Stratege Arminius und Hasenfuß Germanicus?

Lieber Augusto,
gerne hätte ich zum Jahresende versöhnlich die Diskussion ausklingen lassen, jedoch macht mir einiges doch Bauchschmerzen, daher möchte ich dazu kritisch eingehen.
Entstanden ist die Querdebatte, um sie zu reflektieren, an einer Äußerung von Reinecke vom 3.12.2014: [FONT=&quot]Meine Interpretation: Weil sich der Aufwand für das bissel Sumpf einfach nicht lohnte. Ich kanns gerade nicht belegen, aber war Britanniens wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung nicht ein gutes Stück weiter bzw den gallischen Kelten (und damit auch den Römern) ähnlicher als Germanien? So prägte man in Britannien mWn schon vor der römischen Invasion Müünzen, in Germanien nicht. Das deutet darauf hin, dass die Wirtschaft des Landes viel einfacher (aus-) genutzt werden konnte, bspw durch eine Besteuerung. In Germanien gabs nur ein paar Rinder zu holen.[/FONT]
Nun wurden diesem Topos der „undurchdringlichen Urwälder und Sümpfe“ der römischen Geschichtsschreibung „blühende Landschaften“ entgegengestellt, und die Debatte nahm gewohnt polarisiert und emotional an Fahrt auf. Ich wies dann doch leicht genervt darauf hin, dass, auch wenn man eine solche Schwarzweißmalerei nicht teilt, doch zur Kenntnis nehmen soll, dass unser Bild einer norddeutschen Kulturlandschaft geprägt ist von menschlichen Eingriffen insbesondere im 19. Und 20. Jahrhundert. Unter der Hand steuerst du mit deinem schönen Bild grasender Schwarzbunter Kühe und blühenden Apfelbaumwiesen genau schönfärbend um das ernsthafte Unterscheiden eines antiken naturräumlichen Zustandes vom heutigen herum. Zum Zitieren des Alten Landes als größtes europäisches Obstbaugebiet hier die dir sicher bekannte landwirtschaftliche Entstehungsgeschichte: „Das Alte Land ist in drei Meilen gegliedert, die Erste, Zweite und Dritte Meile. Diese Meilen stellen Zonen entlang des Elbufers dar. Die Erste Meile, zwischen den Flüssen Schwinge und Lühe, wurde zuerst eingedeicht und (um 1140) besiedelt. Die Zweite Meile umfasst das östlich davon gelegene Gebiet zwischen Lühe und Este, dessen Eindeichung Ende des 12. Jahrhunderts abgeschlossen war. Die Eindeichung der Dritten Meile zwischen Este und Süderelbe wurde erst Ende des 15.Jahrhunderts abgeschlossen, da das Gebiet besonders stark durch Sturmfluten gefährdet und betroffen war.“(wiki)
Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass die fruchtbaren Marschböden nicht einfach so landwirtschaftlich nutzbar und verfügbar waren. Die Marschen waren immer wieder vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen, die zuerst zu einer Erhöhung des Grundwasserspiegels führten, dadurch dehnten sich Niedermoore aus, die bald jedoch mit Sedimenten überspült wurden. Im Marschboden ist dies im Wechsel von Torfschichten und Sedimentschichten sichtbar. Ich möchte hier nicht alle geologischen Prozesse darstellen, Literaturhinweis dazu Landschaftsgeschichte Norddeutschlands von Karl Ernst Behre, 2008. Die landwirtschaftliche Nutzung führte auf armen Sandböden zu Verheidung, Beispiele sind die Humusentnahmen für die celtic fields, ebenso waren landwirtschaftliche Flächen von Versandung (Verwehungen) betroffen. Die Hochmoore dehnten sich bis ins Neolithikum aus (z.B. wurden zahlreiche Großsteingräber beim Torfabbau entdeckt), d.h. der Siedlungsraum wurde bis in diese Zeit auch durch die Moorausdehnung eingeengt. Diese Darstellung will nur skizzenhaft zeigen, auf welchen „schwierigen“ Naturraum die römische Expansion in der norddeutschen Tiefebene stieß, der besonderen klimatischen und geologischen Bedingungen unterlag.
Zur Eisenproduktion könnte man sicher einen eigenen Thread aufmachen, ich habe jedoch festgestellt, dass sich die Diskussionen relativ oft inzwischen wiederholen. Ich bin da erkenntnisoffen, was zukünftige wissenschaftliche Funde und praktisch-experimentelle Erfahrungen betrifft.
Ich würde für die weitere Debatte jedoch dafür plädieren, sich auf gesicherten wissenschaftlichen Boden zu bewegen, und sich nicht dazu hinreißen zu lassen, mit einem Quadratkilometer Raseneisenerz mit dem antiken Verhüttungszentrum Elba/Populinia am gesamten Mittelmeer gleichziehen zu wollen – ich bin kein Fachmann für Metallurgie oder Bergbau, notfalls setzt du dich in Fachkreisen herzlichem Gelächter aus. Immerhin schaffst du die wissenschaftlich angenommene Jahresproduktion des gesamten römischen Reiches mit deinem Rechenexempel annähernd spielend (Paul T. Craddock: Mining and Metallurgy. In: John Peter Oleson, (Hrsg.): The Oxford Handbook of Engineering and Technology in the Classical World, Oxford University Press, 2008, Jahresproduktion von 82.500 t / Jahr für das gesamte Römische Reich). Halten wir doch einfach fest, dass es Eisenvorkommen gegeben hat, die erschließbar waren, dass diese für den Eigenbedarf und stärker werdend für einen Markt genutzt wurden, dass sich dementsprechend ein technisches Wissen ansammelte und tradierte. Das macht Norddeutschland nicht zum Ruhrgebiet, noch unterschlägt es eine mögliche autochthone Entwicklung der Verhüttung und Metallurgie. Und ich bitte für die zukünftige Debatte 2015 unlogische Zeitsprünge zu unterlassen oder zumindest sie zu begründen (Schwarzbunte, fränkische Schmiedekunst des 9.Jahrhunderts, Silberbergbau Rammelsberg/Harz ab 10.Jahrhundert, Obstbaugebiet Altes Land der frühen Neuzeit), sonst vergleichen wir demnächst die VW-Automobilindustrie in Wolfsburg mit dem keltischen Wagnerhandwerk vom treverischen Martberg.


Auf weiterhin anregende Diskussionen - und allen ein friedliches Jahr 2015!
 
Lieber Biturigos,
leider ist mir eine längere, fast fertige Antwort auf Deinen Post wegen "security token expired" verlorengegangen Jetzt eine Zweitversion, teilweise nur skizzenhaft (Bei Unklarheit frag gerne nach):
Die Marschen waren immer wieder vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen, die zuerst zu einer Erhöhung des Grundwasserspiegels führten, dadurch dehnten sich Niedermoore aus, die bald jedoch mit Sedimenten überspült wurden.
Klima und ökologische Verhältnise Norddeutschlands während der frühen Kaiserzeit waren mit den heutigen, auch den hochmittelalterlichen nicht vergleichbar. Analogien gehen da generell fehl. Insbesondere kam es Anfang des 1. Jahrhunderts v.Chr. zu einem erheblichen Absinken der Nordsee, gut 2 m unter den heutigen Stand. Der während der frühen Kaiserzeit einsetzende Wiederanstieg führte zu seinem Maximum (um 350 n.Chr.) zu Meereshöhen etwa 75 cm unter heutigem Stand. Du hast den Zusammenhang zwischen Meeresspiegel, Grundwasser und Vernässung/ Vermoorung schön dargestellt. Das Nordsee-Minimum bedeutet also, dass der norddeutsche Küstenraum in historischer Zeit nie wieder so moorarm war wie in der Zeit um Christi Geburt.
[Die von Dir erwähnten Hünengrabfunde in Mooren rühren vor allem aus dem starken Meerespiegelanstieg (über 3m) zur Mitte des 4. Jahrtsd. v. Chr. Vermutich wurden damals schon Begräbnisplätze meist auf landwirtschaftlich schlechter nutzbaren Flächen angelegt (im Segeberger Umland finden sich Hünengräber entweder in "Gipfellage", v.a. entlang der Trave-Alster und Trave-Schwentine-Wasserscheiden, oder am Rande von Flussniederungen. Letztere vermoorten dann vielfach schon im späten 4. Jahrtausend.]
Dünkirchen-Transgression ? Wikipedia
http://databases.eucc-d.de/files/documents/00000337_AMK2004_Artikel_Behre.pdf
Dies [das Alte Land] ist ein schönes Beispiel dafür, dass die fruchtbaren Marschböden nicht einfach so landwirtschaftlich nutzbar und verfügbar waren.
Es ist v.a. ein schönes Beispiel dafür, wie massiv sich Norddeutschland um Christi Geburt von anderen Perioden unterschied. Die Eindeichung des Alten Lands erfolgte in der vorlezten Phase des Nordseeanstiegs (1,40m Anstieg von. 1100 bis 1450). Durch die erstmals vollzogene Eindeichung anstelle des vorher üblichen Wurtenbaus gingen viele Auslaufflächen für Sturmfluten verloren, die in der Folge immer weiter die Flüsse, insbesodere die Unterelbe, hinaufdrückten. Der beginnende systematische Ausbau der Elbe zur Wasserstrasse (1299 Leuchtturm Neuwerk) verstärkte den Effekt. Daher musste, bald nachdem ein küstennaher Elbabschnitt eingedeicht war, schon der nächstfolgende in Angriff genommen werden. Gerade das Alte Land zeigt diese sehr zeitspezifische Entwicklung deutlich, ist aber für die Interpretation der Verhältnisse während der älteren Kaiserzeit ungeeignet.

