Karl V.: In meinem Reich geht die Sonne nicht unter

Hans forscht

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Ich frage mich, wie Karl V (Hl. Römisches Reich) sagen konnte, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter.

Zum einen müßte dies doch voraussetzen, daß die Erde eine Kugel sei. Dies hat die Römische Kirche bis über die Mitte der Amtszeit von Karol Woityla dogmatisch bestritten. Soweit mir bekannt, war dieser Kaiser sehr gläubig der katholischen Kirche ergeben.

Zum anderen hätte man dazu doch Abstände in Ost-West-Richtung über den Atlantik messen müssen. Dies entweder als Kreisabschnitt/Winkel oder in Kenntnis des etwaigen Erdumfangs. Längengrade und somit Positionen in Ost-West-Richtung konnten nach meiner Kenntnis erst die Engländer wesentlich später mit Hilfe eines unter harten maritimen Bedingungen immer noch sehr genauen Chronometers messen.
 
Nun, Karl V. war fromm, aber kein Idiot. Spätestens seit Magellan, den er ja selber losgeschickt hatte, war die Kugelgestalt der Erde allgemein bekannt. Zweitens ist es Blech zu behaupten, die Erde habe die Kugelgestalt der Erde bestritten. Wird zwar gerne kolportiert, war aber nie der Fall. Das was Du da im Zusammenhang mit Johannes Paul II. erwähnst war die Rehabilitierung von Galilei, und der hatte mit dem heliozentrischen Weltbild zu tun, aber nicht mit der Form der Erde. Drittens hatte Karl V. Besitzungen in Europa, Südamerika, Ostasien und im indischen Ozean. Von daher war seine Ausage (bzw. die Aussage über ihn) vollauf zutreffend...
 
Ich frage mich, wie Karl V (Hl. Römisches Reich) sagen konnte, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter.

Zum einen müßte dies doch voraussetzen, daß die Erde eine Kugel sei. Dies hat die Römische Kirche bis über die Mitte der Amtszeit von Karol Woityla dogmatisch bestritten.

Das ist sachlich falsch. Es war unter den Gelehrten nie umstritten, dass die Erde eine Kugel war, nicht einmal vor der Entdeckung Amerikas. Dass die Kirche an diesem Unwissen festgehalten habe, ist genau so ein Unsinn, die Gelehrten kamen bis ins Spätmittelalter (auch danach noch, aber nicht ausschließlich) aus der Kirche. Selbst das Heliozentrische Weltbild hatte das Mittelalter schon, allerdings konkurrierte es mit dem geozentrischen Weltbild, welches vielen Menschen im MA wahrscheinlicher erschien.


Zum anderen hätte man dazu doch Abstände in Ost-West-Richtung über den Atlantik messen müssen. Dies entweder als Kreisabschnitt/Winkel oder in Kenntnis des etwaigen Erdumfangs. Längengrade und somit Positionen in Ost-West-Richtung konnten nach meiner Kenntnis erst die Engländer wesentlich später mit Hilfe eines unter harten maritimen Bedingungen immer noch sehr genauen Chronometers messen.

Das verstehe ich nicht. Wie genau hängt das Probem der Messung mit Karls "In meinem Reich geht die Sonne nicht unter" zusammen?
Was das Reich (bzw. korrketer die Reiche) Karls angeht, so musst Du bedenken, dass es im Osten faktisch von Italien und Österreich-Ungarn bis zum Pazifik im Westen Ländereien besaß. In Anspruch genommene Reiche Karls waren auch das Herzogtum Athen (faktisch in Hand der Türken) und das Königreich Jersualem (ebenfalls in Hand der Türken)

Nun, Karl V. war fromm, aber kein Idiot.

Nun... Darüber kann man geteilter Meinung sein. Karls Politik im Reich war nicht immer sehr geschickt und manche Schnappsidee hatte er auch (etwa die iberisch-deutsche Thronfolge: Auf Karl sollte als Kaiser sein Bruder Ferdinand folgen, dann, auf Ferdinand, Karls Sohn Philipp, auf diesen wiederum Ferdinands Sohn Maximilian...).

Drittens hatte Karl V. Besitzungen [...] im indischen Ozean.

Öhm... Welche wären das gewesen?

...hatte Karl V. Besitzungen [...] in Ostasien...

Hier meinst Du sicher die Philippinen. Die wurden aber erst unter seinem Sohn Philipp II. von Mexiko aus erobert.
 
In meinem Reich geht die Sonne nicht unter

Wie konnte es eigentlich Karl V. überein kriegen, auf der einen Seite treuestens dem katholischen Dogma zu folgen und andererseits zu postulieren, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter? - setzt letzteres doch voraus, die Kugelform der Erde anzuerkennen, die erst Karol Woitelarund 500 Jahre später nach 13jähriger Prüfung und zahlreichen Flugreisen zugab.

