L Domitius Ahenobarbus' Zug über die Elbe - noch von der Donau o. bereits vom Rhein?

Das Thema ist ja eigentlich nicht der Weg "irgendwelcher Römer" zur Elbe, sondern der Zug des L. Domitius Ahenobarbus.

Wenn wir uns an die Aussagen der römischen Quellen halten, kommen zwei Feldzüge "irgendwelcher Römer" an die mittlere Elbe in Frage:

1. Drusus 9 v. Chr.

Drusus überquerte erst die Weser, machte an der Elbe wieder kehrt und starb auf dem Rückmarsch irgendwo zwischen Saale und Rhein.

2. Tiberius und C. Sentius Saturninus 5 n. Chr.

Damals trafen sich Landheer und Versorgungsflotte. Der Treffpunkt muss damals für die Römer schiffbar gewesen sein. Ohne Kenntnisse über den Flussverlauf und die Pegelstände des Jahres 5 n. Chr. ist diese Information leider nur wenig wert, daran ändern auch neuzeitliche Sagen- und Geschichtenbücher und lokalpatriotische Spekulationen nichts.

Über die Rolle des Sentius Saturninus ist wenig zu erfahren, Dio fasst die Ereignisse sehr knapp zusammen:
Tiberius "drang zuerst bis zum Flusse Weser und später sogar bis zur Elbe vor, indes kam es damals zu keinem bemerkenswerten Ergebnis, obgleich nicht nur Augustus, sondern auch Tiberius wegen ihrer Taten den Titel Imperator empfingen und Gaius Sentius, der Statthalter von Germanien, mit triumphalen Abzeichen ausgestattet wurde" (Dio 55, 28)
Bei Velleius erfahren wir, dass Tiberius und Sentius sowohl 4 wie auch 6 n. Chr. eigenständig agierten, daher besteht die Möglichkeit, dass auch beim Vormarsch zur Elbe getrennte Marschrouten beschritten wurden.
Das wissen wir doch auch bei Drusus und Tiberius nicht. Was genau wollten sie an der Elbe? Auch die Vormarschrouten sind bei Drusus und Tiberius nicht genauer zu bestimmen. Jedenfalls kamen sie über die Weser zur Elbe, Ahenobarbus von der Donau aus.
So lange wir nicht ein einziges Marschlager in der Elberegion gefunden haben, müssen wir froh sein, wenn überhaupt Relikte "irgendwelcher Römer" auftauchen und ausgewertet werden können. Die vorhandenen antiken Quellen geben nichts mehr her. Pflug hatte zumindest noch den Weg beschritten, Erdwerke vom Vogtland bis zur Elbe in seine Theorie einzubinden. Leider erfolglos.
 
So lange wir nicht ein einziges Marschlager in der Elberegion gefunden haben, müssen wir froh sein, wenn überhaupt Relikte "irgendwelcher Römer" auftauchen und ausgewertet werden können. Die vorhandenen antiken Quellen geben nichts mehr her. Pflug hatte zumindest noch den Weg beschritten, Erdwerke vom Vogtland bis zur Elbe in seine Theorie einzubinden. Leider erfolglos.

Pflug hat alles mögliche in seine "Theorie" eingebunden, Münzfunde, Pseudoetymologien, mittelalterliche Stadtgrundrisse - und letztlich hat er auch die Quellentexte gemäß seiner Theorie kreativ umgeschrieben. Dass mit dieser Methode nur Bullshit herauskommen kann, dürfte eigentlich einleuchten.

Hätte er sich auf auswertbare Funde beschränkt, wäre sein Büchlein nach einer Seite zu Ende gewesen.

Welche auswertbaren Funde haben wir denn heute?

Ein Spitzgraben besagt für sich gar nichts, außer dass da mal jemand gegraben hat. Es müssen Funde vorliegen, die Hinweise darauf geben, wann und wer dort gegraben hat.
Eine Münze gibt uns auch keinen Hinweis darauf, wer die verloren hat. Um einen Zusammenhang zwischen einer Münze und einem 15 km entfernten Spitzgraben herzustellen, brauchen wir deutlich mehr als nur kreative Fantasie à la Pflug.

Aber zumindest zum Treffpunkt des Tiberius sind die Untersuchungen seit einiger Zeit im Gange. Warten wir ab, bis die Auswertung vorliegt.

