Hemmingen-Wilkenburg: Mal wieder ein neues Römerlager entdeckt...

Ashigaru

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Ein Sensationsfund ist Archäologen in Niedersachsen geglückt: ein Römerlager, das erste in Norddeutschland gefundene und ausgegrabene Lager seiner Art. Den Fund hatte das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege gemeinsam mit der Universität Osnabrück schon am Dienstag verkündet, ohne aber den genauen Ort zu nennen. Nun ist dieser bekannt: Die römischen Soldaten lagerten in Wilkenburg, einem Ortsteil der Stadt Hemmingen in der Region Hannover.

https://www.ndr.de/nachrichten/nied...Wilkenburg-freut-Anwohner,roemerlager150.html


... das geht ja ratz fatz in den letzten Jahren, schätze so circa eine neue Fundstelle pro Jahr.
Wilkenburg könnte vom ja ein bißchen umstrittenen Bentumersiel abgesehen bisher der nördlichste römische Militärplatz in Deutschland sein. Ich hoffe mal, es bringt etwas mehr Befunde wie Funde als Barkhausen, Porta Westfalica. Immerhin wurden gleich ein paar Münzen entdeckt.


Interessant auch noch folgende Aussage des zuständigen Archäologen:
"Der Fund ist ein Beleg dafür, dass die Römer in Niedersachsen nicht nur Kriege geführt haben, sondern hier auch stationiert waren", sagt Haßmann. Sehr spannend sei das Lager auch in Bezug auf ältere Entdeckungen: "Jetzt wissen wir, wie die Lager aussahen und wir können bereits verworfene Funde untersuchen, ob es nicht doch Lager waren."
 
Ist ja direkt vor meiner Haustür. Ich werde es beobachten :D

http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Hannover-Archaeologen-entdecken-Roemerlagerhttp://

HEMMINGEN. Bis zur Elbe wollten sie ihr Reich ausdehnen. Auch das freie Germanien ihrem ohnehin schon riesigen Imperium einverleiben. Dabei haben die Römer auch in der Region Hannover haltgemacht. Archäologen haben auf einem Acker zwischen den Hemminger Ortsteilen Wilkenburg und Arnum die Reste eines 30 Hektar großen römischen Heerlagers gefunden. Ein spektakulärer Fund. „Das ist das erste römische Marschlager, auf das wir in Niedersachsen gestoßen sind. Das ist etwas Besonderes“, sagt Friedhelm Wulf, der für die Region Hannover zuständige Archäologe am Landesamt für Denkmalpflege.
Auf die Zeit um Christi Geburt lässt sich das Römerlager bereits datieren. Es stammt aus der sogenannten Okkupationszeit, in der die Römer versuchten, ihr Reich weiter Richtung Nordosten auszudehnen. Die Epoche fand im Jahr 9 nach Christus mit der berühmten Varusschlacht bei Kalkriese ein Ende. Bei ersten Grabungen auf dem Acker sind die Archäologen auf einen Umfassungsgraben und eine Toranlage sowie eine Reihe von Kleinteilen wie römische Sandalennägel und Kupfermünzen gestoßen.
Hat dort möglicherweise eine komplette Legion kampiert? „Das lässt sich noch nicht sagen“, sagt Archäologe Wulf. Bisher wurde erst eine Woche lang gegraben. „Aber das war erst der Startschuss“, kündigt Wulf an. Als nächster Schritt sollen das komplette Gelände, in dem eigentlich schon bald Kiesgruben angelegt werden sollten, systematisch mit Metalldetektoren abgesucht und die Funde kartiert werden.
Angelegt hatten die Römer ihr Marschlager vermutlich nur für eine Nacht, höchstens für einige Tage. Rund 20 Kilometer marschierten die Legionäre in der Regel am Tag, um dann jeweils ein Feldlager aufzuschlagen, das sie außen mit einem Graben und innen mit einem Wall schützten, der zusätzlich noch mit Palisaden gesichert wurde. Das Holz dafür führten die Legionäre extra auf Maultieren mit sich.
Neben der Größe der Fläche spielte bei der Auswahl des Standortes auch die Möglichkeit der Versorgung eine Rolle. Aufgrund der Nähe zur Leine lag das Lager bei Hemmingen günstig. Über den Fluss konnten leichter Material und Verpflegung herangeschafft werden.
Erste Hinweise auf das Römerlager hatten bereits Luftbildaufnahmen aus den 1990er Jahren gebracht. Auf diesen ließen sich Verfärbungen im Untergrund erkennen, die auf dessen Umrisse schließen ließen.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Der Fund ist ein Beleg dafür, dass die Römer in Niedersachsen nicht nur Kriege geführt haben, sondern hier auch stationiert waren", sagt Haßmann.

