Was bedeutet "saltus"?

Hier die (schon etwas ältere) Quelle zu meinem vorangegangen Beitrag:
http://www.ghl-westmuensterland.de/module/dateidownload/beitraege_der_pollenanalyse.pdf

In fast alien Teilen Westfalens zeichnet sich in den Pollendiagrammen em Siedlungsmaximum in der Alteren Eisenzeit ab (Abb. 1 u. 4). Besonders deutlich fällt der starke Anstieg des Kleinen Sauerarnpfers auf, der als Pionierpflanze der leicht sauren, sandigen Widen bei Rodungen und einsetzenden Brachflächen massenhaft auftreten kann. Der Anteil der offenen und damit auch dolisch beeinfluBbaren Böden wird zudem durch eine parallel zur Rumex- Kurve verfaufende Staubkurve verdeudicht, die auf einer Quantifizierung der ins Moor eingewehten Staubpartikel beruht (K r a in in 1978). Im Getreidebau der Alteren Eisenzeit haben Weizen und in zunehmendem Maße auch Gerste eine wichtige Rolle gespielt. Im Übergang zur Jiingeren Eisenzeit und auch in der Römischen Kaiserzeit werden in den Diagrammen des nordwestlichen Westfalens die ersten Roggenpollen registriert. Es zeigt sich, daß der Roggenanbau im äuBersten Norden Westfalens (Hasegebiet) urn 300 Jahre früher beginnt als am Rande des Mittelgebirges (Schafberg) (K ramm 1978). (..)​
Verfolgen wir die Pollenspektren der Siedlungsarizeiger von der Eisenzeit aufwarts, so fällt in den meisten Diagrammen zwischen 100 und 450 n. C. eine deutliche Siedlungsdepression auf. (..) Dec Rückgang der Siedlungsanzeigerpollen stimrnt mit agrarstatistischen Berechnungen von Muller -Wille (1956) über den prozentualen Wirtschaftsflächenschwund überein. Danach müssen die Wirtschaftsflächen im Vergleich zur Alteren Eisenzeit auf 1/8 bis I /10 reduziert worden sein. (..) Offensichtlich scheint zunachst ein Nachlassen der Rodungstätigkeit oder Neukultivierung eingesetzt zu haben, während das essentielle Ackeriand, vermutlich die urspriinglichen Eschanlagen, nur unwesentlich im Bestand veringert wurde. (..)​
Mit der Sachsischen Besiedlung, verbunden mit einer allgemeinen Siedlungsneubelebung, endet die zentrale jungeisenzeitliche Depression. Im Gebiet urn Spelle, nördlich von Rheine, ist dieser deutliche Anstieg der Siedlungsanzeiger mit 475 n C. + 60 datiert vvorden und liegt damit um etwa 100 Jahre früher aIs in den übrigen Gebieten des westfälischen Flachlandes. Nachgewiesen werden in dieser Zeit Lein und Kornblurne neben den iiblichen Siedlungsanzeigern.​
Die im Artikel enthaltenen Diagramme zeigen, dass der Siedlungrückgang z.T. schon während des ersten vorchristlichen Jahrhunderts begann, also nicht ausschließlich bzw. nur z.T. nur indirekt (Verlust der linksrheinischen Absatzmärkte) auf die Römer zurückzuführen ist. In der älteren Kaiserzeit kam es zu zeitweisen, moderaten Erholungen, bevor dann um 255 n.Chr. +/-60 die Siedlungsaktivität massiv und durchgehend auf neolithisches Niveau abfällt. Klimaverschlechterung, und damit einhergehend teilweiser Wechsel von Ackerbau zu Viehzucht, mag hier eine Rolle gespielt haben. Norddeutsche Pollendiagramme, auch solche von mittlerer Oder und Warthe, zeigen jedoch keinen auch nur annähernd so starken Besiedlungsückgang, teilweise sogar Siedlungsanstieg, in der gleichen Periode.​
Im westlichen Harzvorland ist jedoch, lokal begrenzt, ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Bemerkenswert hier auch, dass anhand von Schwermetalleinträgen der Beginn der Blei- und Silberverhüttung auf das erste vorchristlliche Jahrhundert, d.h. vor Ankunft der Römer, jedoch nach Abzug der Kelten, datiert werden kann.​
.​
Um denn wieder zum "saltus teutoburgiensis" zurückzukehren:​
Mussten die Römer um Christi Geburt auf ihren Eroberungs-märschen ins rechtsrheinisches Gebiet Urwälder durchdringen, wie es die Berichte des Tacitus implizieren? Oder war diese Gegend bereits zur damaligen Zeit kultiviert?
Zur Lösung dieser Frage wurden längs der Lippeniederung Pollenprofile untersucht. Das Pollenprofil „Haus Ostendorf“ in der Nähe des damaligen Römerlagers Haltern belegt exemplarisch, dass das rechtsrheinische Gebiet schon lange vor dem Einmarsch der Römer in weiten Bereichen von den Germanen und Kelten kultiviert worden war. Es wechselten auf kurzer Distanz Weiden, Wiesen, Äcker und Wälder.
Die Pollenanalyse konnte mithin diese seit Jahren ungeklärte Frage eindeutig beantworten.
 