Selbst unterstellt, der Kaiser hätte die Kugelgestalt angenommen. Wie konnte er damals die Entfernung von Europa nach Amerika einschätzen, und zwar bezogen auf den Erdumfang?
 
Dir unterlaufen da ein paar Irrtümer:

Dass man im Mittelalter glaubte, dass die Erde eine Scheibe sei, und dass die Kirche die Kugelgestalt quasi als Ketzerei abtat, ist ein Wissenschaftsmythos des 19. Jhdts., als man die Rückständigkeit des Mittelalters und der Kirche demonstrieren wollte. In Wahrheit war die Kugelgstalt sehr wohl bekannt. Der Reichsapfel, der die Erde symbolisieren sollte, ist z. B. nicht zufällig rund.
Ein weiterer Beweis dafür, dass auch die Kirche sehr wohl wusste und zugab, dass die Erde eine Kugel ist, ist der Vertrag von Tordesillas, in dem 1494 die Erde unter Vermittlung des Papstes zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt wurde und der von der Kugelgestalt ausging.
Außerdem erfolgte unter der Herrschaft Karls V. die Weltumsegelung durch Magellan, durch die die Kugelgestalt endgültig bewiesen wurde.

Ob Karl V. diesen Ausspruch wirklich tätigte, ist übrigens auch unsicher.

Und wieso sollte er die Entfernung zu Amerika einschätzen müssen? Amerika war damals doch schon längst entdeckt und die Entfernung somit bekannt.
 
Zuerst mal sorry für zwei ähnliche Postings. Die standen wohl ursprünglich in unterschiedlichem Zusammenhang und ich fand das Thema einen eigenen Thread wert.

Daß die Kugelgestalt der Erde schon zu Karls Zeiten bekannt und nicht ketzerisch gewesen sein soll, ist mir völlig neu. Ich nehme das zunächst mal so als Belehrung hin, da ich vermute, daß Ihr darüber mehr wißt.

Was die Frage des Ost-West-Entfernung betrifft - was damit schon wieder nebensächlich wird aber nach Beantwortung der ursprünglichen Frage eine interessante weitere Diskussion werden könnte - kommt es bei "geht die Sonne nicht unter" darauf an, einen hinreichend großen Teil des Erdumfangs einbeziehen zu können. Weshalb um das Jahr 1500 der bloße Umstand, schon mal in Amerika gewesen zu sein, Aufschluß über die Ost-West-Entfernung geben sollte, ist mir nicht deutlich. Man hat damals kein Atlantikkabel verlegt und war dem Wetter sehr ausgeliefert. Wie wollte man nach einer längeren Schiffsreise die zurückgelegte Entfernung ermitteln? Wie schon erwähnt, haben die Engländer sich sehr darum bemüht, Längengrade messbar zu machen. Nach verschiedentlichen Versuchen hat sich als einzig taugliches Mittel der Sonnenstand im Verhältnis zur Uhrzeit erwiesen, wobei es eine global gleiche Uhrzeit sein mußte. Die Sonne steht ja nun an sich überall auf der Welt um 12 Uhr ganz oben. Das ist die Definition von 12 Uhr mittags gewesen, bis man sich auf gleiche Uhrzeiten für ganze Länder und Länderzusammenschlüsse geeinigt hat.
 
Daß die Kugelgestalt der Erde schon zu Karls Zeiten bekannt und nicht ketzerisch gewesen sein soll, ist mir völlig neu. Ich nehme das zunächst mal so als Belehrung hin, da ich vermute, daß Ihr darüber mehr wißt.

"Schon" i.S.v. "bereits" ist gut; die Kugelgestalt der Erde wurde zu Karls Zeiten in Europa seit etwa 1000 Jahren nicht mehr ernsthaft angezweifelt - der letzte diesbezügliche Zweifler war Kosmas Indikopleustes; er lebte um die Mitte des 6. Jh. (und sein Werk hatte unter mittelalterlichen Gelehrten ungefähr die Anerkennung wie heutzutage Erich von Däniken bei der seriösen Wissenschaft).
Hier der entsprechende Thread dazu: http://www.geschichtsforum.de/f4/ist-die-erde-eine-scheibe-343/
 
"Ein Reich, in dem die Sonne nie untergeht"

Hallo,

wer hat die Redewendung "Ein Reich, in dem die Sonne nie untergeht" geprägt? Der Ausspruch wird ja insbesondere für das 16. Jahrhundert benutzt, um die herausragende, "globusumspannende" Größe des "spanischen" Weltreiches unter den Habsburgern Karl I./V. und Philipp II. zu verdeutlichen. Allerdings bin ich mir sehr sicher, dass der Ausdruck nicht von diesen beiden Monarchen stammt.