Diese Aussage verstehe ich nicht. Wenn es nur ein Marschlager war, wie kann man dann schließen, daß die Römer hier länger stationiert waren?
 
Mich irritiert eher folgendes:

Bisher wurde erst eine Woche lang gegraben.

Dann aber:
http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Hannover-Archaeologen-entdecken-Roemerlagerhttp://
Es stammt aus der sogenannten Okkupationszeit, in der die Römer versuchten, ihr Reich weiter Richtung Nordosten auszudehnen. Die Epoche fand im Jahr 9 nach Christus mit der berühmten Varusschlacht bei Kalkriese ein Ende.
Das scheint mir ein wenig voreilig nach gerade mal einer Woche Grabung.
 
Da ich mein Studium teilweise als Grabungshelfer finanziert habe, weiß ich, wie viel Zeit archäologische Grabungen in Anspruch nehmen. Eine Woche ist da im Prinzip gar nichts.

Es ist von einigen Sandalennägeln die Rede und von einigen Kupfermünzen die Rede, ohne genauere Spezifikation. Ich weiß, um ehrlich zu sein, nicht, ob es - ähnlich wie bei Fibeln, Sigillaten oder bei Ausrüstungsteilen der römischen Legionäre - bei den Sandalennägeln formensprachliche Unterschiede gibt, welche eine Datierung ermöglichen würden, möchte das aber mal als höchst unwahrscheinlich ausschließen. Bleiben die Münzen.

Eine Einzelmünze ist i.d.R. gut datierbar. Sie gibt aber nur einen terminus post quem (tpq): Sie kann - logischerweise - erst, nachdem sie geprägt wurde, in den Boden gekommen sein. Erst im größeren Verbund wird die Aussagekraft größer. Sprich, wenn es, neben einzelnen Ausreißern nach vorne eine statistische Häufung von Münzen aus einem bestimmten Zeitraum gäbe, die erfahrungsgemäß dem tpq der Schlussmünze nahe käme.

Aber wir wissen weder ob die Münzen schon untersucht noch wann sie geprägt wurden oder ob sie evtl. gegengestempelt sind. Wir wissen nicht, ob es sich um 2 oder um 500 Münzen handelt. Wenn man nicht zufälligerweise auf einen Hort gestoßen ist - bei einem Marschlager eher unwahrscheinlich - dann wird es sich aber eher um eine überschaubare Anzahl von Münzen handeln. Das wiederum raubt ihnen ihre statistische Aussagekraft.

Wir werden sehen, was die Pressemitteilungen heute ergeben, heute soll ja detaillierter berichtet werden.
 
Da ich mein Studium teilweise als Grabungshelfer finanziert habe, weiß ich, wie viel Zeit archäologische Grabungen in Anspruch nehmen. Eine Woche ist da im Prinzip gar nichts.

Es ist von einigen Sandalennägeln die Rede und von einigen Kupfermünzen die Rede, ohne genauere Spezifikation. Ich weiß, um ehrlich zu sein, nicht, ob es - ähnlich wie bei Fibeln, Sigillaten oder bei Ausrüstungsteilen der römischen Legionäre - bei den Sandalennägeln formensprachliche Unterschiede gibt, welche eine Datierung ermöglichen würden, möchte das aber mal als höchst unwahrscheinlich ausschließen. Bleiben die Münzen.