Wenn das Gebiet zwischen Lippe und Ems verwüstet worden wäre, musst du Beweise für abgebrannte Siedlungen der Brukterer aus dem entsprechenden Gebiet erbringen. Die gibt es aber nicht. Auch das ist eine Tatsache. Das interessante ist aber, dass im westlichen Thüringen verbrannte Siedlungen der älteren Kaiserzeit gefunden wurden (z.B. Schwabhausen/Th).

Müssen diese Belege auch gefunden werden?

Wenn stattdessen Lippe und Ems nicht die entsprechenden Flüsse gemeint hätte, sich Flüsse nicht auf diese beiden Namen beziehen soll und mit Flüssen allgemein dann Rhein und Elbe gemeint sein sollen (und warum die beiden Flüsse und nicht andere?), warum nicht Rhein und Weser? Oder Weser und Elbe? Oder Main und Donau? Oder Main und Rhein? Main und Elbe? Müsste man das dann nicht auch zeigen?

Und lässt sich das nicht einfach über die Grammatik entscheiden? Wenn sich Lippe und Ems nicht auf Flumen bezieht, würde sich das ganze nicht anders grammatikalisch zeigen als bei der von dir vorgeschlagenen Übersetzung?
 
Lippe und Ems waren bekannte Flüsse, an der Lippe reihten sich die Römerlager wie an einer Perlenkette auf, über die Ems ist Germanicus nach Germanien eingefallen. Hier haben wir den Stapelplatz Bentumersiel. Es werden in diesem Kapitel nirgendwo Rheine und Elbe genannt, das ist allein deine phantasievolle Hinzufügung, stattdessen aber wird explizit von der Mündung der Ems gesprochen (classis Amisiae ore relicta laevo amne, erratumque in eo quod non subvexit aut transposuit militem dextras in terras iturum - die Flotte wurde an der Mündung der Ems links des Flusses zurückgelassen und es war ein Fehler, dass er die Soldaten nicht auf das rechte Ufer in die zu begehenden Ländereien schaffte oder übersetzte Tac. ann. II, 8; zuvor hatte er die Flotte von der fossa Drusiana durch die Seen und den Ozean zum Emsfluss geführt: usque ad Amisiam flumen secunda navigatione pervehitur), explizit davon, dass man mit der Flotte über die Ems fuhr, dass Caecina durch das Gebiet der Brukterer zum Fluss Ems geschickt wurde (per Bructeros ad flumen Amisiam mittit, Tac. ann. I, 60).


