Religion wichtiger als gemeinsame Sprache

Zoki55

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Da ich das immer wieder beim Thema Balkan anspreche aber nie Zeit hatte es ganz zu erzählen. Ich frage mich ob es Ähnlichkeiten zu anderen Religionen gibt.

In der serbischen Geschichte hat sich gemeinsame Religion meistens als deutlich stärkerer Kleber erwiesen als die gemeinsame Sprache.

Ein paar Beispiele.

- Die Serben die im Laufe des 15. Jahrhunderts nach Kroatien ausgewandert sind, existieren als ethnische Gruppe noch heute, während die Serben die im 18. Jahrhundert in die Ukraine ausgewandert sind restlos assimiliert haben. Wichtige Ausnahme sind die Zumburaker Serben welche zuerst den griechisch katholischen und dann den Katholischen Glauben übernommen haben. Diese ethnische Gruppe hat sich aber sprachlich nicht assimiliert, sondern spricht einen Ostherzegowina Dialekt und nicht den dem slowenisch ähnlichen Dialekt Nordwestkroatiens. Übertritte von Serben zum Katholizismus oder von Kroaten zur Orthodoxie führen sofort zu den

- Nedim Filipovic beschreibt wie nach der Eroberung Bosniens massenhaft Menschen aus dem Osten und Dalmatien in Bosnien angesiedelt wurden. Diese unterschiedlichen Gruppen bildeten dann die Basis der heutigen Bosniaken. Als Kroatien und Ungarn erobert wurden, siedelten sich die meisten der dortigen Muslime in Bosnien an. Als Serbien unabhängig wurde siedelten sich der GroßtBeil der Muslime in Bosnien an. Alle diese muslimischen Gruppen gelang es in die bosniakische Nation zu integrieren, eine Konfessionsübergreifende bosnische Nation ist nie entstanden. Beim Versuch eine bosnische zu schaffen gescheitert. Damals gab es unter muslimischen Studenten sogar sehr viele serbische Nationalisten wie Suljemanovic Skopljak dessen Urgroßvater noch das Aufständige Serbien 1813 vernichtet hat.

- Mehrere Dörfer in Srem stammen von Albaner ab. Sie übernahmen die Sprache aber die katholischen Albaner wurden zu Kroaten.

- Um die 100.000 Deutsche, Italiener und anderere Katholiken siedelten sich in Bosnien an, heute sind sie alle Teil der kroatischen Nation in Bosnien.

- Unzählige Bulgaren, Rumänen kamen von 1833 bis 1914 nach Serbien und integrierten sich teilweise zu stark. Bis heute ist Rumänisch nicht Amtssprache in Ostserbien. Alle städtischen orthodoxen Minderheiten wie Aromunen, Girechen und Armenier assimilierten sich. Während es eine kleine muslimische Minderheit mit serbokroatischer Sprache sich in Belgrad noch hält, heute sehen sie sich als Bosniaken.

- Im Sandschak von Novi Pazar assimilierten sich die Albaner in die Bosniaken, im Kosovo genau umgekehrt.

- Die Kraschowaner Kroaten sprechen einen Dialekt der im serbisch-bulgarischen Grenzgebiet gesprochen wird. Alle Theorien sie mit Kroatien zu verbinden scheitern, aber weil sie Katholiken sind konnte sich die kroatische Nationalideologie durchsetzen.

Quellen werden nachgeliefert.
 
In der serbischen Geschichte hat sich gemeinsame Religion meistens als deutlich stärkerer Kleber erwiesen als die gemeinsame Sprache.
Nicht nur in der serbischen Geschichte ist das zu beobachten, aber der Balkan ist in dieser Hinsicht wirklich interessant – ich zitiere aus der Wikipedia:
Historisch stellte die Drina (lateinisch Drinus) lange Zeit die natürliche Grenze zwischen dem Weströmischen und dem Oströmischen Reich dar, woraus später auch die Grenze zwischen dem orthodoxen und dem katholischen Glauben entstand.
Und der jeweilige Glaube einte zwar die Menschen auf der jeweiligen Seite, aber je mehr er sie einte, desto mehr trennte er sie auch von der anderen. Nach der Einwanderung der Slawen, die ursprünglich eine Sprache sprachen, wurden die einen von den griechisch orientierten Missionaren Kyrill und Method christianisiert, und die anderen vom Rom. Die beiden Brüder, deren Mutter Slawin war, brachten auch das am griechischen orientierten Alphabet mit, aus dem später kyrillisches wurde, das u.a. von Serben, Bulgaren und Russen bis heute verwendet wird.

