Irrte Alföldy? Das Aquädukt von Segovia & sein Erbauungsdatum

El Quijote

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Geza Alföldy, Großmeister der Epigraphik ermittelte anhand von Inschriften das Jahr 98 als Einweihungsdatum für das Aquädukt von Segovia. Bei der Auswertung von Sigillaten und einer Münze Traians, die zw. 112 und 116 geprägt wurde und die wohl bereits 1998 bei Grabungen um eine der Pfeiler des Aquäduktes gefunden wurden, hat jetzt die Stadt Segovia offiziell das Baudatum mit dem terminus post quem 112 belegt.
 
Hallo ELQ,

wie tief lag denn die Münze (am Fundament oder höher - Stichpunkt Stratigraphie), und um welche RIC Nummer handelt es sich?

Der RIC selbst ist teilweise kein guter Gewährsmann mehr. Das bestätigt sich vor allem für die frühe Kaiserzeit. Das hatten wir aber schon in einem anderen Treat.

Mehr Input, so ist das ganze sinnlos.

Grüße
 
Die Münze fand sich zusammen mit den Sigillatenscherben in der Füllung eines der Aushubgräben. Eine genaue Zuordnung wird nicht gegeben, einziger Datierungshinweis: Sechstes Konsulat Traians.

Die Frage ist halt, ob die Füllung der Aushubgräben tatsächlich ausschlaggebend ist. Natürlich ist im Regelfall davon auszugehen, aber was weiß ich, was für Reparaturarbeiten in den ersten Jahren vorgenommen wurden.

El hallazgo de un sestercio cambia la edad del acueducto de Segovia | Cultura | EL PAÍS
 
or in english:
Age of Segovia aqueduct revised after discovery of ancient coin, El País, Nov 1, 2016.


Die rekonstruierte Inschrift beinhaltet »RESTITVERVNT«, wonach es sich um eine Wiederinstandsetzung handelte. Alföldy lieferte zwei Vermutungen dazu:
1. Kurz vor 96 AD war der Aquädukt fertiggestellt, wonach ein Teil zusammenbrach. Trajan ließ ihn wiederherstellen und beschriften.
2. bis 96 war der Aquädukt fertiggestellt, aber zur Zeit der Ermordung Domitians noch nicht beschriftet. Anlässlich kleinerer Restaurierungsarbeiten (Austausch oder Erneuerung von Bleirohren) ordnete Trajan die Beschriftung an.

Die neuesten Funde scheinen zwar für eine nachträgliche Beschriftung der wiederaufgebauten Bögen zu sprechen, müssen aber Alföldys Annahmen nicht unbedingt ausschließen. Es wäre womöglich wenig ruhmreich gewesen zu schreiben, die Wasserleitung sei 98 unter Trajan zwar wiederhergestellt worden und musste dann noch unter Trajan erneut wieder aufgebaut werden. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich eine falsche Auslegung der Dübellöcher…

Alföldy hat sich zumindest bei der Aussage verschätzt, »Wenn die Bögen – wie dies kaum anders geschehen konnte – in der alten Form und aus dem gleichen Steinmaterial wieder aufgerichtet wurden, so kann der Wiederaufbau kaum erkennbare Spuren zurückgelassen haben.«(G. Alföldy, »Die Inschrift des Aquäduktes von Segovia : Ein Vorbericht«, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 94 (1992), S. 231–248 (digitalisiert: PDF, Uni Köln).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hm... in der englischen Variante des Artikels steht, bedingt durch einen Tippfehler, eine andere Information als in der spanischen:
El estudio se fundamenta en el análisis de los materiales arqueológicos procedentes de la excavación efectuada en 1998 por el arqueólogo Germán Prieto Vázquez. Exactamente, en los tres pilares de la obra romana en la Plaza del Azoguejo de Segovia, donde se erige el monumento en su máximo esplendor, con su doble piso de arcadas o arcuaciones y sus 29 metros de altura.​
The study is based on the analysis of archeological materials removed from an excavation carried out in 1988, at the location of the three pillars from the Roman construction located in the Plaza del Azoguejo – just where the aqueduct measures 29 meters high and for many its point of greatest splendor.
Ich gehe davon aus, dass, da die Originalsprache des Artikels ja die Spanische ist, der Tippfehler in der Übersetzung liegt.
 
Gibt es denn eigentlich weitere Quellen zu dem neueren Datierungsansatz.

EL PAIS schreibt etwas von einem Treffen "Römerstädte im Duero-Tal":

Los nuevos datos sobre uno de los acueductos más famosos y mejor conservados se han hecho públicos en el reciente encuentro Ciudades Romanas del valle del Duero, celebrado en Segovia en el mes de octubre. El trabajo de investigación fue presentado por el director del Museo de Segovia, Santiago Martínez Caballero; el profesor de la UNED Víctor Manuel Cabañero Martín, junto con el arqueólogo del Servicio de Cultura de la Delegación Territorial de la Junta de Castilla y León, Luciano Municio, y los arqueólogos segovianos Clara Martín García y José Miguel Labrador Vielva.