...ad flumen Amisiam mittit... (Tac. ann. I, 60)
...quantumque Amisiam et Lupiam amnis inter vastatum... (Tac. ann. I, 60) - ich weiß, du möchtest die Wortgruppe auseinanderreißen, aber das ist grammatikalisch nicht zulässig und steht auch gegen die anderen Nennungen von Lippe und Ems.
mox reducto ad Amisiam exercitu legiones classe, ut ad vexerat, reportat... (Tac. ann. I, 63)
...ipse audito castellum Lupiae flumini... (Tac. ann. II, 7)
...ad Amisiam flumen... (Tac. ann. II, 8)
...Amisiae ore... (Tac. ann. II, 8)
...per flumen Amisiam Oceano invexit. (Tac. ann. II, 23)


Das mag er ja so empfunden haben. Aber das stünde dort trotzdem nicht, wenn man decebantur nicht zu dicebantur emendieren würde. Es würde schon die Verneinung fehlen. Es sollte sich ja nicht gehören, dass die Legionen unbestattet herumlagen. Vor allem aber hat decere diese Bedeutung nur, wenn es mit dem AcI steht (siehe dein Link!).
Wo aber siehst du diesen AcI?
reliquiae ist Nominativ. Ein Infinitiv ist auch nirgends zu sehen, alle Verben sind flektiert. Ergo kein AcI.



Wie wir wissen, wurden die Hermunduren von den Römern besonders bevorzugt, sie waren der Stamm, der das Privileg hatte, im römischen Reich Handel zu treiben: (Hermundurorum civitas, fida Romanis; eoque solis Germanorum non in ripa commercium, sed penitus atque in splendidissima Raetiae provinciae colonia... Tac. Germ. 41). Insofern ist es doch kein Wunder, dass die Hermunduren den entsprechenden Bedarf an Münzen hatten und ihnen die entsprechende Wertschätzung entgegenbrachten.

Du willst uns jetzt aber bitte nicht erzählen, dass Germanicus bei seinen Feldzügen 15/16 eine Luftlandeoperation durchgeführt hat, oder? Sonst wüsste ich nämlich nicht, wohin deine Argumentation gehen soll, welche die westfälischen Gebiete (in denen doch sehr viele Spuren der römischen Anwesenheit gefunden wurden) quasi überfliegt...

Hallo El,

entschuldigt bitte, dass ich nicht immer gleich antworten kann...sorry, man muss auch ab und zu mal arbeiten.

Ich habe nie bestritten, dass es die Flüsse Lupia (Lippe) und Amisia (bei anderen Amasia für Ems) nicht gibt. Das tun sie ja, jedoch gehe ich in diesem speziellen Fall eben von ehem. römischen Siedlungen bzw. Siedlungen mit römischen Charakter aus. Im Fall der Hermunduren liegst du leider völlig daneben. Diese saßen nie im westlichen Thüringen. Elbgermanen sind nun mal nicht gleich Elbgermanen. Genauso wenig Sueben gleich Sueben sind. Die Formengebung der mitteldeutschen Situlae hat 5 Stufen (Stratigraphie vom Gräberfeld Schkopau). Die späteste Stufe, Schkopau V, finden wir außer in Schkopau auch noch in Unterfranken und Böhmen. Jedoch kommt diese in Westthüringen nicht vor. Um 15 n. Chr. ziehen sich die Hermunduren komplett aus dem linkssaalischen Gebiet und aus Unterfranken zurück. Das passt ausgezeichnet dazu was Strabon schreibt.

Was die Münzen anbelangt, so haben wir ab tiberischer Zeit zwischen Saale, Elster und Elbe eine rege Fundzunahme (vor allem zwischen Saale und Elster). Die Hermunduren haben nach archäologischen Erkenntnissen die alte VIA IMPERII von Leipzig nach Regensburg benutzt (Fürstinnengrab von Profen 2007, Aureifunde 1. Jh. n. Chr.). Thüringen ist ab dieser Zeit fundarm.

Dass Germanicus im Brukterergebiet war ist unstreitig. Jedoch sagt Tacitus(?), dass man näher der Elbe als dem Rhein sein.

Mit unaufgeregten Grüßen
 
Müssen diese Belege auch gefunden werden?