Die frühe Kaiserzeit war, neben deutlich niedrigerem Meeresspiegel, auch durch wärmeres und trockeneres Klima gekennzeichtet. Die am Ende meines Vorbeitrags verlinkte Dissertation enthält eine systematische Fundkartierung des östlichen Niederrheins zwischen Düsseldorf und der niederländischen Grenze. Während eisenzeitliche Funde fast ausschliesslich auf höherliegendem Gelände gemacht wurden, erfolgte bis ins 3.Jahrhundert intensive Aufsiedlung der Rheinaue. Dieses Phänomen wird in der Dissertation verbunden mit mehrfachen römischen Berichten über niedrige Wasserstände des Rheins, die Schiffahrt unmöglich machten.
Der im Mittelgebirgsraum, insbesondere an der Oberweser, dokumentierte Befund des gleichzeitigen Siedlungsrückzugs aus den Flussauen in höhere Lagen steht hierzu nur scheinbar im Widerspruch. Er dürfte v.a. mit der starken Entwaldung der Berghänge, und dadurch schneller Entstehung von Hochwasser nach Schneeschmelze oder Starkregen (Sommergewitter) zusammenhängen. Solche Hochwasser (auch in den letzten Jahren wieder vermehrt zu beobachten-hat schon mal jemand die "Jahrhunderthochwasser" dieses Jahrhunderts gezählt?) verebben bereits im Mittelgebirgsvorland, und errieichen nur in Ausnahmefälen die Flussmarschen an den Unterläufen. Die mitgeschwemmten Sedimente bilden dort auf natürlichem Wege Uferwälle und besiedelbare natürliche Wurten. Der in der Dissertation dokumentierte Getredespeicher am östlichen Niederrhein bezeugt intensiven kaiserzeitlichen Ackerbau in der Marsch.
Ich würde für die weitere Debatte [zur Eisenverarbeitung] jedoch dafür plädieren, sich auf gesicherten wissenschaftlichen Boden zu bewegen,
Natürlich. Die Kapazität auf dem Gebiet ist unzweifelhaft Hauke Jöns. Meine Berechnungen basieren auf den von ihm für die Feddersen Wierde und Joldelund publizierten Daten, wie sie die vorerwähnte Dissertation wiedergibt.
Historische Küstenforschung - Prof. Dr. Hauke Jöns
Immerhin schaffst du die wissenschaftlich angenommene Jahresproduktion des gesamten römischen Reiches mit deinem Rechenexempel annähernd spielend
Das hat mich selbst erstaunt. Ich habe mehrmals geprüft, ob ich mich nicht irgendwo um den Faktor 10, 100 oder 1000 vertan habe, aber die Rechnung stimmt. Ein m" Raseneisenerzscholle ~ mindestens 0,25 m³~0,75-1 t, bei konservativen 10% Ausbeute 75 kg Eisen.
Auf den zweiten und dritten Blick ist das Ergebnis auch lange nicht mehr so erstaunlich. Man muss sich nur mal vorstellen, was - sofern Erz nicht gerade tagebaufähig, wie am Erzberg oder auf Elba, vorliegt - es bedeutet, das Äquivalent eines Quadratkilometers Raseneisenerzsscholle, also knapp 200.000 Kubikmeter (0,2 Kubikkilometer) Siderit oder Hämatit (Roteisenerz) aus dem Berg zu holen. Auch die ollen Germanen haben keinen Quadratkilometer am Stück verhüttet, sondern immer ein paar Quadratmeter Raseneisenerz hier und da - aber Kleinvieh macht auch Mist..
Raseneisenerz wurde intensiv bis ins Hochmittelalter, teilweise auch noch bis ins späte 19.Jahrhundert, und wieder während des 2. Weltkriegs verhüttet. Wenn man mal überschlägig 6.000t germanischen Jahresbedarf von mittleren Eisenzeit bis ins Frühmittelalter, und das 2-5 fache im Hochmittelalter annimmt, kommt man in eine Größenordnung von mindestens 2 Millionen Tonnen germanischer bzw. fränkischer/ deutscher Eisenerzeugung vor Erfindung des Hochofens, also bei bereits ausgiebig beschriebener wenig effizienter Rennofenverhüttung. Das entspricht dann schon 130 km² Raseneiserzsode. Wäre die entsprechende Erzmenge aus dem Bergbau gewonnen worden, hätten wir, überspitzt gesagt, kaum noch Mittelgebirge bzw. würden dort überall über Abraum- und Schlackehalden stolpern. Da müssten über die Jahrtausende mindestens 10 Kubikkilometer Schlacke zusammengekommen sein, damit kann man die deutsche Mittelgebirgszone kompett etwa 10cm "höherlegen".
Der potentielle Eisenreichtum der norddeutschen Tiefebene wird auch daran deutlich, dass Raseneisenerz gern und häufig für eisen-/ kaiserzeitliche Grabeinfassungen, im Mittelalter dann auch für Kirchtürme, Hofmauern etc. verwendet wurde. Rohstoff war sicher nicht der Engpass, (Holz-)kohle wohl schon eher.
Die landwirtschaftliche Nutzung führte auf armen Sandböden zu Verheidung, Beispiele sind die Humusentnahmen für die celtic fields, ebenso waren landwirtschaftliche Flächen von Versandung (Verwehungen) betroffen.
Ja, im 18. Jahrhundert, nach über 2.000 Jahren Raseneisenerzabbau (und viel Glasherstellung in der frühen Neuzeit). Die Humusentnahme für die celtic fields und Raseneisenerzverhüttung gingen Hand in Hand. Die Frage, ob die eisenzeitlichen Bewohner zuerst Humus von marginalen, vernässenden Flächen für ihre celtic fields entnahmen, und dabei auf den darunterliegenden Raseneisenstein stiessen, oder diesen gezielt freibuddelten und die Deckschicht anschliessend auf die hofnäheren Fluren verbrachten, gleicht der Diskussion um Henne und Ei.
Plaggendüngung in größerem Maße fand erst ab dem Mittelalter statt, kann also frühe Heidebildung schon während der Eisenzeit nicht erklären. Durch Waldweide begünstigte Auflichtung ist ebenfalls keine hinreichende Erklärung, weil diese Praxis auch in nicht von Heidebildung betroffenen Regionen gängig war. Die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft stellt für Schleswig-Holstein, und speziell die weitgehend mit dem Verhüttungszentrum auf dem Neumünsteraner Sander identische ehemalige Segeberger Heide (heute Segeberger Forst) fest:
https://www.dbges.de/wb/media/mitteilungen_dbg/Mitteilungen der DBG 1993_70.pdf
S. 12: In historischer Zeit kam es zunächst durch die mit starkem Holzeinschlag verbundene römisch-kaiserzeitliche Verhüttung von Raseneisenerzen, dann in der Neuzeit durch die stark ausgeweitete waldzerstörende Landwirtschaft zur ·erneuten und raumzeitlich stark wechselnden Flugsand- und Dünenbildung.
S. 82: Ab ca. 600 Jahre vor Chr. verbreitet sich die Rotbuche (Box-= Boogs- = Buchenberg), aber da der Aukrug vom Neolithikum an bereits relativ früh und dicht besiedelt ist (Hingst 1970), tritt im Gefolge intensivierter Waldnutzung (Rodung, Weide mit Verbiß, Holznutzung für Brand, Haus- und Schiffbau, Köhlerei für Eisengewinnung) verstärkt Calluna-Heide auf.(..)
Im Gegensatz zur Hohen Geest bei Husum und der nordfriesischen Inseln, auf der Eschböden kartiert wurden, konnten diese Auftragsböden im Aukrug-Gebiet nicht gefunden werden. Die schon für die vorgeschichtliche Zeit belegte und bis zum zweiten Weltkrieg fortgesetzte Eisenverhüttung in der Niederen Geest wird als Ursache für deren frühe und angesichts der Unfruchtbarkeit der Böden vergleichsweise intensive Besiedlung angenommen (Hingst 1970).

S.84: Stark pariglazial überformte und durch Bodenbearbeitung erodierte Durchragungen weichsel- oder saalezeitlicher Moränen, die oft nur durch wenige m Höhendifferenz angezeigt werden, erzeugen großflächigere Petrovarianzen in der Niederen Geest. Auch andere Studien zur kleinräumigen Bodenvariabilität in der Niederen Geest (Riede! 1974, Kneib 1978) weisen auf die überraschend hohe Bodenvariabilität einer oberflächlich sehr einheitlich erscheinenden Landscfiaft hin.
S. 110 f: Die Eisenfraktionen weisen auf eine reliktische Podsolierung hin, die durch die Kalkung unter landbaulicher Nutzung gestoppt wurde. Hohe Eisen- und Kohlenstoffeinträge vom Ober- in den Unterboden (Beyer et al., 1993) .weisen auf eine allmähliche Zersetzung des Bh-Horizontes hin.
Interpretationshilfe zum letzten Zitat: Die Eisenanreicherung (Podsolierung) ist reliktisch, d.h. nacheiszeitlich entstanden, unter heute nicht mehr vorhandenen bzw.nachvollziehbaren Umweltbedingungen. Das Eisen ist stark mit Kohlenstoff vergesellschaftet, und wandert nicht, wie üblich, von unten nach oben, sondern von oben her in den Unterboden ein. Stellt sich doch die Frage - wie gelangten Eisen und Kohlenstoff gemeinsam in den Oberboden? Wer die Publikation aufmerksam durchliest, findet eine Vielzahl weiterer "noch in der Untersuchung befindlicher" Phänomene im Neumünsteraner Sander, z.B. "grünliche, zapfenförmige Eisenanreicherungen" (S. 94), die offenbar von oben nach unten wuchsen, oder ein etwa 10-20 cm mächtiges Band von Blaueisenerz (Vivianit, Eisenphosphat) zwischen zwei Lagen von Bruchwaldtorf (S. 96), das auf natürliche Weise eigentlich nicht entstehen kann.
Eine ausführlichere Diskussion, auf Basis schon etwas älterer Quellen, für Mittelholstein findet sich auch hier (C 2.2):