Anscheinend kann man anhand der Sandalennägel eine Datierung vornehmen: ich kann den youtube Film nicht einstellen, aber weil es so gut passt:
Sabine Hornung :: Ein Quantum Erde :: Science Slam Bonn
Dort beschreibt die Vor - und Frühgeschichtlerin der Uni Mainz ihre Ausgrabung des Marschlagers in Hermeskeil, und beschreibt kurz die unterschiedlichen Sandalennägellängen....viel Spaß beim Schauen!
Kurzer Beitrag aus der Mittagspause...
ich habe doch noch ohne Werbung ihren Beitrag gefunden: http://www.science-slam.com/vortraege/city/bonn.htm
 
Zuletzt bearbeitet:

Sehr interessant. Ähnlich wie das Lager in Hachelbich scheinen sich die Grabenstücke auch hier zu einem Quadrat mit ca. 630-650m Seitenlänge zu ergänzen. Nicht so exakt orthogonal wie in Engelhartstetten, aber unter der Berücksichtigung dass es sich hier um ein weniger exakt, evtl. sogar unter Gefechtsbedingungen angelegtes Marschlager handelt, könnte es sich bei allen Lagern im Prinzip um die selbe Konstruktion handeln.

Wenn ich mit meiner Vermutung eines augusteischen Ideallagers richtig liegen sollte, dann war dies ein Lager eines 2-Legionen-Heeres inkl. Hilfstruppen.

Gruß
jchatt
 
Entzückend

Das neu entdeckte Lager liegt exakt 40 km von Alfeld sowie 60 km von Einbeck entfernt. Von Einbeck sind es wiederum 60 km zum Lager Hedemünden an der Werra, bzw. 20 km nach Stadtoldendorf und 40 km bis zur Weser gegenüber Corvey.

Auf genau halber Strecke zwischen dem Lager Wilkenburg und Alfeld bei Kilometer 20 findet man 2 km nördlich von Elze interessante Bodenmerkmale (siehe Anhang).

[Edit] Ebenfalls als Anhang der relevante Ausschnitt aus meiner hypothetischen Karte von 2013.
 

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Das neu entdeckte Lager liegt exakt 40 km von Alfeld sowie 60 km von Einbeck entfernt. Von Einbeck sind es wiederum 60 km zum Lager Hedemünden an der Werra, bzw. 20 km nach Stadtoldendorf und 40 km bis zur Weser gegenüber Corvey.

Auf genau halber Strecke zwischen dem Lager Wilkenburg und Alfeld bei Kilometer 20 findet man 2 km nördlich von Elze interessante Bodenmerkmale (siehe Anhang).

[Edit] Ebenfalls als Anhang der relevante Ausschnitt aus meiner hypothetischen Karte von 2013.

Dann setz Dich mal mit dem Herrn Aßmann in Verbindung:

Nun haben die Wissenschaftler einen sicheren Anhaltspunkt für ein Lager der Römer und können quasi einen Zirkel um den Fundort anlegen: Irgendwo in einem Umkreis von 20 Kilometern muss das nächste Marschlager zu finden sein, wo die Legionäre erneut in der Region Hannover nächtigten. "Es ist auf jeden Fall da", so Haßmann, "nur entdeckt haben wir es noch nicht."

https://www.ndr.de/nachrichten/nied...mer-lagerten-bei-Hannover,roemerlager150.html
 
Dann setz Dich mal mit dem Herrn Aßmann in Verbindung:

Ich glaube, da wird er auch selber drauf kommen. Den Schlüssel hat er jetzt ja in der Hand: einfach zwanzig Kilometer leineaufwärts marschieren.

Falls er seine 20-km-Theorie einmal gegooglt hat, kennt er sicher auch die Diskussionen hier in Forum zu diesem Thema...

