Vercingetorix, Caesar und die Frauen vor Alesia

Monika

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Ich weiß nicht so recht hin mit meiner Frage, so habe ich diesen Thread geöffnet.
Es geht mir hierbei um folgendes, was mich stark beschäftigt:

Ich habe mir den 2-Teiler Julius Caesar von Uli Edel angeschaut. Soweit ist mir auch klar, das Edel einiges nach Gutdüngen hinzugefügt hat, z.B. Sullas Tod im Bad.

Caesar verbrachte mit seinen Truppen 8 oder 9 ? Jahre in Gallien. Die Zustände der Schlacht ist mir soweit auch bekannt - nur mit einer Begebenheit kann ich mich nicht so ganz anfreunden:

Vercingetorex, der Fürst der gallisch-keltischen Averner schickte Frauen und Kinder vor den Toren, das sie kaum noch Nahrung zur Verfügung hatten und auf Hoffnung Caesar würde sie aufnehmen. Aber das tat Caesar nicht; denn er selbst und seine Armeen hatten ja auch kaum noch Nahrungsmittel zur Verfügung.
Hat diese Begebenheit, wie Uli Edel sie im Film dargestellt hat, historische Quellen? Ober hat der Regisseur hier auch bei dieser Szene seine Fantasie spielen lassen?:grübel:
Was meint ihr?
Das interessiert mich mal sehr.

LG Monika
 
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Vor nicht allzu langer Zeit war in einer Guido-Kopp-Sendung (auf Phoenix) der Gallienfeldzug thematisiert, dabei auch die Schlacht von Alesia ( heute Alise St. Reine). Auch in diesem Film waren die nicht zur Verteidigung Geeigneten aus dem Verteidigungsring hinausgedrängt worden, da man sie angeblich nicht mehr hätte ernähren können. Solches soll bei Belagerungen - bis in jüngste Zeiten - immer wieder geschehen sein. Meist aber hat man die Herausgetriebenen aber versklavt oder als Sklaven verkauft. Warum auch hätte man sie niedermetzeln sollen, im Zweifel wären sie ohne Nahrung ohnehin zugrunde gegangen. Ob bei Alesia ein Masakker stattfand bzw. ob es Quellen darüber gibt, ist mir allerdings nicht bekannt.
 
danke vielmals ravenik (nebenbei)

nur eine Zwischenfrage: ist Cassius Dio irgendwo auch auf Deutsch zu finden? (der Einfachheit halber)
 
Brutale, antike Kriegführung

Vor nicht allzu langer Zeit war in einer Guido-Kopp-Sendung (auf Phoenix) der Gallienfeldzug thematisiert, dabei auch die Schlacht von Alesia ( heute Alise St. Reine). Auch in diesem Film waren die nicht zur Verteidigung Geeigneten aus dem Verteidigungsring hinausgedrängt worden, da man sie angeblich nicht mehr hätte ernähren können. Solches soll bei Belagerungen - bis in jüngste Zeiten - immer wieder geschehen sein. Meist aber hat man die Herausgetriebenen aber versklavt oder als Sklaven verkauft. Warum auch hätte man sie niedermetzeln sollen, im Zweifel wären sie ohne Nahrung ohnehin zugrunde gegangen. Ob bei Alesia ein Masakker stattfand bzw. ob es Quellen darüber gibt, ist mir allerdings nicht bekannt.


Man hat sie letztlich zwischen den Fronten zugrunde gehen lassen. Das ist als psychologische Kriegführung auch nicht ohne eine brutale, innere Logik: Die gallischen Verteidiger sahen mit eigenen Augen wie ihre Angehörigen umkommen mussten - nur weil sie sich gegen die römischen Eroberer stellten... Eine potentiell sehr demoralisierende Erfahrung, die im Sinne der politisch-militärischen Absichten der Eroberer willkommen war. Noch in modernen Kriegen hat es derartige Überlegungen gegeben.
 