Das Ausmass der Eisenverhüttung wird daraus deutlich, dass Modellrechnungen zufolge der Feuerholzbedarf der Lüneburger Salinen während der Hochphase ihres Betriebs (Hansezeit) aus 50 km² Waldfläche nachhaltig zu decken war, die Lüneburger Heide im 18.Jahrhundert aber über 7.000 km² bedeckte. Vermutlich spielte hier aber mittelalterliche Verhüttung die herausragende Rolle. Pollenanalysen zeigen natürliche Regeneration der Wälder in der Lüneburger Heide während der Völkerwanderungszeit - Heidebildung war zu diesem Zeitpunkt also zwar gegeben, aber (noch) kein unumkehrbarer Prozess.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klima und ökologische Verhältnise Norddeutschlands während der frühen Kaiserzeit waren mit den heutigen, auch den hochmittelalterlichen nicht vergleichbar. Analogien gehen da generell fehl. Insbesondere kam es Anfang des 1. Jahrhunderts v.Chr. zu einem erheblichen Absinken der Nordsee, gut 2 m unter den heutigen Stand. Der während der frühen Kaiserzeit einsetzende Wiederanstieg führte zu seinem Maximum (um 350 n.Chr.) zu Meereshöhen etwa 75 cm unter heutigem Stand. Du hast den Zusammenhang zwischen Meeresspiegel, Grundwasser und Vernässung/ Vermoorung schön dargestellt. Das Nordsee-Minimum bedeutet also, dass der norddeutsche Küstenraum in historischer Zeit nie wieder so moorarm war wie in der Zeit um Christi Geburt.
Gerade das, die von dir beschriebene Moorarmut, ist umso verblüffender, da sich für den fraglichen Zeitraum Moorleichen häufen:
Die Moorbildung setzte in Europa nach der letzten Weichsel-Kaltzeit ein, folglich stammen Funde von Moorleichen aus allen nacheiszeitlichen Zeitepochen von der Steinzeit, deren frühester und sicher datierbarer Fund die Frau von Koelbjerg aus dem 8. Jahrtausend vor Chr. ist, bis in die Gegenwart. Jedoch gibt es eine deutliche Häufung in der nordeuropäischen Eisenzeit des 1. Jahrhunderts vor Chr. bis zum 4. Jahrhundert nach Chr. Die Schwerpunkte ihrer räumlichen Verteilung liegen im gesamten Nordeuropa, hier vor allem Irland, das Vereinigte Königreich, Dänemark, die Niederlande, sowie Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wobei aber auch andere Regionen mit Hoch- oder Niedermooren in Betracht kommen, als Beispiele seien hier die bayerische Moorleichen der Frau von Peiting oder der Pangerfilze, oder der Fundplatz Windwover in Florida, USA genannt.
Interessant in unserem Konzext hier, gleichgültig wie die Landschaft damals beschaffen war (genug Moore hatte sie wohl) ist auch:
Die auffällige Häufung an Moorleichenfunden fällt in die Zeiten der Expansion des Römischen Reiches auf Gebiete der damals noch freien germanischen Stämme. Ob allerdings die Häufung mit dieser Expansion, dem verstärkten politischen Druck und den daraus resultierenden sozialen Unruhen innerhalb der freien germanischen Stämme in einem Zusammenhang stehen ist Gegenstand von Diskussionen.[3]
Bzgl. des Wohlstands scheinen die Moorleichen des fraglichen Zeitraums Germanien nicht eben als Schlaraffenland auszuweisen:
Untersuchungen durch die kanadische Anthropologin Heather Gill-Robinson in jüngerer Zeit ergaben an den Torfmumien von Schleswig-Holstein im Museum Schloss Gottorf wertvolle Hinweise auf die Ernährungsweise der eisenzeitlichen Bevölkerung. Sie war sehr fleischarm und auch durch völligen Verzicht auf Meerestiere gekennzeichnet.
(alle drei Ztate aus Moorleiche ? Wikipedia)
 
naja, eine "besondere Häufung" für die römische Kaiserzeit mag ja vorliegen, flapsig so jedes Jahrhundert eine Moorleiche sind deutlich mehr als manches Jahrhundert keine, bezogen auf den ganzen Raum von den Mittelgebirgen bis zum Nordkap ...

Es ist zwar bei Medizinern allgemein üblich , aus einer Stichprobe von unter 10 auf 7 Millarden zu schließen, so statistisch korrekt ist das immer noch nicht. Das gilt natürlich auch für die Ernährung der Bevölkerung im Umfeld irgendwelcher Moore.
 
@Wilfried

es gibt reichlich Funde die Mangelernärung und Hungersnöte bei den Germanen
beweisen. Lediglich die germanische Oberschicht hatte es wahrscheinlich besser. Das die Ernährungslage oft schlecht war kann man daher als Fakt betrachten.
Ein besonders strenger Winter oder eine Mißernte genügten und schon war Schmalhans Küchenmeister..))
 
Arminius als römischer Offizier?

Zum Titelthema mag meine Anmerkung passen, weniger zum aktuellen Diskussionsverlauf. Es geht um die ständige Frage nach der Rolle des Arminius, als er in römischen Diensten stand. In letzter Zeit wird gerne darüber spekuliert, ob nicht gar ein Kern der Krieger des Arminius Männer waren, die vorher unter ihm in einer Einheit römischer Auxiliartruppen gedient hätten. Zugespitzt wird die Überlegung gelegentlich in der Frage, ob Arminius nicht gar im Anmarsch in die Katastrophe des Varus dessen "Aufklärer" kommandiert hätte; mithin Varus quasi "blind" in den Hinterhalt gelockt hätte...

Bei einem öffentlichen Vortrag von Dr. Jörg Fündling zu römischer Militärtechnik (abseits der Waffentechnik) in Hannover Anfang Dezember 2014 betrachtete er vor allem die Ingenieursleistungen durch römisches Militär und dass unter ihren Centurionen und Legionären auch Fachkräfte dienten, welche den Bau von Aquädukten, Straßen, Großbauten und Feldvermessung gerade in unserem Raum maßgeblich mitgetragen haben. Denn sie hätten das entsprechende Know-How nach Norden gebracht. Außerdem möge "...der Ehrgeiz römischer Statthalter für den gewöhnlichen Legionär oft gefährlicher gewesen sein, als ein bis an die Zähne bewaffneter Feind" (alle Zitate aus der Erinnerung), denn gerade die Legionen wurden zu Bauarbeiten herangezogen. Das provozierte die Frage des Moderators, wie man denn Arminius als römischen Offizier sehen müsse. Fündling antwortete schlagfertig, dass man "Arminius wohl eher als einen Offizier ehrenhalber" sehen müsse, der durch "learning by doing", unterstützt vielleicht von ein paar reguläre römische Instrukteuren einen Verband germanischer Krieger in römischen Diensten angeführt habe, die es "gewohnt gewesen seien ihren Führern zu folgen"...


Das ist ein ganz anderes Bild, als die weiter oben angeführten suggerieren wollen, wenn auch nur ein weiteres Bild. Ich gebe zu bedenken, dass erst mit Kaiser Augustus nach Actium ein stehendes, römisches Berufsheer Gestalt annahm. Die Aussagen von Fündling dienen mir nur als Aufhänger.
Auxiliartruppen: Da steigt bei jedem zuerst das Bild jener stehenden, kaiserzeitlichen Peregrinensoldaten mit weitgehend vereinheitlichter Ausrüstung auf. Nach römischem Muster gedrillt, oder zumindest ergänzend ausgebildet und schließlich (auch erst nach dem Bataveraufstand) durch römische Offiziere angeführt. Diese Truppen dürften sich aber ursprünglich eher aus verbündeten Aufgeboten oder Söldnereinheiten gebildet haben, die dann (eventuell) in dauerhaften Dienst übernommen wurden. Wie weit dieser Prozess (falls überhaupt) bei jener Truppe eingeleitet (oder gar?) abgeschlossen war, welche Arminius zeitweilig angeführt hat, muss erst recht offen bleiben.
 