Anfangs kooperierten phasenweise die beiden Kirchen, aber nach der morgenländischen Schisma war es damit vorbei: Hass prägte fortan die Beziehungen zwischen Konstantinopel und Rom, was sich natürlich auf die jeweiligen Länder übertrug. Eine Kommunikation zwischen lateinischen und orthodoxen Slawen wurde auch Glaubensgründen unterbunden oder zumindest nicht gern gesehen, so dass sich katholischen Kroaten und orthodoxen Serben, obwohl genetisch und sprachlich Brüder, immer mehr voneinander entfernten.

Nach der Niederlage der Serben 1389 auf dem Amselfeld kam mit den Türken eine weitere Religion in das Gebiet, was die Lage verkomplizierte, aber aufgrund der größeren Toleranz des damaligen Islams zu anderen Religionen in ihrem Machtbereich spielte das lange Zeit kaum eine Rolle: Lediglich wer etwas werden wollte im Staat, musste islamischen Glauben annehmen. Das geschah vor allen in den regionalen Verwaltungszentren, also Städten, während auf dem Land weiter Orthodoxen und Katholiken leben und ihre Religion ausüben konnten. Auch die später aus Spanien vertriebenen Juden fanden im osmanischen Reich Aufnahme, nicht wenige haben sich auf dem Balkan niedergelassen.

Ab da haben wir dort – abgesehen von den türkischen Militär und den dorthin abkommandierten höheren Verwaltungsbeamten – ein Volk mit einer Sprache und 3 Religionen, wenn man noch die Bogomilen dazu zählt, sogar 4 Religionen bzw. Konfessionen.

Deutschland hat im 30-jährigen Krieg erfahren, wohin religiösen Differenzen führen können, die auf dem Balkan erfuhren das erst, als die ordnende Hand des osmanischen Reiches zu schwächeln begann bzw. sich ganz aus der Region verabschiedete. Die Gräuel des II. Weltkrieges und des Bosnienkrieges der 1990-er Jahre sind m.E. nur unter dieser Prämisse zu verstehen.
 
Naja die Bogumilenthese wird von niemanden mehr gestützt. Die bosnische Kirche war was eigenes aber nicht Bogumilisch. Alte Testamente wurden bei angeblichen Bogumilenkirchen gefunden, die Bogumilen glaubten nicht an das Alte Testament.

Die These wird nicht mal von Noel Malcolm verteten und der glaubt wirklich jeden bosniakischen und albanischen Mythos. John Van Antwerp Fine 1975 :John Van Antwerp Fine, the bosnian church: a new interpretation (New York und London 1975).

Warum diese These im Bosnienkrieg wieder ausgegraben wurde ist klar, man wollte von Seiten der Bosniaken zeigen das man was eigenes ist. Da man jetzt immer stärker auch alle anderen serbokroatischen Muslime als Bosniaken sieht, hat man eine These entwickelt die ich "Bosnia out and retourn" nennen würde. Die Bosnischen Muslime besiedelten Serbien, Kroatien und Ungarn und wurden dann wieder nach Bosnien vertrieben. Ich glaube an diese These nicht, weil Nedim Filipovic meint nach den türkischen Quellen die Bosniaken selbst meist aus Einwanderen abstammen. https://srednjovjekovnabosna.wordpr...sni-islamizacija-vlaha-izmedu-15-i-16-vijeka/

Die Drina war mehr im kroatischen Mythos die Grenze zwischen Orthodoxie und Katholischer Kirche als in Wirklichkeit. Die Grenze zwischen dem römischen und dem Konstantinopler Patriarch verlief in Nordgriechenland.

Die Serben wurden von Predigern aus Rom Christianisiert. Okay Serbien lag auch deutlich westlicher als heute.

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Naja die Bogumilenthese wird von niemanden mehr gestützt.
Das war von mir nur am Rande bemerkt und nicht wirklich wichtig.

Die Drina war mehr im kroatischen Mythos die Grenze zwischen Orthodoxie und Katholischer Kirche als in Wirklichkeit. Die Grenze zwischen dem römischen und dem Konstantinopler Patriarch verlief in Nordgriechenland.
Dann schlage ich vor, du änderst den von mir zitierten Wikipedia-Artikel.
 
Das mit der Religion ist nicht überraschend. Ich lebe ja in einer katholischen Gegend. In den Ort, in dem meine Mutter aufwuchs kamen nach dem Krieg protestantische Vertriebene, in meinen Heimatort vorwiegend katholische Vertriebene. Letztere wurden integriert und statt Plattdeutsch sprach man Hochdeutsch um für alle verständlich zu sein, wenn das notwendig war. Erstere wurden ausgegrenzt und die Kinder wurden animiert, sie mit Steinen zu bewerfen. Mir ist auch erzählt worden, dass dort die plattdeutsche Ortsmundart zur Ausgrenzung diente.