Wenn stattdessen Lippe und Ems nicht die entsprechenden Flüsse gemeint hätte, sich Flüsse nicht auf diese beiden Namen beziehen soll und mit Flüssen allgemein dann Rhein und Elbe gemeint sein sollen (und warum die beiden Flüsse und nicht andere?), warum nicht Rhein und Weser? Oder Weser und Elbe? Oder Main und Donau? Oder Main und Rhein? Main und Elbe? Müsste man das dann nicht auch zeigen?

Und lässt sich das nicht einfach über die Grammatik entscheiden? Wenn sich Lippe und Ems nicht auf Flumen bezieht, würde sich das ganze nicht anders grammatikalisch zeigen als bei der von dir vorgeschlagenen Übersetzung?

Hallo tela,

die Grammatik der Merowinger und Karolinger lassen wir mal lieber außer acht. Wie heute gab es auch damals gute und schlechte Schüler bzw. Schreiber. Das ist oft in der Historie auch nachgewiesen worden (Stichwort Latein fränkischer Grabsteine im Linksrheinischen).

Warum Rhein und Elbe ?

Die Elbe war das erklärte Ziel von Augustus. Diese sollte auch von keinem seiner Legaten mehr überschritten werden (seit Domitius), um die dortigen Völker nicht in den schwebenden Krieg mit rein zuziehen. Zudem schreibt Tacitus, dass die Elbe einst ein wohlbekannter(!) Fluss war. Ergo kannte man die Elbe sehr gut. Weder Lippe, Ems oder Weser waren Ströme oder verdienten diese Bezeichnung. Dörfer können verwüstet werden oder ein Landsitz, was bleibt sind Wüstungen oder sogenannte Wüsten. Diese konnten aus verschiedenen Gründen verlassen worden sein. Amisia und Lupia waren bekannt und gefeiert, wie Stephanos Byzantinos ja uns auch im Fall Amissa (Amisia) mitteilt.

Müssen diese Belege gefunden werden?

Was die Siedlungen der Brukterer anbetrifft schon. Den sind uns aber das LWL und das NLD bisher schuldig geblieben.

Grüße
 
Ergo kannte man die Elbe sehr gut.

Sicher.
Weder Lippe, Ems oder Weser waren Ströme oder verdienten diese Bezeichnung.

Die Bezeichnung Strom vielleicht nicht, wobei zu definieren wäre, ab wann ein Fluss ein Strom sein soll. Kannst du das? Warum sind Lippe, Ems und Weser keine Ströme? Oder der Main?

Aber eigentlich ist es unerheblich, denn im Text steht ja nicht: Strom. Da steht offenbar Flumen. Und das kann - wie Sepiola gezeigt hat - ohne Probleme ein Gewässer der Art der Flüsse Lippe, Ems oder Weser bezeichnen. Vor allem auch deswegen, weil aus dem Text klar hervorgeht, dass es sich aufeinander bezieht!
Dörfer können verwüstet werden

Richtig. Und es können Gebiete, die zwischen zwei Flüssen liegen, verwüstet werden. So wie es ohne willkürliche Änderungen auch im Text steht!
oder ein Landsitz, was bleibt sind Wüstungen oder sogenannte Wüsten. Diese konnten aus verschiedenen Gründen verlassen worden sein. Amisia und Lupia waren bekannt und gefeiert, wie Stephanos Byzantinos ja uns auch im Fall Amissa (Amisia) mitteilt.

Amissa = Amisia? Warum?
Müssen diese Belege gefunden werden?

Was die Siedlungen der Brukterer anbetrifft schon. Den sind uns aber das LWL und das NLD bisher schuldig geblieben.

Und? Müssen sie gefunden werden?
 
Pollendiagramme aus dem westfälischen Mittelgebirgsvorland (wo das Bruktererland gelegen haben soll) zeigen einen merklichen Besiedlungsabfall um/ kurz nach Christi Geburt, der interessanterweise mit deutlichem Bevölkeungszuwachs östlich der Elbe korrespondiert. Eisenzeitliche Bevölkerungsdichten erreichte das Münsterland erst wieder, und zwar sprunghaft, in der frühen Völkerwanderungszeit. Schon komisch - eigentlich hätte die Region ja von der Nähe zur römischen Grenze und dortigen Absatzmärkten profitieren müssen.....