Selbst wenn da etwas wäre: Wäre nicht Aßkamps Baustelle, der ist Angestellter des LWL, im hildesheimschen Elze wären das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege verantwortlich.

Henning Haßmann ist Leiter des NLD. Aber ich glaube fast, Du hast nur Carolus veräppelt. ;)
 
Ich glaube, da wird er auch selber drauf kommen. Den Schlüssel hat er jetzt ja in der Hand: einfach zwanzig Kilometer leineaufwärts marschieren.

Falls er seine 20-km-Theorie einmal gegooglt hat, kennt er sicher auch die Diskussionen hier in Forum zu diesem Thema...



Henning Haßmann ist Leiter des NLD. Aber ich glaube fast, Du hast nur Carolus veräppelt. ;)

Carolus hat sich unabsichtlich selber veräppelt: ich habe im obigen Post "Aßmann" geschrieben, dabei heißt der Herr vom NLD "Haßmann".:red: Der von El Q. erwähnte Herr Aßkamp ist vom LWL und Leiter des Museums von Haltern.

Die WELT stellt schon die Vermutung an, das Lager könnte zu Varus gehören:

Von daher wirft das Lager bei Wilkenburg die Frage auf, ob es aus den Feldzügen des Tiberius oder eines seiner Vorgänger stammt oder ob nicht Varus bei seinem verhängnisvollen Marsch in das Innere Germaniens – vermutlich an die mittlere Weser – hier mit seinem Heer Rast machte. Diese Hypothese würde unterstützen, sollte bei Wilkenburg eine Münze aus dem Jahre 6 oder 7 gefunden werden. Denn in dieser Zeit waren die römischen Truppen in Ungarn engagiert. Ein Verband von 20.000 Legionären ist zu dieser Zeit in Germanien schwer vorstellbar und würde besser zu der Varus-Expedition passen, für deren Marschweg damit ein wichtiger Puzzlestein gefunden wäre.

Ob es dazu kommt, ist allerdings ungewiss. Die Wissenschaftler wollen auf dem Areal bei Wilkenburg nach weiteren Hinweisen suchen und ein Forschungsprojekt anstoßen. Allerdings läuft derzeit ein Planfeststellungsverfahren für den Kiesabbau auf dem Gelände.

Archäologie: Riesiges Legionslager bei Hannover weist auf Varus - DIE WELT

Informationen aus erster Hand, sprich vom NLD habe ich auf deren Homepage leider vergeblich gesucht.
 
Nun ja, ich habe nicht an Varus sondern an den fast unbekannten bellum immensum gedacht, da jetzt schon von einem Zeitraum eng um Christi Geb. gesprochen wird - in diesem Krieg, jetzt hole ich schnell mal Velleius Paterculus raus, wurden die Cherusker unterworfen und befriedet, da die Leine direkt in ihr Kerngebiet führt, könnte dies zum Tiberiusfeldzug 4./5.n.Chr passen:
"Im Jahre 1 n. Chr. kam es erneut zu Unruhen im inneren Germaniens, die den gallischen Statthalter und Befehlshaber der Truppen am Rhein, M. Vinicius, veranlassten, militärisch einzugreifen. Es kam zu einem immensum bellum, an dem auf germanischer Seite neben den Cheruskern und Brukterern auch die Attuarier, Chauken und Langobarden beteiligt waren.
Erst in den Jahren 4 und 5 n. Chr. gelang mit der Kommandoübernahme des Tiberius die zeitweilige Unterwerfung Germaniens. Der Bericht des Velleius Paterculus zeigt den neuen Schwerpunkt der militärischen Auseinandersetzungen an (2, 108, 1): "In Germanien gab es nicht mehr zu besiegen als das Volk der Markomannen [...]." Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss die Aufmarschlinie mit den Militärlagern an der Lippe befestigt gewesen sein. Mit den Cheruskern hatte Tiberius sich friedlich einigen können, zumal römische Truppen bereits bis an die Weser vorgedrungen waren." (Westfälische Geschichte-Internetportal)
 
Zuletzt bearbeitet:
Momentan kann man alle möglichen Heerzüge mit dem Lager in Verbindung bringen. Sei es Tiberius, Germanicus oder Varus...