Und ich bitte für die zukünftige Debatte 2015 unlogische Zeitsprünge zu unterlassen oder zumindest sie zu begründen (Schwarzbunte, fränkische Schmiedekunst des 9.Jahrhunderts, Silberbergbau Rammelsberg/Harz ab 10.Jahrhundert, Obstbaugebiet Altes Land der frühen Neuzeit), sonst vergleichen wir demnächst die VW-Automobilindustrie in Wolfsburg mit dem keltischen Wagnerhandwerk vom treverischen Martberg.
Ich dachte, ich hätte die "Zeitsprünge" begründet, aber vielleicht setze ich da mit "professionellem Tunnelblick" zu viel voraus:
Mein Fachgebiet liegt um Innovationspolitk und Wissensmanagement. Ich habe da so einiges publiziert, nicht akademisch, sondern als Gutachter für das BMWi, die EU, die Asiatische Entwicklungsbank etc. In meinen Fachkreisen gilt inzwischen als gesichert, dass Innovation und Technologieführerschaft zu einem wesentlichen Teil aus der Anwendung traditionellen "Volkswissens" auf neue Problemstellungen und Handlungsfelder herrührt. Der Schritt von der Wein- zur Buchpresse findet sich in fast jedem Lehrbuch. Andere gängige Beispiele sind Bonsai und Mikroelektronik (Kernkompetenz Miniaturisierung bei Funktionalitätserhaltung), oder Kuckucksuhr -> allemanischer Maschinenbau. Ich persönlich habe mich u.a. in Bulgarien mit dem Thema beschäftigt - da lassen sich einige Felder, wo trotz geringer Finanzaustattung "high-tech" erzeugt wurde/wird, auf jahrtausendealte Erfahrung mit Fermentationsprozessen (Wein, Yoghurt, Tabak etc.) zurückführen.
Konkret - ich würde nicht unbedingt Wolfsburg, als Gründung auf der "grünen Wiese", aber schon den Automobilbau in Osnabrück in potentieller Verbindung zum eisenzeitlichen keltisch-germanischen Wagengrab von Osnabrück-Hellern sehen. Da ist dann natürlich noch die eine oder andere zeitliche Lücke zu schliessen, um auch wirklich von lang verankertem, traditionellen Handwerkswissen, dass letztendlich zur wettbewerbsfähigen Unternehmensgründung führte bzw. diese begünstigte, ausgehen zu können.
https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/geschichte/ufg/pdf/ba_reepen.pdf

Zu den Einzelaspekten:
Schwarzbunte: In den letzten Jahren hat es einige neue genetische Erkenntnisse zu Kühen gegeben. Kurzfassung (eigentlich einen eigenen Thread wert):


  • Zwei Hauptrassen (europäisch-kleinasiatisch und indisch) aus denen sich seit mindestens 200.000 Jahren diverse Auerochs-Varietäten entwickelten (und im Kontaktgebiet auch kreuzten), unabhängig domestiziert in Anatolien und Indien.
  • Dreifacher Import domestizierter Rinder nach Europa (i) maritime mediterrane Neolithisierung (fast rein anatolisch), (ii) Neolithisierung über Land entlang der Donau (anatolisch mit leichter indischer Einkreuzung), (iii) transmediterraner Import aus Nordafrika (stärkere indische Beimischung) v.a. nach Süditalien und Südiberien.
  • Substantielle Einkreuzung indigener Auerochsen - nachgewiesen für mindestens 2 verschiedene Auerochs-Varietäten in Norditalien / Alpen, diverse andere, regionalspezifische Einkreuzungen sind genanalytisch wahrscheinlich.
Eine Analyse von 36 britischen, süd- und nordeuropäischen Hauptrassen zeigt diese genau dort, wo man sie vermuten würde. M.a.W. - die Rinder waren tendenziell viel ortsfester als die Menschen, auch wenn sicherlich die eine oder andere Wanderung per Ochsenkarren erfolgte. Das Holstein-Rind hat ein sehr eigenständiges DNA-Profil, mit der nach dem Hereford-Rind niedrigsten "afrikanischen" Beimischung, und der stärksten "indischen" Komponente, es kommt also dem "kontinentalneolithischen Urrind" relativ nahe (osteuropäische Rinder, die in dieser Studie nicht berücksichtigt wurden, sind nach anderen Analysen jedoch noch "ur-neolithischer"). Es gibt jedoch nennenswerte Einkreuzung von "British Shorthorn", das hier wohl eine nordwesteuropäische Auerochsrasse approximiert. Leichte, aber feststellbare genetische Beziehung besteht zu Angus- und Simmentaler Rind, zum Norwegischen Roten, in geringerem Ausmass auch zum Belgischen Blauen, jedoch nicht zu "gallischen" Rindern wie dem Linousin, auch nicht zum italienischen Romganola-Rind (beide mit nennenswertem "afrikanischen" Einschlag, aber offensichtlich unterschiedlichen Auerochs-Einkreuzungen) . Wie gesagt, genau das, was man erwartet, wenn sich eine Rinderpopulation die letzten 6-7.000 Jahre kaum von der Stelle bewegt hat. http://www.pnas.org/content/110/15/E1398.full (obige Aussagen zum Holstein-Rind basieren v.a. auf Figure 2)
Natürlich sind nach 2.000 Jahren Zuchtgeschichte die heutigen Rinder nicht mehr mit ihren Vorfahren zu Christi Geburt vergleichbar. Aber die "hässlichen", da kurzhörnigen germanischen Rinder dürften damals schon eine im europäischen Vergleich sehr hohe Milchproduktion gehabt haben. Dazu passt dann, dass Laktose-Toleranz (eine auf eine spezifische Genmutation zurückgehende "Abweichung") die höchste Häufigkeit (>80%)um Nord-und Ostsee hat. Studien zufolge entstand diese Mutation vor etwa 6-8.000 Jahren entweder in der norddeutschen Tiefebene, oder irgendwo im Raum Elbe-Saale/ Böhmen/ Mähren. In Studien bronzezeitlicher DNA im Elbe-Saale-Raum waren 50% der Untersuchten Laktose-tolerant.
Unenumerated: Lactase persistence and quasi-pastoralism

Obstbau: Grabfunde, auch Analysen von Feuerstellen, machen für die mesolithischen Ertebolle- und Swifterband-Kulturen bereits den Anbau der Haselnuss wahrscheinlich. Haselruten waren auch unverzichtbares Material für Reusen, Körbe etc. Noch hute findet man Haselsträucher in fast jedem norddeutschen Bauengarten.
Auch bei Beerenfrüchten (Brombeeren, Hagebutten etc.) sind Grabfunde so häufig, dass zumindest von positiver Selektion (d.h. die Pflanzen wurden nicht ausgerissen/ gerodet/ verbrannt) ausgegangen wird.
Äpfel benötigen Frost, jedoch schädigen Spätfröste Blüte und Fruchtansatz. Daher gedeihen sie am besten in gemäßigt-maritimem Klima. Der Holzapfel wuchs/ wächst wild in den mitteleuropäischen Tieflandgebieten. Spätestens seit der Bronzezeit ist menschliche Nutzung (Kochen, Dörren, Saft- bzw. Weinherstellung) belegt. Somit haben die "blühenden Apfelbaumwiesen" eine lange norddeutsche Tradition, die kaum in der Eisen- und Kaiserzeit aufgegeben wurde.
Holzapfel ? Wikipedia

Der Verweis auf die Moorleichen ist interessant. Hier muss man natürlich berücksichtigen, dass viele Moorleichen durch Erhängen oder Erdrosseln zu Tode kamen, der Mageninhalt also wohl die "Henkersmahlzeit" darstellt. Daraus lassen sich nur bedingt Schlüsse auf die germanische Ernährung im Ganzen ableiten.
Relativ fleischarme Ernährung ist schon für die Bandkeramiker im Elbe-Saale-Raum (im Vergleich zu Südwestdeutschland, oder britischen Jungneolithikern) belegt - es gibt halt regional unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten. Wer Frischmilch konsumieren kann (und reichlich aus den Kühen holt), kriegt auch ohne tägliches Steak seinen Eiweissbedarf gedeckt.
Im westlichen Ostseeraum wurden traditionell andere Pflanzen genutzt (neben Haselnüssen z.B auch Leindotter, Weisser Gänsefuss, Rüben, wohl auch Brennessel) die im "neolithischen" und antik-mediterranen Kulturraum als Unkraut galten. Ob wir hier von Mangelernährung, oder ökologisch angepassten Landwirtschaftsmodellen reden, ist sicherlich einen eigenen Thread wert.
[Hier möchte ich auch darauf verweisen, dass die Vorläufer der Trichterbecherkultur an Nord- und Ostsee zwar keine Getreidebauern waren, jedoch feste Siedlungen hatten, Hausschweine hielten, Haselnüsse anbauten, Robben jagten und mit Robbentranlampen ihre Hütten beleuchteten, und die im südöstlichen Baltikum wohnenden Ackerbauern mit Steinsicheln versorgten. Gut -wenn Getreidebau definierendes Kriterium für Neolithik ist, waren sie noch Mesolithiker. Aber das klassische "Jäger und Sammler"-Klischee (einschlieslich des mitschwingenden Sitgmas der "Unterentwicklung") passt hier keinesfalls - es war eine Landwirschaft treibende, sesshafte Fischerkultur.]

Kurz (vielleicht kriegen wir damit ja unseren längeren Exkurs OT abgeschlossen): Das germanische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell war in vielerlei Hinsicht mit dem römischen nicht kompatibel - andere Ernährung, dezentral (politisch und wirtschaftlich), nicht verschriftlicht, auch andere Rechtstradition. Ein Teil dieser Unterschiede ist naturräumlich / ökologisch bedingt - da ist ein Vergleich "überlegen"/"zurückgeblieben" generell nicht sinnvoll. Festhalten lässt sich lediglich, dass:


  1. die Germanen mit ihren Gegebenheiten durchaus effektiv und innovativ umgingen - vermutlich besser, als dies den Römern gelungen wäre.
  2. Das römische Modell einige Anziehungskraft auf Germanen entwickelte, und viele Elemente der römisch-hellenistischen Kultur (u.a. Weinbau, Steinbau, Schrift) von den Germanen übernommen wurden.
  3. Rom letztendlich (mehr aus inneren als aus äusseren Gründen) scheiterte, und (teilromanisierte) Germanen in Westeuropa die Nachfolge übernahmen.
Zurück zum Original-Thema: Der Nordseerückgang um Christi Geburt war mir, bevor ich da tiefer einstieg, in seinem Ausmass so nicht bewusst. Ich überlege gerade, was das für Germanicus Unternehmungen bedeutete. Vielleicht mag da jemand helfen...
 