Allerdings waren das nicht wirklich die Angehörigen der Verteidiger, sondern die Zivilisten aus Alesia. Die nicht aus Alesia stammenden gallischen Krieger, die sich in die Stadt geworfen hatten, werden kaum ihre Familien dabei gehabt haben. Ob ihnen das Schicksal der ihnen fremden Zivilbevölkerung, die für sie ohnehin in erster Linie eine Belastung gewesen war, wirklich so nahegegangen ist?
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass das Schicksal der Ausgestoßenen den Kampfwillen der Verteidiger eher gestärkt haben könnte, weil es ihnen vor Augen führte, dass auch sie im Fall einer Desertation oder Kapitulation nicht unbedingt eine humane Behandlung zu erwarten hatten.
 
Man hat sie letztlich zwischen den Fronten zugrunde gehen lassen. Das ist als psychologische Kriegführung auch nicht ohne eine brutale, innere Logik: Die gallischen Verteidiger sahen mit eigenen Augen wie ihre Angehörigen umkommen mussten - nur weil sie sich gegen die römischen Eroberer stellten... Eine potentiell sehr demoralisierende Erfahrung, die im Sinne der politisch-militärischen Absichten der Eroberer willkommen war. Noch in modernen Kriegen hat es derartige Überlegungen gegeben.

Ja, z. B. war St. Petersburg (Leningrad) im II. WK von Hitlers Armeen umschlossen worden mit der Absicht die Stadt aushungern zu lassen.
Aber das weicht jetzt vom Thema ab..
 
Man hat sie letztlich zwischen den Fronten zugrunde gehen lassen. Das ist als psychologische Kriegführung auch nicht ohne eine brutale, innere Logik: Die gallischen Verteidiger sahen mit eigenen Augen wie ihre Angehörigen umkommen mussten - nur weil sie sich gegen die römischen Eroberer stellten... Eine potentiell sehr demoralisierende Erfahrung, die im Sinne der politisch-militärischen Absichten der Eroberer willkommen war. Noch in modernen Kriegen hat es derartige Überlegungen gegeben.


Das passt zu einer ähnlichen Geschichte, die sich zur Zeit des Probus in Pisidien ereignete. Dort war es allerdings so, dass sich ein isaurischer Lokaldynast namens Lydios in Cremna verschanzte. Lydios nahm die Einwohnerschaft von Cremna sozusagen als Geisel, ließ aber nur an die Proviant ausgeben, die ihm nützlich oder seiner Gefolgschaft gefügig waren. Lydios wurde von den Römern in Cremna belagert und fiel einem Schuss aus einem Torsionsgeschoss zum Opfer, als er eine Befestigung besichtigte. Die ganze Episode überlieferte nur der byzantinische Historiograph Zosimos, Ausgrabungen in Cremna bestätigten aber eine Belagerung in den 280er Jahren.
 
Was mich interessieren wuerde... wieviele menschen waren es, die caedar vor seinem belagerungsring verhungern liess? Gibt es schluessige schaetzungen zur einwohnerzahl alesias? Falls ja, wieviele der einwohner waeren von vercingetorix als nichtcombattanten d.h. uerberfluessige esser. Rausgeworfen worden?
 
Seit dem 19. Jhdt. unter Napoleon III. ist ja Alesia in Teilen archäologisch untersucht, eine Annäherung an diese Frage müsste also theoretisch möglich sein: Größe der besiedelten Fläche in der Stadt, durchschnittliche Hausgröße, Menge der zu unterstellenden (hier wird's problematisch) Schlafplätze bei Hausgröße.
Es ist schwer vorstellbar, dass Kämpfer es zugelassen hätten, dass Vercingetroix ihre Frauen und Kinder aus der Stadt schmiss.
 
Bibracte soll ja nach manchen schaetzungen bis zu 10.00 menschen beherbergt haben.ist die frage wie realistisch dirse schaetzung ist und ob alesia vergleichbar war.mab muesste auch due damalige fanilienzusammensetzung ueberlegen d.h. wie vieke generationen, lebenserwartung, verhaeltnis maennlich zu weiblich und wer als kriegtauflich gekten jonnte ...
 