Da müssen wir wohl abwarten, ob und was weitere Erforschungen des Lagers und der Umgebung bringen.
 
Da ich mein Studium teilweise als Grabungshelfer finanziert habe, weiß ich, wie viel Zeit archäologische Grabungen in Anspruch nehmen. Eine Woche ist da im Prinzip gar nichts.

Es ist von einigen Sandalennägeln die Rede und von einigen Kupfermünzen die Rede, ohne genauere Spezifikation. Ich weiß, um ehrlich zu sein, nicht, ob es - ähnlich wie bei Fibeln, Sigillaten oder bei Ausrüstungsteilen der römischen Legionäre - bei den Sandalennägeln formensprachliche Unterschiede gibt, welche eine Datierung ermöglichen würden, möchte das aber mal als höchst unwahrscheinlich ausschließen. Bleiben die Münzen.

Eine Einzelmünze ist i.d.R. gut datierbar. Sie gibt aber nur einen terminus post quem (tpq): Sie kann - logischerweise - erst, nachdem sie geprägt wurde, in den Boden gekommen sein. Erst im größeren Verbund wird die Aussagekraft größer. Sprich, wenn es, neben einzelnen Ausreißern nach vorne eine statistische Häufung von Münzen aus einem bestimmten Zeitraum gäbe, die erfahrungsgemäß dem tpq der Schlussmünze nahe käme.

Aber wir wissen weder ob die Münzen schon untersucht noch wann sie geprägt wurden oder ob sie evtl. gegengestempelt sind. Wir wissen nicht, ob es sich um 2 oder um 500 Münzen handelt. Wenn man nicht zufälligerweise auf einen Hort gestoßen ist - bei einem Marschlager eher unwahrscheinlich - dann wird es sich aber eher um eine überschaubare Anzahl von Münzen handeln. Das wiederum raubt ihnen ihre statistische Aussagekraft.

Wir werden sehen, was die Pressemitteilungen heute ergeben, heute soll ja detaillierter berichtet werden.

Die Kritik an einer so schnellen Datierung ist sehr berechtigt. Da haben auch die hessischen Archäologen vor kurzem einen Bock geschossen, als sie ein Lager bei Limburg allzuschnell, vielleicht weil man sich so sehr nach dem ersten Beleg sehnt, in die caesarische Zeit datierten. Im Wiki-Artikel finden sich noch Reste davon.

https://de.wikipedia.org/wiki/Römerlager_Limburg
 
Aus der NP v0m 16.10.

