Welches Geschichtsbuch ist für die Oberstufe empfehlenswert?

NichtKreativ

Neues Mitglied
Guten Tag,

Da sich die Sommerferien in NRW langsam dem Ende neigen, wollte ich damit anfangen, mich schon einmal auf den Geschichtsunterricht vorzubereiten. Die Kernlehrpläne für das Fach Geschichte habe ich bereits zusammengefasst und werde sie am Schluss dieses Beitrages anhängen.

Nachdem ich bereits einige Zeit mit der Suche nach Geschichtswerken, die auf den Kernlehrplan NRW zugeschnitten waren, stieß ich auf ein Verzeichnis an zugelassenen Schulbüchern, welches von dem Schulministerium veröffentlicht wurde.
Super, dachte ich mir und meine Vermutung wurde auch bestätigt, als ich gelesen hatte, dass diese Bücher allesamt an den Lehrplan angepasst waren. Nun stellt sich mir jedoch die Frage, welches dieser unzähligen Bücher ich mir anschaffen soll.

Hier einmal die Produkte:

https://verlage.westermanngruppe.de...n-Westfalen-u-a-Neubearbeitung-Schuelerband-2

https://verlage.westermanngruppe.de...Ausgabe-2014-Schuelerband-Qualifikationsphase

https://www.cornelsen.de/lehrkraefte/reihe/r-5617/ra-11003/titel/9783060644452?back_link=search

https://www.klett.de/produkt/isbn/978-3-12-430104-8?searchQuery=978-3-12-430104-8


Habt ihr irgendwelche Erfahrungen bzw. Empfehlungen für mich?

Freundliche Grüße,

Luca


P.S: Hier einmal der zusammengefasste Kernlehrplan:

Inhaltsfeld 1:
Die moderne Industriegesellschaft zwischen Fortschritt und Krise

Inhaltliche Schwerpunkte:
Die „Zweite Industrielle Revolution“ und die Entstehung der modernen Massengesellschaft

Vom Hochimperialismus zum ersten „modernen“ Krieg der Industriegesellschaft

Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929

Inhaltsfeld 2:
Die Zeit des Nationalsozialismus – Voraussetzungen,Herrschaftsstrukturen, Nachwirkungen und Deutungen

Inhaltliche Schwerpunkte:
Politische und ideologische Voraussetzungen des Nationalsozialismus

Die Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland und Europa

Vergangenheitspolitik und „Vergangenheitsbewältigung“

Inhaltsfeld 3: Nationalismus, Nationalstaat und deutsche Identität im 19. und 20. Jahrhundert

Inhaltliche Schwerpunkte:
Die „Deutsche Frage“ im 19. Jahrhundert

„Volk“ und „Nation“ im Kaiserreich und im Nationalsozialismus

Nationale Identität unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit in Deutschland

Die Überwindung der deutschen Teilung in der friedlichen Revolution von 1989

Inhaltsfeld 4: Friedensschlüsse und Ordnungen des Friedens in der Moderne

Inhaltliche Schwerpunkte:
Europäische Friedensordnung nach den Napoleonischen Kriegen

Internationale Friedensordnung nach dem Ersten Weltkrieg

Konflikte und Frieden nach dem Zweiten Weltkrieg
 
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Habt ihr irgendwelche Erfahrungen bzw. Empfehlungen für mich?

Da alle Bücher strikt entlang der Lehrpläne geschrieben wurden (sonst wären sie gar nicht genehmigungsfähig), ähneln sie sich wie ein Ei dem anderen. Abgesehen von den Abbildungen gibt es lediglich minimale Unterschiede hinsichtlich der Textverständlichkeit oder der Problemorientierung. Aber auch das ist vielfach Geschmackssache.

Alle genannten Schulbuchverlage haben Informationszentren in NRW. Ich würde dir also enpfehlen, sie aufzusuchen, und dir selbst ein Bild zu machen. Auf den Webseiten der Verlage findest du die Adressen dieser Zentren. Du kannst aber auch bei den Verlagen anrufen und um den Besuch eines Außendienstmitarbeiters bitten.
 