Ist die Redewendung überhaupt zeitgenössisch (sprich aus dem 16. Jahrhundert) oder späteren Ursprungs und wer hat sie erstmals geprägt?


Vielen Dank für weitere Infos.
 
Wahrscheinlich hat den Spruch Friedrich Schiller für seinen Don Carlos erfunden.
 
Daraus stammt das Zitat:

König: Ich heiße
Der reichste Mann in der getauften Welt;
Die Sonne geht in meinem Staat nicht unter -
Doch alles Das besaß ein Andrer schon,
Wird nach mir mancher Andre noch besitzen.
Das ist mein eigen. Was der König hat,
Gehört dem Glück. - Elisabeth dem Philipp.
Hier ist die Stelle, wo ich sterblich bin.


Projekt Gutenberg-DE - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Kultur

Die Sonne geht in meinem Reich nicht unter
heißt es 1785 in Schillers Zeitschrift "Rheinische Thalia", belehrt mich der Büchmann und fügt hinzu, bereits 1660 habe Balthasar Schupp in seiner "Abgenötigten Ehrenrettung":
"Der König in Spanien ist ein großer Potentat; er hat einen Fu? stehen im Orient, den anderen im Okzident, und die Sonne geht nimmer unter, daß sie nicht in etlichen seiner Länder scheine."

Interessant ist auch der Hinweis auf Herodot (VII, 8).
 
Es gibt eine Reihe spanischer Internetseiten, auf denen Carlos I (Karl V.) als Urheber des Sprichwortes genannt wird:

"En mis dominios nunca se oculta el sol" (auch: "... nunca se pone ...) heißt es im Original.

Im spanischen Wikiquote wird dazu angemerkt: "En relación a su gran Imperio. Mientras España dormia, en América el Sol brillaba."
(Bezogen auf sein großes Reich. Während Spanien schlief, schien in Amerika die Sonne).

Eine genaue Zuordnung, also wann und bei welcher Gelegenheit Karl V. das gesagt hat (oder gesagt haben soll), konnte leider keiner geben. Daher wäre es interessant zu wissen, ob diese Aussage von zeitgenössischen Zeugen bestätigt werden kann und ob Schiller dieses Zitat nur übernommen hat.
 
Interessant wäre, ob dieser Ausspruch überhaupt zutrifft. Im Fernsehen wurde einmal gesagt, dies sei unzutreffend; es habe also eine Uhrzeit gegeben, zu der es in Karls ganzem Reich dunkel war. Stimmt das?
 
Interessant wäre, ob dieser Ausspruch überhaupt zutrifft. Im Fernsehen wurde einmal gesagt, dies sei unzutreffend; es habe also eine Uhrzeit gegeben, zu der es in Karls ganzem Reich dunkel war. Stimmt das?

Da unter seiner Herrschaft auch spanische besitzungen auf den Phillipinen errichtet wurden, könnte es grob schon zutreffen.

Ich denke jedoch, der Spruch wurde erst unter seinem Sohn Philipp II. geprägt, dessen überseeischen Besitzungen noch ein stück größer waren (zum Teil durch die Übernahme Portugals) und mit den Mariannen und Carolinen-Inseln die Lücke im Pazifik füllten.
 

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Wenn ich die Distanz von Australien nach Peru zugrunde lege, welche etwa 15000 km beträgt sollte etwa 11 Stunden Zeitunterschied sein, zwischen Peru und Australien sein. Also stimmt der Ausspruch nicht. Nur war zu diesem Zeitpunkt die Navigation nicht genau genug um eine Ortsbestimmung richtig zu machen. Das wurde erst möglich mit genauen Chornographen. Beispiel die Harrison-Chrongraphen welche in der Mitte des 18. Jhrhdt. entwickelt wurden.

Apvar
 
Die Spanier waren aber auch in Kalifornien. Von dort bis zu den Carolinen sind es gerade 6 Zeitzonen.

Ich denke jedoch, der Spruch ist eher symbolisch gemeint, da dieses Reich praktisch erdumfassend war. Die Inselstützpunkte und die Philippinen sind ja von Amerika aus kolonisiert worden und lagen praktisch am anderen Ende der Welt.
 
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hallo leute,


was meint Kaiser Franz genau damit, kann mir das jmd erklären?


wenn möglich etwas ausführlicher



danke schon mal
 
Kaiser Franz? Der Spruch wird eigentlich Karl V. zugeschrieben und würde noch besser auf dessen Sohn Phillip II. passen. Überprüfe noch mal den Kaisernamen und schau dir dann das Herrschaftsgebiet an. Dann weißt du, was gemeint ist.
 
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