Hemmingen. 30 Hektar, Platz für 20 000 Mann, möglicherweise mehr. In dem römischen Marschlager, das Archäologen zwischen den Hemminger Ortsteilen Wilkenburg und Arnum gefunden haben, könnten für mehrere Tage zwei komplette Legionen kampiert haben – inklusive Hilfstruppen. Das vermutet Salvatore Ortisi, Römerexperte der Uni Osnabrück, die das Gelände in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege untersucht.
Bei der einwöchigen Probegrabung im Oktober konnten die Archäologen eindeutig einen bis zu 1,50 Meter tiefen Graben auf dem Acker bei Hemmingen nachweisen. Dieser ist noch im Querschnitt durch Verfärbungen im Untergrund zu erkennen. Mit seiner V-Form sei dieser „ganz charakteristisch“ für ein römisches Marschlager, erklärte Ortisi gestern bei der Vorstellung der ersten Untersuchungsergebnisse.
Hinter dem Graben wurde mit der ausgehobenen Erde ein Wall aufgeschüttet, in den als weiterer Schutz Holzpalisaden gerammt wurden. Jeden Abend seien solche Gräben um die Marschlager errichtet worden, „um vor Überraschungsangriffen sicher zu sein“, so Ortisi. Und jeden Morgen wurden die Lager wieder abgebaut, damit diese nicht den Germanen in die Hände fallen und von diesen zur Verteidigung genutzt werden konnten. Ortisi schätzt, dass das Lager maximal drei Tage lang genutzt wurde. Doch selbst in diesem kurzen Zeitraum haben die Legionäre Spuren hinterlassen.
Mit Sonden haben die Archäologen bereits römische Sandalennägel, eine Pinzette, Fibeln sowie mehrere Münzen gefunden. Vor allem Letztere sind von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, da sich über diese relativ genau bestimmen lässt, in welchem Zeitraum die Römer das Lager in Hemmingen aufgeschlagen haben. Da eine Münze gefunden wurde, die aus den Jahren 3 bis 7 vor Christus stammen muss, kann das Marschlager nicht aus der Zeit der ersten Germanenkriege unter Kaiser Augustus stammen, die dessen Stiefsohn Drusus in den Jahren 12 bis 9 vor Christus anführte. Denkbar ist deshalb sogar, dass es die Legionen des Feldherrn Varus waren, die in dem Lager vor ihrer vernichtenden Niederlage in der Schlacht bei Kalkriese Station machten.
Aber was haben die Römer eigentlich im damals germanischen Hemmingen gemacht? „Vermutlich war der Kampfverband entlang der Leine unterwegs“, sagt Römerexperte Ortisi. Dass der Fluss von hoher logistischer Bedeutung für den Heerverband war, belegt die Tatsache, dass dieser einen – vermutlich damals noch schiffbaren – Altarm der Leine mit in sein Lager integrierte. „Es ging hier wohl auch darum, den Nachschub für die Armee zu sammeln und zu schützen“, sagt Ortisi.
Weil die Legionen im Schnitt 20 Kilometer am Tag marschierten, bevor sie ihr nächstes Lager aufschlugen, geht er davon aus, dass es in der Region weitere gegeben haben muss. „Die Region Hannover war Ziel- und Operationsgebiet“, erklärte Ortisi, der „auch permanente Anlagen“ vermutet. Das Lager in Hemmingen sei „ein Trittstein“ für weitere Untersuchungen.
Unklar ist allerdings noch, wie es weitergeht. „Erst einmal werden die Gruben wieder verfüllt“, sagte Landesarchäologe Henning Haßmann, der auf die Genehmigung von Forschungsmitteln hofft. Damit könnten 2016 deutlich intensivere archäologische Grabungen beginnen.
Stefan Winghart, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege, macht sich bereits für einen Erhalt der Grabungsfläche stark, auf der Kies abgebaut werden soll. „Der Fund ermöglicht es uns, die Geschichte der Römer in Niedersachsen erheblich deutlicher zu lesen“, sagte er. Die Untersuchung des Geländes werde „einiges an Zeit brauchen“.
Erste Hinweise auf das Lager hatten Luftbildaufnahmen Anfang der 1990er Jahre gebracht, auf denen noch 2000 Jahre danach Spuren der Gräben zu sehen waren. Archäologische Grabungen bestätigten das Lager damals zunächst allerdings nicht. Weitere Luftbilder und deren genauere Analyse erhärteten jedoch den Verdacht und waren Anlass für die jüngsten Grabungen.
 
Guten Morgen,

das was ich bisher an Münzen sehen konnte waren ein 1/2 Nemausus As der Serie I, ein As des Augustus aus dem Jahr 15 v. Chr., ein Denar aus dem Jahr 19 v. Chr. (Colonia Patricia) und ein Republik-Denar der Gens Crepusia 82 v. Chr. - mehr nicht. Interessant ist auch der wenige Kilometer westlich davon entfernte Schatzfund von Gehrden, und die weiter süd-westlich auf der Barenburg in Massen gefundenen Schuhnägel (E. Cosack datiert diese in mittellatène Zeit ??? laut Publikation K. Grote 2012).

Grüße
 

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