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Die Kernlehrpläne für das Fach Geschichte habe ich bereits zusammengefasst und werde sie am Schluss dieses Beitrages anhängen.

Komisch, es wird nicht die Weimarer Republik erwähnt. Gab es da kein "Volk" oder keine "Nation".

Die Entwicklung des "Sozialstaatsgedankens", generell und überhaupt nicht erwähnt? Immerhin einer der zentralen Aspekte, die als gesellschaftlicher und politischer Fortschritt das hohe Lebensniveau in Deutschland definiert.

Zumindest ist der Gedanke des Sozialstaats relevanter dafür, dass Deutschland im internationalen Vergleich relativ gut da steht wie andere, genannte Aspekte. Vor allem auch im Gegensatz zu den Auswirkungen des deutschen Nationalismus, der für Deutschland Millionen von Toten gebracht hatte. Und Millionen von deutschen Frauen zu Witwen und ihre Kinder zu Waisen gemacht hatte. Ganz zu schweigen von den Toten anderer Länder.

Dank dem extremen Nationalismus und "Patriotismus" eines Kaiser Wilhelms und eines an die Macht geputschten Reichskanzlers Hitler.

Sollten das die Lehrpläne für die Oberstufe sein, dann ist es kein Wunder, dass in Deutschland ein derartig verwirrtes Geschichtsbild - teilweise - anzutreffen ist. Aber sollten sie es sein und sollten sie diese inhaltlichen Schwerpunkte setzen, dann war offensichtlich das Anliegen eines Prof. Stürmers, die konservative nationalistische Wende in der Bildungspolitik - unter Kohl - einzuleiten, erfolgreich gewesen.

Arme, kritische Historiographie.
 
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Komisch, es wird nicht die Weimarer Republik erwähnt. Gab es da kein "Volk" oder keine "Nation".
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Bis zum 10. Schuljahr müssen alle zentralen Themen von der Antike bis zur Neuzeit - also selbstverständlich auch die Weimarer Republik - lehrplangerecht im Unterricht behandelt worden sein.

In der Obestufe werden ausgewählte Themen vorgestellt, die in Bezug auf Quellen und Inhalte eine besondere Vertiefung erfahren. Dabei sind Multiperspektivität und Problemorientierung von besonderer Bedeutung.
 
Wobei das mit dem Durchgang bis Klasse 10 nicht jedem gingt. Mitunter wird ja gern behauptet, die Mehrheit schaffe es nicht bis zum Dritten Reich. Früher wurde noch diskutiert, bis wohin man gehen sollen. Bei uns war es damals der Einzug der Grünen in den Bundestag. Und daran konnten wir uns selbst noch gut erinnern.

Ich finde es schon ab der ersten Großen Koalition sehr schwierig, weil so viele Themen noch zur heutigen Politik gehören.

Ich kenne da jemanden, der sich schlußendlich für das günstigste Lehrwerk entschieden hat. Das mit den wenigsten Fehlern mag auch sinnvoll sein.

Im Prinzip ist Dieter da zuzustimmen.
 
Wobei das mit dem Durchgang bis Klasse 10 nicht jedem gingt.

Dass aufgrund von Unterrichtsausfall u.ä. die Lehrplanforderungen nicht immer vollständig erfüllt werden, steht auf einem anderen Blatt. Der Anspruch und die Vorgaben sind da.

Ich finde es schon ab der ersten Großen Koalition sehr schwierig, weil so viele Themen noch zur heutigen Politik gehören.

Fragen der aktuellen Politik werden nicht im Geschichtsunterricht behandelt, sondern sind den Fächern Politik- und Gesellschaftslehre vorbehalten.
 
Und wieso muss man eigentlich selber Schulbücher zum Geschichtsunterricht aussuchen? Die werden doch von der Schule vorgegeben. Und der Lehrer hat genug Probleme wenn auf Seite 27, 2. Absatz bis Seite 31, 3. Absatz durchgearbeitet werden soll.
 
Meine skeptische Sicht auf das einseitige Agendasetting, das "Nichtkreativ" mit Hilfe von Dieter betreibt, hat sich leider bestätigt.