Auch bei der europäischen Besiedlung Nordamerikas spielten Religion und Konfession eine Rolle.

Ganz zu schweigen, dass es in der Weltgeschichte immer wieder zur Diskriminierung religiöser Minderheiten kommt, die nur als Exoten akzeptiert wurden.

Jenseits des Nationalismus der letzten 2 bis 3 Jahrhunderte sind ethnische Motive wesentlich seltener. Und die Ausgrenzung aufgrund der Sprache bei Griechen und Römern diente trotz aller Barbarenpropaganda eher dem sozialen Abschluss der Oberschicht.
 
Das mit der Religion ist nicht überraschend. Ich lebe ja in einer katholischen Gegend. In den Ort, in dem meine Mutter aufwuchs kamen nach dem Krieg protestantische Vertriebene, in meinen Heimatort vorwiegend katholische Vertriebene. Letztere wurden integriert und statt Plattdeutsch sprach man Hochdeutsch um für alle verständlich zu sein, wenn das notwendig war. Erstere wurden ausgegrenzt und die Kinder wurden animiert, sie mit Steinen zu bewerfen. Mir ist auch erzählt worden, dass dort die plattdeutsche Ortsmundart zur Ausgrenzung diente.
Eine Bekannte von mir, die in den 50/60er Jahren in der Aachener Gegend zur Schule ging, erzählte mir, dass die Kinder aus der katholischen Schule in den Pausen zu ihnen, d.h. zu den Kindern der benachbarten evangelischen Schule, gerufen hätten: „Evangelische Ratten vom Teufel gebraten.“ Natürlich gab es von der evangelischen Seite auch Gegengesänge. Ähnliches weiß auch die Wikipedia zu berichten.

Das haben die Kinder sicher nicht von sich aus gereimt, sondern von ihren Eltern erfahren. Bezeichnend auch, dass das Lehrpersonal nicht eingegriffen habe, war also allgemeiner Usus. Und das 300 Jahre nach dem 30-jährigen Krieg!
 
Ähnliche Reime kenne ich durchaus von Kindern, da brauchen die keine Erwachsenen für. Ein Beispiel aus der Kindheit meines Vaters:

Steenkamp mit dem Bɛzzenstiel (-zz- weiches s aber kurzes e, nicht wie im Hochdeutschen Besen ['be:zən])
hout de Kinder altəviel (allzuviel)
Altəviel is ungesund
Steenkamp is ne Sweinehund.

Mein Vater hat den besungenen Lehrer zwar gekannt, aber weil er das Glück hatte, zum Nachbardorf zu gehören, nicht selber erlebt.

Ich habe vor Jahren mal einen Vortrag von einem katholischen Priester gehört, der beim Christlich-Islamischen Dialog involviert war. Der erzählte, dass die Gastarbeiter aus europäischen Ländern sich leichter integrierten, als die Türken (das war in dem Zeitaum, über den er sprach einfach die einzig zahlenmäßig relevante muslimische Einwanderergruppe), schlicht, weil sie in die gemeinsamen Kirchen gingen, es keine Nahrungstabus gab (v.a. Schweinefleisch, was ja bis vor ca. 20 Jahren auf keiner Grillparty fehlen durfte) und so internationale Ehen viel leichter zu schließen waren. Türken waren also von Feiern praktisch ausgeschlossen, selbst dann, wenn man sie gerne mit eingeschlossen hätte und diese ihrerseits integrationswillig waren. Aber Kirchgang und Schweinefleischkonsum der Deutschen waren für Türken einfach Integrationshemmer, die zwar Freundschaften zuließen, aber gemeinsames Essen oder gar familiäre Verbindungen erschwerten. Sicherlich spielt dabei auch eine Rolle, dass viele Türken der ersten Generation mit der Rückkehr in die Heimat rechneten und die Bundesrepublik dies auch immer kommunizierte, dass das vorgesehen sei. Im Prinzip hat die Bundesrepublik diesen Anspruch ja offiziell erst Ende der 1990er auf den Druck der Fakten hin aufgegeben. Da lebten bereits Kinder der dritten Generation in Dtld.
 
Der Pandschab ist ein gutes Beispiel, dieser ist nach religiösen Kritikerien geteilt worde. Muslime, Siks und Hindus sprechen die gleiche Sprache.
 