Ich vermute, dass die beteiligten Institutionen/Historiker/Archäologen doch auch etwas eigenes herausgeben, wo es ein wenig mehr an Informationen gibt.

Auch die Suche nach dem Archäologen Germán Prieto Vázquez ist nicht sehr fruchtbar. Facebook nennt zwar einen, aber der sitzt in Mexiko. Aber eine Seite mit einer Institution, für die tätig ist und einem Verzeichnis seiner Arbeiten, habe ich auf die Schnelle nicht finden können.



Hm... in der englischen Variante des Artikels steht, bedingt durch einen Tippfehler, eine andere Information als in der spanischen:
El estudio se fundamenta en el análisis de los materiales arqueológicos procedentes de la excavación efectuada en 1998 por el arqueólogo Germán Prieto Vázquez. Exactamente, en los tres pilares de la obra romana en la Plaza del Azoguejo de Segovia, donde se erige el monumento en su máximo esplendor, con su doble piso de arcadas o arcuaciones y sus 29 metros de altura.​
The study is based on the analysis of archeological materials removed from an excavation carried out in 1988, at the location of the three pillars from the Roman construction located in the Plaza del Azoguejo – just where the aqueduct measures 29 meters high and for many its point of greatest splendor.
Ich gehe davon aus, dass, da die Originalsprache des Artikels ja die Spanische ist, der Tippfehler in der Übersetzung liegt.



Hier steht ein wenig zu den Ausgrabungen, die 1998 stattgefunden haben:


http://www.franciscojurado.es/ARTICULOS/2001 art OP.PDF

S. 17 unter 16°) - (Merkwürdigerweise kann ich mit Copy-Paste den Text nicht kopieren und hier einstellen.)

Leider ist kein Verweis auf eine Publikation der Ausgrabungsergegnisse dabei (falls sie überhaupt publiziert worden sind).
 
In Spanien hat jetzt im Übrigen ein Ökonom, der für einen spanischen Fernsehsender arbeitet, eine Petition gestartet, das Aquädukt von Segovia abzureißen. Warum? Es sei ein Symbol römischer Oppression und einer Demokratie nicht würdig es stehen zu lassen. Dass es bis ins frühe 20. Jhdt. Wasser führte (natürlich auch nach Reparaturen im 15. oder 16. Jhdt.) und somit die Wasserversorgung der Stadt vor der modernen Anbindung eines jeden Privathaushaltes an das Versorgungsnetz gewährleistete, wird unterschlagen. Satire?? Offenbar nicht. Jedenfalls ist Jesús Arroyo, der die Petition gestartet hat nicht für Satire bekannt. Dementsprechend auch die Reaktionen:

Todos romanos
Una descabellada propuesta pide la demolición del Acueducto de Segovia
Indignación con la propuesta que pide demoler el Acueducto
Piden demoler el Acueducto de Segovia

Lediglich in der Internetzeitung La Gaceta hält man das für die Überspitzung der Debatte um den Abriss (von Teilen) der "Gedenkstätte" El Valle des los Caídos (Tal der Gefallenen):
El épico troleo a la Memoria Histórica a cuenta del acueducto de Segovia

Im Valle de Caídos, nahe dem Escorial, also des Palastes von Felipe II., hatte Franco sich von Zwangsarbeitern sein Mausoleum errichten lassen.
 
Wenn nicht als Satire gemeint, werden Hersteller von Abrissbirnen händereibend auf einen Erfolg dieser Petition hoffen, denn in der Folge müsste konsequenterweise wohl etliches dem spanischen Erdboden gleich gemacht werden damit die Demokratie “in Würde“ fortbestehen kann.

Sollten beispielsweise Pinselstriche identifiziert werden die auf eine pyrenäen-jenseitige Künstlerschule von Steppenbison-Potraitisten verweisen, dann müssten sowohl Original wie auch die Kopie in Altamira aufgrund oppressiver Symbolik verfüllt oder gesprengt werden. Ob der Schutt des Aquädukts dafür reicht? Wahrscheinlich nicht, denn in Madrid und München stehen weitere Kopien... aber glücklicherweise gibt es ja noch so was wie die Alhambra!

Vielleicht ist dieser Ökonom ja ganz dick im Postkarten-Geschäft... halb Spanien müsste neu abgelichtet werden...
 
Ich bin mittlerweile doch zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um Satire handelt, bin aber nicht sicher, ob das auch alle Unterstützer der Petition verstanden haben. Der Urheber bleibt seiner Rolle jedenfalls treu und mimt seine Rolle irritierend überzeugend.
 
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