Man sollte schon zwischen Obstbau und dem Sammeln wilder Früchte unterscheiden.
Auch bei Beerenfrüchten (Brombeeren, Hagebutten etc.) sind Grabfunde so häufig, dass zumindest von positiver Selektion (d.h. die Pflanzen wurden nicht ausgerissen/ gerodet/ verbrannt) ausgegangen wird.
Äpfel benötigen Frost, jedoch schädigen Spätfröste Blüte und Fruchtansatz. Daher gedeihen sie am besten in gemäßigt-maritimem Klima. Der Holzapfel wuchs/ wächst wild in den mitteleuropäischen Tieflandgebieten. Spätestens seit der Bronzezeit ist menschliche Nutzung (Kochen, Dörren, Saft- bzw. Weinherstellung) belegt. Somit haben die "blühenden Apfelbaumwiesen" eine lange norddeutsche Tradition, die kaum in der Eisen- und Kaiserzeit aufgegeben wurde.

Die Tradition der blühenden Apfelbaumwiesen geht auf das 14. Jahrhundert n. Chr. zurück. Die Eisen- und Kaiserzeit können wir da wohl außen vorlassen.

Aus Karl-Ernst Behre ("Landtschaftsgeschichte Norddeutschlands", Dank an Biturgios für den Literaturtipp):
(S. 167) Anders als im Süden und Westen Deutschlands, wo der Obstbau bereits in der Römerzeit in hoher Blüte stand, beginnt man im Norden erst jetzt [(frühes) Mittelalter] mit einer bescheidenen Kultur auch von Obstbäumen. Deren Nachweise sind zwar noch äußerst selten, doch ergaben die guten Erhaltungsbedingungen in Haithabu bei Schleswig außerordentliche Mengen von Pflaumenkernen aus dem 8. und 10. Jhdt. Trotzdem übertrafen damals die gesammelten Mengen von Stein- und Beerenobst das angebaute Obst dort um mehr als das Zehnfache.
(S. 262) Erst ab 1000 n. Chr. waren nämlich im Zuge der Christianisierung durch die Tätigkeit der Klöster auch im Norden neue Agrartechniken eingeführt wurden und die damals wohl wichtigste war das Pfropfen. Trotzdem überwog hier noch bis in das Späte Mittelalter das Sammeln von Obst dessen Anbau. Lange Zeit noch blieb das Obst auf die Gärten beschränkt und erst langsam entwickelten sich größere Streuobstwiesen.
Sehr früh schon begann man mit planämßigem Obstbau im Alten Land zwischen Hamburg und Stade. Bereits im 14. Jhdt. erscheinen in dessen Quellen mehrere Obstgärten, damals Bombarde oder Pomerium genannt ...


Der Nordseerückgang um Christi Geburt war mir, bevor ich da tiefer einstieg, in seinem Ausmass so nicht bewusst. Ich überlege gerade, was das für Germanicus Unternehmungen bedeutete. Vielleicht mag da jemand helfen...
Die Küstenlinien um Christi Geburt lagen an der niedersächsischen Küste größtenteils weiter landeinwärts als heute.
 
(scherzando)
Wissensmanagement. (...) Der Schritt von der Wein- zur Buchpresse findet sich in fast jedem Lehrbuch. Andere gängige Beispiele sind Bonsai und Mikroelektronik (Kernkompetenz Miniaturisierung bei Funktionalitätserhaltung), oder Kuckucksuhr -> allemanischer Maschinenbau.
hierzu ein paar Fragen:
fußt Rolls Royce auf britannisch-keltischer oder angelsächsischer Tradition?
könnten Fiat und Alfa Romeo römischer wenn nicht gar venetischer Herkunft sein?
(könnte der Bonsai eine Bildungsreise ins Silicon Valley gemacht haben, ehe er sich zu Nippon mikroelektronisch manifestierte?)
:D:D:D
 
Ich begreife unsere Querdebatte als einen Versuch uns ein Bild zu machen von der Germania magna (als geographischen Begriff) in naturräumlicher, ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht, auf den das römische Reich bei seiner Expansionspolitik um die Zeitenwende stieß. Ich freue mich über die letzten auf diesen Zeitraum bezogenen Beiträge, sie sind meiner Ansicht nach konzentrierter und präziser als zuvor. Da wir in einem anderen Thread auch in diese Diskussion abglitten - "Römische Besatzungspolitik" - wäre es eventuell sinnvoll, dazu ein eigenes Thema zu eröffnen, nur will ich dies nicht künstlich herbeiführen.
Es kann daher sein, dass die doch langen Ausführungen zur eisenzeitlichen Bewirtschaftung und Naturnutzung den ein oder anderen zu spezialisiert und detailliert erscheinen.
Zur klimatisch-geologischen Situation: Augusto richtig, ab ca. 2400 BC gab es keinen kontinuierlichen Meeresanstieg mehr, er war unterbrochen von insgesamt sieben Regressionen (die alle einen wissenschaftlichen Namen haben). Die Transgression/Meeresanstieg (Dünkirchen Ib) war relativ stark, und ging von ca. 400 bis 150 BC (ohne ein neues Thema aufzumachen, der Kimbern-und Teutonenzug könnte damit in Zusammenhang stehen). Zwischen 150 BC und 50 AD erfolgte die Regression 4 mit einem schnellen Meeresspiegelabsinken um 1,2 m(?), sodass die Wattflächen sehr schnell zu Salzwiesen wurden und weiter aussüßten. Im 1.Jhdt BC begann die (Wieder)- Besiedlung der Marschen, zuerst an der südlichen Nordseeküste, im ersten Jhdt. AD auch auf der kimbrischen Halbinsel. Jedoch erfolgte schon um die Mitte des 1.Jahrhunderts die nächste Transgression Dünkirchen II, mit Aufgabe von Flachsiedlungen und Wurten/Warftenaufbau (Erhöhung der Siedlungsplätze zum Schutz vor Sturmfluten).
Zur Verheidung: da täuschst du dich, schon in der Bronzezeit kam es zu einer Verheidung der Landschaft aufgrund der Degradierung der Böden durch die landwirtschaftliche Nutzung. Die Heide ist ein natürliches Unterholz der Strauchschicht auf Sandböden, die erst mit der weiteren Verarmung der Böden sich ausdehnt. Aus der Bronzezeit finden sich Hügelgräber, die aus Heidesoden aufgebaut sind. Zu den sogenannten celtic fields (Ausdehnung der Methode von Großbritannien um 1000 BC über die Niederlande, Nordwestdeutschland, Dänemark, Schweden bis ins Baltikum, auf dem Kontinent seit 500 BC). Sehr gut untersucht sind die celtic fields bei Flögeln / Cuxhaven. Celtic fields sind ein System von Wällen und Senken, gitterförmig mit Maschenbreiten von 10 bis 50 Metern. Die Wälle bestanden aus den gekappten Humusböden der Senken, aus Eintrag von Waldhumus, Mineralböden, Mist und Siedlungsabfällen (eine gezielte Form der Düngung, noch heute nachweisbare erhöhte Phosphatwerte). Die Entnahme des Humus aus den Waldböden, das Aufreißen großer Flächen hatten ökologische Folgen, der Boden in der Umgebung verarmte auf Kosten einer kleinen Anbaufläche, die Siedler mussten rotieren, und die Felder wurden letztlich 100 AD aufgegeben. Die Form des Ackerbaus endete um diese Zeit, durch Überholzung und Bodenerschöpfung weiteten sich die Heiden und Sandverwehungen aus.
Zur Moorarmut: ich habe Augusto so verstanden, dass die Moore nicht mehr weiter gewachsen sind - moorarm ist nach Entwässerung und Torfabbau Norddeutschland aktuell, damals nicht. Das Moorwachstum stagnierte während einer Regression, oder schlug vom Niedermoor zum Hochmoorwachstum um, endete jedoch nicht. Das tiefergelegene tonige Sietland ist die Fluss - oder Küstenmarsch zwischen Uferwall und Geestrand (Geest ->Sandrücken, Name kommt von niederdeutsch trocken, unfruchtbar). Dieses weite sumpfige Sietland war fast baumlos, entwässerte zum Teil nicht, sondern wurde von Niederschlägen gespeist, und erstreckte sich zum Beispiel bei der Ems links und rechts von den Hart - und Weichholzauen, die oft besiedelt waren ( die Römischen Legionen nutzten die Galeriewälder der Hartholzaue entlang des Flusses wahrscheinlich für ihren Weg ins Innere Germanias, wenn sie nicht auf diesem fahren konnten).
Zu den Moorleichen: nun, bei vielen der Leichen wurden zahlreiche Harrislinien in den Knochen gefunden, falls dies noch als wissenschaftliches Kennzeichen für Hungerzeiten und schwere Erkrankungen gilt, dann deuten sie auf wiederkehrende Perioden der Mangelernährung. Doch dies ist nicht bei allen Leichen der Fall, der berühmte Lindowmann aus dieser Zeit könnte ein kräftiger, gesunder höhergestellter Mann gewesen sein (Druide?). Immerhin sind auf Wiki 1000 Moorleichen dokumentiert, mit einer deutlichen Häufung in der nördlichen Eisenzeit. Als Nachweis von Mooren reicht jedoch einfach die Bodenkunde.
Zu den Zeitsprüngen: nichts dagegen, technische Entwicklungen im Zusammenhang zu untersuchen, bin ich dabei, mir ging es um ein "blühendes" Landschaftsbild, dass aus den Puzzlesteinen "Obstanbau" und "Viehhaltung" entstanden ist, vor meinem inneren Auge sah ich schon einen Bauern sein Pfeifchen schmauchend beim Bratapfel und Buttermilch am Kachelofen sitzen - ich gehe mit dir daccord, dass zum Beispiel bei der Viehrassenentwicklung nicht nur die Größe, sondern auch die Milchleistung, die Futterverwertung, die Krankheits-und Kälteresistenz, die Geländetauglichkeit, Langlebigkeit und die Tauglichkeit als Zugtier eine Rolle gespielt haben. Eine Überlegenheit römischer Viehhaltung nur auf die Größe zurückführen zu wollen (bei auf Fleisch gezüchteten Rassen) halte ich für unwissenschaftlich. Im norischen Alpenbereich blieben die alten Rassen auch aufgrund ihrer höheren Milchleistung erhalten, die eingeführten römischen Rinder verschwanden wieder (Text dazu suche ich). Das finde ich tatsächlich spannend, ohne daraus eine Diskussion zu machen, wer wem warum und wo überlegen ist (Römer versus Germanen) -manchmal wünsche ich mir in solchen sich wiederholenden Debatten dann, die Römer hätten doch die Germania erobern und provinzialisieren sollen, was wäre uns von der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts bis nationale Mythen heute alles erspart geblieben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das finde ich tatsächlich spannend, ohne daraus eine Diskussion zu machen, wer wem warum und wo überlegen ist (Römer versus Germanen) -manchmal wünsche ich mir in solchen sich wiederholenden Debatten dann, die Römer hätten doch die Germania erobern und provinzialisieren sollen, was wäre uns von der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts bis nationale Mythen heute alles erspart geblieben.
einerseits ein nur zu verständlicher Wunsch, aber andererseits hätte Heinrich Heine dann kein Caput XI (Wintermärchen) gedichtet und wir wären um die Formulierung "klassischer Morast" ärmer ;)
 