@Augusto,

genau das spiegeln die Münzen auch wieder.

Zitat Harnecker (NLD):

"Bisherige Kartierungen wurden immer durch die große Anzahl augusteischer
Funde im Kreisgebiet verunklärt. Wenn man diese wegläßt, wird die Anbindung
an die Verkehrswege noch deutlicher und es zeichnen sich Siedlungsräume ab.
Differenzierter wird das Fundbild, wenn man es chronologisch aufschlüsselt. Der
Vergleich mit der Kartierung der Fundstellen mit einheimisch-germanischem
Material 32 läßt deutliche Siedlungsschwerpunkte und Leerräume erkennen.
Römische Funde des ersten Jahrhunderts sind relativ selten und verteilen sich
über den gesamten Kreis, wobei eine gewisse Konzentration am Nordhang des
Wiehengebirges festzustellen ist. Die Münzen gehören alle in die Zeit von
Claudius bis Vespasian; weniger genau zu datieren sind die Fibel aus Kalkriese
und einige Scherben in der Siedlung von Melle-Oldendorf(Karte 2). 33
Deutlich vielfältiger ist die Streuung im 2. Jahrhundert, in dem alle Bereiche
betroffen sind (Karte 3). Waren für diese Phase bisher keine Funde aus der Zwi-
schengebirgszone und vom Nordhang des Wiehengebirges bekannt, so haben
sich diese Bereiche jetzt als Fundschwerpunkte herausgestellt.

(Quelle: Nicht nur die Varusschlacht! Römische Funde aus der älteren Kaiserzeit bis zur Völkerwanderungszeit im Osnabrücker Land; J. Harnecker )

Das passt sehr gut zum Pollendiagramm.

Kaiser Claudius war es auch der Italicus den Cheruskern einen König gab.

Grüße
 
@ tela,

Begriff Strom (Fluss)

"Als Strom wird in gehobener Umgangssprache ein großer Fluss bezeichnet, der ins offene Meer mündet. Als Kriterium wird eine Länge von mindestens 500 km und ein Einzugsgebiet von mindestens 100.000 km² angegeben."

http://de.wikipedia.org/wiki/Strom_(Gewässer)

Also wenn ich dir jetzt noch Geografie erklären muss (Lehrstoff 5. Klasse DDR bei mir), dann sorry ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nö, musst du nicht. Du könntest dir auch entsprechende herabsetzende Bemerkungen verkneifen!

Dennoch ist Strom nur eine mögliche Übersetzung des von Tacitus benutzten Wortes. Warum es zwingend mit "Strom" übersetzt werden muss, das hab ich entweder überlesen oder du hast es noch nicht erklärt!
 
Ich habe nie bestritten, dass es die Flüsse Lupia (Lippe) und Amisia (bei anderen Amasia für Ems) nicht gibt. Das tun sie ja, jedoch gehe ich in diesem speziellen Fall eben von ehem. römischen Siedlungen bzw. Siedlungen mit römischen Charakter aus.

Es fragt sich bloß, warum. Zur Erinnerung:
...ad flumen Amisiam mittit... (Tac. ann. I, 60)
...quantumque Amisiam et Lupiam amnis inter vastatum... (Tac. ann. I, 60) - ich weiß, du möchtest die Wortgruppe auseinanderreißen, aber das ist grammatikalisch nicht zulässig und steht auch gegen die anderen Nennungen von Lippe und Ems.
mox reducto ad Amisiam exercitu legiones classe, ut ad vexerat, reportat... (Tac. ann. I, 63)
...ipse audito castellum Lupiae flumini... (Tac. ann. II, 7)
...ad Amisiam flumen... (Tac. ann. II, 8)
...Amisiae ore... (Tac. ann. II, 8)
...per flumen Amisiam Oceano invexit. (Tac. ann. II, 23)

Du müsstest schon die Annales umschreiben (und nicht nur den einen Satz), damit Amisia und Lupia etwas anderes als die bekannten Flüsse sind.