Schweinefleisch darf auch heute auf keiner Grillparty fehlen. Wo lebst Du? Ich kenne haufenweise Leute, die kein Rindfleisch essen, weil sie es nicht mögen.

Und ich kenne auch haufenweise Moslems, die Schweinefleisch essen, weil Mohammed das außerhalb der Länder des Islam ausdrücklich erlaubt habe. Gut, einige nur dann, wenn ihre Frauen nicht dabei sind, aber ...
 
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Und ich kenne auch haufenweise Moslems, die Schweinefleisch essen, weil Mohammed das außerhalb der Länder des Islam ausdrücklich erlaubt habe.
Das ist eine sehr eigenwillige Interpretation. Man darf nach islamischen Rechtsvorstellungen gegen die islamischen Speiseregeln, darunter eben auch das Verbot Schweinefleisch zu essen, dann verstoßen, wenn das Leben davon abhängt. Also etwa dann, wenn man verhungern müsste oder aber, wenn man unter Todesdrohung gezwungen würde, davon zu essen. Dass man als Muslim außerhalb des islamischen Machtbereichs sich befindet, ermächtigt noch nicht zum Schweinefleischgenuss. Und ganz aktuell, mit dem sunnitisch-islamischen Revival, passieren eher Dinge in die andere Richtung, etwa das ausdrückliche Ausnahmen nicht mehr berücksichtigt werden. Z.B. sind Kinder, Kranke, Reisende, Schwangere etc. vom Fasten des Ramadan ausgenommen. Derzeit geht aber der Trend dahin, dies zu ignorieren. Das Problem ist, dass viele Muslime ein nur rudimentäres Wissen über ihre eigene Religion haben (was freilich bei Christen nicht anders ist, wie man etwa daran merkt, dass Protestaten aus der Kirche austreten, weil sie sich am Zölibat oder der Unfehlbarkeit des Papstes stören), da kommt es dann zu solchen Auswüchsen.
 
Schere doch jetzt nicht alle Moslems über einen Kamm. Mir wurde da sogar der Koran zitiert und wer bin ich einem Moslem nicht bei so einer Aussage über seinen Glauben zu glauben. Der erste Moslem bestätigte Moslem hier im Ort soll laut Zeitzeugen mit Vergnügen Schweinefleisch gegessen haben.
 
Schere doch jetzt nicht alle Moslems über einen Kamm.
Tue ich das denn? Von mir aus "kann jeder machen was er will, im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung natürlich". Ich widerspreche dir ja auch gar nicht, dass Muslime dir gegenüber das gesagt haben. Ich sage nur, dass es sich um eine sehr eigenwillige Interpretation der muslimischen Speisegebote handelt und im Moment aufgrund des Sunni-Revivals der Trend eher in die entgegengesetzte Richtung geht und anstelle einer Lockerung der Regeln eher eine verstärkte Rigorosität zu beobachten ist, die über die eigentlichen Regeln hinaus geht und Ausnahmeregeln ignoriert, obwohl diese gut begründet sind.
 
Das Schweinefleischverbot wird doch von sehr vielen Muslimen eingehalten, selbst bei denen die sonst Säkular sind rauchen, trinken und Drogen nehmen und sonst so westlich leben wie nur irgendwie möglich. Das ist jedenfalls der Eindruck den ich in Wien bekommen habe.
 
Ich frage mich ob es Ähnlichkeiten zu anderen Religionen gibt.
In der serbischen Geschichte hat sich gemeinsame Religion meistens als deutlich stärkerer Kleber erwiesen als die gemeinsame Sprache.

Belgien wäre ein Beispiel für diese These mit zwei (bzw mit Deutsch drei) Sprachen aber als ehemalige "katholische Niederlande" historisch stark vom Katholizismus geprägt. Die USA wären ein Gegenbeispiel: soviele Religionen, eine Sprache (ok, Spanisch ist gewiss relativ weit verbreitet, aber keine Amtssprache)
 
Mir wurde da sogar der Koran zitiert und wer bin ich einem Moslem nicht bei so einer Aussage über seinen Glauben zu glauben.Der erste (...) bestätigte Moslem hier im Ort soll laut Zeitzeugen mit Vergnügen Schweinefleisch gegessen haben.

Dieser ´Logik´ kann ich nicht folgen. Bloß weil ein Muslim irgendetwas über seine Religion behauptet, muss das doch nicht stimmen. Fakt ist, dass - aus islamischer Sicht - ein Muslim im Westen gerade mal mit Müh und Not seinen Lebensunterhalt mit Schweinefleischverkauf bestreiten darf, solange er keine Alternative, d.h. einen anderen Arbeitsplatz, hat und unter der Bedingung, dass er sich um eine solche Alternative aktiv bemüht. Von Schweinefleischessen ist das noch Lichtjahre entfernt. Das ist nämlich nicht erlaubt, egal was dir da jemand aus dem Koran zitiert hat.