(scherzando)
hierzu ein paar Fragen:
fußt Rolls Royce auf britannisch-keltischer oder angelsächsischer Tradition?
Wenn ich mir Vorläufer wie die Herren Stevenson und Watt ansehe, würde ich - rein namenskundlich - sagen: Sowohl als auch. Für alles darüber hinausgehende nehme ich normalerweise Geld...
könnten Fiat und Alfa Romeo römischer wenn nicht gar venetischer Herkunft sein?
Im Piemont lebten die Lepontier, also etruskisierte Kelten. Maranello (Ferrari) war wohl ursprünglich etruskisch oder ligurisch, dann keltisch besiedelt. So ich den Namen des Unternehmensgründers richtig deute, kamen seine Vorfahren aus der Eisenverarbeitung, die sowohl etruskische als auch keltische Domäne war. Die Veneter hattens mehr mit Bronze, sie kontrollierten bekanntermaßen ja auch längere Zeit die Zinnrouten.:pfeif: [OT off]

Zur Vermoorung (Biturigos): Hier war mein Vorbeitrag sehr pauschal. Wir haben (mindestens) drei Phänomene:

  1. Glaziale Senken im Grundmoränenbereich: Hier bildeten sich zunächst abflusslose Schmelzwasserseen, die schrittweise zu Tief- und dann Hochmooren wurden. Die Bildung ist unabhängig vom Meeresspiegel, jedoch beeinflusst durch Niederschläge - die scheinbar in der frühen Kaiserzeit nicht sehr reichlich fielen.
  2. Bildung wasserundurchlässiger Bodenschichten, insbesondere Raseneisenstein: Solche Bildung hat in der Eisenzeit zugenommen, dementsprechend auch zunehmende Vermoorung im betroffenen Bereich (v.a. Niedere Geest).
  3. Vermoorung des Sietlands: Wie beschrieben abhängig vom Meeresspiegel. Am Niederrhein kam es offenbar nicht zu Hochmoorbildung. Auch für Dithmarschen (Holstenau-Niederung, heute Nord-Ostsee-Kanal) zeigen Pollenanalysen aus Albersdorf deutlichen Besiedlungs- und Nutzungsanstieg noch bis in die Völkerwanderungszeit. Erlenpollen (Feuchtgebiete) nehmen erst ab etwa 100 n. Chr. zu, bei Birkenpollen (Moor) beginnt der Anstieg erst Anfang des. 2. Jtsd.n. Chr.. Heidepollen gehen, nach zwischenzeitlichem Maximum um 200 v. Chr., bis Christi Geburt deutlich zurück, die Hochphase der Heidebildung liegt im Mittelalter. Alles zusammengenommen deutet auf rückläufige Vermoorung um Christi Geburt, was dann Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen, und zeitweisen Verzicht auf Plaggendüngung ermöglichte. Beachte hier auch die Zunahme der Bewaldung in der frühen Kaiserzeit, und den impliziten Hinweis im Text "Bei stärkerer Torfbildung [während der Kaiserzeit] wären diese Tendenzen wohl deutlicher".
    Pollendiagramm
    Interessant hier auch ein Vergleich der Siedlungskartierungen für die schleswig-holsteinische Nordseeküste. Um 200 n. Chr. lagen die Siedlungen sehr dicht beieinander und direkt am Geestrand bzw. auf Sandrücken innerhalb des Sietlands, das also offenbar damals landwirtschaftlich nutzbar war. Auch die Marsch war stark aufgesiedelt. 800 n. Chr. waren die Siedlungen weiter in die Geest hinein gerutscht, die Marschsiedlung beschränkte sich, mit Ausnahme von Alt-Pellworm (seit dem 12.Jhd. überflutet) auf vereinzelte Wurten. Der Großteil des damaligen Sietlands (Raum zwischen St. Peter-Ording und der Südspitze Amrums) ist heute unter Wasser, dort mögen in der Eisenzeit / frühen Kaiserzeit weitere, noch unbekannte Siedlungen gelegen haben.
    Meeresspiegelanstieg und Küstenlinien - Küstenarchäologie in Schleswig Holstein | Dr. Dirk Meier
Falls die Situation an der Ems grundlegend anders war, wäre dies hochinteressant, auch im Hinblick auf das ursprüngliche Thema des Fadens. Hier wäre ich für weitergehende Belege bzw. Quellennennung dankbar.

Verheidung/ Celtic fields: Ich hatte ja schon auf den Zusammenhang von celtic fields und Raseneisenerzabbau / -verhüttung hingewiesen. Eine sehr schöne Darstellung des räumlichen Zusammenhangs zwischen beiden findet sich in der bereits weiter oben verlinkten Darstellung für Angeln auf S. 157 (Abb. 6). Man erkennt gut die Raseneisenerzvorkommen in der Bachniederung, die leicht erhöht liegende eisenzeitlich-kaiserzeitliche Siedlung, westlich davon einen Verhüttungsplatz, an den unmittelbar celtic fields anschliessen.
https://books.google.de/books?id=XD...v=onepage&q=Eisenverhüttung Schleswig&f=false
Die bronzezeitliche Verheidung zeigt im Albersdorfer Pollendiagramm ein Maximum um 1250 v.Chr., und korrespondiert mit fast völligem Ausfall von Getreidepollen. Danach kommt es zu starkem Zuwachs an Getreidepollen bei gleichzeitigem Rückgang der Verheidung. Das Maximum fällt in eine Zeit europaweiter Krisen (Seevölker, Zusammenbruch Hethitherreich, Ende der italienischen Terramare-Kultur, Schlacht an der Tollense etc.); Jahresringanalysen an irischen Bäumen zeigen für die Periode kaum Baumwachstum. Was immer damals vor sich ging (mehrere vulkanische Winter? Meteoriteneinschlag mit kurzfristiger Verschiebung der Erdachse?) - es muss gravierend gewesen sein und hatte kontinentale Auswirkung. Hast Du, Biturigos, Datierungen der aus Heidesoden aufgebauten bronzezeitlichen Gräber? Wenn wir über die Zeit um 1250 v. Chr. reden, würde ich menschlchen Einfluss aussen vor lassen, andernfalls kommt er sicher in Betracht (dann aber wohl v.a. Überweidung).
Mehr zu celtic fields, v.a. wunderbare Bilder (im Blog) findet sich hier -auch das Projekt an sich mag dem einen oder anderen Forumsmitglied unterstützenswert erscheinen:
https://www.sciencestarter.de/datierungen-feldfluren

Obstbau: Noch so ein offenbar nicht tot zu kriegender Mythos - Obstbau kam erst mit den Römern! Wie die Wälle der celtic fields bewachsen waren, weiss man noch nicht im Detail, aber erste Pollenanalysen (obiger Link, Blog, 1. Post S.2) zeigen mehr Eichen- und Haselpollen als vor der Anlage der Felder, und nach ihrer Aufgabe. Ich halte hier Bepflanzung ähnlich heutiger Knicks für gut denkbar - mit Augenmerk auf Nutzgehölze (neben Eiche und Hasel v.a. Schlehe, Hagebutte, Weissdorn, wohl auch Holzapfel).
[Wer schon mal in Indonesien war, wird sich sicher an die Bepflanzung der Wälle um die Reisfelder mit Bananenstauden erinnern].