So wissen wir heute wo Tiberius seine Flotte angelegt hatte - bei Stendal (der genaue Ort wird noch nicht Preis gegeben) im einstigen Langobarden-Land. An besagtem Ort und näherer Umgebung wurden an die 5000 Funde gemacht (Auswertung steht noch aus).
 
Apropos Tacitus. Ich hab den alten Herr´n mal wieder herausgekramt und eine interessante Textstelle gefunden. In den Annalen 4/44 wir von einem L.Domitius geschrieben, Ehemann der jüngeren Antonia, Tochter der Octavia, der mit seinem Heer über die Elbe vorstiess und weiter ins innere Germaniens vordrang als jemals einer vor ihm.
Kann mir jemand sagen um wen es sich da genau handelte ?

Weiter wird in den Annalen 4/66 von Varus Quintilius berichtet, dem Sohn des , im Teutoburger Wald gefallenen Varus.
Gibt es irgendwo noch mehr über diesen Sohn zu lesen?
Danke für Eure Mühe !
 
Weiter wird in den Annalen 4/66 von Varus Quintilius berichtet, dem Sohn des im Teutoburger Wald gefallenen Varus.
Gibt es irgendwo noch mehr über diesen Sohn zu lesen?
Beim älteren Seneca im ersten Buch seiner Kontroversen. Da schilt Seneca den Rhetor Lucius Cestius Pio dafür, dass er als Lehrer seinen Schüler kritisiert, weil dieser der Sohn seines Vaters ist:
Declamaverat apud illum hanc ipsam controversiam Varus Quinti(li)us, tunc Germanici gener, ut praetextatus; cum descripsisset circumstantium (indignationem), quod tam cito oculis poena subduceretur, dixit: exaudierunt dii immortales publici[um] voti preces: incestam, ne cito supplicium transcurreret, revocaverunt. Cestius multa contumeliose dixit in istam sententiam: sic, inquit, quomodo quadrigas, revocaverunt? nam et ante posuisti (istam) similitudinem, quia et haec de carcere exierat. cum multa dixisset, novissime adiecit rem, quam omnes improbavimus: 'ista neglegentia pater tuus exercitum perdidit.' filium obiurgabat, patri male dixit.
 
Aber irgendwie kommt es mir doch etwas " spanisch " vor, das dieser L. Domitius erst zu Tiberius´Zeiten gestorben ist ! Wenn es dieser Domitius Ahenobarbus war, der die Elbe so weit überschritten hat, wieso wird Drusus soweit über ihn erhoben und wieso gibt es keine direkten Hinweise wie weit und wohin L. Domitius Ahenobarbus gekommen ist? Über Tips zu Inschriften oder Literatur wäre ich dankbar !
 
Aber irgendwie kommt es mir doch etwas " spanisch " vor, das dieser L. Domitius erst zu Tiberius´Zeiten gestorben ist !

Früheste und späteste überlieferte Daten seines "Berufslebens" sind 22 v. und 14 n. Chr.
Macht ingesamt 35 Jahre.
Wo ist das Problem?

Wenn es dieser Domitius Ahenobarbus war, der die Elbe so weit überschritten hat
Was heißt "so weit"?
Domitius hat die Elbe überschritten, wie weit, weiß man nicht. Vermutlich nicht sehr weit...

wieso gibt es keine direkten Hinweise wie weit und wohin L. Domitius Ahenobarbus gekommen ist?
Dazu hatte ich vor einiger Zeit folgendes geschrieben:

Ob der Oberlauf der Elbe eine reale Kulturgrenze darstellte oder nicht, ist für das Verständnis der römischen Autoren völlig unerheblich.
Die Überschreitung der Elbe war Ahenobarbus jedenfalls eine Meldung nach Rom wert.

Für einen (späteren) Autor, der die Elbe nur vom Hörensagen kannte, muss die Nachricht "flumen Albim transcendit" den Eindruck erweckt haben, dass Ahenobarbus weiter vorgestoßen sein müsse als Drusus und Tiberius, die bekanntlich die Elbe nicht überquerten.

Weiterreichende Schlüsse kann man m. E. nicht daraus ziehen.
 