Das systematische Ausblenden der Weimarer Republik findet sich beispielsweise in den entsprechenden hessischen Richtlinien nicht wieder.

Da findet man aber beispielsweise die Themenschwerpunkte:
8G.4 Industrielle Revolution und soziale Frage
8G.5 Das deutsche Kaiserreich zwischen Tradition und Moderne
9G.1 Der Erste Weltkrieg: Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts
9G.2 Die Weimarer Republik 1918 – 1933: Demokratie ohne Demokraten?
9G.3 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
9G.4 Ost-West-Konflikt und deutsche Frage 1945-1990
E1 Strukturmerkmale traditionaler europäischer Gesellschaften
E2 Wandel und Veränderung traditionaler Strukturen
Q1 Gesellschaftliche Veränderungsprozesse am Beginn der Moderne
Q2 Deutschland zwischen Demokratie und Diktatur – Weimarer Republik und
Nationalsozialismus
Q3 Konflikt und Kooperation in der Welt nach 1945
Q4 Schlüsselprobleme der Gegenwart in ihrer historischen und in ihrer zukunftsrelevanten Dimension


Ich lese da nichts von "Nationaler Identität", von "Volk", "Nation" oder ähnlichen dubiosen ideologisch aufgeladenen Konstrukten. Der hessische Lehrplan setzt andere Schwerpunkte für die Oberstufe wie die angebliche Zusammenfassung bei "Nichtkreativ".

Ich würde dem einen oder anderen das Buch von E. Wehling: Politisches Framing als Hintergrundinformation empfehlen. Das hilft in seinem analytischen Ansatz bei dem Verstehen eines politischen Agendasetting und dem Verstehen seiner politischen Ziele.
 
Ausgangspunkt der - selektiven - "Zusammenfassung" und im Kern stand mein Vorwurf der subjektiven Selektion. Sofern das dann als Sicht auf die Geschichte öffentlich gemacht wird, ist das für mich eine Form des einseitigen "Agendasetting"

P.S: Hier einmal der zusammengefasste Kernlehrplan:
Inhaltsfeld 1:
Die moderne Industriegesellschaft zwischen Fortschritt und Krise
Inhaltsfeld 2:
Die Zeit des Nationalsozialismus – Voraussetzungen,Herrschaftsstrukturen, Nachwirkungen und Deutungen
Inhaltsfeld 3: Nationalismus, Nationalstaat und deutsche Identität im 19. und 20. Jahrhundert
Inhaltsfeld 4: Friedensschlüsse und Ordnungen des Friedens in der Moderne

Im Lehrplan als erste drei Felder sind aber enthalten und werden nicht erwähnt:

Inhaltsfeld 1: Erfahrung mit Fremdsein in weltgeschichtlicher Perspektive
Inhaltsfeld 2: Islamische Welt- christliche Welt: Begegnung zweier Kulturen in Mittelalter und früher Neuzeit
Inhaltsfeld 3: Die Menschenrechte in historischer Perspektive

und erst als 4. Inhaltsfeld:

Inhaltsfeld 4: Die moderne Industriegesellschaft zwischen Fortschritt und Krise

Damit sind die ersten drei Inhaltsfelder von "NichtKreativ" ignoriert worden. Das ist eine bewußte Selektion, die ich persönlich als erklärungsbedürftig ansehe. Müssen sich Schüler nicht mit der Frage der Entwicklung von Menschenrechten auseinandersetzen? Immerhin ein zentraler Inhalt der "sozialen Frage" im 19. und 20. Jahrhundert. Und die durchaus den Vorwurf der inhaltlichen Einseitigkeit durchaus rechtfertigt. Zumal er aus didaktischer Sicht nicht die kritische Beleuchtung in den Vordergrund stellt.

Dabei betont der Lehrplan aus NRW an vielen Stellen und ausdrücklich die Notwendigkeit der Ausbildung einer kritischen Kompetenz der Schüler zu zentralen Ereignissen der Geschichte.