Im Fall der Hermunduren liegst du leider völlig daneben. Diese saßen nie im westlichen Thüringen.

Wo fand dann der Grenzstreit zwischen Hermunduren und Chatten statt?
Eadem aestate inter Hermunduros Chattosque certatum magno proelio, dum flumen gignendo sale fecundum et conterminum vi trahunt.

Das passt ausgezeichnet dazu was Strabon schreibt.
Was schreibt der denn, außer dass die Hermunduren auf dem jenseitigen Elbeufer lebten?

Dass Germanicus im Brukterergebiet war ist unstreitig. Jedoch sagt Tacitus(?), dass man näher der Elbe als dem Rhein sein.
Das ist in Tac. ann. II, 14. Unmittelbar vor der Schlacht bei Idistaviso. Und es wird als Leistung betrachtet, dass Germanicus es geschafft hat, in Gebiete vorzudringen, in die Drusus und Tiberius vorgedrungen waren, die aber seitdem wieder verloren gegangen waren: propiorem iam Albim quam Rhenum neque bellum ultra, modo se patris patruique vestigia prementem isdem in terris victorem sisterent.
Nun kann man eine Standortbeschreibung des Jahres 16, die zudem noch als besondere Leistung dargestellt wird, kaum für das Jahr 15 heranziehen.
 
@ tela,

Begriff Strom (Fluss)

"Als Strom wird in gehobener Umgangssprache ein großer Fluss bezeichnet, der ins offene Meer mündet. Als Kriterium wird eine Länge von mindestens 500 km und ein Einzugsgebiet von mindestens 100.000 km² angegeben."

http://de.wikipedia.org/wiki/Strom_(Gewässer)

Also wenn ich dir jetzt noch Geografie erklären muss (Lehrstoff 5. Klasse DDR bei mir), dann sorry ...

Demnach hat Tacitus Wikipedia mit deutschen Defintionen benutzt? :rofl:
 
@Hermundure: Ich habe das Gefühl, Du verennst Dich gerade etwas. Amisia mag durchaus von den Römern verwüstet worden sein, insbesondere wenn es in oder um das heutige Fritzlar an der "kleinen Ems" lag, wie vermutet wird. Dies geschah dann aber nicht während Germanicus Zug über die "große Ems", und Caecinas Zug entlang der Lippe, sondern im parallelen Feldzug gegen die Chatten. Nach Tacitus entflohen jedoch einige Chatten dem Gemetzel durch Überschwimmen der Eder - dies deutet an, dass die Römer an der Eder kehrt machten und durch das Lahntal, wo sie Mattium verwüsteten, zum Rhein zurückkehrten.

Für das Harzvorland zeigen die Pollendiagramme, anders als für Westfalen, keine Siedlungsrückgänge in der fraglichen Zeit, "alles zwischen Elbe und Rhein" wurde also offensichtlich nicht von den Rümern verwüstet, das Bructerland dagegen anscheinend schon, oder zumindest nachhaltig entwölkert.

Deine numismatische Argumentation deutet an, dass irgendwo in Mitteldeutschland Germanen begannen, Kopien römischer Münzen zu prägen. Und im Harz wurde fleißig nach Silber gebuddelt, was Tacitus offensichtlich entging (da die Germanen jedoch wenig Bedarf für das "Abfallprodukt" Blei hatten, dürfte ein paar Bleibarren aus dem Harz schon bei den Römern gelandet sein). Frühkaiserzeitliche Silberproduktion ist belegt für das Osteroder und das Nordhauser Umland, irgendwo dort würde ich auch die Prägestelle vermuten. Passt das zur Fundverteilung?
 
Es fehlt mir - und wohl nicht nur mir - immer noch eine Erklärung, warum man flumen zwangsläufig nur und ausschließlich mit "Strom" übersetzen darf?