Wenn es dieser Domitius Ahenobarbus war, der die Elbe so weit überschritten hat, wieso wird Drusus soweit über ihn erhoben und wieso gibt es keine direkten Hinweise wie weit und wohin L. Domitius Ahenobarbus gekommen ist?
Das einzig wirklich Spektakuläre an der Elbe-Überquerung war anscheinend die Überquerung an sich, aber sonst scheint sich nicht viel ereignet zu haben. Cassius Dio schreibt, dass er auf keinen Widerstand stieß, "Freundschaft" mit den "Barbaren" schloss und einen Altar des Augustus errichtete. Es geschah also wohl nichts, worüber viel zu schreiben gewesen wäre. Außerdem ist die Quellenlage zu den Germanienaktivitäten der Römer unter Augustus ohnehin generell recht unbefriedigend.

Über Tips zu Inschriften oder Literatur wäre ich dankbar !
Außer der Tacitus-Stelle scheint der einzige Beleg Cassius Dio 59,10a zu sein.
 
Das einzig wirklich Spektakuläre an der Elbe-Überquerung war anscheinend die Überquerung an sich, aber sonst scheint sich nicht viel ereignet zu haben. Cassius Dio schreibt, dass er auf keinen Widerstand stieß, "Freundschaft" mit den "Barbaren" schloss und einen Altar des Augustus errichtete. Es geschah also wohl nichts, worüber viel zu schreiben gewesen wäre. Außerdem ist die Quellenlage zu den Germanienaktivitäten der Römer unter Augustus ohnehin generell recht unbefriedigend.


Außer der Tacitus-Stelle scheint der einzige Beleg Cassius Dio 59,10a zu sein.
Zumindest ist kein germanisches Weib erwähnt, welches ihm Halt gebot!
 
Dass mit der Ansiedlung der Hermunduren in der 'Markomannis' tatsächlich ans heutige Tschechien gedacht werden muss, geht auch aus diversen späteren Angaben hervor.

Tacitus (Annalen 2,62) schreibt, Marbods Nachfolger Catualda sei von den Hermunduren und ihrem Anführer Vibilius vertrieben worden. (idem Catualdae casus neque aliud perfugium. pulsus haud multo post Hermundurorum opibus et Vibilio duce)

Dann setzten die Römer den Quaden Vannius "über die von ihm zunächst festgehaltenen und später am nördlichen Donauufer angesiedelten germanischen Gefolgschaften beider Herrscher den romfreundlichen Quaden Vannius als rex ein.[4] Dieser Klientelkönig trachtete jedoch bald nach einer Erweiterung des von ihm beherrschten Territoriums, holte sich militärische Verstärkung durch Hilfstruppen der Jazygen und erbaute Fliehburgen; außerdem führte er große Beutezüge durch. Vannius’ Verhalten bewirkte, dass er zu den in der Nähe seines Reichs siedelnden Stämmen der Hermunduren und Lugier in Gegensatz geriet."
Vannius (Quaden) – Wikipedia

Der Sturz des Vannius wurde erneut von Vibilius (jetzt als "König der Hermunduren" bezeichnet) und den Neffen des Vannius, Vangio und Sido angeführt. Es kam zu Kämpfen im heutigen tschechisch-slowakisch-österreichischen Grenzgebiet, denn Kaiser Claudius beauftragte den Legaten von Pannonien, Palpellius Hister, das Donauufer zu sichern und Übergriffe der Hermunduren und ihrer Verbündeten auf römisches Gebiet zu verhindern (auctores fuere Vibilius Hermundurorum rex et Vangio ac Sido sorore Vannii geniti. nec Claudius, quamquam saepe oratus, arma certantibus barbaris interposuit, tutum Vannio perfugium promittens, si pelleretur; scripsitque Palpellio Histro, qui Pannoniam praesidebat, legionem ipsaque e provincia lecta auxilia pro ripa componere, subsidio victis et terrorem adversus victores, ne fortuna elati nostram quoque pacem turbarent. Tac. ann. 12,29)

Noch die Historia Augusta zählt im Zusammenhang mit den Markomannenkriegen des Kaisers Mark Aurel die Hermunduren zu den Hauptgegnern:
"Danach führte er drei Jahre lang Krieg mit den Markomannen, Hermunduren, Sarmaten und Quaden, und wenn er ein Jahr länger gelebt hätte, hätte er daraus Provinzen gemacht."
(triennio bellum postea cum Marcomannis Hermunduris Sarmatis Quadis etiam egit et, si anno uno superfuisset, provincias ex his fecisset.)
 
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