Inhaltlich bleibt dennoch auch beim Lehrplan aus NRW der Zweifel. Die Geschichte der wichtigsten sozialen Bewegungen, die zentral waren für die Entwicklung der Menschenrechte und für die Demokratie werden explizit nicht angesprochen.

Dieses Unbehagen in der Ausblendung von Themen problematisiert dann auch - m.E. zu Recht - Teresa C.

Aber es bestätigt auch, dass wir in Bezug auf Geschichtsperspektive, Genderfragen und Arbeiterbewegung inzwischen längst wieder auf dem Weg ins 19. Jahrhundert sind.

Insgesamt bleibt die Frage des "richtigen Geschichtsbildes" wohl weiterhin ein Streitobjekt. Und "Nichtkreativ" hat aus meiner Sicht - bewußt oder unbewußt - dieser einseitigen Ausrichtung entsprochen.
 
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Die Lehrpläne in NRW sind schon seit Jahrzehnten umstritten. Nach Rau hatten sogar Teile der SPD eingesehen, dass es so nicht geht. Geschichtsunterricht in der Oberstufe war in großen Teilen Parteigeschichte der SPD. Wobei die Benotung nach Meinung für einzelne Themen dadurch vorgeschrieben war, dass vorgeschrieben war, welche Ansichten zu erarbeiten waren und in den Klausuren bewertet wurde, ob diese vertreten wurden. Bei Beschwerden wurde uns vom Landrat, Schulrat und einigen anderen gesagt, dass wir es als Übung sehen sollten, in einer Diktatur zurecht zu kommen. (Da hatten sie Pech gehabt, dass ein Thema wieder in den Schlagzeilen gelandet war, dass SPD und CDU unterschiedlich beurteilten.) Wie gesagt, die SPD ist dann selbst irgendwann zu Änderungen geschritten.

(Alles natürlich vereinfacht gesagt.)

Das Dumme ist, dass dann die soziale Bewegung wohl zu sehr gekürzt wurde. Und auch einiges andere darin hat wohl Geschichte, auch weil es wohl nicht gesamt, sondern in Einzelteilen geändert wurde. Ich wollte das schon gestern schreiben, habe aber lieber nachgefragt, damit das nicht nur mein Eindruck ist. Wenn man bei solchen Problemen für eine Seite argumentiert hat, ist es ja schwierig, sich davon frei zu machen.

Anderes sind dann auch eher beliebte Themen. Das hängt zwar immer auch vom Lehrer ab, aber es gibt ja einige Themen, die so weit interessieren, dass man es schon an Geräuschpegel und Atmosphäre merkt.

Wenn es richtig angegangen wird, gehört z.B. die Frage des Nationalismus dazu. Und die Erkenntnis, dass es sich um Setzungen und zumeist um Fehlinterpretationen handelt, ist doch heute noch wichtig. Da mag dann die Überbetonung verankert sein.

Das Arbeitnehmerrechte von Teilen der Gesellschaft als Fehlentwicklung betrachtet und kleine Teile sogar neue Formen der Unfreiheit fordern und teils auch schon durchgesetzt haben, kommt auch meiner Meinung nach hinzu.

Die Frage des "richtigen" Geschichtsbilds wird immer umstritten bleiben. Problematisch ist es, wenn in Lehrplänen nicht auf Pluralität der Ansichten geachtet wird. Auch da kann ich zustimmen, muss aber nochmals auf die Besonderheiten von NRW hinweisen.

Aber das ist alles nicht so befremdlich, wie das Empfinden der Äußerung der eigenen Meinung als Unhöflichkeit, dass sich in Deutschland wieder breit macht. Oft lernen Heranwachsende ja wieder, dass sie keine eigene Meinung zu haben haben und werden dafür sogar gemaßregelt.
 
Aber das ist alles nicht so befremdlich, wie das Empfinden der Äußerung der eigenen Meinung als Unhöflichkeit, dass sich in Deutschland wieder breit macht. Oft lernen Heranwachsende ja wieder, dass sie keine eigene Meinung zu haben haben und werden dafür sogar gemaßregelt.

Abgesehen davon, dass das sicher viele für Blödsinn, andere für Übertreibung halten, ein Hinweis auf die Forenregeln:

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