalingrad: Book One: November 1942 the Stalingrad Trilogy - David M. Glantz - Google Books

Endgame at Stalingrad: December 1942 - February 1943 - David M. Glantz - Google Books

Anlagenband:
Companion to Endgame at Stalingrad - David M. Glantz - Google Books
 
Und "natürlich" ist eine deutsche Übersetzung nicht in Sicht.

Leider nicht, vermutlich gibt das der nationale Markt nicht her.
Von Glantz ist leider nichts übersetzt worden, mit den über 3000 Seiten in 5 Büchern zu den Operationen über 10 Monate wird das nicht anders werden.
 
Der sowjetische Aufmarsch nordwestlich in den Donbrückenköpfen Kletskaja und Serafimowitsch wurde Ende Oktober 1942 durch die Luftflotte 4 erkannt.
...
Hieran sieht man: Wochen vorher waren die Entwicklungen, die dann zur Einschliessungsoffensive der Roten Armee führten, bekannt. ...

Der 6. Armee war die brisante Lage an ihrer Südflanke, die von rumänischen Einheiten gedeckt wurde, voll bekannt, ebenso an der Nordwestflanke. Das belegen Meldungen an das OKH vom 9.11.42, in denen "radikale Maßnahmen" gegen die bedrohliche Lageentwicklung vor der rumänischen Front gefordert wurden, und gebeten wurde, die eigenen Angriffe einstellen zu dürfen.

Hier noch ein interessantes Dokument betreffend die 22. Panzerdivision. Diese war hinter die sowjetischen Brückenköpfe, als "Korsettstange" für die rumänischen Verbände verlegt worden.

Der Lagebericht vom 13.11. nennt die sowjetischen Truppenkonzentrationen vor den rumänischen Verbänden, die Erwartung der baldigen Offensive in wenigen Tagen (tatsächlich: 19.11.1942), verkennt aber noch den ganzen Umfang der Angriffsbereitstellungen bzgl. der gepanzerten und motorisierten Verbände.

(Qualität ist leider schlecht. Das KTB der 22. PD vom 19.11./5.12.1942 wurde aufgrund der drohenden Einschließung vernichtet. Es existiert nur eine grobe Rekonstruktion.)

Quelle: NARA
 

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...Die Pferde "fehlten" bei der Versorgungslage der Armee. ...

Ausgangspunkt war der Befehl, die erreichte Frontlinie zu halten, was originär auf Hitler zurückging. Schaut man sich die Logistik an, war aufgrund der einzigen Eisenbahn-Versorgungslinie von Rostow in den Rückraum der 6. Armee schlicht unmöglich, die Pferdebestände (bis zu 40.000 Tiere) im Frontraum im Winter zu verpflegen.

Eine Korrektur:

Die Meldungen vom 23.12.1942 ergeben im Kessel 7300 Truppenpferde und 15.700 Panjepferde.

Diese wurden als "ausreichend" für die Fleischversorgung im Kessel (140 gr. Fett und Fleisch pro Mann und Tag) angeblich bis zum 15.1.1943 angesehen. Auf den Versorgungseinflug von Fleischkonserven sollte verzichtet werden, weswegen sich die Mindestmenge an sonstigen einzufliegenden Vesorgungsgütern auf 550 Tages-To. reduzierte.

Quelle: Nara T311 Roll269 F0063, Fernschreiben Versorgungsbedarf AOK 6 vom 23.12.1942 der Heeresgruppe Don.

Am gleichen Tag wurde der Entsatzangriff definitiv abgebrochen, wegen der Krise und des drohenden Zusammenbruchs der 8. italienischen Armee.
 
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Ein weiteres Dokument:

der schon dramatische Bericht des Generalquartiermeisters beim OKH (Wagner) über die Zustände bei den beiden rumänischen Armeen (3. und 4.), deren nachfolgender Zusammenbruch an den Flanken der deutschen 6. Armee zu deren Einkesslelung führte. Der Bericht datiert vom 18.11.1942, somit sehr kurz vor der Offensive (die zumindest teilweise, jedoch nicht im Ausmaß der sowjetischen Vorbereitungen auch von der Aufklärung erkannt war).

Der Bericht ist den Akten des AOK6 entnommen. Quelle siehe Dateibezeichnung.
 

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Und noch ein weiteres Beispiel, diesmal die "südliche Umfassungsoperation".

Berichtender ist hier die 4. Panzerarmee von Hoth, südlich Stalingrad. Interessant daran ist, dass unter (a) in den Einschätzungen bereits auf ein Zusammenwirkungen mit der nördlichen Angriffsvorbereitung hingewiesen wird (sowjetische Kräfte vor 3. rumänische Armee, siehe weiter oben). Im Klartext: Einschließung, Umfassung der deutschen 6. Armee.

Obwohl sehr naheliegend und als Befürchtung aufgrund der Aufklärungsergebnisse und bestehender sowjetischer "Optionen" kein Hexenwerk, ist dieser Klartext zu der vermutlich kommenden Katastrophe geradezu verblüfffend.

Der Bericht (13.11.) hält bzgl. der südlichen Operation die versammelten sowjetischen Kräfte für "wahrscheinlich noch nicht" stark genug, um solches durchzuführen. Am 14.11. wird der Gedanke jedoch erneut aufgegriffen. 6 Tage später stellten sich dann die Warnungen als realistische Einschätzungen heraus.

Ergänzend nur der Hinweis: neben den Befürchtungen über eine solche Großoffensive zur Einkesslung traten ganz nüchterne Einschätzungen über die schwache Kampfkraft der rumänischen Verbände, die dem Ansturm kaum standhalten würden.

Hier zeigt sich, dass sich förmlich aufdrängende militärische Konsequenzen (Rücknahme der Front aus der Don-Wolga-Landbrücke/Stalingrad) nicht gezogen wurden. Der absolute "Haltebefehl" an der Wolga (Hitler am 8.11.1942) galt schon vor der Kesselbildung. Quelle KTB PzAOK 4, vom 13. und 14.11.1942
 

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