...Sicher kommt wegen der relativen Abgeschlossenheit der ägyptischen Kultur der afrikanische Raum als maßgeblicher Einflussfaktor in Betracht, aber im Prinzip ist es keine typisch afrikanische Erscheinungsform.
Eben.
Der soziologische Ansatz beschreibt über den ganzen Globus Totems oder "Totemism" als Mechanismus in komplexer werdenden Gesellschaften, um Ordnungen zu "konstruieren", als vermittelnde Darstellung zwischen den Ordnungen in größer werdenden Gruppen oder Gesellschaften und dem "chaos of the universe", also den umgebenden Naturbedingungen.
Gruppen oder "Clans" identifizieren sich mit tabuisierten Totems, wodurch sozial ausgeprägte Bindungswirkungen für die Mitglieder erzeugt werden.
Entsprechend gibt es darüber verstärkte Diskussionen seit dem 19. Jahrhundert. Als einem aktuellen Ansatz kann man Levi-Strauss zitieren:
Lévi-Strauss was most certainly influenced by Radcliffe-Brown, and he endeavored to expand on his writings. From a structural perspective, he viewed totemism as reflecting the abstract polarities of nature and culture present in human cultures. These oppositions, or polarities, could be charted to illustrate the complex relationship that, on the one hand, recognized natural realities such as animals and plants, and on the other, various groups and individuals who identified themselves as related to specific types of animals or plants. He discussed four specific types of totemic oppositions, or relationships, that could exist between nature and culture:
(1) a group identifying with a specific species of animal or plant,
(2) an individual identifying with a species of animal or plant,
(3) a specific animal or plant identified with an specific individual, and
(4) a specific animal or plant identified with a particular group"
Prufer, in E.o.Anthropology, S. 2218.
Da sich das Phänomen in allen entwickelnden Gesellschaften findet, ist der "nubische Import" auch rein hypothetisch. Der Totemism bei ägyptischen Tierdarstellungen für Götter ist außerdem kontrovers diskutiert. Zoomorphe und anthropomorphe Darstellungen verlaufen über Jahrtausende in Ägypten parallel, zu prädynastischen Verwendungen gibt es Darstellungen zB bei Wilkinson, The Complete Gods and Goddesses of Ancient Egypt, wo dies Thema logischerweise soziologisch auch nur kurz angerissen wird, ebenso wie die Beschreibung der Götterdarstellungen. immerhin stellt er heraus, dass auch für die prädynastischen figürlichen Darstellungen gilt: nicht jede zoomorphe Darstellung ist zwingend eine totemistische. Zoomorphe Darstellungen sind auch nur in dieser Frühphase (weil auch später parallel verwendet) eine "signifikante Stufe" in der religionsgeschichtlichen Entwicklung. Die zoomorphen Darstellungen repräsentieren hier auch - ganz simpel - die Tiere im Lebensumfeld, bzw. vorhandene Bedeutung.
Erkenntnisse zu den frühen göttlichen Totems werden u.a. aus Keramiken der Nagada II-Periode gewonnen, neben Schakalen oder Hunden aber auch Blitze, stilisiert für die Gottheit Min, oder die drei Berge Thebens, stilisierte Frauenköpfe mit Hörnern für Hathor, oder Elephanten.
Bard, E.o.Archaelogy of Ancient Egypt, S. 239f.
Von daher bleibt jede Menge Raum für Phantasie oder Fantasy.