Was vorrömischen Obstbau angeht, gibt es eine schöne Analyse zum Glauberg (ich weiss - keltisch, nicht germanisch, aber definitiv vor-römisch):
Fürstensitze-Projekt
Als weitere Hinweise zum Alltagsleben haben sich Reste von sieben essbaren Sammelpflanzen erhalten: von Weißdorn, Haselnuß, Apfel oder Birne, Schlehe, Himbeere, Igelkolben und Holunder. Die Anzahl der verkohlt nachgewiesenen Sammelobst- bzw. Nussarten liegt in den Vergleichssiedlungen üblicherweise bei eins bis drei. Wir können hier daher - wie bei den Kulturpflanzen - eine gute Versorgungslage annehmen.
Folgende Analyse prähistorischer Siedlungsfunde bei Rullstorf, Lkr. Lüneburg enthält für die frühe Bronzezeit Kerne bzw. Schalen von Apfel, Haselnuss und Eichel,, für die Eisenzeit Schlehe, Haselnuss und Walderdbeere (S. 47 ff). Die Studie stellt in diesem Zusammenhang fest:
https://ediss.uni-goettingen.de/bitstream/handle/11858/00-1735-0000-0006-B68E-7/kirleis.pdf?sequence=1
Besonders Obst und Beeren gelangen in prähistorischen Siedlungen nur selten zur Verkohlung (..)
Aus der bronzezeitlichen Siedlung bei Schmalstede im Ldkr. Rendsburg-Eckernförde konnte HOPF (1973, 203 f.) mit Trockenäpfeln vergesellschaftete Eicheln nachweisen. Dort wurden die Eicheln nach dem Schälen und Halbieren ebenso gedörrt wie die Äpfel.
Somit wissen wir nur, dass die o.g. Nüsse, Früchte und Beeren angebaut oder gesammelt wurden, nicht jedoch, in welchem Ausmass. Aus der Ergrabung eines eisenzeitlichen Darrofens lässt sich jedoch schliessen, dass in Rullstorf Dörrobst alles andere als unwichtig für die Ernährung war, und regelmässig in relevanten Mengen "gesammelt" wurde - sei es im Hausgarten, am Knick, oder von im Weideland bewusst stehen gelassenen Apfel- und Schlehenbäumen.
Auch hier lohnt ein Blick auf das enthaltene Pollendiagramm bzw. die zugehörige Diskussion (S. 18ff.):
Das Moorwachstum [des Elbaer Moors] war im Älteren Subatlantikum, der PZ IX, langsam. Der Torf ist stark verdichtet, die 6 cm mächtige Torfschicht der PZ IX bildete sich innerhalb von 1500 Jahren (ca. 800 v. - 700 n. Chr.). Werden ein gleichmäßiges Torfwachstum und eine gleichmäßige Verdichtung vorausgesetzt, so bedeutet dies eine zeitliche Auflösung von 250 Jahren/cm. Die Abschnitte der ausgehenden jüngeren Bronzezeit, der Vorrömischen Eisenzeit, der Römischen Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit drängen sich im Pollenprofil auf nur wenigen Zentimetern Torf. Eine Untergliederung in archäologische Zeiträume ist daher kaum möglich.
Für dieses Pollendiagramm ist festzuhalten, daß Waldflächen um etwa 2650 BP, also zu Beginn der PZ IX, gerodet wurden (erhöhte Werte der sekundären Siedlungszeiger, besonders der Poaceae und von Calluna)(..)
Die Landschaft um das Almstorfer Moor war schon etwas aufgelichtet. In der Vorrömischen Eisenzeit gab es dort jedoch noch keine ausgedehnten Heiden.
Der Hauptanstieg von Calluna (Besenheide) fand am Ostrand der Lüneburger Heide somit erst im Mittelalter statt.
Das zeitlich hoch auflösende Pollendiagramm vom Almstorfer Moor (S. 29) zeigt parallel zum völkerwanderungszeitlichen starken Rückgang der Siedlungsanzeiger auch einen Ausfall von Rosaceae-Pollen (Apfel, Hagebutte, Schlehe etc.), der nahelegt, dass diese nicht von Wild-, sondern von Kulturpflanzen stammten. Mit der frühmittelalterlichen Siedlungszunahme treten Rosaceae-Pollen wieder auf, jedoch in geringerem Ausmaß als in der römischen Kaiserzeit.
Eine ähnliche Beobachtung lässt sich auch für das südöstliche Harzvorland machen. Hier sind ebenfalls Siedlungsanzeiger bzw. Getreidepollen stark positiv korreliert mit Rosaceae-Pollen -besonders schön sichtbar für das Moosloch bei Nordhausen (S. 96) und die dortige Siedlungsspitzen zur frühen Eisenzeit (keltisch?), sowie zwischen mittlerer Eisenzeit und kurz vor Christi Geburt (Jastorf-Kultur). Während der Völkerwanderungszeit fehlen sowohl Siedlungsanzeiger als auch Rosaceae-Pollen fast vollständig. [Hier auch interessant die zeitweilige, v.a. bronzezeitliche Korrelation von Siedlungsanzeigern und Brassicae-Pollen (Kohlgewächse) - das Thema Kohlanbau hatten wir anderswo schon mal diskutiert]
http://home.arcor.de/sondeln/begemann.pdf
S. 69, Aschehütter Teich NW Herzberg: Die technogene Schwermetallanreicherung befindet sich im Bereich zwischen 352 cm (interpoliertes Alter 22 +/- 85,5 v. Chr.) und etwa 333 cm. Die stärkste Bleiakkumulation wurde in 342 cm Tiefe (103 +/- 85,5 n. Chr.) gemessen und datiert damit in die Römische Kaiserzeit. Der Beginn der technogenen Anreicherungen bei 352 cm datiert jedoch in die ausgehende Spätlatènezeit (interpoliertes Alter 22 +/- 85,5 v. Chr.).
S. 100, Moosloch b. Nordhausen: In einer Tiefe von 283-265 cm weisen die erhöhten Anteile technogener Schwermetalle auf eine Verhüttung bleihaltiger Erze zur Silbergewinnung hin (DEICKE 2003).(..) Ein Fundplatz der Späten Latène- oder Frühen Kaiserzeit wurde etwa 2 km östlich des Mooslochs bei Kleinwechsungen lokalisiert. Möglicherweise handelt es sich um den Siedlungs- oder Verhüttungsplatz, der im Pollendiagramm fassbar wird.
So viel zum Thema Germanen und (kein) Silber...

Sepiola: Die Küstenlinien um Christi Geburt lagen an der niedersächsischen Küste größtenteils weiter landeinwärts als heute.
Schau mal hier:
Jadebusen ? Wikipedia
Dollart ? Wikipedia
Ich erspare uns beiden jetzt weiteren Kommentar.

Um denn, nach der inzwischen recht umfangreichen Umfeldanalyse, wieder auf Germanicus zurückzukommen:
Fundplatz Bentumersiel ? Wikipedia
Der Fundplatz Bentumersiel befindet sich in der Nähe der Emsmündung am linken Ufer des Flusses auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Jemgum im niedersächsischen Landkreis Leer. Der Fluss markierte zur Zeitenwende die Grenze der Siedlungsgebiete der Friesen und der Chauken, die damals auf dem Gebiet des heutigen Ostfrieslands lebten.
Der Fundplatz ist neben dem Römerlager Hedemünden, der Fundregion Kalkriese und dem Harzhornereignis eine der wenigen Fundstellen mit römischen Militaria im norddeutschen Raum. Die Ergebnisse verschiedener Grabungskampagnen legen nahe, dass Bentumersiel um die Zeitenwende möglicherweise als Nachschubhafen der römischen Flotte und römischen Feldherren als Versorgungsstützpunkt diente. Eindeutige Belege dafür, dass in Bentumersiel ein römisches Militärlager bestand, gibt es aber nicht.
 
Da fällt mir auf, dass die Hasel in der Zeit zwischen 1200 v. Chr. und 100 v. Chr. stark rückläufig ist.

Wie die Wälle der celtic fields bewachsen waren, weiss man noch nicht im Detail, aber erste Pollenanalysen (obiger Link, Blog, 1. Post S.2) zeigen mehr Eichen- und Haselpollen als vor der Anlage der Felder, und nach ihrer Aufgabe.
Das ist der hier?
https://www.sciencestarter.de/datierungen-feldfluren/blog/?bid=42049

In dem Moment, wo der Getreideanbau beginnt, geht die Hasel stark zurück. Den Stand vor dem Getreideanbau erreicht sie nicht wieder.


Was vorrömischen Obstbau angeht, gibt es eine schöne Analyse zum Glauberg (ich weiss - keltisch, nicht germanisch, aber definitiv vor-römisch):
Fürstensitze-Projekt
Da lese ich:
Als weitere Hinweise zum Alltagsleben haben sich Reste von sieben essbaren Sammelpflanzen erhalten: von Weißdorn, Haselnuß, Apfel oder Birne, Schlehe, Himbeere, Igelkolben und Holunder.
Augusto schrieb:

4.3.3. Sammelpflanzen
Sammelpflanzen wurden in Rullstorf kaum nachgewiesen. Besonders Obst und Beeren gelangen in prähistorischen Siedlungen nur selten zur Verkohlung. In größerer Zahl kommen in der jüngeren Bronzezeit 42 Bruchstücke der Kotyledonen von Eicheln vor (Abb.24). Daneben treten auch einzelne Apfelkerne (Abb.25) und Haselnußschalen (Abb. 26) auf.
Augusto schrieb:
Somit wissen wir nur, dass die o.g. Nüsse, Früchte und Beeren angebaut oder gesammelt wurden, nicht jedoch, in welchem Ausmass.
Sagen wir so: Wir wissen, dass diese Nüsse, Früchte und Beeren zumindest schon mal gesammelt wurden.
Ein Anbau ist damit noch nicht nachgewiesen.
Die Eichen-, Apfel- und Haselnussplantagen harren noch der Entdeckung.
Wer angebliche Mythen entlarven will, sollte belastbare Fakten liefern.

