Sepiola
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Nun ist es aber auch nicht so, dass in der Nachwelt das Gedankengebäude des zweifellos genialen Dumézil als unantastbares Evangelium verehrt wird. Ich bin ja in der Materie nicht wirklich drin und kann nur ein paar bescheidene Brocken von Google & Wiki servieren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Indogermanische_Religion#KritikDas System weist aber viele Schwächen auf, so werden die Griechen ausgeklammert (zu starke semitische / kleinasiatische Einflüsse) und auch die urtümliche Religion der Balten passt nicht so recht in das Schema.[1] Des Weiteren wenden Kritiker, wie beispielsweise die Indologen und Indogermanisten wie Paul Thieme[2] und Bernfried Schlerath[3] gegen Dumézil ein, dass insbesondere die ältesten indogermanische Quellen die der indologischen und iranologischen Philologien gänzlich in dem Sinne ausfallen, dass die Dreiteilung diesen nicht zu entnehmen ist und speziell das indische Kastensystem erst späterer Natur ist. Mit ihnen und anderen weisen sie Dumézil einen oberflächlichen und eklektischen Umgang mit den Quellen nach und im Einzelnen unhaltbare sprachwissenschaftliche Interpretationen vor.[4] Ein weiterer Kritikpunkt ist der, dass bisher ein Nachweis aus dem archäologischen Material fehlt. Die dritte Funktion ist zu wenig differenziert und die Nasatya, Quirinius und Freyr haben gar nichts gemeinsam und wirken in der Zusammenstellung spontan bis willkürlich.
Politische Mythen... wollte Dumézil daran festhalten, dass die dreifunktionale Gesellschaftsgliederung und die aus ihr abstrahierte Ideologie auf die indoeuropäischen Völker beschränkt sind. Dise Auffassung lässt sich, wie ich meine, nicht halten. Auch manche Überlieferungen der semitischen Kultur lassen eine dreifunktionale Deutung zu.
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Man wird wohl überhaupt darauf verzichten müssen, die von Dumézil hervorgehobene Struktur als Besonderheit eines bestimmten Kulturkreises zu verstehen.
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Ist einmal die Beschränkung auf den indoeuropäischen Bereich aufgegeben, bietet sich dem Forscher ein unübersehbares Material für eine durch Dumézil inspirierte Forschung.
Das lese ich jetzt zum ersten Mal.Die Griechen, die ja einen gewissen Einfluss auf das gesamte Abendland gehabt haben dürften, wollen schon nicht richtig ins Raster passen.
Dann kanntest Du den zitierten Wiki-Artikel noch nicht?
Das System weist aber viele Schwächen auf, so werden die Griechen ausgeklammert (zu starke semitische / kleinasiatische Einflüsse)
Daniel Wrana, Ästhetik in Ordnungen der MachtDie Spezifik der Entwicklung in Griechenland
Die Entwicklung in Griechenland und seine Zugehörigkeit zur indoeuropäischen Formation ist komplex, ohne Zweifel sind die Griechen ein indoeuropäisches Volk, ihre Sprache gehört zusammen mit dem Sanskrit zu den Grundlagen der indoeuropäischen sprachwissenschaftlichen Forschungen.25 Die dreifunktionale Ideologie im Denken der Griechen wurde allerdings vor allem durch drei Entwicklungen gebrochen, wenn auch nicht ausgelöscht: die orientalischen Einflüssen v.a. der minoischen auf die mykenische Kultur, das Fehlen einer geistig dominierenden Priesterklasse mindestens seit dem dunklen Zeitalter und schließlich die Entwicklung von Polis-Demokratien. Konsequenz und Voraussetzung der Demokratie war die Teilnahme von allen Bürgern an politischen ebenso wie an kriegerischen Auseinandersetzungen unabhängig von einer gesellschaftlichen Gruppenzugehörigkeit bzw. einer funktionalen Spezifizierung, also ihr Anspruch auf Gleichheit.26 Allerdings sind zahlreiche Reste der Dreifunktionalität in Mythen, in archeologischen Artefakten, Inschriften und in der Literatur erkennbar.27
Ich glaube, man kann in jeder Zivilisation eine passende Dreiteilung finden, wenn man nur sucht:Dreiteilung ist vorhanden
sangong ?? (www.chinaknowledge.de)The Sangong 三公 "Three Dukes" were nominally the three highest positions in the central government (except, of course, the emperor). Although the term sangong is known in Zhou period 周 (11th cent.-221 BCE) sources, it is far from clear, which offices were concretely meant with this designation. Han period 漢 (206 BCE-220 CE) scholars of the restaurative new text school interpreted the sangong as the ministers of war (sima 司馬), of education (situ 司徒) and of works (sikong 司空)
Die drei höchsten Würdenträger - Minister für Krieg, Minister für Erziehung, Minister für Arbeiten - das klingt doch sehr verdächtig nach dem drei-Funktionen-Schema... Waren die alten Chinesen vielleicht auch Indo-Europäer?