Gibts eine andere Erklärung dafür, außer der, dass man damit die Möglichkeit hat, den Text so umzudeuten, dass das herauskommt, was man haben will?

Also: Warum ist die Übersetzung von flumen mit "Strom" zwangsläufig UND warum sind die Übersetzungen mit allen anderen Bedeutungsmöglichkeiten zwangsläufig abzulehnen?
 
Sowohl Ems als auch Lippe waren schiffbare Flüsse, auf denen Prahmen und Vorgängertypen der lusoriae verkehren konnten.
 
Ich habe nie bestritten, dass es die Flüsse Lupia (Lippe) und Amisia (bei anderen Amasia für Ems) nicht gibt. Das tun sie ja, jedoch gehe ich in diesem speziellen Fall eben von ehem. römischen Siedlungen bzw. Siedlungen mit römischen Charakter aus.

Und warum in diesem speziellen Fall nicht?

Ist es nicht so, dass Germanicus seine Truppen teilt und zur Ems schickt. Hier also Ems klar als Fluss und nicht als Stadt gesehen wird.

Daran schließt sich die Zerstörung eines Gebietes zwischen Ems, jetzt plötzlich nicht mehr Fluss, und Lippe, dem mit Sicherheit am besten bekannten Fluss in Germanien an, hier aber auch nicht als Fluss verstanden, sondern als Stadt? Und wenn du sagst, dass eine davon gefunden wurde - Waldgirmes - dann befindet sich die ziemlich weit weg von der Gegend, in der sich Germanicus gerade herumtreibt.
 
@Hermundure: Ich habe das Gefühl, Du verennst Dich gerade etwas. Amisia mag durchaus von den Römern verwüstet worden sein, insbesondere wenn es in oder um das heutige Fritzlar an der "kleinen Ems" lag, wie vermutet wird. Dies geschah dann aber nicht während Germanicus Zug über die "große Ems", und Caecinas Zug entlang der Lippe, sondern im parallelen Feldzug gegen die Chatten. Nach Tacitus entflohen jedoch einige Chatten dem Gemetzel durch Überschwimmen der Eder - dies deutet an, dass die Römer an der Eder kehrt machten und durch das Lahntal, wo sie Mattium verwüsteten, zum Rhein zurückkehrten.

Für das Harzvorland zeigen die Pollendiagramme, anders als für Westfalen, keine Siedlungsrückgänge in der fraglichen Zeit, "alles zwischen Elbe und Rhein" wurde also offensichtlich nicht von den Rümern verwüstet, das Bructerland dagegen anscheinend schon, oder zumindest nachhaltig entwölkert.

Deine numismatische Argumentation deutet an, dass irgendwo in Mitteldeutschland Germanen begannen, Kopien römischer Münzen zu prägen. Und im Harz wurde fleißig nach Silber gebuddelt, was Tacitus offensichtlich entging (da die Germanen jedoch wenig Bedarf für das "Abfallprodukt" Blei hatten, dürfte ein paar Bleibarren aus dem Harz schon bei den Römern gelandet sein). Frühkaiserzeitliche Silberproduktion ist belegt für das Osteroder und das Nordhauser Umland, irgendwo dort würde ich auch die Prägestelle vermuten. Passt das zur Fundverteilung?

@ Augusto,

hast du dich mit den Drususfeldzügen mal genauer beschäftigt ? Vergleiche diese dann mit den Feldzügen des Sohnes. Ist dir da nichts aufgefallen ?

Beide letzten Feldzüge 9 v. Chr. Drusus und 16 n. Chr. Germanicus führen ins Innere Germaniens.

Die Keramik, welche man vom Lager Anreppen kennt, findet sich plötzlich um 15 n. Chr. in Thüringen (Uslar Form I Gräberfeld von Schlotheim spätaugusteisch/frühtiberisch).