In Bibracte forscht die Uni Leipzig. Unzählige Leipziger Archäologen haben ihre Magisterarbeiten und inzwischen wohl auch Bachelor- und Masterarbeiten über Bibracte geschrieben.
 
Ganz kurz angemerkt:
Nicht nur in Alesia lassen sich Massaker an Zivilbevölkerung ohne Beigaben archäologisch nur schwer nachweisen.
Und von römischen Autoren würde ich - wie immer - nicht erwarten, dass sie ein solches Massaker besonders detailliert geschildert hätten.

Das "Hinaussenden" von Alten, Schwachen und Kindern könnte sehr gut auch ein Topos für den kommenden Untergang darstellen und damit die Voraussicht des gegnerischen Feldherren loben. Will sagen: Wenn es sich um einen Topos handelt, der (s.o.) öfter bei Belagerungen aufzutauchen scheint, dann muss es nicht unbedingt so passiert sein. Das meint ja "Topos" schliesslich und endlich.

@monika Literaturtip: "Caesar und Vercingetorix" mit guten Abbildungen und Plänen aus der alten Zeit.

Als archäologische Beweise wären Mengen von Knochen oder Ascheberge nötig.
Wenn wirklich zahlreiche Menschen zwischen den römischen Belagerungsringen den Tod gefunden haben müssten.
Womit wir wieder zu den Forschungsansätzen von Napoleon III. zurück gekommen wären.

Und überhaupt - wo liegt eigentlich dieses "Alesia"? Ich kenne kein Alesia ;)
 
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Das "Hinaussenden" von Alten, Schwachen und Kindern könnte sehr gut auch ein Topos für den kommenden Untergang darstellen und damit die Voraussicht des gegnerischen Feldherren loben. Will sagen: Wenn es sich um einen Topos handelt, der (s.o.) öfter bei Belagerungen aufzutauchen scheint, dann muss es nicht unbedingt so passiert sein. Das meint ja "Topos" schliesslich und endlich.
Allerdings erschienen Caesars Commentarii recht zeitnah - also zu einer Zeit, als die meisten Teilnehmer der Belagerung von Alesia noch lebten. Die einfachen Soldaten stammten zwar wohl zu einem Gutteil aus Gallia Cisalpina oder Norditalien, aber die Führungskräfte wie die Militärtribunen entstammten zumindest teilweise der römischen Oberschicht oder waren zumindest aus Rom oder seiner Umgebung. Zusätzlich waren Feldherrn auch noch von einem Schwarm junger Männer aus gutem Haus umgeben, die im Umfeld eines einflussreichen Mannes ihre eigene Karriere starten wollten.
Caesar musste also wohl davon ausgehen, dass seine Commentarii auch von Augenzeugen der darin geschilderten Ereignisse gelesen wurden, die dann imstande waren, in Rom Ungereimtheiten auszuplaudern. Hätte Caesar in seinem Werk also ein fiktives Ereignis geschildert, hätte er damit rechnen müssen, dass das auffliegt und seine Glaubwürdigkeit dahin ist.
Daher gehe ich schon davon aus, dass die Vertreibung der mandubischen Zivilisten aus der Stadt tatsächlich stattfand.

Im Übrigen ist es doch wohl nicht so abwegig, dass eine belagerte Armee auf die Idee kommt, Personen, in denen sie keinen Nutzen für sich sieht, die aber natürlich auch Lebensmittel verbrauchen, aus der Stadt zu vertreiben.
 
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Im Übrigen ist es doch wohl nicht so abwegig, dass eine belagerte Armee auf die Idee kommt, Personen, in denen sie keinen Nutzen für sich sieht, die aber natürlich auch Lebensmittel verbrauchen, aus der Stadt zu vertreiben.
Auch ich würde die Beweggründe lieber einfacher sehen, nämlich - wie die Mutter von Hänsel & Gretel - "wenn sie hierbleiben, verhungern alle, wenn sie gehen, schlagen sie sich vielleicht irgendwie durch und wir können vielleicht die Stadt retten" - im Falle von H&G ist die Rechnung ja aufgegangen (zumindest für die Kinder - die Mutter selbst ist verhungert).
 
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