Schau mal hier:
Jadebusen ? Wikipedia
Dollart ? Wikipedia
Ich erspare uns beiden jetzt weiteren Kommentar.
Schade, dann weiß ich ja gar nicht, was Du uns beiden eigentlich sagen willst.

Falls Dich aber die Küstenlinien außerhalb von Jadebusen und Dollart interessieren sollten:
http://databases.eucc-d.de/files/documents/00000337_AMK2004_Artikel_Behre.pdf
 
Eigentlich gehts ja darum , das Germanicus lieber sein Leben auch unter Aufopferung von Legionen rettete als tapfer an der Spitze seiner Legionen zu sterben ...
Und im Gegensatz dazu Arminius unter Ausnutzung aller Vorteile eine Art Guerillakrieg erfolgreich gegen eine der größten Armeen der Welt führte.
Naja, und darum, das die Römer den Versuch der Eroberung abbrachen.

Einfach:
Zwei unterschiedliche Welten trafen aufeinander ...
 
Eigentlich gehts ja darum , das Germanicus lieber sein Leben auch unter Aufopferung von Legionen rettete als tapfer an der Spitze seiner Legionen zu sterben ...
Und im Gegensatz dazu Arminius unter Ausnutzung aller Vorteile eine Art Guerillakrieg erfolgreich gegen eine der größten Armeen der Welt führte.
Naja, und darum, das die Römer den Versuch der Eroberung abbrachen.

Das Germanicus Legionen opferte nur um sein leben zu retten ist immer noch eine unbewiesene Behauptung.
Ja, Arminius hat das gut hinbekommen. Abnutzungskrieg passt als Bezeichnung glaube ich besser wie Guerillakrieg.

Naja, und darum, das die Römer den Versuch der Eroberung abbrachen.

Einfach:
Zwei unterschiedliche Welten trafen aufeinander ...

Die Römer trafen ständig auf "andere Welten"... Sie hatten durchaus Erfahrung mit der Art Kriegsführung wie sie in Germanien stattfand. Wieso sie letzlich nicht gewonnen haben ist immer noch ungeklärt.
 
Liebe Mitstreitenden hoffentlich verrennen wir uns jetzt nicht immer weiter:
zu den Mooren: können wir uns darauf einigen, dass die Norddeutsche Tiefebene aufgrund verschiedener Faktoren (klimatisch:eek:zeanisches Klima, feuchtgemäßigt, hydrologisch:Bodenverdichtung, fehlender Abfluss, Meeresanstieg, hoher Grundwasserstand, geologisch: Landtiefe!) von Vernässung und Moorbildung besonders betroffen ist?http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.moorzikaden.uni-oldenburg.de%2Fimages%2Fverbreitung_hm_alt_1.gif&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.moorzikaden.uni-oldenburg.de%2Fworum_es_geht.html&h=260&w=260&tbnid=7oBP9qU9f0h6AM%3A&zoom=1&docid=fSAsNseH_mZp9M&ei=slmpVM78IYSsPOjwgbgB&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=615&page=1&start=0&ndsp=49&ved=0CDoQrQMwCA
(Diese Karte zeigt den Stand der Moorflächen im 18.Jahrhundert, leider habe ich keine Karte gefunden, die den von uns besprochene Zeitraum darstellt)
Zur Heidebildung, Landwirtschaft: Können wir uns weiterhin darauf einigen, dass auf armen, sandigen Böden eine Degradierung und Erschöpfung schneller eintritt, und sich bei Übernutzung, Abholzung Heide ausgebreitet hat -bei Ende der besiedlung/Landnahme, bei Bevölkerungsrückgang -> Völkerungswanderung, Angeln und Sachsen nach Britannien) Flächen jedoch auch wieder bewaldeten und erholten? http://www.google.de/url?sa=t&rct=j...3enNXuhjok0_wR2TZryJ-9g&bvm=bv.82001339,d.ZWU
In diesem Text geht es um celtic fields, Heideentstehung, Düngung usw.konzentriert auf Norddeutschland

Zum Obstanbau:
können wir uns darauf einigen, dass Obst in erster Linie Sammelfrucht ist, von einem regelrechten Obstanbau noch nicht gesprochen werden kann? Zum Mythos römischer Obstbau: für viele Obstsorten wie den Apfel, die Kirsche trifft diese römische Vorreiterrolle in der Germania durchaus zu, der römische Gartenbau konnte diese mittelasiatischen Arten durch Veredelung weiterzüchten, kannte mehrere Apfelsorten, und es gab reiche Literatur zu deren Anbau. Die einheimischen Wildsorten haben mit den heutigen Zuchtsorten z.B. malus domestica (Kulturapfel) nichts zu tun, der Holzapfel vielleicht mit Mostäpfeln.
Ein Anpflanzen oder Bevorzugen der Sammelobststräucher und Bäume in und bei Siedlungen schließt dies jedoch nicht aus (z.B.Hasel, Holunder).
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, was effektiv nicht bekannt ist, die sozialen Umfelder des Germanicus und des Arminius.

Beide sind ja nun wahrlich nicht allein auf den Schlachtfeldern erschienen und Arminius hatte ja , glaubt man den Quellen, kaum Befehlsgewalt , während Germanicus eine große Auswahl an Disziplinarmaßnahmen hatte.
 
Die Germanen haben auch kein Blei für die Salzsiederei verwendet, sondern Tontöpfe. Die sind auch archäologisch nachgewiesen.
Die Nutzung von Tongefässen (Briquetage) reicht zurück bis in die Kupferzeit und ist zumidest vorgermanisch, vielliecht sogar vor-indogermanisch. Halle/Saale gilt als ältestestes archäologisch belegtes Salzsiedezentrum nördlich der Alpen/ Karpaten (in Bulgarien gibt es jedoch noch ältere, jungsteinzeitlich Funde). In Westfalen wird jedoch von einem Wechsel zu Bleipfannen unter keltischem oder römischen Einfluss ausgegangen (Salzsiederei in Bleipfannen ist insbesondere für das römerzeitliche Britannien belegt). Steht ausführlich in den hier im Forum mehrfach verlinkten Publikationen der westfälischen Landesarchäologie, die Du vor Deinem Zwischenruf vielleicht mal hättest konsultieren können.
[Das Schattenboxen zu "Ackerbürgern" lohnt kein Eingehen meinerseits].

Was das mit dem Blei angeht, so habe ich nichts gefunden, was den Nachweis von Salzsiedepfannen aus Blei wirklich bestätigt, aber zumindest, dass man im Zusammenhang mit Salzsiedequellen immer wieder Bleifunde gemacht hat. Das ist ein starkes Indiz, weswegen ich meinen Einwurf zurückziehe und fortan vehement das Gegenteil behaupte.

Wenn ich dich betreffs der Ackerbürger falsch verstanden haben sollte, entschuldige dies bitte. Aber überprüf' doch noch mal, ob du dieses Missverständnis nicht vielleicht provoziert hast:

Städte: Dass Germanen anders, aufgelockerter siedelten, ist unstrittig. Begriffe wie "Ackerbürger", "Reihenhaus" und "Schrebergarten" deuten auf eine lange Tradition, die wenig mit der griechischen "Polis" gemein hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte sich nicht von US-Action-Filmen wie "The Expendables" oder romantisierenden Darstellungen von Männern mit von Frauen gebrochenem Herzen, die zur Fremdenlegion gingen, täuschen lassen:


Nun ja, zu meiner Zeit in der Legion ( 1966-71 ) waren es auch sehr viele Politische Flüchtlinge aus Portuga (Salazar) und Spanien (Franco Regime).

In den fünfziger Jahren sehr viele Ungarn nach dem Aufstand...

Btw mal eine Frage von mir, ich finde dazu nichts eindeutiges..

War Tacitus jemals persönlich in Germanien oder überhaupt nördlich der Alpen ?
 
Hotte143114 schrieb:
Btw mal eine Frage von mir, ich finde dazu nichts eindeutiges..

War Tacitus jemals persönlich in Germanien oder überhaupt nördlich der Alpen ?
Mir wäre kein Nachweis bekannt, dass er jemals in Germanien war. Das kann gleich doppelt nichts bedeuten. Zum einen kennen andere Forianer die Quellen viel besser, zum anderen ist die Quellenlage nur dürftig. Tacitus hat keine Autobiographie verfasst. Seine Schriften sind Geschichtswerke (die "Historiae" und die "Annales"), die "Germania" ein ethnographisches Werk und "Agricola" eine Mischung aus Biografie und geographische Beschreibung Britanniens. Ein weiteres Werk über die Redekunst ist für Deine Frage nicht relevant. Wo hat Tacitus sein Wissen über Britannien und Germanien her? War er ein Stubenhocker in Rom oder hat er die Länder selbst erkundet? 78 uZ war er - nach Arno Mauersberger - tribunus militum (Stabsoffizier einer Legion). Wieder nach Mauersberger war er von 90 uZ einige Zeit prätorischer Legionslegat. Leider kenne ich keine Quellen, welche die Einsatzorte während seines Militärdienstes benennen. Man kann die beiden "kleinen Schriften" lesen und dann für sich selbst entscheiden, ob hier ein "Insider" schreibt oder jemand, der von Erzählungen aus zweiter oder dritter Hand zehrt. Beweisen kann man wohl das eine als auch das andere nicht.
 
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