Es gibt insofern Ausnahmen, als im Rahmen des Jihad ein Muslim jedes koranische Verbot nach dem Prinzip ´Der Zweck heiligt die Mittel´ übertreten darf. Um Jihad-Aktivitäten zu tarnen, dürfen Muslime also durchaus Schweinefleisch essen und Alkohol und andere Drogen konsumieren. Ich gehe aber davon aus, das der "erste hier im Ort bestätigte Moslem" kein Undercover-Terrorist war, sondern - falls die Story stimmt, was ich ein bisschen bezweifle - ein Abtrünniger.
 
Wie gesagt kenne ich da mehrere, die das behaupten.
Wie sagt ein afghanischer Freund von mir immer? Die Taliban können den Qur'an zwar auswendig, aber sie verstehen kein Arabisch. Sie können jeden Vers in jeder Sure rezitieren, wissen aber nur rudimentär, was da inhaltlich steht. Das dürfte für die überwiegende Mehrheit der 1.8 Milliarden Muslime gelten (also nicht, dass sie den Qur'an rezitieren können sondern dass ihr Wissen, was im Qur'an tatsächlich steht, eher rudimentär ist). Wir denken immer, wenn wir an Muslime denken, an Araber. Dabei sind weder alle Araber Muslime, noch ist die Mehrheit der Muslime arabisch oder arabischsprachig.
 
Der deutsche Nationalismus weist einige Besonderheiten auf. Die Frage, ob jemand katholisch oder evangelisch ist, hat für das Deutschtum keine Auswirkungen.
Außerdem gibt es hier eine Überbewertung der Sprachgemeinschaft. Das geht vielleicht schon Herder, Grimm u.a. mit. Die deutsche Sprache scheint für die Deutsche ganz besonders identätsstiftend zu sein.
Vielleicht sind wir auch durch Max Weber geschädigt, in dessen Definition von ethnischer Gruppe, das Wort Religion nicht vorkommr. So hat Max Weber vielleicht den deutschen Sonderweg scheinbar objektiviert. (Viele Deutsche ignorieren natürlich auch, dass Webers Definitionen außerhalb des deutschen Sprachraumes in viel geringerem Maße rezipiert werden.)
Gern betrachten wir die Anderen mit deutschen Brille. Es wird schnell peinlich, wenn man das deutsche Volk zum Maßstab der Welt macht. Am besten noch mit dem netten Hinweis, ihr seid doch gar kein richtiges Volk.

Die Ethnoreligiösität am Balkan ist nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Man braucht nur in die europäischen Nachbarländer zu schauen. Fast überall in Europa wird die Konfession ethnisiert. Ein anschauliches Beispiel aus dem 20. Jahrhundert ist der Nordirland-Konflikt - die konfessionelle Grenze ist selbstverständlich auch eine ethnische.

In den USA ist der Begriff der "ethnics" oder "white ethnics" geläufig. Gemeint sind damit alle weißen Amerikaner, die die keine angelsächsischen Protestanten sind.
Bei den White Anglo-Saxon Protestant hätte man sich den Zusatz "angelsächsisch" kann man sich aber auch gleich sparen können. Eigentlich geht es aber vor allem um Konfession und Rasse.
Während die Nachfahren von Protestanten aus Deutschland und Skandinavien selbstverständlich in der weißen Mehrheitsbevölkerung aufgehen, scheint dass für Italiener, Franzosen, Polen, Russen usw. nicht zu gelingen. Natürlich zählen auch die katholischen Iren zu den ethnics, obwohl sie schon vor der Einwanderung fast nur englisch sprachen.

Die scharfe Abgrenzung der Religionsgemeinschaften funktioniert in Europa und im Nahen Osten sehr gut. Überall dort, wo es abrahamitische Religionen gibt, gilt die Regel, dass ein Mensch nur einer Religion oder Konfession angehört. Man kann nicht gleichzeitig Muslim und Christ sein oder auch nur gleichzetig griechisch-katholisch und griechisch-orthodox sein.
Im Fernen Osten gibt es jedoch keine scharf abgegrenzten Religionsgemeinschaften. In China kann man nicht einfach Buddhisten und Konfuzianer voneinander abgrenzen. Auch in Indien kann man die Grenzen des Hinduismus schwer bestimmen.
 
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