Tacitus spricht davon, dass C. Silius mit 30000 Mann und 3000 Reitern in das Gebiet der Chatten rückt. Germanicus selbst rückt in das Gebiet der Marser. Diese hatten sich in das Landesinnere zurück gezogen. Die Lippe brauchte Germanicus dazu nicht, völlig uninteressant. Wichtiger war die Wasserscheide Ruhr - Möhne - Diemel - Werra - Leine - Wipper(?) oder Unstrut.

Neuss (mehrteiliges Legionslager) - Asberg-Moers (Sicherungsposten bzw. Kastell) - Kneblinghausen (mehrteiliges Legionslager) - Hedemünden (Gewerbegebiet 7 Marschlager ) - Hachelbich (Marschlager unbekannter Zeitstellung). Nach Rücksprache intern im LDA Halle kommen die Schuhnägel ohne Noppen auch in spätaugusteischer/frühtiberischer Zeit vor. Man hat bereits in Dangstetten welche gefunden. In Hedemünden machen diese 1/3 aus.

Grüße
 
An der Ruhr hat man zwar germanische Sieldungen gefunden - etwa in Essen-Überruhr, auf der sogenannten "Ruhrhalbinsel" - aber bis dato keine Römerlager.
 
@ Augusto

Tacitus: " Um so entschlossener drang der Caesar (Germanicus) in das Innere des Landes ein, verheerte es, vertilgte den Feid, der keine(!) Schlacht wagte oder, falls er Widerstand leistete, sofort in die Flucht geschlagen wurde und, wie man durch Gefangene erfuhr, niemals in größerer Angst war als damals."

Quelle: Das alte Germanien, W. Capelle 1937
 
@ Augusto,

hast du dich mit den Drususfeldzügen mal genauer beschäftigt ? Vergleiche diese dann mit den Feldzügen des Sohnes. Ist dir da nichts aufgefallen ?
Grüße
Die Antwort ist zwei mal ja! Aber die Unterschiede sind ebenso offensichtlich - Drusus schickte seine Flotte zur Elbe, Germanicus lediglich zur Ems. Drusus ist mal eben so durch die Chattenlande durchmarschiert, Germanicus läßt sie systematisch zerstören, Silius Leute trauen sich aber nicht über die Eder (es könnte ja zu regnen anfangen!) Silius hatte also erkennbar nicht den Befehl, Eder und Fulda bis nach Hedemünden hochzumarschieren, wiewohl dies nur noch 3 Tagesmärsche von Fritzlar aus gewesen wären. Also keine Zangenbewegung mit Truppenvereinigung an Weser oder Leine.

Der Schock über die Varusschlacht muss sowohl bei den Legionären als auch bei den Offizieren noch verdammt tief gesessen haben. Und während der Papa noch fleißig Allianzen mit einzelnen Stämmen schmiedete und diese auch funktionierten, traute Sohnemann ausser den Friesen keinem mehr, und verfuhr nach dem Motto "Nur ein toter Germane ist ein guter Germane". Mit seiner Kriegstaktik der verbrannten Erde nahm er jedpch nicht nur den Germanen, sondern auch den eigenen Truppen die Versorgungsbasis. Und ohne Bundesgenossen im Inland schafft man es dann nicht mehr so weit - für die Weser hat es gerade noch gelangt, für die Elbe nicht mehr.

P.S: Germanicus Strategie ist doch offensichtlich - Stück für Stück den Widerstand der Germanen brechen, immer schön ein Stamm nach dem anderen, dass bloß keiner ihm auf dem Rückmarsch ins Winterquartier einen Hinterhalt stellen kann. Warum wohl landet er zunächst auf dem westlichen Emsufer, und lässt dann seine Truppen mühsam den Fluß überqueren?
Und dann überleg mal, wieso sein Vater "vom Pferd fiel"? War Drusus (mit seinen Truppen) vielleicht gerade ein bißchen schneller unterwegs? Über Details schweigt der (römische) Ehrenmann natürlich, aber ich kann mir so ein paar Varianten ausmalen, die vielleicht auch Arminius inspiriert haben. Und Drusus Sohn wird sicherlich die ganze Geschichte gekannt und auch reflektiert haben.
 
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