Wie viele Reichsritter gab es?

Hanno

Neues Mitglied
Hallo! Irgendwo habe ich die Angabe gefunden, es habe bei (d. h. unmittelbar vor) der Gründung des Rheinbundes noch in etwa 350 Reichsritter gegeben. Mich würde nun interessieren, wie viele Reichsritter es maximal gegeben hat - und zu welcher Zeit. Weiss das vielleicht jemand? Herzlichen Dank, Hanno
 
Vielen Dank fuer die Antworten! Ich hoffe, dass ich nicht dahingehend missverstanden wurde, dass ich eine Zahl mit zwei Nachkommastellen erwartet haette. Mir geht es mehr um eine grobe Vorstellung. Daher folgende praezisierende Frage (vielleicht an Brissotin, dessen Artikel ich aeusserst hilfreich fand):

- Was war der Hauptgrund fuer die Diskrepanz 350 Familien / 1700 Herrschaften? War es die Tatsache, dass viele Familien in verschiedene Linien zerfielen, oder dass viele Reichsritter mehrere reichsunmittelbare Herrschaften erworben hatten?

- Hat die Zahl der Reichsritter vom Mittelalter bis in die Neuzeit zu- oder abgenommen? Waren also die 150 Familien, die bereits im Mittelalter Reichsritter waren, damals (fast) die einzigen; oder gab es im Mittelalter viel mehr Reichsritter, nur dass die meisten ihre Reichsumittelbarkeit bis in die Neuzeit eingebuesst hatten?

Wie gesagt, es geht mir weniger um exakte Zahlen als um eine Groessenordnung. Noch mal vielen Dank fuer die bisherigen Hinweise!
 
Zuletzt bearbeitet:
PELIZAEUS, Ludolf, Art. Reichsritter, in: Enzyklopädie Neuzeit 10 (2009), Sp. 943–945.

PRESS, Volker, Reichsritterschaften, in: Jeserich (Hg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 1: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Reiches, Stuttgart 1983, S. 679–689.

PRESS, Volker, Die Reichsritterschaft im Reich der Frühen Neuzeit, in: ders., Adel im Alten Reich. Gesammelte Vorträge und Aufsätze, Tübingen 1998, S. 205–232.
 
Manfred Hollegger zitiert Maximilian I. ("Maximilian, Herrscher und Mensch einer Zeitenwende") sinngemäß damit, zu Beginn des Sechzehnten Jahrhunderts, vor dem Kriegszug zur Sicherung des habsburgischen Erbes, habe das Reich 20.000 Ritter aufbieten können.

Die Frage ist m.E.n. spannend, weil sie nicht nur in Diskussionen über realistische zeitgenössische Angaben zu Schlachten- und Kriegsgeschehen immer wieder auftaucht, sondern auch ein Licht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Staates wirft.
 
Sicherlich nicht, aber es legt einen gewissen quantitativen Spielraum für die tatsächliche Zahl nahe.
 
Manfred Hollegger zitiert Maximilian I. ("Maximilian, Herrscher und Mensch einer Zeitenwende") sinngemäß damit, zu Beginn des Sechzehnten Jahrhunderts, vor dem Kriegszug zur Sicherung des habsburgischen Erbes, habe das Reich 20.000 Ritter aufbieten können.
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Das waren freilich nicht nur Reichsritter.

Unter Reichsrittern versteht man den freien niederen Adel, der seine Reichsunmittelbarkeit bewahren konnte. Reichsstandschaft hatte die Reichsritterschaft allerdings nicht, d.h. die Reichsritter waren nicht auf dem Reichstag vertreten, obwohl es an entsprechenden Bestrebungen nicht fehlte.

Die zur Reichsritterschaft gehörenden Familien wurden mit ihren Gütern in eine "Matrikel" (Ritter-Matrikel) eingetragen. Das immatrikulierte Gut musste eine bestimmte Mindestgröße aufweeisen und durfte keiner Landesherrschaft unterworfen sein. Das Rechtsverhältnis zu benachbarten Landesherren blieb allerdings vielfach unklar, denn sie beanspruchten oft eine Oberhoheit.

Wie sich bei Wiki nachlesen lässt, umfasste die Reichsritterschaft am Ende des Alten Reiches etwa 350 Familien mit ungefähr 450 000 Untertanen.
 
Nebenbei, schrumpfte diese Zahl nicht erheblich bes. im 16. Jahrhundert, und bewirkte die dramatische Schrumpfung nicht die Bildung der Kantone, um dem entgegenzuwirken?
 
Nebenbei, schrumpfte diese Zahl nicht erheblich bes. im 16. Jahrhundert, und bewirkte die dramatische Schrumpfung nicht die Bildung der Kantone, um dem entgegenzuwirken?

Über die Zahl der reichsritterschaftlichen Territorien besteht keine Einigkeit und man muss das auch von den ritterbürtigen Familien trennen, die oft in mehreren Linien Inhaber verschiedener Rittergüter ware. . Manche gehen von 600 ritterschaftlichen Territorien aus, andere von einer noch höheren Zahl. Ich halte das immerhin für eine beachtliche Größe.
 
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